Eine Ärztin spricht mit einer Frau.
© iStock

Merkelzellkarzinom

Von: Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 12.01.2021

Das Merkelzellkarzinom tritt im Vergleich zu anderen Krebsarten zwar relativ selten auf, dennoch hat die Zahl der Fälle in den letzten Jahren zugenommen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Merkelzellkarzinom

Was ist das Merkelzellkarzinom?
Das Merkelzellkarzinom ist eine seltene, aber aggressive und schnell wachsende Form von Hautkrebs. Sie tritt in der Regel erst in fortgeschrittenem Lebensalter (nach dem 60. Lebensjahr) auf. Statistisch gesehen erkranken pro Jahr etwa vier von einer Million Menschen an einem Merkelzellkarzinom.

Andere Bezeichnungen für das Merkelzellkarzinom lauten

  • neuroendokrines Karzinom der Haut oder
  • trabekuläres Karzinom.

Merkelzellkarzinom: Ursachen

Das Merkelzellkarzinom hat seinen Ursprung in den Merkelzellen (auch Merkelkörperchen genannt). So bezeichnet man eine spezielle Form von Sinneszellen, die in der untersten Schicht der Oberhaut (Epidermis) vorkommen. Merkelzellen dienen der Wahrnehmung von Druckreizen und spielen eine wichtige Rolle für den Tastsinn.

Welche Ursachen genau dazu führen, dass sich ein Merkelzellkarzinom bildet, ist noch nicht vollständig geklärt. Inzwischen weiß man jedoch, dass offenbar eine bestimmte Virusart bei den meisten Betroffenen zur Entstehung beiträgt: das Merkelzell-Polyomavirus.

Das Merkelzell-Polyomavirus zählt zu den sogenannten Onkoviren, also Viren, die eine Rolle bei Krebserkrankungen spielen. Tatsächlich haben die meisten Menschen bereits einmal eine Infektion mit diesem Virus durchgemacht – wahrscheinlich bereits in der Kindheit. Während das Merkelzell-Polyomavirus sehr verbreitet ist, tritt das Merkelzellkarzinom wiederum sehr selten auf. Experten gehen deshalb davon aus, dass erst das Zusammenspiel mit bestimmten Risikofaktoren zur Entstehung dieser Krebsart beiträgt.

Folgende Faktoren erhöhen möglicherweise das Risiko für ein Merkelzellkarzinom:

Risikofaktor UV-Strahlung

Wer sich häufig ungeschützt in der Sonne aufhält oder häufig auf die Sonnenbank geht, setzt seine Haut auch stärker der UV-Strahlung aus. Das kann das Risiko für ein Merkelzellkarzinom erhöhen. In der Regel tritt diese Krebsart auch an Hautbereichen auf, die häufig der Sonne beziehungsweise der UV-Strahlung ausgesetzt sind.

Risikofaktor geschwächtes Immunsystem

Das Risiko für ein Merkelzellkarzinom steigt möglicherweise, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Das kann zum Beispiel der Fall sein bei einer HIV-Infektion, bei Erkrankungen wie Leukämie oder bei der Einnahme von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken.

Risikofaktor frühere Hautkrebserkrankungen

Wer bereits einmal ein Basalzellkarzinom oder ein Plattenepithelkarzinom hatte, hat wahrscheinlich ein höheres Risiko für ein Merkelzellkarzinom.

Risikofaktor höheres Lebensalter

Zum Zeitpunkt der Diagnose sind die meisten Betroffenen über 60 Jahre alt. Das Merkelzellkarzinom kann jedoch auch bei jüngeren Menschen auftreten.

Risikofaktor helle Haut

Von einem Merkelzellkarzinom sind vor allem Menschen mit heller Haut betroffen.

Merkelzellkarzinom: Symptome

Ein Merkelzellkarzinom zeigt sich in der Regel zuerst in Form eines rasch wachsenden, aber schmerzlosen Knötchens auf der Haut. Diese Gewebeneubildung kann hautfarben sein oder eine rötlich bis bläulich-violette Färbung haben.

Ein Merkelzellkarzinom bildet sich häufig im Gesicht, am Kopf oder im Nacken – also an den Bereichen, die oft der Sonne ausgesetzt sind. Im Prinzip kann es sich jedoch überall am Körper entwickeln.

Merkelzellkarzinom: Diagnose

Um herauszufinden, ob es sich bei einer Hautveränderung um ein Merkelzellkarzinom handeln könnte, wird der Arzt Ihre Haut näher in Augenschein nehmen. Um eine eindeutige Diagnose zu stellen, entnimmt der Arzt eine Gewebeprobe (Biopsie) und lässt diese von einem Labor untersuchen.

Meist wird außerdem eine sogenannte Sentinel-Lymphknoten-Biopsie vorgenommen, das heißt, der Arzt entnimmt jenen Lymphknoten, der im direkten Lymphabfluss des Tumors liegt (sog. Wächterlymphknoten oder Sentinel-Lymphknoten). Denn sollte das Merkelzellkarzinom bereits gestreut haben, wäre dieser Lymphknoten als Erstes betroffen und kann dadurch als Anzeiger dienen. Ist der Wächterlymphknoten dagegen nicht vom Krebs befallen, kann man davon ausgehen, dass das Merkelzellkarzinom auch noch nicht gestreut hat.

Um sicherzugehen, dass das Merkelzellkarzinom nicht bereits in andere Bereiche des Körpers gestreut hat, veranlasst der Arzt wahrscheinlich auch bildgebende Untersuchungsverfahren, wie:

Merkelzellkarzinom: Therapie

Um ein Merkelzellkarzinom zu behandeln, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. In der Regel besteht die Therapie aus

  • einer operativen Entfernung,
  • einer Strahlentherapie oder
  • einer Chemotherapie.

Die Behandlung kann sich abhängig davon unterscheiden, wie groß der Hauttumor ist und ob sich bereits Metastasen gebildet haben. Je nach Situation kann es zum Beispiel notwendig sein, Behandlungsmethoden zukombinieren.

Seit Kurzem besteht zudem die Möglichkeit, fortgeschrittene Stadien des Merkelzellkarzinoms mithilfe einer Immuntherapie zu behandeln.

Operative Entfernung

In der Regel wird der Arzt ein Merkelzellkarzinom chirurgisch entfernen. Hierbei schneidet der Arzt nicht direkt am Tumorrand entlang, sondern "im Gesunden". Das bedeutet, er hält etwa zwei bis drei Zentimeter Abstand, damit möglichst keine Zellreste des Tumors in der Haut verbleiben. Sofern der Hautkrebs bereits angrenzende Lymphknoten befallen hat, müssen diese ebenfalls entfernt werden.

Strahlentherapie

Eine Strahlentherapie kommt beim Merkelzellkarzinom oft zusätzlich zur operativen Entfernung zum Einsatz. So will man sicherzustellen, dass möglicherweise übriggebliebene Krebszellen ebenfalls zerstört werden.

Eine Strahlentherapie kann ebenfalls infrage kommen, wenn

  • der Betroffene keine OP wünscht.
  • das Merkelzellkarzinom in andere Körperbereiche gestreut hat.

Chemotherapie

Eine Chemotherapie kann angebracht sein, wenn

  • das Merkelzellkarzinom gestreut hat, sich also Metastasen in den Lymphknoten oder Organen gebildet haben.
  • das Merkelzellkarzinom trotz Behandlung zurückkommt.

Immuntherapie mit Avelumab

Für Fälle, in denen ein Merkelzellkarzinom bereits weiter fortgeschritten ist und Metastasen gebildet hat, gibt es seit Ende 2017 eine neue Behandlungsmöglichkeit: den Wirkstoff Avelumab.

Bei Avelumab handelt es sich um einen sogenannten Checkpoint-Inhibitor. Das bedeutet, der Wirkstoff greift in den Signalwegen des Immunsystems an einer bestimmten Stelle ein – nämlich an einer Art Kontrollpunkt des Immunsystems (dem Checkpoint). Denn manche Krebszellen nutzen genau solche Punkte im Signalweg, um das Immunsystem runterzuregulieren und zu verhindern, dass es sie weiter bekämpft. Checkpoint-Inhibitoren wie Avelumab lösen gewissermaßen diese Bremse und bewirken so, dass das körpereigene Abwehrsystem die Krebszellen wieder angreifen kann.

Merkelzellkarzinom: Verlauf

Je früher ein Merkelzellkarzinom behandelt wird, desto günstiger sind die Heilungsaussichten. Eine rasche Behandlung ist vor allem deshalb wichtig, weil das Merkelzellkarzinom im Vergleich zu anderen Krebsarten schnell Metastasen bildet – was die Therapie erschweren kann. Der Früherkennung von Hautkrebs kommt hier eine große Bedeutung zu.

Mögliche Komplikationen

Komplikationen können auftreten, wenn der Tumor unter der Haut zu streuen beginnt, also Metastasen bildet. Das ist bei etwa drei bis fünf von zehn Betroffenen der Fall. Dann befällt der Krebs in der Regel zuerst die angrenzen Lymphknoten und kann sich später auf andere Körperbereiche ausbreiten (z.B. Gehirn, Knochen, Leber, Lunge). Das erschwert die Behandlung und erhöht das Risiko, dass das Merkelzellkarzinom einen lebensbedrohlichen Verlauf nimmt.

Nachsorge

Nach einer Behandlung ist eine engmaschige Nachsorge wichtig. Im ersten Jahr nach der Therapie sollte der Betroffene deshalb etwa alle sechs Wochen eine Kontrolluntersuchung wahrnehmen, im zweiten Jahr etwa alle drei Monate und im dritten bis fünften Jahr alle sechs Monate. Wichtig ist außerdem, dass der Betroffene seine Haut auch selbst im Auge behält und regelmäßig selbst untersucht, um eventuelle Veränderungen möglichst frühzeitig festzustellen.

Merkelzellkarzinom: Vorbeugen

Bislang gibt es keine direkten Maßnahmen, um der Entstehung eines Merkelzellkarzinoms vorzubeugen. Es gibt es jedoch verschiedene Möglichkeiten, um das Erkrankungsrisiko für Hautkrebs indirekt zu senken:

  1. Schützen Sie Ihre Haut vor übermäßiger UV-Strahlung:
    • Meiden Sie lange Sonnenbäder oder Sonnenstudiobesuche bzw. gehen Sie nicht ungeschützt in die Sonne.
    • Benutzen Sie Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor.
    • Tragen Sie lichtdichte Kleidung und Kopfbedeckungen.
  2. Nehmen Sie regelmäßig Termine zum Hautkrebsscreening wahr.
  3. Untersuchen Sie Ihre Haut regelmäßig selbst auf Veränderungen.
  4. Wenn Ihnen Hautveränderungen auffallen, lassen Sie diese von einem Hautarzt untersuchen.