Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis)
Ob am Computerarbeitsplatz, beim Musizieren oder beim Sport: Wer bestimmte Bewegungen ständig wiederholt, riskiert eine Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis). Der entzündete Bereich schmerzt und schwillt an.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis)
Was ist eine Sehnenscheidenentzündung?
Eine Sehnenscheidenentzündung ist eine Entzündung des Gewebes, das die Sehne umhüllt. Ärzte sprechen auch von einer Tendovaginitis oder Tenosynovitis. Typische Symptome sind Schmerzen und Schwellungen, zum Beispiel am Fuß oder an der Hand.
Grundsätzlich kann jede Sehnenscheide betroffen sein. Besonders häufig entsteht eine Sehnenscheidenentzündung am Gelenk der Hand, aber auch im
- Fuß,
- Unterarm oder
- Ellenbogen.
Sehnen und Sehnenscheiden: Was ist das eigentlich?
Überall dort, wo Sehnen direkt auf dem Knochen oder um einen Knochenvorsprung verlaufen, sind sie von Sehnenscheiden umhüllt. Die Sehnenscheiden schützen die Sehnen vor übermäßiger Reibung. Eine Gelenkschmiere (Synovia) im Inneren der Sehnenscheiden sorgt außerdem dafür, dass die Sehnen gleitfähiger sind.
- Sehnen bestehen aus Bindegewebe und verbinden die Muskeln mit den Knochen.
- An besonders stark belasteten Stellenverlaufen die Sehnen in sogenannten Sehnenscheiden.
- Stark belastete Stellen sind Gelenke (z.B. das Handgelenk), über welche die Sehnen mit hoher Spannung verlaufen.
Eine Sehnenscheide ist ein doppelwandiger Schlauch: Die äußere Wand besteht aus einer Bindegewebsschicht, die innere Wand aus der sogenannten inneren Synovialhaut. Dazwischen befindet sich eine fadenziehende Flüssigkeit – die Gelenkschmiere (Synovia). Die Sehne gleitet in der Schmierflüssigkeit durch die Sehnenscheide, was sie vor erhöhter Reibung schützt.
Sehnenscheidenentzündung als Berufskrankheit
Die Sehnenscheidenentzündung kann in bestimmten Fällen als Berufskrankheit anerkannt werden. Zu den häufig betroffenen Personengruppen zählen unter anderem
- Menschen, die überwiegend am Computer arbeiten (v.a. Schreibkräfte)
- Musiker (Pianisten, Gitarristen usw.)
- Masseure und Physiotherapeuten
Sehnenscheidenentzündung: Symptome
Typische Symptome einer Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) sind:
- ziehende oder stechende Schmerzen, die bei Bewegung oder auch in Ruhe auftreten
- eine Schwellung der betroffenen Stelle, die nach einmaliger oder längerer Überbeanspruchung auftritt; die Stelle kann auch gerötet und erwärmt sein und auf Druck empfindlich reagieren
- in manchen Fällen ein deutlich hör- und fühlbares Knirschen oder Reiben im betroffenen Gelenk; dieses entsteht, wenn die entzündete Sehnenscheide verklebt, sodass die Sehnen sich nicht mehr reibungslos bewegen können
Weitere Symptome sind zum Beispiel knotige Verdickungen, die insbesondere bei einer chronischen Sehnenscheidenentzündung sichtbar werden.
Schnellender Finger: Tendovaginitis stenosans
Bei einer chronischen Sehnenscheidenentzündung an der Hand können die Sehnenscheiden der Fingerbeugemuskulatur verdickt sein. Dies kann zur Folge haben, dass die Sehne eingeengt ist und sich nicht mehr so geschmeidig bewegen kann. Ärzte sprechen dann von einer Tendovaginitis stenosans. Meist entsteht eine solche Verdickung über dem Fingergrundgelenk auf der Innenseite der Hand. Typisch ist das Phänomen des "schnellenden Fingers" an den Sehnen der Finger: Krümmt man den betroffenen Finger, lässt er sich nicht problemlos wieder durchstrecken, sondern "schnappt" über.
Sind die Daumensehnen oder das Handgelenk betroffen, liegt eine sogenannte Tendovaginitis stenosans de Quervain vor.
Sehnenscheidenentzündung: Ursachen
Eine Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) kann viele Ursachen haben. In der Regel entsteht sie jedoch durch
- überwiegend anhaltende monotone Bewegungen oder
- eine dauerhaft falsche Haltung.
Führt man immer wieder die gleichen Bewegungen aus oder nimmt dauerhaft eine falsche Position ein, reibt die betroffene Sehne übermäßig stark über den Knochen. Dadurch nutzt sich die Sehnenscheide, in der sich die Sehne befindet, mit der Zeit ab. Die Folge: Die Wände der Sehnenscheide rauen auf. Kleine Verletzungen entstehen, die sich entzünden können.
Bestimmte Faktoren begünstigen eine Sehnenscheidenentzündung. Dazu zählen vor allem
- ein ungeeigneter Arbeitsplatz, z.B. ein falsch eingestellter Tisch, die falsche Computer-Maus oder eine ungünstig eingestellte Tastatur
- dauerhafte gleichförmige Bewegungen, etwa durch lange Arbeit am Computer, ausdauerndes Hanteltraining, Rudern und ähnliche Tätigkeiten, bei denen man die gleichen Bewegungen ständig wiederholt
- starke Belastungen der Sehne, z.B. durch Sportarten wie Bodenturnen, Klettern oder Tennis, aber auch Musizieren (z.B. mit Gitarre, Geige oder Klavier).
Schwangere und Stillende haben ebenfalls häufiger mit einer Sehnenscheidenentzündung zu kämpfen.
Auch manche Erkrankungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine Sehnenscheidenentzündung. Dazu zählen zum Beispiel
- Rheumatoide Arthritis
- Gicht
- Diabetes mellitus
- Infektionen mit Krankheitserregern (selten)
Sehnenscheidenentzündung: Diagnose
Meist legen die Schilderungen des Patienten im Gespräch bereits die Verdachtsdiagnose Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) nahe – insbesondere, wenn dieser häufig immer die gleichen Bewegungen ausgeführt hat, etwa am Computer.
Um sich ein umfassendes Bild machen zu können, wird der Arzt zunächst einige Fragen stellen. So wird er etwa wissen wollen,
- welchen Beruf der Patient ausübt,
- welche Symptome genau auftreten,
- welche Bewegungen zu Schmerzen führen,
- wann die Beschwerden angefangen haben oder
- ob bestimmte Vorerkrankungen bekannt sind (z.B. eine entzündliche Gelenkerkrankung oder Diabetes mellitus).
Zudem wird der Arzt prüfen, ob Druck auf die betroffene Stelle Schmerz auslöst und ob das Gelenk knirscht, wenn man es bewegt – denn diese Symptome weisen auf eine Sehnenscheidenentzündung hin.
Weitere Untersuchungen sind in der Regel nur dann notwendig, wenn der Arzt vermutet, dass eine bestimmte Erkrankung die Entzündung begünstigt haben könnte. Zu solchen Untersuchungen zählen vor allem:
- eine Blutuntersuchung: Entzündungsmarker und Rheumafaktoren im Blut können auf eine entzündliche Reaktion hinweisen. Zudem kann der Arzt anhand der Blutprobe herausfinden, ob die Entzündung durch Bakterien ausgelöst wurde.
- bildgebende Verfahren: Hierzu zählen etwa eine Röntgenuntersuchung oder eine Ultraschalluntersuchung.
Sehnenscheidenentzündung: Behandlung
Die Behandlung einer Sehnenscheidenentzündung ist vor allem davon abhängig, was die Erkrankung ausgelöst hat. In der Regel reichen nicht-operative (d.h. konservative) Maßnahmen aus. Dazu zählen vor allem
- Ruhigstellen des betroffenen Körperteils,
- Behandlung mit Wärme oder Kälte und/oder
- Medikamente.
Schonen ist besonders wichtig
Die meisten Patienten machen es intuitiv richtig: Sie schonen den schmerzenden Bereich, indem sie ihn möglichst wenig belasten. Wenn bestimmte Bewegungen die Sehnenscheidenentzündung ausgelöst haben, zum Beispiel Tennisspielen, sollte der Betroffene diese vorläufig meiden – andernfalls können sich die Beschwerden verstärken. Der Arzt wird gegebenenfalls einen Verband oder eine Schiene anlegen.
Nicht immer ist es möglich, den betroffenen Bereich komplett zu schonen. Betroffene sollten aber darauf achten, die Bewegung so selten und so kraftschonend wie möglich auszuführen.
Ihre Mithilfe trägt wesentlich zum Therapieerfolg bei: Vermeiden Sie bei akuten Beschwerden die belastende Tätigkeit, welche die Sehnenscheidenentzündung ausgelöst hat.
Behandlung mit Wärme, Kälte oder Physiotherapie
Wenn Sie Anzeichen für eine Sehnenscheidenentzündung bemerken, kann Kälte oder Wärme helfen. Kälte wirkt der Entzündung entgegen. Manche Personen empfinden es aber auch als wohltuend, den Bereich zu wärmen. Ob Kälte oder Wärme besser geeignet ist, sollte daher jeder für sich austesten. Massagen und physiotherapeutische Maßnahmen können die Beschwerden ebenfalls lindern.
Behandlung mit Medikamenten
Zu den Medikamenten, die sich bei einer Sehnenscheidenentzündung zur Behandlung eignen, gehören zum Beispiel
- nicht-steroidale Antirheumatika(NSAR), die entzündungshemmend und schmerzstillend wirken; je nach Intensität der Entzündung können diese Wirkstoffe eingenommen oder aufgetragen werden
- Kortisonpräparate, welche die Entzündung hemmen und einer Schwellung entgegenwirken
- örtliche Betäubungsmittel, die der Arzt bei akuten Schmerzen spritzt, z.B. mit dem Wirkstoff Lidocain; die Spritze setzt der Arzt möglichst nah an den Nerv, der den Schmerz verursacht
In seltenen Fällen: Operation
Wenn die Sehnenscheidenentzündung die Sehne einengt (sog. Tendovaginitis stenosans), kann in manchen Fällen eine Operation nötig sein. Eine OP kommt in der Regel infrage, wenn die Entzündung besonders schwer verläuft und die konservative Behandlung nicht den erwünschten Erfolg gebracht hat. Ziel der Operation ist es dann, die Engstelle zu beheben, damit die Sehne wieder problemlos gleiten kann. Der Operateur setzt einen Schnitt in das einengende Gewebe oder er entfernt es ganz. Meist kann ein solcher Eingriff ambulant durchgeführt werden. Nach der OP sollte der Patient die Stelle für einige Wochen schonen, aber nicht komplett ruhigstellen.
Sehnenscheidenentzündung: Verlauf
Eine Sehnenscheidenentzündung kann langwierig sein. Die Prognose ist jedoch in der Regel gut, sofern keine anderen Begleiterkrankungen wie Rheuma oder eine Gelenkentzündung vorliegen.
Eine Sehnenscheidenentzündung sollte man jedoch nicht verharmlosen. Wird sie zu spät erkannt beziehungsweise zu spät behandelt, kann die Entzündung bestehen bleiben und chronisch werden.
Wenn sich die Sehnenscheiden der Fingerbeugemuskulatur verdicken, kann sich im weiteren Verlauf der sogenannte schnellende Finger (bzw. Tendovaginitis stenosans) entwickeln. Am häufigsten entsteht eine solche Verdickung über dem Fingergrundgelenk auf der Innenseite der Hand.
Sehnenscheidenentzündung: Vorbeugen
Einer Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) können Sie vorbeugen, indem Sie ein paar einfache Maßnahmen ergreifen:
- Machen Sie Pausen. Gönnen Sie sich bei langfristigen monotonen Bewegungen (z.B., wenn Sie als Schreibkraft, Musiker, Masseur oder Physiotherapeut tätig sind) öfter eine Auszeit.
- Sorgen Sie für Entlastung. Platzieren Sie beim Arbeiten am Computer ein Polster vor die Computer-Tastatur und achten Sie darauf, dass die Tastatur flach auf dem Tisch liegt. Beides entlastet die Handgelenke (da diese sich so in gerader Stellung befinden). Hilfreich kann es sein, einen Arbeitsmediziner oder einen Physiotherapeuten um Rat zu fragen.
- Wärmen und Dehnen nicht vergessen. Wärmen Sie sich vor starker Beanspruchung auf und dehnen Sie die entsprechenden Körperpartien.
- Sorgen Sie für Abwechslung. Wandeln Sie Ihre Bewegungsabläufe – wenn möglich – immer mal ab.