Ein Patient wird im Kernspintomografen untersucht

Knochenmarködem: So wichtig ist eine frühe Diagnose

Von: Anna Besson (Medizinautorin und Biologin)
Letzte Aktualisierung: 10.01.2022

Viele Menschen, die an einem Knochenmarködem (KMÖ), einer Flüssigkeitsansammlung im Knochenmark, erkrankt sind, lassen sich erst spät auf die schmerzende Ursache untersuchen. Damit jedoch ein KMÖ folgenlos ausheilen kann, ist eine frühe Diagnose wichtig.

Was ist ein Knochenmarködem?

Das Knochenmarködem bezeichnet eine Flüssigkeitsansammlung (Ödem) im Knochenmark. Seine Entstehung kann unterschiedliche Ursachen haben. Betroffen sind in der Regel die Gelenke der Füße, Knie oder Hüften, aber auch in anderen Knochen kann sich ein KMÖ entwickeln. Als mögliche Ursachen kommen Verletzungen am Knochen wie Prellungen oder Brüche (Frakturen), aber auch verschiedene Grunderkrankungen infrage.

Die Erkrankung beginnt in der Regel mit einem akuten Schmerz, der bei Belastung des betroffenen Körperteils auftritt.

Lange Zeit war das Knochenmarködem nur schwierig zu diagnostizieren, da die damals verfügbaren bildgebenden Verfahren, wie eine Röntgenuntersuchung oder die Computertomographie, keine Auffälligkeiten in der Knochenstruktur aufzeigten. Dies änderte sich, als die Magnetresonanztomographie (MRT) verfügbarer wurde, mit der sich vielfältige krankhafte Knochenstrukturen sichtbar machen lassen. Erstmals wurde die KMÖ im Jahr 1988 vollständig erkannt und beschrieben.

Je früher das Knochenmarködem diagnostiziert wird, desto besser sind die Heilungschancen. Häufig leiden die Betroffenen aber bereits so lange unter den Schmerzen, dass das KMÖ beim Besuch in der Praxis schon das chronische Stadium erreicht hat. Bleibt es lange unbehandelt, kann es zu Brüchen oder sogar zum Absterben des Knochens kommen (Osteonekrose).

Welche Symptome treten bei einem Knochenmarködem auf?

Wenn nach einer Prellung oder Verletzung des Knochens eine Schwellung auftritt und diese von länger andauernden Belastungsschmerzen begleitet ist, sollten Sie zeitnah eine orthopädische Praxis aufsuchen, um abzuklären, ob eventuell ein Knochenmarködem die Ursache sein könnte. Die Symptome können sich äußern in

  • akuten, langsam zunehmen Belastungsschmerzen,
  • Bewegungseinschränkungen, die sich zum Beispiel durch einen hinkenden Gang oder steife Gelenke äußern,
  • Schmerzen, die auch in der Nacht auftreten.

Bleibt die Behandlung aus und treten die Schmerzen auch in Ruhe auf – das heißt im Liegen oder Sitzen – dann ist das Knochenmarködem oft schon in ein chronisches Stadium übergegangen. Häufig ist der Schmerz so stark, dass die Lebensqualität der betroffenen Menschen eingeschränkt ist, was sich auch negativ auf den Schlaf auswirken kann. Zudem sind dann die Heilungschancen oft herabgesetzt und unumkehrbare Folgeschäden am Knochen möglich. Daher ist für eine erfolgreiche Behandlung des Knochenmarködems eine frühzeitige Diagnose sehr wichtig.

Welche Ursachen hat das Knochenmarködem?

Die Ursachen für ein Knochenmarködem sind vielfältig. Neben Knochenverletzungen oder -brüchen kann ein KMÖ auch als Begleiterscheinung einer vorliegenden Grunderkrankung, wie beispielsweise einer Stoffwechselerkrankung, entstehen.

Das Knochenmarködem lässt sich ursächlich in folgende Typen unterteilen:

  • Das ischämische KMÖ entsteht zum Beispiel aufgrund einer Durchblutungsstörung, die dazu führt, dass der Knochen abstirbt. Auch das Chronic Regional Pain Syndrome (CRPS) kann einem Knochenmarködem vorangehen. Dabei kommt es nach einer Verletzung insbesondere an Armen und Beinen zu ungewöhnlich lang anhaltenden Schmerzen.

  • Mechanische KMÖ sind Flüssigkeitsansammlungen im Knochenmark, die nach Verletzungen wie Knochenbrüchen oder -prellungen ("Bone bruise"), Bänderrissen oder Mikrofakturen (feinste Brüche) auftreten. Auch die chronische Überbelastung der Gelenke, zum Beispiel durch Beinfehlstellungen wie O- und X-Beine oder durch Übergewicht, sind als Ursache möglich. Das Knochenmarködem kann auch die Folge von Ermüdungsbrüchen (Stressfrakturen) sein, die mitunter entstehen, wenn ein geschädigter Knochen nicht vollständig ausheilt.

  • Das reaktive KMÖ tritt häufig als Folge von Grunderkrankungen auf wie Diabetes mellitus, Tumoren, Arthrose, Osteoporose, Rheuma oder Entzündungen.

Zudem kommt noch die idiopathische Form des Knochenmarködem vor, bei der kein begleitender Gelenkschaden ersichtlich und die Ursache unbekannt ist, sowie das schwangerschaftsassoziierte Knochenmarködem. Bei letzterem tritt die Flüssigkeitsansammlung im Knochenmark im Oberschenkelknochen (Femur) auf. Beide Formen sind vorübergehend.

Liegt eine Durchblutungsstörung vor, so kann das Blut im Knochen in der Regel schlechter abfließen, wodurch es sich im Raum zwischen den Knochenzellen ansammelt. So baut sich im Knochengewebe ein Druck auf, der im weiteren Verlauf das Knochengewebe und die hier liegenden Nervenenden reizt. Zusätzlich verursacht die zunehmende Flüssigkeitsmenge Mikrofrakturen in der Knochenstruktur, die Schmerzen verursachen können.

Hat sich ein Knochenmarködem im Rahmen einer Begleiterkrankung wie Arthrose entwickelt, so bedeutet dies meist eine Verschlechterung der Grunderkrankung.

Wie lässt sich das Knochenmarködem diagnostizieren?

Wenn Sie in der orthopädischen Praxis vorstellig geworden sind, ist es für den*die Behandler*in wichtig zu wissen,

  • seit wann Sie diese Schmerzen empfinden,
  • ob diesen eine Verletzung oder Prellung am Knochen vorangegangen ist
  • und ob weitere Symptome vorliegen.

Wecken Ihre Antworten den Verdacht auf ein KMÖ, erhalten Sie eine Überweisung an eine radiologisch tätige Praxis oder ein Krankenhaus in der Nähe. Denn die Diagnose eines Knochenmarködems lässt sich in erster Linie über ein MRT stellen. Um die Diagnose zu sichern und andere mögliche Ursachen für die Schmerzen auszuschließen – wie zum Beispiel einen Tumor – sind zusätzlich Röntgen- und Laboruntersuchungen oder eine Computertomografie (CT) erforderlich.

Anders als man annehmen könnte, ist ein unauffälliges Röntgenbild bei den oben genannten Symptomen ein erster Hinweis auf ein Knochenmarködem. Knochenveränderungen sind erst im späteren Verlauf auf Röntgenbildern zu erkennen.

Die Diagnose erhärtet sich, wenn mindestens vier der folgenden fünf Kriterien erfüllt sind:

  • Schmerzen, die bei Belastung auftreten
  • unauffälliges Röntgenbild
  • keine Schmerzbesserung nach Einnahme von Schmerzmitteln
  • Fehlen weiterer Symptome
  • keine spontane Schmerzbesserung

Während des Behandlungszeitraums können die bildgebenden Untersuchungen wiederholt werden, um den Krankheitsverlauf beziehungsweise den Behandlungserfolg besser verfolgen und die Therapie entsprechend anpassen zu können.

Wie lässt sich das Knochenmarködem behandeln?

Liegt ein Knochenmarködem vor, bestimmt die Ursache die Behandlungsoptionen. Ist das KMÖ ein Zufallsbefund, ist eine Behandlung nicht zwangsläufig notwendig, wenn keine Schmerzen vorliegen. Solche zufälligen Diagnosen kommen bei Sportler*innen häufig nach Bandverletzungen der Sprunggelenke oder der Knie vor und heilen von selbst ab. Wichtig ist dabei, dass die betroffene Person das entsprechende Gelenk konsequent schont.

Allgemein steht bei der Behandlung des Knochenmarködems eine durchgängige Entlastung des betroffenen Gelenks im Vordergrund. Dies kann durch Ruhigstellung oder durch orthopädische Stützen oder Krücken geschehen. Begleitend dazu können Betroffene Medikamente wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen, um die Schmerzen zu lindern.

Hilfreich und dem Heilungsprozess förderlich ist eine begleitende Lebensstilveränderung. Das bedeutet in der Regel, das Rauchen einzustellen und vorhandenes Übergewicht zu reduzieren. Auch eine gesunde Ernährung spielt eine wichtige Rolle, da einige Vitamine und Spurenelemente an der Knochengesundheit beteiligt sind.

In Bezug auf das Vitamin D sind hochnormale Blutwerte das Ziel des*der Orthopäd*in. In der Regel lassen sich diese Werte aber nicht allein durch fettreichen Seefisch und Milchprodukte auf dem Speiseplan erzielen. Auch reicht die Sonnenstrahlung und die damit aktivierte Vitamin-D-Produktion über die Haut bei Aktivitäten im Freien hierzulande meist nicht dafür aus, weshalb Betroffene dieses Vitamin zusätzlich als Präparat verschrieben bekommen. Die ebenfalls nötige Calcium-Zufuhr lässt sich aber gut durch eine ausgewogene Ernährung sicherstellen.

Der Mikronährstoff Bor verhindert, dass der Körper zu viel Calcium, Magnesium, Vitamin D und Phosphor ausscheidet und wirkt somit therapieunterstützend. Daher ist es sinnvoll, Nüsse, Avocados, Pflaumen und Rosinen in den Speiseplan zu integrieren. Das Vitamin K1 ist an der Mineralisierung des Knochens und damit an seinem Aufbau beteiligt. Es findet sich vor allem in grünem Gemüse sowie in Rind- und Hühnerfleisch.

Bessert sich das Knochenmarködem nicht mit diesen Maßnahmen, lassen sich zusätzlich Bisphosphonate einsetzen. Diese wirken sich auch im Rahmen einer Osteoporose-Behandlung positiv auf den Knochenstoffwechsel aus. So lässt sich ein Knochenabbau und damit die Verschlimmerung des KMÖ womöglich vermeiden. Zusätzlich tragen Bisphosphonate auch zur Schmerzlinderung bei, da sie die Ausschüttung bestimmter Signalstoffe hemmen. Das Präparat mit dem Bisphosphonat erhalten betroffene Menschen ambulant im monatlichen Abstand über eine Infusion in der Praxis. Eine weitere Behandlungsoption stellt die Manuelle Therapie in einer physiotherapeutischen Praxis dar.

Wie verläuft das Knochenmarködem?

Beim Knochenmarködem handelt es sich um eine Erkrankung, die entweder von selbst ausheilt oder einen schweren Verlauf nehmen kann, wenn sie unbehandelt bleibt. Nach der Diagnose ist es nicht möglich abzuschätzen, wie lange die Heilung des KMÖ dauert oder wie die Erkrankung weiter verläuft – beides wird jedoch vom Ausmaß der Gelenkschädigung wie auch der Größe des Knochenmarködems beeinflusst. Ein KMÖ kann damit innerhalb von drei Wochen abheilen, allerdings trotz Behandlung auch über Jahre Beschwerden verursachen. Entscheidend ist aber immer eine rasche Diagnostik und Behandlung.

Sehr häufig erhalten Betroffene die Diagnose Knochenmarködem erst, wenn die Erkrankung bereits in ein chronisches Stadium übergegangen ist. Der Grund ist, dass sie meist eine Besserung abwarten und erst dann ärztliche Hilfe suchen, wenn sie starke Einschränkungen beim Laufen verspüren oder nachts trotz Schmerzmittel nicht mehr schlafen können. Bleibt das Knochenmarködem lange unbehandelt und wird der betroffene Körperteil nicht geschont, kann die Knochenstruktur weiter geschädigt werden und der Knochen schließlich brechen oder absterben. Dann kann ein Gelenkersatz nötig werden.

Wie lässt sich einem Knochenmarködem vorbeugen?

Liegen Grunderkrankungen vor und sind diese bekannt, ist es sinnvoll, sich an die Behandlungsempfehlungen der*des Ärztin*Arztes zu halten, um eine Verschlechterung zu vermeiden. Grundsätzlich helfen regelmäßige Sporteinheiten dabei, Muskulatur aufzubauen, welche die Gelenke besser stützen und schonen kann. Dabei sollte der Fokus auf gelenkschonenden Sportarten liegen wie Schwimmen, Nordic Walking oder Fahrradfahren. Wichtig ist es, eine dauerhafte Über- oder Fehlbelastung der Gelenke zu vermeiden und auch auf das Körpergewicht zu achten. Ebenso wichtig ist eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Mikronährstoffen und Vitaminen, um einen gesunden Knochenstoffwechsel zu unterstützen.