Otosklerose: Frau macht einen Hörtest beim Arzt
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Otosklerose: Symptome, Ursachen und OP

Von: Frederike Rausch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 27.06.2023

Die Otosklerose ist eine fortschreitende Knochenerkrankung, die sich im Bereich des Innen- und Mittelohrs auswirken kann und so nach und nach zu einer Schwerhörigkeit führt. Meistens zeigt sich die Erkrankung zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Mehr zu Symptomen und wie die Behandlung mittels OP erfolgt.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Zusammenfassung

  • Definition: Bei einer Otosklerose kommt es zu einer Veränderung der Knochenstrukturen im Bereich des Innen- und Mittelohrs. 
  • Ursache: Die Auslöser sind nicht vollständig geklärt. Fachleuten zufolge kommen Virusinfektionen wie Masern oder Mumps zu der Veränderung im Innenohr führen. Auch hormonelle Ursachen (etwa während der Schwangerschaft) werden vermutet.
  • Symptome: Betroffene haben Hörprobleme und entwickeln eine zunehmende Schwerhörigkeit. Typisch sind auch kontinuierliche Ohrgeräusche (Tinnitus) sowie Schwindel.
  • Diagnose: Die Otosklerose wird mithilfe verschiedener Hörprüfungen festgestellt. Diese zeigen an, ob die Schallweiterleitung vom Steigbügel zum Innenohr bereits gestört ist. Weitere mögliche Untersuchungen sind etwa RöntgenComputertomografie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT).
  • Therapie: Die zunehmende Schwerhörigkeit kann durch ein Hörgerät ausgeglichen werden. Häufig muss jedoch eine Operation erfolgen.

Was ist Otosklerose?

Bei Otosklerose kommt es zu entzündungsähnlichen Umbauprozessen an dem Knochen, der das Innenohr umgibt – dem Felsenbein. 

An bestimmten Stellen des Felsenbeins treten diese Veränderungen besonders häufig auf: Meist beginnen sie im Bereich des sogenannten ovalen Fensters, dem Übergang vom Mittelohr zum Innenohr. Hier ist der Steigbügel (Stapes) beweglich befestigt. Der Steigbügel überträgt die Schallschwingungen auf die Flüssigkeit im Innenohr. Die so entstehende Bewegung der Flüssigkeit regt die dort liegenden Sinneszellen an, die den Reiz wiederum an den Hörnerv weiterleiten.

In seltenen Fällen können die mit der Otosklerose verbundenen Veränderungen beziehungsweise Verknöcherungen auch an anderen Stellen des Innenohrs vorkommen – zum Beispiel am sogenannten knöchernen Labyrinth.

Wie Hören funktioniert

Das Trommelfell, auf das die Schallwellen treffen, trennt den äußeren Gehörgang vom Mittelohr ab. Hinter dem Trommelfell befinden sich die drei Gehörknöchelchen: Hammer, Amboss und Steigbügel. Sie sind die kleinsten Knochen des menschlichen Körpers und sind durch zwei Gelenke miteinander verbunden, Fachleute sprechen auch von der Gehörknöchelchenkette. Die Knöchelchen liegen im Mittelohr und übertragen den Schall über das Innenohr weiter an den Hörnerv. Über diesen gelangen die Impulse zum Gehirn

Wie häufig ist Otosklerose?

Otosklerose tritt bei etwa einem Prozent der Bevölkerung auf. Frauen sind dabei circa doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Die Otosklerose tritt vorwiegend zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Die knöchernen Veränderungen beginnen aber schon viele Jahre, bevor sich Symptome zeigen. 

Mögliche Symptome einer Otosklerose

Die mit einer Otosklerose verbundenen Symptome treten zunächst meist auf einem Ohr auf. Im weiteren Verlauf der Erkrankung sind häufig beide Ohren betroffen. Typischerweise wird das Hörvermögen immer stärker vermindert. Die Verschlechterung kann einem Hörsturz ähneln und sich anfangs auch wieder bessern.

Manche Menschen mit Otosklerose hören in lauter Umgebung besser als in leiser. Als weiteres Symptom können sie Ohrgeräusche (Tinnitus) entwickeln, die meist tief klingen. In Ausnahmefällen kommt es auch zu Schwindel.

Otosklerose: Genaue Ursachen sind noch unklar

Die Ursachen der Otosklerose sind nicht vollständig geklärt. Vermutlich führen Virusinfektionen dazu, dass sich der Knochen um das Innenohr krankhaft verändert – beispielsweise Masern, Mumps oder Röteln. Auch sogenannte Autoimmunprozesse, bei denen der Körper fälschlicherweise eigenes Gewebe bekämpft, gelten als mögliche Ursache für die Knochenerkrankung.

Da die Otosklerose in manchen Familien gehäuft auftritt, liegt es zudem nahe, dass die Betroffenen eine entsprechende erbliche Veranlagung haben. Das heißt: Wenn bei einem Elternteil schon eine Otosklerose besteht, haben leibliche Kinder ein erhöhtes Risiko, ebenfalls daran zu erkranken.

Bei vielen betroffenen Frauen machen sich erste Symptome oder eine Verschlechterung der Beschwerden in der Schwangerschaft bemerkbar oder wenn sie bestimmte Verhütungsmittel einnehmen (Antibabypille). Medizinische Fachleute vermuten daher auch hormonelle Einflüsse für die Entstehung der Erkrankung.

Diagnose einer Otosklerose

Bei einer Otosklerose ist die Diagnose – besonders in den frühen Stadien – eher schwierig. Anfangs werden meist keine Veränderungen am Trommelfell und Mittelohr festgestellt. In seltenen Fällen ist durch das Trommelfell ein rötlicher Bereich zu erkennen, das sogenannte Schwartze-Zeichen. 

Wird die Funktion des Mittelohrs mithilfe der sogenannten Stapediusreflexmessung überprüft, sind bei einer Otosklerose krankhafte Veränderungen nachweisbar: Die Messung gibt Aufschluss über die Beweglichkeit der Gehörknöchelchen. 

Um zu ermitteln, wie weit der Hörverlust bereits fortgeschritten ist, kommen weitere Hörtests zum Einsatz:

  • So ergibt beispielsweise die Untersuchung mit einer Stimmgabel (Stimmgabelprüfung) bei einer Otosklerose meist eine Schallleitungsschwerhörigkeit – das bedeutet: Auf normalem Weg (Gehörgang-Trommelfell-Mittelohr-Innenohr) ist ein Ton schlechter zu hören, als wenn die Vibrationen der Schädelknochen (Knochenleitung) direkt auf das Innenohr übertragen wird.

  • Auch eine reine Innenohrschwerhörigkeit kann bei einer Otosklerose vorkommen. Eine sogenannte Sprachaudiometrie mit verschiedenen Sprachtests zeigt, ob Betroffene gesprochene Wörter und Sätze bereits schlechter verstehen als jemand mit normalem Hörvermögen.

Im Einzelfall können bei Verdacht auf eine Otosklerose weitere Untersuchungen nützlich sein:

  • Röntgen der Ohrregion (Felsenbeingegend), um eventuelle Entzündungen beurteilen zu können
  • Gleichgewichtsprüfungen
  • Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zum Nachweis anatomischer Veränderungen und Entzündungen
  • In bestimmten Fällen wird eine tympano-cochleäre-Szintigraphie (TCS) durchgeführt, um mögliche aktive Entzündungsherde aufzuspüren. Dabei handelt es sich um ein bildgebendes Verfahren mit einem leicht radioaktivem Kontrastmittel

Behandlung einer Otosklerose durch eine OP

Bei einer Otosklerose ist eine Therapie sinnvoll, wenn das Hörvermögen so beeinträchtigt ist, dass gesprochene Sprache nur noch bei einer Lautstärke von mindestens 20 bis 30 Dezibel hörbar und die Kommunikation dadurch stark eingeschränkt ist. Die Behandlung der Schallleitungsstörung beschränkt sich auf eine Operation am Mittel- und Innenohr. Eine erfolgversprechende nicht-operative Behandlungsmöglichkeit (etwa durch Medikamente) steht bislang nicht zur Verfügung.

Wer sich wegen einer Otosklerose einer operativen Behandlung unterzieht, kann damit rechnen, nach rund zwei bis drei Wochen wieder arbeiten zu können – vorausgesetzt, der Eingriff und die Heilung verlaufen ohne Komplikationen.

Ist eine Operation keine Option, können Betroffene ein Hörgerät verordnet bekommen, um ihr Hörvermögen zu verbessern.

Otosklerose: So verläuft eine Stapedektomie

Eine Möglichkeit, um die Otosklerose mittels OP zu behandeln, ist die sogenannte Stapedektomie. Dabei wird der angewachsene Steigbügel und ein Teil seiner Fußplatte mit feinsten Instrumenten oder einem Laser entfernt. Anschließend wird das entfernte Gehörknöchelchen durch eine Prothese ersetzt (sogenannte Stapesplastik). Diese setzt der*die Arzt*Ärztin zwischen dem langen Schenkel des mittleren Gehörknöchelchens (Amboss) und dem Bereich ein, wo nun ein Teil der Steigbügelfußplatte fehlt. Die Prothese übernimmt damit die Aufgabe des Steigbügels: Sie überträgt die Schallschwingungen wieder ungehindert über die Gehörknöchelchen direkt auf die Innenohrflüssigkeit.

OP: Stapedotomie bei Otosklerose

Heutzutage kommt bei der Otosklerose zur Therapie überwiegend die sogenannte Stapedotomie zum Einsatz. Der Grund: Diese Operationstechnik ist – obwohl sie recht ähnlich verläuft – mit weniger Komplikationen verbunden. Bei der Stapedotomie werden nur die Steigbügelschenkel entfernt – die Fußplatte bleibt bestehen. Mit einem Laserstrahl oder einer spitzen Nadel wird ein kleines Loch in die Fußplatte gebohrt und darin eine stempelförmige Platin-Teflon-Prothese eingeführt, die am Amboss befestigt wird. Die Prothese kann Schallschwingungen wieder störungsfrei übertragen und so das Hörvermögen verbessern.

Meist findet die Otosklerose-Operation unter örtlicher Betäubung (Lokalanästhesie) statt, eine Vollnarkose ist nicht notwendig. Dies hat den Vorteil, dass sich Hörveränderungen sofort überprüfen und gegebenenfalls korrigieren lassen. Meistens dauert der gesamte Eingriff nicht länger als eine halbe Stunde.

Wie wird eine Kapsel-Otosklerose behandelt?

Wenn sich die Verknöcherung auf das Innenohr ausgeweitet hat, sprechen Fachleute von einer Kapsel-Otosklerose. Hierbei besteht eine Schallempfindungsstörung. Diese lässt sich nicht mit einer Stapedotomie oder Stapedektomie behandeln. 

Bei einer geringen Hörminderung kann ein Hörgerät helfen. Der Prozess der Verknöcherung wird dadurch jedoch nicht gestoppt. Oft ist deswegen doch eine Operation notwendig. Eine Alternative bei einer Schallempfindungsstörung ist das Cochlea-Implantat, welches hinter der Ohrmuschel unter der Haut platziert wird. 

Otosklerose: Prognose und Verlauf oft günstig

Die Otosklerose nimmt typischerweise einen fortschreitenden Verlauf: Die zunehmenden knöchernen Veränderungen beeinträchtigen die Schallleitung im Ohr immer mehr, sodass sich ohne Behandlung allmählich eine Schwerhörigkeit entwickelt. Im Extremfall kann die Hörstörung sogar bis zur Taubheit führen. Dabei gilt meist: Je früher die Erkrankung auftritt, desto rascher entwickelt sie sich.

Bei einer frühzeitig behandelten Otosklerose ist die Prognose aber überwiegend günstig: In über 90 Prozent der Fälle gelingt es, die Schwerhörigkeit durch eine Operation wesentlich zu bessern oder gar zu beseitigen. Wenn der Eingriff komplikationslos verläuft und die Ohrtrompete (Tube oder eustachische Röhre) beider Ohren durchgängig ist (normale Tubenfunktion), stellen anschließend auch Flugreisen kein Problem dar.

Wie lange wird man bei einer Otosklerose krankgeschrieben?

Wer sich wegen einer Otosklerose operieren lässt, ist in der Regel rund zwei bis drei Wochen nach dem Eingriff wieder arbeitsfähig. Manchmal tritt nach der Operation für einige Tage Schwindel auf. Zudem kann es passieren, dass die eingesetzte Prothese verrutscht – dann ist ein erneuter Eingriff notwendig. In Einzelfällen kann sich das Hörvermögen durch die Operation auch verschlechtern.

Lässt sich einer Otosklerose vorbeugen?

Einer Otosklerose kann nicht gezielt vorgebeugt werden. Ihre Auswirkungen lassen sich aber meist beheben. Darum ist es in jedem Fall sinnvoll, bei Hörprobleme oder andere Veränderungen wie Tinnitus eine Praxis für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde aufzusuchen. 

Gab es bei Verwandten bereits Otosklerose, empfiehlt es sich, regelmäßig eine HNO-ärztliche Praxis aufzusuchen, um die Schallweiterleitung im Mittelohr untersuchen zu lassen. Auf diese Weise gelingt es, eine Otosklerose schnell zu erkennen und gegebenenfalls operativ zu behandeln. So kann möglichen Folgeerscheinungen (etwa Taubheit) rechtzeitig vorgebeugt werden.