Ärztin führt eine Ultraschalluntersuchung bei einer Person mit Nierenkrebs durch.
© Getty Images/PonyWang

Nierenkrebs: Anzeichen, Ursachen und Lebenserwartung

Von: Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 23.02.2024

Nierenkrebs führt gerade im Anfangsstadium nur selten zu Beschwerden. Deshalb erfolgt die Diagnose oft erst im fortgeschrittenen Stadium, was sich negativ auf die Heilungschancen und Lebenserwartung auswirken kann. Erfahren Sie mehr über die ersten Anzeichen von Nierenkrebs, welche Ursachen und Risikofaktoren infrage kommen und wie die Behandlung erfolgt.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Thema Nierenkrebs

Wie schnell Nierenkrebs streut, lässt sich pauschal nicht sagen. Er kann sich langsam über mehrere Jahre hinweg ausbreiten, aber auch wesentlich schneller wachsen.

Bösartige Nierentumoren neigen dazu, sich über die Lymph- und Blutgefäße im Körper auszubreiten und Tochtergeschwulste vor allem in Lymphknoten, der Lunge, den Knochen, seltener in der Leber und im Gehirn zu bilden. 

Wird er frühzeitig erkannt und operativ entfernt, ist Nierenkrebs in manchen Fällen heilbar. 

Die Lebenserwartung bei Nierenkrebs hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Zeitpunkt der Diagnose, dem Stadium und der Behandlung ab. 5 Jahre nach der Diagnosestellung leben noch rund drei Viertel der Patient*innen. Hat der Krebs gestreut, ist der Anteil geringer. Nur etwa 8 bis 13 Prozent der Betroffenen leben weitere 5 Jahre. 

Bestimmte Blutwerte können einen Hinweis auf Nierenkrebs geben und werden zur Diagnose bestimmt. Dazu zählen veränderte Bluteiweiße, ein erhöhter Calciumspiegel, erhöhte Enzyme (wie alkalische Phosphatase), der CRP-Wert (C-reaktives Protein) und eine veränderte Blutsenkungsgeschwindigkeit. Es gibt keine speziellen Tumormarker im Blut, die für ein Nierenkarzinom sprechen.

Was ist Nierenkrebs?

Der Begriff Nierenkrebs fasst alle bösartigen (malignen) Tumoren zusammen, die vom Nierengewebe ausgehen. Rund 80 bis 90 Prozent aller malignen Nierentumoren sind Nierenzellkarzinome (Hypernephrom, Nierenzellkrebs). Seltenere Formen sind Nephroblastome (Wilms-Tumoren), Sarkome oder Lymphome der Niere. In den meisten Fällen betrifft Nierenkrebs nur eine der beiden Nieren. Die genauen Ursachen von Nierenkrebs sind nicht bekannt. 

Oft erfolgt die Diagnose zufällig während einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraums. In vielen Fällen ist die Tumorerkrankung dann bereits fortgeschritten und hat Metastasen (Tochtergeschwulste) gebildet.

Häufigkeit

In Deutschland erkranken etwa 10 von 100.000 Personen jährlich an Nierenkrebs. Männer sind etwa zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Frauen. Zum Zeitpunkt der Diagnose sind Männer im Durchschnitt 71 Jahre und Frauen 68 Jahre alt. 

Nierenkrebs: Symptome oft erst im fortgeschrittenen Stadium

Häufig treten Symptome erst dann auf, wenn der Nierentumor bereits sehr groß ist oder in Lymphknoten beziehungsweise andere Organe gestreut hat. Frühe Anzeichen der Erkrankung gibt es nur selten. 

Die meisten Betroffenen mit Nierenkrebs haben dann allgemeine Beschwerden wie:

Ein Anzeichen, das direkt auf eine Erkrankung der Niere hindeuten kann, ist Blut im Urin. Auch eine allgemeine Blutarmut (Anämie), Bluthochdruck oder ein niedriger Blutdruck (Hypotonie) können bei Nierenkrebs auftreten. Bei Männern kann ein Nierentumor einen Krampfaderbruch im Hoden auslösen. Dieser kann sich beispielsweise durch ziehende Schmerzen oder Schwellungen äußern.

Ein metastasierter Nierentumor bereitet mitunter auch folgende Symptome:

  • Knochenschmerzen (Metastasen im Skelett)
  • Husten (Tochtergeschwulste in der Lunge)
  • neurologische Symptome wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle (bei Befall des Gehirns)

Paraneoplastisches Syndrom bei Tumoren an der Niere

Bei Nierenkrebs kann es auch zum sogenannten paraneoplastischen Syndrom kommen. Dabei handelt es sich um Veränderungen des Blutes, zum Beispiel

  • eine vermehrte oder verringerte Bildung roter Blutkörperchen oder
  • eine abnormale Produktion von Hormonen. 

Nierenkrebs: Ursachen und Risikofaktoren

Wie bei den meisten anderen Krebserkrankungen sind auch bei Nierenkrebs die Ursachen bisher nicht eindeutig geklärt. Fachleute vermuten genetische Einflüsse, da in manchen Familien gehäuft Fälle von Nierenkrebs auftreten. Auch seltene Erbkrankheiten, wie das "Von Hippel-Lindau-Syndrom (VHL)", sollen eine Rolle spielen.

Zudem gibt es einige Faktoren, die das Risiko von Nierenkrebs erhöhen können. Dazu gehören:

  • Rauchen
  • übermäßiger Alkoholkonsum
  • Bluthochdruck
  • bestimmte, starke Schmerzmittel (vor allem phenacetinhaltige Schmerzmittel), die zu Nierenschäden führen können
  • chronische Nierenerkrankungen, wie chronische Niereninsuffizienz
  • Übergewicht (Adipositas)
  • Nierentransplantation
  • Kontakt mit bestimmten Stoffen, wie Asbest, Cadmium, Lösungsmittel zur chemischen Reinigung, Treibstoff oder anderen Petroleumprodukten

Abzugrenzen vom Nierenzellkarzinom ist das Nierenbeckenkarzinom. Dieses entsteht im Nierenbecken und ähnelt einem Harnblasenkarzinom, da bei beiden Krebsformen ähnliche Zellen entarten. 

Nierenkrebs: Wie erfolgt die Diagnose?

Bildgebende Verfahren spielen bei der Diagnose von Nierenkrebs eine entscheidende Rolle. Insbesondere können eine

  • Ultraschalluntersuchung (Sonographie),
  • Computertomographie (CT) oder
  • Magnetresonanztomographie (MRT)

recht zuverlässig einen Nierentumor von anderen Nierenerkrankungen wie Nierensteinen oder Nierenzysten unterscheiden. Auch eine Röntgenuntersuchung der Niere mit Kontrastmittel (Urographie) kann Hinweise auf Nierenkrebs liefern.

Zudem wird eine Untersuchung des Urins veranlasst. Darüber hinaus liefern verschiedene Blutwerte wichtige Hinweise, zum Beispiel

In manchen Fällen wird auch eine Gewebeprobe (Biopsie) aus der Niere entnommen und genauer untersucht. Um festzustellen, ob der Nierenkrebs in andere Organe gestreut hat, schließen sich meist weitere Kontrollen an.

Nierenkrebs: Maßnahmen zur Therapie

Das wichtigste Verfahren zur Behandlung von Nierenkrebs ist eine Operation. In den meisten Fällen entfernt die*der Ärztin*Arzt einen Teil der betroffenen Niere. Unter Umständen kann die Niere auch vollständig entfernt werden (Nephrektomie), um sicherzustellen, dass kein Tumorgewebe im Körper zurückbleibt. Die zweite, meist gesunde Niere kann die Funktion der fehlenden Niere in der Regel vollständig ersetzen.

Lässt sich ein kleiner Tumor an der Niere nicht chirurgisch entfernen, kann dieser durch Kälte mittels Kryotherapie beziehungsweise durch Hitze im Rahmen einer Radiofrequenzablation operiert werden.

Hat sich der Nierentumor bereits in andere Organe ausgebreitet, ist im Anschluss an die Operation oft eine Strahlentherapie sinnvoll. Dadurch werden zum Beispiel abgesiedelte Krebszellen zerstört und am weiteren Wachstum gehindert. Darüber hinaus kann die Bestrahlung typische Symptome wie zum Beispiel Knochenschmerzen lindern.

Systemische Therapie bei Nierenkarzinomen 

Wenn der Nierenkrebs gestreut und Metastasen gebildet hat, kommen Medikamente zum Einsatz, die im ganzen Körper systemisch wirken. Ziel ist es, ein Fortschreiten der Krebserkrankung und die Symptome einzudämmen. Oftmals werden verschiedene Wirkstoffe miteinander kombiniert. Zur Auswahl stehen: 

  • zielgerichtete Krebsmedikamente: Das sind Medikamente, die gezielt in den Stoffwechsel bestimmter Krebszellen eingreifen und deren Wachstum hemmen. Wirkstoffe sind etwa Bevacizumab, Everolimus, Sorafenib, Sunitinib, Pazopanib, Axitinib und Temsirolimus. Da diese jedoch neben Tumorzellen auch auf gesundes Gewebe wirken, können unerwünschte Nebenwirkungen wie Hautirritationen, Durchfall (Diarrhö) und Übelkeit auftreten.

  • Immuntherapie: Ziel ist es, das Immunsystem dazu zu bringen, seine Abwehr gegen das im Körper verbliebene Tumorgewebe zu richten. Zum Einsatz kommen können Immuncheckpoint-Inhibitoren (etwa Nivolumab, Pembrolizumab, Avelumab oder Ipilimumab) oder seltener Zytokine (wie Interleukin-2, Interferon-Alpha oder  5-Fluorouracil).

  • supportive Therapie: Dabei handelt es sich um sämtliche Behandlungsmaßnahmen, welche die Symptome lindern und die Lebensqualität verbessern sollen.

Die meisten bei einer Chemotherapie eingesetzten Medikamente (Zytostatika) können die bösartig entarteten Nierenzellen nicht angreifen. Eine klassische Chemotherapie ist bei Nierenkrebs daher in der Regel nicht wirksam.

Rehabilitation bei Nierenkrebs

Im Anschluss an die Behandlung von Nierenkrebs sind keine speziellen Rehabilitationsmaßnahmen vorgesehen. Die meisten Patient*innen können vier bis sechs Wochen nach der Operation ihre berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen. Dennoch kann eine Reha im Einzelfall sinnvoll sein. Hilfe hierbei leisten der Sozialdienst des Krankenhauses und die Krankenkasse.

Nierenkrebs: Verlauf, Prognose und Lebenserwartung

Entscheidend für den Verlauf und die Prognose der Krankheit ist der Zeitpunkt der Diagnosestellung. Je früher die Diagnose erfolgt, desto günstiger ist die Prognose. Bei frühzeitiger Diagnose und einer vollständigen, operativen Entfernung, ist Nierenkrebs mitunter heilbar.

In vielen Fällen liegt jedoch ein fortgeschrittenes Stadium vor, was sich negativ auf Prognose und Lebenserwartung auswirkt. Nach der Diagnosestellung leben etwa drei Viertel der Betroffenen noch mindestens 5 Jahre. 

Hat der Nierenkrebs gestreut und beispielsweise Fernmetastasen in Knochen oder Lunge gebildet, wirkt sich das negativ auf die Lebenserwartung aus, auch eine Heilung ist dann in der Regel nicht mehr möglich. Nur circa 8 bis 13 Prozent der Betroffenen mit derartigen Metastasen leben länger als 5 Jahre. Der genaue Verlauf und die Prognose sind dann sehr individuell und lassen sich pauschal nicht vorhersagen.

Eine schlechte Prognose hat Nierenkrebs, wenn es zu Veränderungen des Blutes kommt, etwa bei einem niedrigen Hämoglobin-Wert oder einem hohen Serumkalzium. Auch ein schlechter Allgemeinzustand von Betroffenen wirkt sich negativ auf die Prognose aus. 

Komplikationen bei Nierenkrebs

Im Verlauf kann es bei Nierenkrebs zu einigen Komplikationen kommen. Möglich sind etwa durch Gerinnsel (Embolien) verstopfte Blutgefäße oder eine Lungenentzündung. Daher ist eine frühzeitige Behandlung von Nierenkrebs sehr wichtig. Nach einer Operation ist es möglich, dass sich die Nierenfunktion nach und nach vermindert (postoperative Niereninsuffizienz).

Nachsorge ist besonders wichtig

Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen werden bei Nierenkrebs nach der operativen Entfernung des Nierentumors über einen Zeitraum von zehn Jahren durchgeführt. Sie erfolgen in den ersten beiden Jahren nach Therapie alle drei Monate. In den meisten Fällen vergrößert sich dann das Intervall auf halbjährliche beziehungsweise später auf jährliche Untersuchungen. Dies wird jedoch individuell festgelegt. 

Neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung und einer Blutentnahme sind eine Ultraschalluntersuchung des Bauchs sowie regelmäßige Röntgenuntersuchungen der Lunge notwendig. Wenn Beschwerden auftreten, empfiehlt es sich, auch zwischen den festgesetzten Nachsorgeterminen ärztlichen Rat einzuholen.

Nierenkrebs: Vorbeugende Maßnahmen

Nierenkrebs lässt sich nicht gezielt vorbeugen. Empfehlenswert ist jedoch, bestimmte Risikofaktoren, wie

  • fettreiche Ernährung, 
  • Rauchen oder 
  • übermäßigen Alkoholkonsum zu meiden. 

Zudem sollten Schmerzmittel gewissenhaft und nur nach ärztlicher Rücksprache regelmäßig eingenommen werden, um einer Schädigung der Nieren vorzubeugen. 

Treten Beschwerden wie unklare Rückenschmerzen oder Blut im Urin auf, sollte in jedem Fall ärztliche Hilfe eingeholt werden. Allgemeine Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Nierenkrebs sind derzeit nicht vorgesehen. Jedoch sollten Menschen ab 45 Jahren, die zur Risikogruppe zählen, jährliche Ultraschalluntersuchungen durchführen lassen.