Das Bild zeigt eine Frau mit einem Röntgenbild von Zähnen.
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Weisheitszähne

Von: Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education)
Letzte Aktualisierung: 20.01.2022

Wann muss man die Weisheitszähne "ziehen"? Manche Menschen sind der Ansicht, Weisheitszähne sollten immer entfernt werden. Andere wiederum glauben, mit einer Weisheitszahn-OP würden die Probleme erst anfangen. Fest steht: Pauschal kann man die Frage nicht beantworten. Gegen Schmerzen und Schwellungen nach der OP helfen vor allem Schmerzmittel und kontinuierliches Kühlen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Weisheitszähne: Wann eine OP nötig ist

Die Weisheitszähne (Dens molaris tertius) zeigen sich in der Regel erst nach dem 16. Lebensjahr, manchmal auch deutlich später. Wenn ein Weisheitszahn "durchbricht" und im Mundraum sichtbar wird, kann dies ganz schön schmerzhaft sein, besonders, wenn es sich um einen Zahn im Unterkiefer handelt. Wenn alle Weisheitszähne gerade in der Zahnreihe stehen, gilt die gesunde Zahnentwicklung als abgeschlossen. Aber dies ist nicht immer der Fall – was mit Problemen verbunden sein kann.

Häufig treten Weisheitszähne gar nicht durch – bis zu 80 Prozent der jungen Erwachsenen in der europäischen Bevölkerung hat mindestens ein Exemplar im Mund, das meist ohne Schmerzen unter dem Zahnfleisch verborgen bleibt oder nur teilweise sichtbar wird. Mediziner sprechen von einer Retention (lat. retenere = zurückhalten).

Eine Retention kann verschiedene Gründe haben: Zum einen kann es sein, dass der Weisheitszahn von Anfang an nicht gerade im Kiefer sitzt und somit gar nicht zum Vorschein kommen kann.

Zum anderen können andere Zähne den Zahndurchtritt verhindern, oder aber es ist im Kiefer nicht genug Platz für einen weiteren Zahn vorhanden.

Es gibt einige Komplikationen, die durch nicht normal "durchgebrochene" Weisheitszähne entstehen oder mit ihnen einhergehen können:

  • Im Spalt zwischen Zahnkrone und Knochen können sich Infektionen bilden.
  • Auf teilweise durchgebrochenen Zahnkronen können sich Schmutznischen bilden, was zu Karies am Weisheitszahn oder an benachbarten Zähnen führen kann.
  • Aus umliegendem Gewebe können sich Zysten entwickeln.
  • Benachbarte Zähne können durch die Zahnkrone des Weisheitszahns beschädigt werden.
  • Selten kann sich aus dem umliegenden Zahngewebe der Zahnkrone ein Tumor entwickeln.

Das menschliche Erwachsenengebiss besteht aus 32 Zähnen – auf jeder Seite befinden sich oben und unten

  • 2 Schneidezähne,
  • 1 Eckzahn,
  • 2 Vorbackenzähne (Premolaren) und
  • bis zu 3 Mahlzähne (hintere Backenzähne, Molaren).

Die jeweils dritten, hintersten Mahlzähne sind die Weisheitszähne. Sie befinden sich im Kiefer ganz hinten auf jeder Seite oben und unten.

Woher der Begriff "Weisheitszähne" stammt, ist nicht genau bekannt. Vermutlich ist die Bezeichnung entstanden, weil die Weisheitszähne erst deutlich später als alle anderen Zähne durchbrechen; zu einem Zeitpunkt, an dem die Jugendlichen schon etwas älter sind – und möglicherweise auch weiser.

Entfernen oder nicht?

Wann muss der Zahnarzt meine Weisheitszähne entfernen? Die Entscheidung ""Weisheitszähne ziehen oder nicht" ist immer vom Einzelfall abhängig, so zum Beispiel davon, ob Schmerzen bestehen, aber auch vom allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten.

Um sich ein genaues Bild zu machen, wird der Zahnarzt das Gebiss gründlich untersuchen und ein Röntgenbild anfertigen. So kann er feststellen, ob sich die Weisheitszähne voraussichtlich gesund entwickeln können, ohne dass es zu Komplikationen kommt – oder ob er sie lieber entfernen sollte.

Zudem kann der Arzt im Röntgenbild erkennen, ob an den Weisheitszähnen oder in ihrer Umgebung krankhafte Veränderungen vorliegen oder in Zukunft zu erwarten sind. Ist dies der Fall, könnte möglicherweise ein operativer Eingriff notwendig sein.

Das Entfernen eines Weisheitszahns kann angebracht sein, wenn …

  • … der Weisheitszahn von Karies befallen ist,
  • … die Zahnwurzel entzündet ist,
  • … der Weisheitszahn beim Zusammenbeißen der Zähne hinderlich ist,
  • … der Zahndurchbruch erschwert ist und es zu Infektionen kommt (Dentitio difficilis),
  • … sich in der Nähe des Weisheitszahns Zysten oder andere krankhafte Veränderungen befinden,
  • … benachbarte Zähne gefährdet sind und wenn
  • … der Weisheitszahn eine anstehende Operation erschweren würde, z.B. im Kieferbereich.

Ob man Weisheitszähne "ziehen" muss oder nicht, ist jedoch letztlich immer eine Entscheidung, die der Zahnarzt zusammen mit dem Patienten treffen muss und bei der viele individuelle Faktoren berücksichtigt werden müssen.

Bei Erkrankungen eines Weisheitszahns (z.B. Entzündungen), Erkrankungen umliegender Zähne und Gewebe wird empfohlen, den Zahn zu entfernen. Wenn Weisheitszähne eine anstehende Behandlung stören würden, etwa beim Kieferorthopäden, kann ein operativer Eingriff ebenfalls nötig sein.

Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, Weisheitszähne zu entfernen, wenn ein langer Auslandsaufenthalt bevorsteht, insbesondere in Regionen mit schlechter medizinischer Versorgung.

In der Regel kann ein Weisheitszahn bleiben, wenn …

  • … der Zahn voraussichtlich gut in die bestehende Zahnreihe passen wird,
  • … der Zahn gesund ist und sich so tief im Knochen befindet, dass das Entfernen mit großen Komplikationen verbunden sein würde oder wenn
  • … auf Wunsch des Patienten eine andere Behandlung erfolgt (Entfernung anderer Zähne, kieferorthopädische Behandlung), durch die der Weisheitszahn anschließend normal wachsen kann.

Weisheitszähne entfernen

Einen nicht oder nur teilweise durchgebrochenen Weisheitszahn operiert der Arzt in den meisten Fällen in einem ambulanten Eingriff unter örtlicher Betäubung heraus. Sollen mehrere Weisheitszähne raus, kann dies entweder in einer Sitzung geschehen oder auch in mehreren Einzelsitzungen. Manchmal wird der behandelnde Arzt vor dem Eingriff beruhigende Medikamente verabreichen, etwa, wenn der Betroffene starke Angst vor dem Eingriff hat.

Selten kann eine Operation auch stationär und in Vollnarkose sinnvoll sein, zum Beispiel bei Patienten mit schweren Erkrankungen oder bei Personen, die zu Blutungen neigen. Aber auch für Menschen, die an einer ausgeprägten Zahnarztangst (Dentalphobie) leiden, kommt eine Vollnarkose infrage.

Klären Sie offene Fragen zur Weisheitszahn-OP mit Ihrem Zahnarzt. Er kann Ihnen erklären, wie die Operation im Detail ablaufen wird.

Risiken

Wie bei jedem Eingriff ist auch eine Weisheitszahn-OP mit Risiken verbunden. Neben allgemeinen Risiken, die bei jeder Operation auftreten können – etwa stärkere Blutungen –, können weitere Probleme auftreten. Hierzu zählen etwa:

  • Infektionen: Bei manchen Patienten entwickelt sich nach der Operation eine Infektion, wenn Bakterien in die Wunde eindringen. Abszesse und Knocheninfektionen können die Folge sein, selten wird auch die Kieferhöhle in Mitleidenschaft gezogen.
  • Gefühlsstörungen: Im Rahmen der OP können naheliegende Nerven beschädigt werden, sodass beispielsweise ein Taubheitsgefühl entstehen kann (insbesondere, wenn es sich um einen unteren Weisheitszahn handelt). Meist klingen Gefühlsstörungen rasch ab, selten bleiben sie bestehen.
  • Kieferprobleme: Da die unteren Weisheitszähne eine "Schwachstelle" im Unterkiefer bilden, kann in seltenen Fällen zum Zeitpunkt der Zahnentfernung und auch bis etwa vier Wochen danach ein Kieferbruch auftreten.

Nach der Operation

Nach der Weisheitszahn-Operation bereitet das Essen oft noch für einige Tage Probleme: Der Mundbereich ist geschwollen und der Patient kann den Mund nicht so weit öffnen wie sonst. Auch können Schmerzen auftreten, die jedoch meist rasch wieder abklingen und mit Schmerzmitteln in der Regel gut in den Griff zu bekommen sind.

Viele Patienten kühlen die betroffene Kieferseite nach dem Eingriff, um die Schwellung zu lindern, manche spülen den Mund mit dem antibakteriellen Wirkstoff Chlorhexidin oder mit Mundwasser.

Wenn die Schmerzen und die Schwellung nach vier bis fünf Tagen wiederkehren oder stärker werden, sollten Sie sicherheitshalber den Zahnarzt aufsuchen – es könnte sein, dass sich der schützende Wundpfropf gelöst hat, sodass die Wunde ungeschützt ist (sog. trockene Alveole).

Nach der Operation sollten Sie einige Tage auf große körperliche Anstrengungen verzichten.