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DNA-Viren

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 21.09.2021

Viren unterscheiden sich unter anderem darin, in welcher Form ihr Erbmaterial, also die genetische Information des Virus, vorliegt. Bei DNA-Viren besteht das Erbmaterial dem Namen entsprechend aus DNA, also aus Desoxyribonukleinsäure. Die Virus-DNA enthält den Bauplan für das Virus-Partikel und ermöglicht dem Virus, sich in Wirtszellen zu vermehren.

Allgemeines

DNA-Viren schützen das Erbmaterial durch eine Proteinkapsel, das sogenannte Kapsid. Die DNA kann dort in unterschiedlicher Form vorliegen: als Doppelstrang oder als Einzelstrang. Dieser Unterschied dient Wissenschaftlern neben anderen Kriterien dazu, DNA-Viren verschiedenen Virusfamilien zuzuordnen.

Zu den DNA-Viren zählen Forscher über 20 Virusfamilien, zu den wichtigsten gehören:

Neben der Form der DNA spielen weitere Einteilungskriterien eine Rolle, wie zum Beispiel die Form beziehungsweise Symmetrie des Kapsids oder ob das Kapsid noch zusätzlich von einer Hülle umgeben ist. Viele DNA-Virus-Kapside haben zum Beispiel eine kubische Symmetrie, also die Form eine vielflächigen Würfels (lat. cubus = Würfel): Häufig gleicht die Kapsid-Form einem Ikosaeder (= Zwanzigflächner). Andere Kapside haben eine sogenannte komplexe Symmetrie, das heißt, sie zeigen keine eindeutige Symmetrie, haben aber trotzdem eine regelmäßige Form (z.B. Pockenviren).

VirusfamilieKapsid-FormHülleDNA
Parvovirenkubischnackteinzelsträngig
Papillomavirenkubischnacktdoppelsträngig
Adenovirenkubischnacktdoppelsträngig
HepadnavirenkubischHülleeinzel- / doppelsträngig
HerpesvirenkubischHülledoppelsträngig
PockenvirenkomplexHülledoppelsträngig

Im Unterschied zu RNA-Viren, bei denen das Erbgut in Form von RNA (Ribonukleinsäure) vorliegt, ist das Erbmaterial von DNA-Viren bedingt durch die chemische Struktur deutlich stabiler. Im Vergleich kommt es bei DNA-Viren deshalb seltener zu Veränderungen im Erbgut (Mutationen).

Zusätzlich kommt DNA-Viren noch etwas anderes zugute: Wie RNA-Viren nutzen DNA-Viren die Zellmaschinerie der infizierten Zelle, um sich zu vermehren. Viele DNA-Viren können hier von einem speziellen Enzym der Wirtszelle profitieren: der DNA-Polymerase, einer Art Korrektureinheit der Zelle. Falsch eingebaute Bausteine der DNA (Nukleotide) kann sie erkennen und entfernen. Dadurch schleichen sich bei der Vermehrung der DNA-Viren weniger Fehler im Erbgut ein und es kommt seltener zu Mutationen.

Herpesviren (Herpesviridae)

Zu den DNA-Viren zählt auch die Familie der Herpesviren (Herpesviridae). Herpesviren besitzen eine doppelsträngige DNA, die von einem kubischen Kapsid geschützt wird. Zusätzlich umgibt eine Hülle das Kapsid. Herpesviren sind bei Mensch und Tier weltweit verbreitet. Sie werden durch Tröpfcheninfektion (z.B. Sprechen, Husten, Niesen) sowie direkte (z.B. durch Küssen, Geschlechtsverkehr) oder indirekte Schmierinfektionen (z.B. Hände, Trinken aus demselben Glas) übertragen. Auch eine Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Geburt ist möglich.

Nach einer Erstinfektion verbleiben die Herpesviren in der Regel passiv im Körper und können nach unterschiedlich langen Zeiträumen (manchmal erst Jahre später) reaktiviert werden. Erst in dieser aktiven Phase kommt es zu den Symptomen der jeweiligen Erkrankung.

Bei der Familie der Herpesviren lassen sich drei Unterfamilien (Subfamilien) unterscheiden:

  • Alphaherpesviren (Alphaherpesvirinae)
  • Betaherpesviren (Betaherpesvirinae)
  • Gammaherpesviren (Gammaherpesvirinae)

Tabelle: Gattungen und Arten der Herpesviren, die beim Menschen zu Erkrankungen führen

ArtGattungUnterfamilieFamilie
Herpes-simplex-Virus 1 (HSV 1, HHV* 1)SimplexvirusAlphaherpesviren (Alphaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)
Herpes-simplex-Virus 2 (HSV 2, HHV 2)>SimplexvirusAlphaherpesviren (Alphaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)
Varicella-Zoster-Virus (HHV 3)VaricellavirusAlphaherpesviren (Alphaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)
Zytomegalievirus (HHV 5)Zytomegalievirus RoseolovirusBetaherpesviren (Betaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)
Humanes Herpesvirus 6 (HHV 6)Zytomegalievirus RoseolovirusBetaherpesviren (Betaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)
Humanes Herpesvirus 7 (HHV 7)Zytomegalievirus RoseolovirusBetaherpesviren (Betaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)
Epstein-Barr-Virus (HHV 4)Lymphokryptovirus RhadinovirusGammaherpesviren (Gammaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)
Humanes Herpesvirus 8 (HHV 8)Lymphokryptovirus RhadinovirusGammaherpesviren (Gammaherpesvirinae)Herpesviren (Herpesviridae)

* HHV = humanes Herpesvirus

Alphaherpesviren (Alphaherpesvirinae)

Aus der Unterfamilie der Alphaherpesviren (Alphaherpesvirinae) führen beim Menschen vor allem Viren der Gattungen Simplexvirus und Varicellavirus zu Erkrankungen.

Das Herpes-simplex-Virus vom Typ 1 (HSV 1) ist der Erreger des Lippenherpes (Herpes labialis). Man geht davon aus, dass weltweit bis zu 90 Prozent der Bevölkerung bereits seit ihrer Kindheit mit HSV 1 infiziert sind. Die erste Infektion verläuft häufig ohne Symptome und bleibt deswegen meist unbemerkt. Später kommt es nur bei rund 30 Prozent der Infizierten regelmäßig zu neuen Ausbrüchen von Lippenherpes mit den typischen Lippenbläschen.

Das Herpes-simplex-Virus Typ 1 kann durch Tröpfcheninfektion oder Schmierinfektion übertragen werden. Der Erreger infiziert zunächst Haut- und Schleimhauttzellen im Mundbereich. Von dort gelangt das Virus in die für diesen Hautbereich zuständigen Nervenzellen und schließlich in die zugehörigen Nervenknoten (Ganglien). Dort verbleiben sie lebenslang – auch nach einer überstandenen Erkrankung – und gehen in einen passiven Zustand über. Verschiedene Faktoren können das Herpes-simplex-Virus 1 reaktivieren und zu einem erneuten Krankheitsausbruch führen, so zum Beispiel:

Das Herpes-simplex-Virus Typ 2 (HSV 2) ist der Erreger des Genitalherpes (Herpes genitalis). Das Virus wird hauptsächlich durch sexuelle Kontakte übertragen. Man schätzt, dass in Mitteleuropa etwa 15 Prozent der Bevölkerung mit HSV 2 infiziert sind. Das Virus dringt über die Schleimhautzellen des Genitalbereichs in den Körper ein und verbleibt dann ebenfalls lebenslang in den zugehörigen Nervenknoten. Es kann durch dieselben Faktoren wie HSV 1 wieder aktiviert werden und zu einem Krankheitsausbruch führen.

Das Varicella-Zoster-Virus – der Erreger der Windpocken und der Gürtelrose (Zoster) – ist weltweit verbreitet. Das hochansteckende Virus wird sowohl durch den direkten Kontakt mit dem Inhalt der infektiösen Hautbläschen übertragen als auch durch die Luft per Tröpfcheninfektion. Man schätzt, dass bis zu 90 Prozent der Bevölkerung mit dem Varicella-Zoster-Virus infiziert sind.

Wie bei HSV 1 und 2 verbleibt das Virus nach der ersten Infektion lebenslang im Körper und kann danach erneut zu Beschwerden führen. Die Erstinfektion äußert sich in der Regel in Form von Windpocken. Jahre später kann es zu Rückfällen kommen, die sich bei Erwachsenen meist in Form einer Gürtelrose (Zoster) äußern.

Betaherpesviren (Betaherpesvirinae)

Für den Menschen sind bei den Betaherpesviren (Betaherpesvirinae) vor allem die Gattungen Zytomegalievirus und Roseolovirus von Bedeutung.

Eine Infektion mit dem Zytomegalievirus bleibt meist unbemerkt. Man geht davon aus, dass weltweit 50 bis 80 Prozent aller Erwachsenen das Virus in sich tragen. Nach der Infektion verbleibt das Zytomegalievirus lebenslang im Körper und kann reaktiviert werden, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Die Zytomegalie kann vor allem für abwehrgeschwächte Personen oder Neugeborene bedrohlich werden.

Das humane Herpesvirus Typ 6 (HHV 6) ist der Erreger des sogenannten Dreitagefiebers (Exanthema subitum), einer harmlosen Virusinfektion im Kindesalter. Das Virus gehört zur Gattung der Roseoloviren, wird durch Speichel beziehungsweise Tröpfcheninfektion übertragen und ist bereit bei Kleinkindern weit verbreitet: Schätzungen zufolge sind circa 95 Prozent aller Dreijährigen mit dem humanen Herpesvirus 6 infiziert.

Gammaherpesviren (Gammaherpesvirinae)

Zu den Gammaherpesviren (Gammaherpesvirinae) zählt unter anderem die Gattung Lymphokryptovirus mit dem Epstein-Barr-Virus (humanes Herpesvirus Typ 4). Das Epstein-Barr-Virus ist der Erreger des pfeifferschen Drüsenfiebers (Mononukleose). Epstein-Barr-Viren werden vor allem durch Speichel übertragen, so zum Beispiel beim Küssen. Im Englischen nennt man die Erkrankung deshalb auch "kissing disease" (= Kusskrankheit). Bei gut der Hälfte der Infizierten verläuft die Erkrankung ohne Symptome. Man schätzt, dass bis zum 30. Lebensjahr quasi 100 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infiziert sind. Nach einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus verbleiben einige Viren lebenslang im Körper. Ist das Immunsystem geschwächt (z.B. durch eine andere Infektion) kann es erneut zu Symptomen kommen.

Papillomaviren (Papillomaviridae)

Zur Familie der Papillomaviren (Papillomaviridae) zählt nur die Gattung Papillomavirus. Das Kapsid dieser Viren hat eine kubische Form, ist hüllenlos und enthält doppelsträngige DNA. Papillomaviren sind weltweit verbreitet und kommen bei allen Säugetieren vor. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Papillomaviren können Hautzellen verändern und so zu gutartigen und bösartigen Schleimhauttumoren (Warzen) führen. Für den Menschen ist vor allem das humane Papillomavirus (HPV) mit seinen zahlreichen Variationen (sog. Serotypen) von Bedeutung.

Humane Papillomaviren (HPV)

Humane Papillomaviren (HPV) gelangen durch kleinste Hautverletzungen in Haut- und Schleimhautzellen und führen so zu Warzen. Infektiös ist hierbei vor allem der direkte Kontakt zu den Warzen. Nach der Infektion dauert es wenige Wochen bis zu zwei Jahre, bis auf der Haut oder Schleimhaut Warzen entstehen. Häufig verschwinden diese spontan auch ohne weitere Behandlung.

Die Warzen selbst sind harmlos, aber einige der Warzenviren können menschliche Zellen verändern und spielen eine Rolle bei der Entstehung von Krebserkrankungen (z.B. Gebärmutterhalskrebs). Gutartige Warzen können sich in seltenen Fällen zu bösartigen Tumoren umwandeln.

Insgesamt zählt man über 100 verschiedene Variationen (Serotypen) des humanen Papillomavirus. Die HPV-Typen 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 und 66 gelten als Hochrisikotypen und können zu Krebserkrankungen führen.

Tabelle: Beispiele für Erkrankungen durch humane Papillomaviren

wichtigste SerotypenErkrankungTendenz, Tumoren hervorzurufen
HPV 1, 4Verrucae plantares (Fußsohlen- oder Dornwarzen)
HPV 2, 4Verrucae vulgares (gewöhnliche Warzen oder Stachelwarzen), treten vor allem an Händen und Füßen auf
HPV 6, 11gutartiger Tumor der Bindehaut (Konjunktivalpapillom)
HPV 13, 32Mundschleimhautwarzen (fokale, epitheliale Hyperplasie, Morbus Heck)
HPV 2Mosaikwarzen (Fußsohlenwarzen)
HPV 7filiforme Warzen (fadenförmige Warzen im Bereich von Gesicht und Hals)
HPV 6, 11, 40, 42-44Condylomata acuminata (spitze Feigwarzen, Genitalwarzen)+
HPV 3, 10, 28, 41Verrucae planae (Flachwarzen), können am ganzen Körper auftreten+
HPV 6, 11Riesenkondylome (Buschke-Löwenstein-Tumoren), treten an den Genitalien auf+
HPV 16, 18bowenoide Papulose (braune, flache Papeln im Genitalbereich)+
HPV 6, 11Larynxpapillom (gutartiger Tumor im Kehlkopfbereich)+
HPV 5, 8, 14, 17, 20, 47Epidermolysis verruciformis (Flachwarzen)+
HPV 3, 10, 28, 41Condylomata plana (flache Feigwarzen, Genitalwarzen)+
HPV 16, 18, 31, 45Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs (zervikale intraepitheliale Neoplasien)+

Parvoviren (Parvoviridae)

Das Erbgut der Parvoviren (Parvoviridae) liegt als einzelsträngige DNA vor und ist von einem kubischen Kapsid umgeben. Das Kapsid besitzt keine Hülle. Unter den DNA-Viren sind die Parvoviren die kleinsten Viren: Ihr Durchmesser beträgt nur 19 bis 25 Nanometer (ein Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter).

Für den Menschen ist vor allem das Parvovirus B19 – der Erreger der Ringelröteln – von Bedeutung. Das Virus wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und führt zu dem für die Ringelröteln typischen ringelförmigen Ausschlag im Gesicht und an den Streckseiten von Armen und Beinen. Ringelröteln treten vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf. In der Schwangerschaft bedeutet eine Infektion mit dem Parvovirus B19 ein Risiko für das ungeborene Kind.

Adenoviren (Adenoviridae)

Adenoviren (Adenoviridae) besitzen doppelsträngige DNA, umgeben von einem kubischen Kapsid, das keine Hülle hat. Diese DNA-Viren werden vor allem durch Tröpfcheninfektion, aber auch durch Schmierinfektionen übertragen.

Adenoviren rufen beim Menschen in ganz verschiedenen Körperbereichen Erkrankungen hervor, wie zum Beispiel:

Gut die Hälfte aller Adenovirus-Infektionen verläuft ohne oder nur mit sehr leichten Beschwerden und bleibt dadurch oft unbemerkt.

Pockenviren (Poxviridae)

Die Familie der Pockenviren (Poxviridae) trägt ihr Erbgut in Form von doppelsträngiger DNA. Das Kapsid besitzt eine komplexe Symmetrie und ist von einer Hülle umgeben. Verglichen mit anderen Viren sind Pockenviren außergewöhnlich groß: Ihr Durchmesser beträgt zwischen 250 und 350 Nanometern, das entspricht 0,00025 bis 0,00035 Millimeter – im Lichtmikroskop sind sie damit gerade noch erkennbar. Für den Menschen sind vor allem das Variolavirus und das Molluscum-contagiosum-Virus von Bedeutung.

Das hochansteckende Variolavirus führte beim Menschen zu einer schweren Erkrankung, bei der früher circa 30 Prozent aller Krankheitsfälle tödlich endeten: den Pocken. Dank weltweiter Impfprogramme gilt diese Erkrankung jedoch seit 1979 offiziell als ausgerottet.

Zur Familie der Pockenviren zählt auch das das Molluscum-contagiosum-Virus, das vor allem bei Kindern zu den sogenannten Dellwarzen führt. Ein direkter oder indirekter Kontakt zu den Dellwarzen kann das Dellwarzen-Virus übertragen. Dellwarzen heilen häufig spontan von alleine wieder ab.

Hepadnaviren (Hepadnaviridae)

Die Viren aus der Familie der Hepadnaviren (Hepadnaviridae) besitzen eine doppelsträngige, teilweise auch einzelsträngige DNA. Ihr Name leitet sich davon ab, dass sie die Leberzellen infizieren (lat. hepar = Leber). Hepadnaviren besitzen ein kubisches Kapsid, das von einer Hülle umgeben ist.

Wichtigster Vertreter der Hepadnaviren ist das Hepatitis-B-Virus (HBV), das zu einer Leberentzündung führt. Alle anderen Hepatitis-Viren (A, C, D, E) tragen ihre Erbinformationen in Form von RNA. Hepatitis-B-Viren sind hochansteckend und werden durch Blut, Speichel, Sperma, Vaginalsekret und Tränenflüssigkeit übertragen.