Eine Ärztin schaut in das Ohr einer älteren Patientin.
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Akustikusneurinom, Neurinom

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 17.12.2021

Ein Neurinom ist ein gutartiger Nervenfasertumor – genauer gesagt ein Tumor der Zellen, welche die Nervenfasern umhüllen. Bei einem Neurinom handelt es sich am häufigsten um ein Akustikusneurinom. Diese Geschwulst entwickelt sich aus den sogenannten Schwann´schen Zellen, die den Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) umgeben.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Mediziner sprechen bei einem Akustikusneurinom auch von einem Vestibularisschwannom. Sowohl die Risikofaktoren als auch die Ursachen des Neurinoms sind in den meisten Fällen nicht bekannt. Treten Akustikusneurinome jedoch beidseitig des Gleichgewichtsnervs auf, ist häufig eine Erbkrankheit – die Neurofibromatose Typ 2 – die Ursache.

Das Akustikusneurinom entsteht bevorzugt im inneren Gehörgang. Dort verlaufen die für den Gehör- und Gleichgewichtssinn zuständigen Fasern des Nervus vestibulocochlearis räumlich eng zusammen. Typische Symptome eines Akustikusneurinoms sind:

Verdächtig sind ungewöhnliche Verläufe eines "Hörsturzes": Hierzu zählen plötzliche, immer wiederkehrende Hörverluste auf derselben Seite oder eine auf wenige Tage beziehungsweise Wochen zeitlich begrenzte Besserung der Hörminderung.

Wächst das Akustikusneurinom weiter, kann es das Gehirn einengen, sodass der Hirndruck steigt. Dies kann zu sogenannten Hirndrucksymptomen (z.B. Erbrechen, Sehstörungen) führen und weitere Gehirnnerven bedrängen. Größere Akustikusneurinome, die Beschwerden verursachen, entfernt der Neurochirurg oder ein spezialisierter HNO-Arzt daher operativ. Wenn keine Beschwerden auftreten, ist bei einem Neurinom keine Therapie notwendig. Kleinere Akustikusneurinome, die Symptome hervorrufen, lassen sich auch mit einer Strahlentherapie behandeln.

Da es wirksame Therapien gegen ein Neurinom gibt, ist die Prognose in der Regel gut. Hat der Arzt ein Akustikusneurinom vollständig entfernt, tritt es normalerweise nicht wieder auf. Sind Reste der Geschwulst verblieben, kann sich daraus allerdings wieder ein Neurinom bilden (sog. Rezidiv).

Definition

Ein Neurinom (Neuron = Nervenzelle) ist ein gutartiger, langsam wachsender Tumor, der meist in der hinteren Schädelgrube vorkommt. Am häufigsten ist der achte Hirnnerv – der Gleichgewichts- und Gehörnerv – betroffen (Nervus vestibulocochlearis, früher: N. statoacusticus), davon vorrangig der Gleichgewichtsnerv (N. vestibularis). In diesem Fall sprechen Ärzte von einem Akustikusneurinom.

Im Gegensatz zu bösartigen Tumoren dringt das Akustikusneurinom weder in das umliegende Gewebe ein, noch bildet es Tochtergeschwulste (Metastasen).

Häufigkeit

Das Akustikusneurinom ist der häufigste Tumor der hinteren Schädelgrube. Insgesamt kommt es aber nur selten vor. Besonders häufig sind Menschen im mittleren Lebensalter betroffen, vor allem um das 50. Lebensjahr. Bei Frauen tritt das Akustikusneurinom etwa doppelt so häufig auf wie bei Männern. Insbesondere wenn das Akustikusneurinom beidseitig auftritt, kann eine Erbkrankheit (Neurofibromatose Typ 2) dahinterstecken.

Ursachen

Ein Neurinom beziehungsweise Akustikusneurinom entsteht in den sogenannten Schwann´schen Zellen. Diese umhüllen die Hirnnerven sowie peripheren Nerven und sind wichtige Elemente schnell leitender Nervenfasern. Entarten die Schwann´schen Zellen, bilden sie einen Tumor (Neurinom) um den betreffenden Nerv.

Sowohl die Risikofaktoren als auch die Ursachen für ein Akustikusneurinom sind in der Regel unbekannt. Befinden sich beidseits des Gleichgewichts- und Hörnervs Neurinome, ist die Ursache jedoch meist eine Erbkrankheit: die sogenannte Neurofibromatose Typ 2. Die Betroffenen werden auf beiden Ohrentaub. Dieser genetische Defekt kommt allerdings selten vor (weltweit ca. 1 von 35.000 Geburten).

Symptome

Ein Neurinom zeigt anfangs nur uncharakteristische Symptome, die auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Entdecken die Ärzte ein Neurinom wie das Akustikusneurinom, handelt es sich häufig um einen Zufallsbefund – zum Beispiel im Rahmen einer aus anderen Gründen durchgeführten Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes.

Wächst das Akustikusneurinom, kann es die Nervenfasern des achten Hirnnerven (Nervus vestibulocochlearis) schädigen. In diesem Nerv verlaufen Fasern, die für das Gleichgewichtsempfinden und den Hörsinn wichtig sind. Viele Betroffene klagen daher über eine einseitige Hörminderung, die sich bis zur Taubheit fortsetzen kann. Auch (einseitige) Ohrgeräusche wie Ohrenrauschen oder Ohrensausen, (Tinnitus) sind typisch für ein Akustikusneurinom. Gleichgewichtsstörungen oder Schwindelanfälle können bei einem Akustikusneurinom als zusätzliche Symptome hinzutreten.

Ein sehr ausgedehntes Neurinom beeinträchtigt auch die Gesichtsnerven. Eine Gesichtslähmung ist jedoch selten. Da Akustikusneurinome nahe am Hirnstamm liegen, besteht in manchen Fällen die Gefahr, dass die Tumoren das Hirngewebe einengen. Dadurch steigt der Hirndruck und es kommt zu charakteristischen Hirndrucksymptomen wie:

Diagnose

Bei Verdacht auf ein Neurinom beziehungsweise Akustikusneurinom wird der Arzt verschiedene Gleichgewichts- und Hörtests durchführen. Er kann beispielsweise messen, wie die Hörzellen auf akustische Reize reagieren. Für eine genaue Neurinom-Diagnose und zur Planung der späteren Behandlung nutzt der Arzt bildgebende Verfahren, zum Beispiel die Magnetresonanztomographie (MRT). Im Gegensatz zur Computertomographie (CT) hat die MRT den Vorteil, dass sie auch sehr kleine Akustikusneurinome gut darstellen kann.

Therapie

Sofern ein Neurinom oder ein Akustikusneurinom keine Beschwerden verursacht, besteht die Therapie in der Regel aus regelmäßigen Kontrollen, mit denen der Arzt die Entwicklung der Geschwulst beobachtet (unter Ärzten auch als "watch and wait" bezeichnet).

Bei großen Akustikusneurinomen und bei Beschwerden entfernt der Arzt den Tumor operativ. Wächst das Neurinom in der Nähe des Innenohrs und des Gehörgangs, führt ein Hals-Nasen-Ohrenarzt die Operation durch. In anderen Fällen, in denen sich das Akustikusneurinom bereits weiter ausgedehnt hat, operiert ein Neurochirurg durch die Schädeldecke. Eine häufige Nebenwirkung der operativen Akustikusneurinom-Therapie kann eine Beeinträchtigung des Hörvermögens – bis hin zum Hörverlust sein. Das Risiko hängt von der Lage und Größe des Tumors ab und ist bei sehr großen Akustikusneurinomen entsprechend hoch. Bei Tumoren über drei Zentimeter Größe steigt außerdem das Risiko, den Gesichtsnerven zu beeinträchtigen.

Bei kleineren Akustikusneurinomen kann der Arzt auch eine Strahlenbehandlung (sogenannte Gamma-Knife-Bestrahlung) zur Therapie durchführen. Manchmal reicht zur Neurinom-Therapie schon eine einzelne Bestrahlung aus. Oft ist jedoch eine mehrfache Anwendung über Wochen nötig.

Verlauf

Da ein Neurinom wie das Akustikusneurinom nur langsam wächst, sind Prognose und Verlauf in der Regel sehr gut. Selbst bei größeren Tumoren ist bei rechtzeitiger Behandlung eine Heilung möglich. In der Regel kann der Arzt ein Akustikusneurinom entfernen. Bleiben Teile der Geschwulst – die sogenannte Tumorkapsel – zurück, kann das Neurinom allerdings erneut auftreten (sog. Rezidiv).

In vielen Fällen nimmt die Neurinom-Operation einen komplikationslosen Verlauf. Bei einigen Betroffenen können Hörstörungen auftreten. Auch Verletzungen des Gleichgewichtsnervs sind möglich.

Vorbeugen

Allgemeine Maßnahmen, die einem Neurinom oder einem Akustikusneurinom vorbeugen, sind nicht bekannt. Allgemein ratsam ist eine gesunde Lebensweise – dazu gehören:

Diese Maßnahmen unterstützen die Körperabwehr und können das allgemeine Krankheitsrisiko senken.