Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)
Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) ist ein bösartiger Tumor der weiblichen Keimdrüsen, der Eierstöcke (Ovarien). Eierstockkrebs tritt meist bei älteren Frauen auf. Je früher er erkannt wird, desto besser ist auch die Prognose.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Überblick
Die Ursachen von Eierstockkrebs sind bisher weitgehend unbekannt. Bestimmte Veränderungen der Erbinformation (Mutationen) können allerdings das Risiko erhöhen, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken.
Häufig leiden die betroffen Frauen erst unter Symptomen, wenn der Eierstockkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium ist. Treten Beschwerden auf, sind diese meist unspezifisch – das heißt, sie können auch bei vielen anderen, teilweise harmlosen Erkrankungen vorkommen. So fühlen sich die Frauen zum Beispiel generell müde und leistungsschwach oder klagen über Verdauungsstörungen – etwa unter Verstopfung oder Blähungen. Ein Tumor am Eierstock kann eine Bauchwassersucht (sog. Aszites) hervorrufen oder auch durch seine Größe dazu führen, dass der Bauchumfang der Betroffenen zunimmt.
Die Untersuchung beim Frauenarzt ist ein wichtiger Schritt, um die genauen Ursachen für die Beschwerden herauszufinden. Besteht nach der gynäkologischen Untersuchung der Verdacht auf Eierstockkrebs, versucht der Arzt herauszufinden, wie der Tumor aufgebaut ist und wie weit er sich bereits ausgedehnt hat. Dazu nutzt er:
- Ultraschall (Sonographie)
- Computertomographie
- Magnetresonanztomographie
Genaue Sicherheit liefert letztlich die mikroskopische Untersuchung des Tumorgewebes.
Die Therapie von Eierstockkrebs besteht in der Regel aus einer operativen Entfernung des Tumors und anschließender Chemotherapie. Die Prognose der Erkrankung hängt stark davon ab, in welchem Stadium das Ovarialkarzinom erkannt und behandelt wird: In frühen Stadien bestehen gute Aussichten auf eine dauerhafte Heilung.
Nach der Behandlung von Eierstockkrebs sind regelmäßige Nachuntersuchungen wichtig. Sie sollten in den ersten drei Jahren nach der Therapie im Rhythmus von drei Monaten stattfinden. Ziel der Nachsorge ist es einerseits, die durch Operation und Chemotherapie körperlich und seelisch belasteten Patientinnen gut zu betreuen. Andererseits soll die Nachsorge auch gewährleisten, dass ein eventuell neu gewachsener Tumor möglichst rasch erkannt wird.
Definition
Eierstockkrebs ist per Definition ein bösartiger Tumor der Eierstöcke. Die Eierstöcke werden auch als Ovarien bezeichnet – daher reden Mediziner auch von einen Ovarialkarzinom, wenn Eierstockkrebs gemeint ist.
Die beiden ovalen Eierstöcke liegen im kleinen Becken rechts und links neben der Gebärmutter. Bänder und Bauchfell halten die Eierstöcke in Position. Dennoch haben die Eierstöcke in der Bauchhöhle vergleichsweise viel Platz – die Größenzunahme der Eierstöcke während des weiblichen Zyklus beeinträchtigt daher keine anderen Organe. Allerdings bleiben so auch Eierstock-Tumoren anfangs oft unbemerkt.
Bei etwa jeder zweiten Frau mit Eierstockkrebs sind beide Eierstöcke befallen. Durchbricht der Krebs die äußere Kapsel des Eierstocks, kann er Tochtergeschwulste (Metastasen) in der Bauchhöhle und im Bauchfell bilden (sog. Peritonealkarzinose).
Darüber hinaus können Metastasen über Blut- und Lymphbahnen auch in andere Organe und Körperregionen gelangen, so etwa in
Nach der sogenannten FIGO-Klassifikation (International Federation of Gynecology and Obstetrics) teilen Mediziner Eierstockkrebs je nach Ausdehnung in vier verschiedene Tumorstadien ein:
- FIGO I: Der Eierstockkrebs befällt nur Eierstockgewebe (es können ein Eierstock, aber auch beide Eierstöcke betroffen sein).
- FIGO II: Das Ovarialkarzinom hat sich im Becken ausgebreitet.
- FIGO III: Der Eierstockkrebs hat Metastasen in die Bauchhöhle (sog. Peritonealkarzinose) oder in die Lymphknoten gestreut.
- FIGO IV: Tumorgewebe befindet sich bereits außerhalb der Bauchhöhle (z.B. als Metastasen in der Lunge).
Unter dem Mikroskop betrachtet gleicht nicht jedes Ovarialkarzinom dem anderen. Je nach Krebsgewebe lassen sich so verschiedene Unterformen des Eierstockkrebses bestimmen, die sich auch hinsichtlich ihrer Prognose unterscheiden können.
Neben Eierstockkrebs können in den Eierstöcken auch andere Krebsformen vorkommen. Dazu zählen einerseits Tochtergeschwulste (Metastasen) anderer Krebserkrankungen – andererseits grenzen Mediziner auch bösartige Keimzelltumoren und sogenannte Keimstrang-Stroma-Tumoren von einem Ovarialkarzinom ab.
Häufigkeit
Eierstockkrebs kommt im Vergleich zu Brust- oder Darmkrebs seltener vor, gilt aber als zweithäufigste Krebserkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane. Im Jahr 2012 erkrankten in Deutschland 7.380 Frauen an Eierstockkrebs. Experten beobachten, dass die Häufigkeit von Eierstockkrebs seit der Jahrtausendwende etwas abnimmt.
Eierstockkrebs tritt überwiegend in der zweiten Lebenshälfte nach der letzten Regelblutung (Menopause) auf.
Ursachen
Bei Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) sind die Ursachen bisher weitgehend unbekannt. Es gibt aber Risikofaktoren, die das Auftreten von Eierstockkrebs begünstigen. Dazu gehört in erster Linie ein höheres Alter.
Aber auch
- schädliche Umwelteinflüsse,
- ungesunde Ernährungsgewohnheiten,
- Übergewicht sowie
- eine Hormontherapie nach den Wechseljahren
können das Risiko eines Ovarialkarzinoms erhöhen.
Bestimmte Veränderungen der Erbinformation (Mutationen) können ebenfalls das Risiko erhöhen, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken: Etwa zehn Prozent aller Fälle von Eierstockkrebs scheinen genetische Ursachen zu haben. In diesen Fällen tritt Eierstockkrebs innerhalb einer Familie gehäuft auf und kommt gleichzeitig mit anderen Krebserkrankungen wie Brustkrebs vor. Mutationen bestimmter Gene (sog. Brustkrebsgene BCRA 1 und BCRA 2) spielen dabei wahrscheinlich eine entscheidende Rolle.
Forscher nehmen außerdem an, dass der monatliche Eisprung bei der Entstehung von Eierstockkrebs von Bedeutung ist. Der Grund: Frühe und häufige Schwangerschaften und auch eine langfristige Einnahme der Antibabypille unterdrücken den Eisprung – und zählen gleichzeitig zu den Faktoren, die das Risiko für Eierstockkrebs senken.
Eine besondere Form des Eierstockkrebses ist der sogenannte Borderline-Tumor. Die Bezeichnung Borderline (engl. für Grenzlinie) soll deutlich machen, dass dieser Tumor weder eindeutig den gutartigen noch den bösartigen Tumoren zugeordnet werden kann. Nach einer längeren Übergangszeit entarten diese Tumoren allerdings – das heißt, aus einem Borderline-Tumor entsteht bösartiger Eierstockkrebs.
Symptome
Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) macht sich oft erst in fortgeschrittenen Stadien durch Symptome bemerkbar. Die Beschwerden, die dieser bösartige Tumor der weiblichen Keimdrüsen (Eierstöcke) verursacht, sind zudem uncharakteristisch. Hierzu zählen etwa
- Leistungsschwäche,
- Schmerzen im Unterbauch,
- Verstopfung,
- Blähungen oder
- häufiges Wasserlassen
Diese Beschwerden können auf Eierstockkrebs hinweisen – sind aber oft auch Symptome für harmlose Erkrankungen.
Wenn bereits die Bauchhöhle mit Metastasen befallen ist, sammelt sich vermehrt Flüssigkeit im Bauchraum an (Aszites). Mögliche Symptome: Die betroffenen Frauen stellen eine Zunahme des Leibesumfangs fest, obwohl sie manchmal – bedingt durch die fortgeschrittene Krebserkrankung – gleichzeitig an Gewicht verlieren. Auch der Tumor selbst kann durch seine Größe den Bauchumfang der Betroffenen erhöhen.
Symptome wie Blutungen außerhalb der normalen Regelblutung (sog. Zwischenblutungen) können ein Warnsignal für unterschiedliche Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane sein – besonders bei Blutungen, die nach den Wechseljahren auftreten, sollte der Arzt die Ursachen dafür klären.
Diagnose
Bei Verdacht auf Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) ist eine rasche Diagnose nötig. Dazu muss der Arzt die betroffene Patientin zunächst gründlich untersuchen. Dabei tastet er die Bauchdecke und die weiblichen Geschlechtsorgane sorgfältig nach möglichen Tumoren ab.
Eine wichtige Rolle bei der Diagnose von Eierstockkrebs spielt die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Bauchregion und der Scheide. Die Sonographie gibt außerdem Aufschluss über die Größe, Lage und grobe Beschaffenheit entdeckter Krebsgeschwulste. Weitere Erkenntnisse liefern eine Computer- und Magnetresonanztomographie. Mithilfe dieser Untersuchungsmethoden kann der Mediziner auch Metastasen im Bauch- oder Brustraum entdecken.
Mit letzter Sicherheit kann die Diagnose "Eierstockkrebs" jedoch nur im Rahmen einer Operation gestellt werden. Ein Pathologe untersucht das entnommene Gewebe dazu unter dem Mikroskop. Dabei kann er bösartige Krebszellen von gesunden Zellen unterscheiden.
Vor Beginn einer Therapie werden im Blut spezielle Zellproteine bestimmt – sogenannte Tumormarker. Die Tumormarker sind beim Ovarialkarzinom weniger für die Diagnose von Bedeutung, sondern dienen vielmehr der Kontrolle des Krankheitsverlaufs. Steigt der Tumormarker-Wert nach der Therapie wieder an, deutet dies auf einen Tumorrückfall (sog. Rezidiv) oder auch auf gewachsene Metastasen hin.
Wissenschaftler prüfen derzeit noch, ob eine Reihenuntersuchung (Screening) beim Ovarialkarzinom sinnvoll ist. Ziel des Screenings soll sein, die Erkrankung sehr früh zu erkennen und somit die durch Eierstockkrebs bedingten Todesfallraten zu senken. Die Diagnose-Verfahren beim Screening umfassen eine Blutuntersuchung, die den Tumormarker CA 125 bestimmt, sowie eine Ultraschalluntersuchung durch die Scheide.
Therapie
Bei Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) besteht die Therapie im Wesentlichen aus zwei Verfahren: Operation und Chemotherapie. Die Wahl der Behandlung ist in erster Linie vom Tumorstadium abhängig. Bei der Mehrzahl der Patientinnen wird die Operation mit einer anschließenden Chemotherapie kombiniert.
Operation
Beim Ovarialkarzinom hängt die Prognose entscheidend davon ab, ob der Tumor komplett entfernt werden konnte. Die Operateure entnehmen daher in der Regel
- beide Eierstöcke,
- Gebärmutter,
- Eileiter,
- das sogenannte große Netz, einen Teil des Bauchfells,
- den Blinddarm (bzw. Wurmfortsatz) sowie
- nahegelegene Lymphknoten im Bereich des Beckens.
Abweichungen von dieser Operation kommen in Ausnahmefällen wie sehr frühem Erkrankungsstadium oder eindeutig einseitigem Tumorbefall infrage. Neben der möglichst vollständigen Entfernung des Tumors verfolgt die Operation auch diagnostische Ziele: So kann der Arzt Gewebeproben aus verdächtigen, vergrößerten Lymphknoten entnehmen und den gesamten Bauchraum systematisch nach Metastasen absuchen..
Chemotherapie
Eierstockkrebs reagiert empfindlich auf eine Therapie mit Zytostatika – das sind Medikamente, die im Rahmen einer Chemotherapie eingesetzt werden, um Krebszellen abzutöten. Die Chemotherapie ist also beim Ovarialkarzinom ein geeignetes Verfahren, um nach der Operation Tumorreste und Metastasen zu behandeln.
Am wirksamsten sind bei Eierstockkrebs platinhaltige Substanzen wie Carboplatin, die in Kombination mit anderen Wirkstoffen wie Paclitaxel verabreicht werden.
In manchen Fällen können zusätzliche Medikamente (z.B. Bevacizumab) die Ergebnisse einer Chemotherapie verbessern: Sie stören gezielt bestimmte Eigenschaften des Tumors und können so zum Beispiel verhindern, dass der Tumor vermehrt neue Blutgefäße bildet. Die Krebszellen werden dann schlechter mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Das kann das Tumorwachstum bremsen und verzögern, dass der Tumor streut. Mediziner sprechen bei diesen neueren Behandlungsansätzen von einer sogenannten "zielgerichteten Therapie".
Verlauf
Beim Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) richten sich Verlauf und Prognose zum einen nach dem Tumortyp. Darüber hinaus nehmen zwei wesentliche Faktoren Einfluss:
- Die Ausbreitung der Erkrankung beziehungsweise das Tumorstadium: Besonders eine auf den Eierstock begrenzte Erkrankung (FIGO-Stadium I) hat eine günstige Prognose. Da Eierstockkrebs im frühen Stadium meist keine Symptome verursacht, wird ein Ovarialkarzinom oft erst im fortgeschrittenen Stadium festgestellt. Hat sich der Krebs bereits im Becken ausgebreitet oder ist es bereits zu einem Befall der Bauchhöhle oder Metastasen gekommen, verschlechtert sich die Prognose. Bei Patientinnen mit weit fortgeschrittenem Eierstockkrebs tritt der Krebs nach abgeschlossener Therapie häufig wieder auf (Rezidiv).
- Größe des möglicherweise nach der Operation verbliebenen Tumorrests: Die Prognose ist umso besser, je kleiner eventuelle Tumorreste nach einer Operation sind.
Nachsorge
Eierstockkrebs ist ein bösartiger Tumor, der die Eierstöcke befällt und bei dem eine regelmäßige Nachsorge im Anschluss an die Therapie wichtig ist. Es geht in der Nachsorge besonders darum, dass der Arzt ein mögliches Wiederkehren der Krebserkrankung, ein sogenanntes Rezidiv, frühzeitig erkennt. Die Nachsorgeuntersuchungen beim Ovarialkarzinom erfolgen dafür nach einem engen zeitlichen Schema:
- in den ersten drei Jahren nach der Therapie: vierteljährliche Untersuchung
- in den folgenden zwei Jahren: halbjährliche Untersuchung
- danach: jährliche Untersuchung
Während der Nachsorgeuntersuchungen fragt der Arzt die Patientin nach Symptomen und tastet Bauch und Geschlechtsorgane ab. Eine Ultraschalluntersuchung der Bauch- und Beckenorgane gehört ebenfalls zur Nachsorge dazu.
Außerdem bietet die Nachsorge den Rahmen, die Betroffenen zu betreuen und psychische Belastungen aufzufangen, die sich durch die Erkrankung an sich und auch durch die Therapie ergeben. Ärzte empfehlen bei Eierstockkrebs in der Zeit während der Therapie und der Nachsorge daher eine sogenannte psychoonkologische Betreuung.
Vorbeugen
Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) können Sie nicht sicher vorbeugen.
Frauen, die bereits in jungen Jahren oder mehrmals schwanger waren, haben jedoch ein geringeres Risiko, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken. Auch die Einnahme der Antibabypille verringert das Erkrankungsrisiko.
Es gibt für Eierstockkrebs keine gesetzlich vorgesehene Untersuchung zur Früherkennung – Wissenschaftler prüfen derzeit, ob durch eine Reihenuntersuchung (Screening), welche Ultraschall und eine Blutuntersuchung auf einen sogenannten Tumormarker miteinschließt, Eierstockkrebs früher erkennbar wird – und somit die Todesfallrate durch diese Krebsart gesenkt werden kann.
Bei Symptomen wie
- Verdauungsstörungen,
- Blutungen (nach den Wechseljahren oder außerhalb der Monatsregel) oder bei
- Gewichtsverlust ohne erkennbaren Grund
Bestimmte Genveränderungen (Veränderungen des Erbguts, Mutationen) erhöhen das Risiko, an Eierstockkrebs und Brustkrebs zu erkranken. Dabei handelt es sich um Mutationen der Gene BRCA-1 und 2. Liegen diese Mutationen bei einer gesunden Frau vor, kann die Entfernung der Eierstöcke eine Möglichkeit sein, das Risiko für ein Ovarialkarzinom zu senken – sofern die Frau die Familienplanung bereits abgeschlossen hat.