Listeria monocytogenes
Listeria monocytogenes ist eine Bakterienart aus der Gattung der Listerien. Es sind sieben Listerien-Arten bekannt, aber nur Listeria monocytogenes ist für den Menschen als Krankheitserreger bedeutsam. Nur sehr seltenen stecken Listeria ivanovii und Listeria seeligeri hinter einer Listerien-Erkrankung (sog. Listeriose).
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Überblick
Neben ihrer feinen, stäbchenförmigen Gestalt ist für Listerien charakteristisch, dass sie sich bei 20 Grad Celsius noch bewegen können, bei 37 Grad Celsius allerdings nicht mehr. Listeria monocytogenes ist – ebenso wie die restlichen Listerien – weltweit verbreitet und kommt überall in der Umwelt vor:
- in der Erde
- auf Pflanzen
- in Abwässern
- im landwirtschaftlichen Bereich, vor allem in Tierfutter und verdorbener Silage
- in Tieren
- in Lebensmitteln, vor allem in Milch und Milchprodukten sowie rohem Fleisch, Wurst, Fisch, Salat oder Pilzen
Selbst bei zehn Prozent der gesunden Menschen findet sich das Bakterium Listeria monocytogenes im Darm.
Listeria monocytogenes ist ein sehr widerstandsfähiges Bakterium. In trockener Umgebung (Stroh, Heu oder Silofutter) und in Milch überleben Listerien wochen- oder monatelang. Die Bakterien vermehren sich bei Temperaturen zwischen -0,4 Grad Celsius und +45 Grad Celsius. Deshalb hält die Aufbewahrung von Lebensmitteln im Kühlschrank Listerien nicht vom Wachstum ab.
Zudem ist Listeria monocytogenes relativ stabil gegen Säure und übersteht den Weg durch den Magen – besonders leicht bei Kindern und älteren Menschen oder solchen mit einem geschwächten Immunsystem. Die Erreger können auf verschiedenen Wegen in den Körper gelangen:
- über kontaminierte Lebensmittel, zum Beispiel Weichkäse aus nicht pasteurisierter Milch
- bei engem Kontakt mit Haustieren über die Haut oder die Augenbindehaut (Konjunktiva)
- durch Kontakt mit Wasser oder Erde, die mit Ausscheidungen von Tieren verunreinigt sind
- während der Schwangerschaft über die Plazenta
- während der Geburt
Zu einer Infektion kommt es meist erst, wenn man sehr große Mengen an Listeria monocytogenes aufgenommen hat (eine Million bis eine Milliarde Bakterien): Dann kann sich eine Listeriose entwickeln. Symptome einer Erkrankung bleiben bei den meisten Infektionen mit Listerien aber aus. Besteht der Verdacht auf eine bakterielle Erkrankung durch Listerien, kann nur eine Erregerkultur die Infektion mit Listeria monocytogenes nachweisen.
Morphologie und Kultur
Listeria monocytogenes zählt nach seiner Morphologie (= Gestaltlehre) zu den stäbchenförmigen Bakterien. Das zarte, stäbchenförmige Bakterium bildet bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius rundum Geißeln aus – haarförmige Zellfortsätze, durch die es sich fortbewegen kann. Bei 37 Grad Celsius besitzen die Listerien dagegen nur an ihren beiden Polen einzelne Geißeln und sind dementsprechend weniger beweglich.
Listeria monocytogenes kann man als sogenannte Kultur im Labor auf Blutagar-Nährböden anzüchten (Bakterien zu kultivieren bedeutet, ihnen Umweltbedingungen zu bieten, in denen sie wachsen und sich vermehren können). Nach etwa 18 Stunden entwickeln sich auf dem bluthaltigen Nährboden kleine graue Kolonien, die von einer sogenannten Hämolysezone umgeben sind. Diese Zone entsteht, weil die Bakterien eine Substanz bilden, die die roten Blutkörperchen im Blutagar zerstört und auflöst (lysiert).
Listeria monocytogenes ist sehr widerstandsfähig: Selbst nach einer Lagerung über drei oder vier Jahre bei vier Grad Celsius sind die Listerien noch lebensfähig. In kontaminierten Speisen können sich die Bakterien auch noch im Kühlschrank problemlos vermehren. In trockenen Umgebungen wie Heu, Stroh, Silofutter oder in Milch überleben sie bis zu mehrere Wochen oder Monate.
Krankheiten
Trotz der vielen Möglichkeiten, mit Listeria monocytogenes in Kontakt zu kommen, sind Krankheiten durch diese Bakterien verhältnismäßig selten: In Deutschland entwickeln pro Jahr etwa 350 Menschen eine Listeriose. Rund zwei Drittel der Betroffenen sind älter als 60 Jahre, etwa acht Prozent der Fälle entfallen auf Neugeborene.
Die meisten Menschen infizieren sich mit Listeria monocytogenes, wenn sie stark verunreinigte Lebensmittel zu sich nehmen. Mit Listerien können vor allem folgende Lebensmittel verseucht sein:
- Milch und Milchprodukte (Käse, vor allem Rohmilchweichkäse)
- (rohes) Fleisch und Fleischprodukte (Wurst, Salami, Hackfleisch), Geflügel
- Fisch und Fischerzeugnisse (Sushi, geräucherter und marinierter Fisch)
- Pilze, vorgeschnittene, abgepackte Blattsalate
Karotten, Tomaten und Äpfel hingegen sind frei von Listeria monocytogenes und anderen Listerien.
Um gesunde Erwachsene infizieren zu können, muss Listeria monocytogenes allerdings in großen Mengen (eine Million bis eine Milliarde Bakterien) – über die Nahrung oder durch Kontakt mit infizierten Tieren – in den Körper gelangen. Und selbst solche Infektionen verursachen nicht zwangsläufig Krankheiten: Die meisten Infektionen mit Listerien verlaufen unbemerkt. Allenfalls treten Symptome wie bei einem grippalen Infekt auf.
Manche Menschen haben allerdings ein erhöhtes Risiko, bei einer Infektion mit Listeria monocytogenes zu erkranken – und zwar:
- ältere Menschen
- Menschen mit verminderter Immunabwehr (z.B. wegen schwerer Krankheiten wie Krebs)
- Frauen in der Schwangerschaft
- Neugeborene
Menschen mit einem geschwächten Immunsystem entwickeln bei einer Infektion mit Listeria monocytogenes mit größerer Wahrscheinlichkeit stärkere Symptome bis hin zu einer schweren Blutvergiftung (Sepsis) oder Gehirnhautentzündung (Meningitis) beziehungsweise Hirnentzündung (Enzephalitis).
Eine Infektion mit Listerien in der Schwangerschaft ist auch ein Risiko für das Ungeborene, weil die Schwangere die Bakterien über die Plazenta auf den Fötus übertragen kann: Je nach Zeitpunkt der Infektion kann Listeria monocytogenes zu Fehlgeburten (Abort) oder Frühgeburten führen beziehungsweise das neugeborene Kind stark schädigen.
Nach dem Infektionsschutzgesetz ist die Listeriose eine meldepflichtige Krankheit, wenn Listeria monocytogenes im Blut, in der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Hirnwasser, Liquor) oder in anderen Körperflüssigkeiten sowie beim Abstrich von Neugeborenen direkt nachweisbar ist.
Vorbeugen
Einer Infektion mit Listeria monocytogenes können Sie vorbeugen, indem Sie besonders hygienisch mit Lebensmitteln umgehen. Waschen Sie sich gründlich die Hände, bevor Sie Speisen zubereiten. Bewahren Sie ungekochte Milchprodukte und Salat nur kurze Zeit und immer im Kühlschrank auf – verbrauchen Sie sie also schnellstmöglich. Ein Aperitif oder eine heiße Suppe vor dem Essen kurbelt die Bildung von Magensäure an – dies kann das Risiko einer Infektion mit Listerien senken. Abtöten können Sie Listeria monocytogenes in Lebensmitteln durch Kochen und Braten.
Für Schwangere und Menschen mit geschwächtem Immunsystem ist es außerdem ratsam, auf "Risikolebensmittel" (d.h. auf Lebensmittel, die schnell mit Listeria monocytogenes verseucht sein können) zu verzichten – das sind:
- Rohmilchprodukte wie nicht pasteurisierte Milch und Weichkäse
- rohes Fleisch
- roher Fisch
- vorgeschnittene Blattsalate