Baby mit Sichelfuß
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Sichelfuß: Fußfehlstellung beim Baby

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften), Frederike Rausch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 20.11.2023

Der Sichelfuß ist die häufigste Fußfehlstellung beim Baby: Hierbei ist der Vorderfuß nach innen gedreht – dadurch hat der Fuß die Form einer Sichel. Es wird angenommen, dass ein Sichelfuß durch den Platzmangel in der Gebärmutter während der letzten Schwangerschaftswochen entsteht.  Wie wird ein Sichelfuß behandelt?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Zusammenfassung

  • Definition: Es handelt sich um eine Fußfehlstellung beim Baby, bei der der Fuß eine starke Krümmung aufweist, ähnlich einer Sichel. In der Regel betrifft die Deformität den vorderen Teil des Fußes, insbesondere Mittelfuß und Zehen.
  • Ursachen: Die genaue Ursache des Sichelfußes ist unbekannt. Es wird angenommen, dass eine erbliche Komponente eine Rolle spielt. Auch eine ungünstige Position im Mutterleib scheint ein Faktor zu sein.
  • Behandlung: Sichelfüße sind in der Regel harmlos und verschwinden in den meisten Fällen von allein. Eltern können diesen Prozess unterstützen, indem sie die Füße ihres Babys wiederholt in die Normalstellung drücken. Auch ein leichtes Bestreichen des äußeren Fußrands und eine Fußmassage fördern die normale Ausrichtung der Füße. Bleibt die Fußfehlstellung bestehen, reichen meist konservative Maßnahmen mit Verbänden oder Einlagen aus.
  • Operation: Gelingt es so nicht, die Fußfehlstellung ausreichend zu korrigieren, kann der Sichelfuß eine Operation nötig machen. Bei Babys kommen andere Methoden zur operativen Sichelfuß-Therapie zum Einsatz als bei Erwachsenen, bei denen die Fehlstellung in der Kindheit nicht behandelt wurde.

Was ist ein Sichelfuß?

Als Sichelfuß (auch Pes adductus genannt) bezeichnet man eine angeborene oder erworbene Fehlstellung des Fußes, bei der sich sowohl der Mittelfuß als auch die Zehen in der sogenannten Adduktionsstellung befinden – das heißt, der Mittelfuß und die Zehen sind verstärkt nach innen gewölbt. 

Zusätzlich weicht beim angeborenen Sichelfuß die Großzehe nach innen ab (= Hallux varus, im Gegensatz zum Hallux valgus), wodurch die Adduktionsstellung der Zehen noch verstärkt wird. Meist tritt der Sichelfuß beidseitig auf. 

Etwa ein bis zwei von 1.000 Neugeborenen sind von der Fußfehlstellung betroffen, wobei sie bei Jungen etwas häufiger als bei Mädchen vorkommt. Die meisten Fälle verlaufen harmlos und bilden sich vor dem Ende des ersten Lebensjahres spontan zurück.

Ein Sichelfuß sollte nicht mit einem Klumpfuß verwechselt werden – auch wenn beide Fehlstellungen ähnlich aussehen. Anders als beim Klumpfuß ist die Fersenstellung beim Sichelfuß normal oder nur etwas eingeknickt. Darüber hinaus ist der sogenannte Z-Fuß (Serpentinenfuß) von einem Sichelfuß zu unterscheiden. Beim Z-Fuß sind – zusätzlich zur Einwärtsdrehung der Zehenspitzen – Bestandteile der Fußwurzel nach außen gewölbt.

Sichelfuß: Was sind die Ursachen?

Grundsätzlich entsteht ein Sichelfuß, weil bestimmte Fußmuskeln aktiver sind als andere Fußmuskeln. Beim Sichelfuß ist entweder der Muskel betroffen, der die Großzehe in ihrem Grundgelenk an den Fuß anlegt (Großzehenadduktor bzw. Musculus adductor hallucis), oder der vordere Schienbeinmuskel (Musculus tibialis anterior).

Durch dieses Missverhältnis befinden sich Mittelfuß und Zehen in der sogenannten Adduktionsstellung und sind verstärkt nach innen gewölbt.

Angeborener Sichelfuß beim Baby

In der Regel ist der schon bei der Geburt bestehende Sichelfuß auf die in der Gebärmutter (Uterus) herrschende räumliche Enge zurückzuführen: Diese kann dazu führen, dass sich der Fuß des Ungeborenen in einer dem Sichelfuß entsprechenden Zwangshaltung befindet. Ein Beleg dafür, dass dies die Ursache für Sichelfüße beim Baby sein kann, ist die Tatsache, dass Frühgeborene fast nie von dieser Fußfehlstellung betroffen sind.

Der angeborene Sichelfuß scheint aber auch eine erbliche Komponente zu haben Weist ein Baby nach der Geburt einen Sichelfuß auf, besteht ein erhöhtes Risiko für einen Sichelfuß bei nachfolgenden Kindern.

Nach der Geburt erworbener Sichelfuß 

Ein nach der Geburt erworbener Sichelfuß ist meist weniger ausgeprägt, kommt jedoch häufiger vor. In diesem Fall hat der Sichelfuß seine Ursachen darin, dass das Baby häufig in Bauchlage liegt, sodass die Zehen ständig aufliegen. Dadurch kann sich der Vorderfuß nach innen verdrehen, sodass dieser schließlich in die für den Pes adductus typische Sichelstellung hineinwächst.

Symptome: Sichelfuß beim Baby erkennen

Der Sichelfuß ist von außen meist schon deutlich zu erkennen. Sichelfüße zeigen folgendes Erscheinungsbild:

  • Fußspitze und Mittelfuß sind einwärts gestellt,
  • eine oder mehrere Zehen sind nach innen verlagert,
  • die Ferse ist entweder gerade oder nach innen (valgisch) abgeknickt.

Häufig tritt der Sichelfuß beidseitig auf. Beim angeborenen Sichelfuß können weitere Symptome hinzukommen: Dann hat das Baby oft auch eine deformierte Großzehe, die im Grundgelenk nach innen abweicht (= Hallux varus – also das Gegenteil zum Hallux valgus).

Betroffene Kleinkinder zeigen einen stark nach innen gerichteten Gang. Der Sichelfuß löst aber überwiegend keine Beschwerden aus: Die Beweglichkeit ist beim Sichelfuß meist uneingeschränkt und nur selten treten Schmerzen oder andere Komplikationen auf. In der Regel bleiben die mit dem Sichelfuß verbundenen Symptome also auf das veränderte Aussehen des Fußes und das Gangbild beschränkt.

Sichelfuß: So erfolgt die ärztliche Diagnose

Fachleute erkennen die Fehlstellungen meist schon anhand des typischen Erscheinungsbilds: Mittelfuß und Zehen befinden sich in der sogenannten Adduktionsstellung und sind verstärkt nach innen gewölbt. Liegt gleichzeitig ein Hallux varus vor, deutet dies auf eine angeborene Form von Sichelfuß hin.

Um festzustellen, ob es sich bei der Fehlstellung um einen Klumpfuß oder einen Sichelfuß handelt, eignet sich eine einfache Untersuchung des Fußes. Typisch für Sichelfüße ist außerdem, dass das betroffene Kind den Fuß geradeaus richtet, wenn man über den äußeren Fußrand streicht. 

Um zu prüfen, inwieweit sich der Sichelfuß durch eine passive Behandlung korrigieren lässt, hält die ärztliche oder orthopädische Fachperson den Rückfuß fest und versucht anschließend vorsichtig, den Vorfuß in Richtung Normalstellung zu bewegen. Dieser Test gibt Hinweise darauf, ob die Fehlstellung einer unterstützenden Therapie bedarf, um auszuheilen.

Um das Ausmaß der Erkrankung abzuklären, kann im Rahmen der Diagnose außerdem bei älteren Kindern eine Ganganalyse sowie eine Röntgenuntersuchung vorgenommen werden.

Therapie: Wie wird ein Sichelfuß behandelt?

Meist ist bei einem Sichelfuß keine spezielle Therapie nötig, da er sich in 80 bis 90 Prozent der Fälle im Laufe des Wachstums von selbst korrigiert.

Ist dies nicht der Fall, besteht die Behandlung zunächst darin, die Fußfehlstellung beim Baby manuell zu korrigieren. Ist ausschließlich der Vorfuß betroffen, reicht es häufig schon aus, den Sichelfuß wiederholt in die Normalstellung zu drücken. Auch ein leichtes Bestreichen des äußeren Fußrandes sowie Massagen fördert die normale Ausrichtung des Fußes.

Zusätzlich sind bei einem Sichelfuß zur Therapie Schaumstoffringe für die Unterschenkel geeignet: Diese verhindern, dass die Füße in der Bauchlage auf dem Außenrand aufliegen.

Sichelfuß: Weitere Möglichkeiten der Behandlung 

Ist gleichzeitig der Mittelfuß von der Fehlstellung betroffen, sind zusätzlich korrigierende Schienen oder Gipsverbände für die Oberschenkel nötig. In den meisten Fällen können diese nach etwa ein bis drei Wochen wieder entfernt werden. Anschließend erhält das Baby eine sogenannte Lagerungsschale, die es ausschließlich nachts trägt.

Beginnt das Kind zu stehen und zu laufen, können Schuheinlagen zum Einsatz kommen, die die Fersen umfassen und einen vorgezogenen Innenrand haben.

Wann beim Sichelfuß eine Operation nötig ist

In seltenen Fällen gelingt es nicht, Sichelfüße durch eine konservative Therapie ausreichend zu korrigieren. Dann kann eine Operation notwendig sein. Für die chirurgische Behandlung bei Kindern stehen mehrere Methoden zur Verfügung:

  • In einigen Fällen besteht der Eingriff darin, die Ansatzsehne des Großzehenadduktors (Musculus adductor hallucis) zu durchtrennen. Daneben ist es möglich, verschiedene im Fußbereich liegende Gelenkkapseln zu entfernen – dann ist es nötig, den Fuß vorübergehend mit Drähten zu fixieren.

  • Bei Erwachsenen beziehungsweise beim ausgewachsenen Skelett behandelt man einen Sichelfuß, indem Knochenteile entfernt werden und auf diese Weise die Stellung der Mittelfußknochen verändert wird. Eine solche Operation ist beim Sichelfuß jedoch nur selten notwendig.

Verlauf: Ist ein Sichelfuß schlimm?

Meist nimmt die Erkrankung einen selbstheilenden Verlauf. Doch auch wenn der Sichelfuß nicht von selbst heilt, lässt er sich konservativ gut therapieren.

Bei einem unbehandelten Sichelfuß kann es selten zu Komplikationen kommen: Die dauerhafte Fehlstellung des Fußes führt dazu, dass der Mittelfuß versteift. Durch die ständige Fehlbelastung nutzen sich vor allem die Sprunggelenke und Fußgelenke stark ab, was einen frühzeitigen Abbau des Gelenkknorpels mit begleitender Schädigung des Knochens (Arthrose) zur Folge hat.

Zudem können mit zunehmendem Alter durch das Laufen Schmerzen und Druckstellen am Fuß entstehen. Darüber hinaus führt der veränderte Gang zu einer kosmetischen Beeinträchtigung, was Betroffene häufig als unangenehm empfinden.

Lässt sich einem Sichelfuß vorbeugen?

Einem Sichelfuß lässt sich nicht vorbeugen. Wer bei seinem Kind eine Fehlstellung in Form des Sichelfußes bemerkt, sollte diese – trotz des meist harmlosen Verlaufs – ärztlich untersuchen lassen. Wenn sich Sichelfüße nicht von selbst zurückbilden, ist eine frühzeitige Behandlung ratsam, um Spätfolgen zu verhindern.