Galle
Wofür braucht der Körper eigentlich Galle? Ist mit "Galle" die Gallenblase gemeint? Und was hat die Leber mit der Galle zu tun? Viele Menschen beschäftigen sich mit diesen Fragen erst, wenn sie Beschwerden haben, etwa durch Gallensteine. Doch ohne Galle könnte die Verdauung nicht reibungslos ablaufen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Galle: Wichtiger Verdauungshelfer
"Ich wurde an der Galle operiert" – Sätze wie diesen hat sicher der ein oder andere schon aus seinem Bekanntenkreis gehört. Ganz korrekt ist diese Aussage jedoch nicht: Streng genommen handelt es sich bei der Galle um die Flüssigkeit, die in den Zellen der Leber produziert wird – und nicht etwa um die Gallenblase, die vom Erzähler eigentlich gemeint ist.
Gallenflüssigkeit (kurz: Galle) und Gallenblase sind also nicht dasselbe. Die Gallenblase ist vielmehr das Organ, das die Gallenflüssigkeit vorläufig speichert. Ohne Leber keine Galle: Die Leber gibt kontinuierlich Gallenflüssigkeit ab. Täglich kommen etwa 600 bis 700 Milliliter Galle zusammen.
Woraus besteht Galle?
Galle besteht überwiegend aus Wasser. Zudem enthält sie insbesondere
- Gallensäuren (Gallensalze),
- Phospholipide wie Lecithin; sie spielen eine wichtige Rolle bei der Fettverdauung,
- Cholesterin,
- Eiweiße und
- Gallenfarbstoffe (z. B. Bilirubin).
Aufgaben der Galle: Von der Leber in den Darm
Im Wesentlichen erfüllt Galle zwei wichtige Aufgaben im Körper:
Der Weg der Galle durch den Körper
Jeden Tag geben die Leberzellen die gelbliche Gallenflüssigkeit in kleinste Gallenkanäle ab. Was anschließend mit ihr passiert, hängt vor allem davon ab, ob wir gerade etwas essen:
- Während einer Mahlzeit passiert die Galle die Gallengänge der LeberDie Leber (Hepar) und gerät in den Hauptgallengang, der direkt im Zwölffingerdarm mündet. Dort angekommen, kann sie Galle ihre Aufgaben erfüllen.
- Nehmen wir jedoch gerade keine Nahrung zu uns, benötigt der Darm weniger Gallenflüssigkeit. In diesem Fall fließt die Galle nicht in den Zwölffingerdarm, sondern gelangt in eine Art Reservoir: in die GallenblaseGallenblase.
Die Gallenblase kann etwa 50 bis 60 Milliliter Gallenflüssigkeit speichern. Sie kann ihr Speicherpotenzial jedoch beträchtlich steigern, indem sie die Galle eindickt. Wasser und Kochsalz gehen dabei ins Blut. Das Volumen der Gallenflüssigkeit beträgt nach dem Eindicken nur noch ein Zehntel des ursprünglichen Volumens. Dadurch liegen die restlichen Bestandteile der Galle, etwa Gallensalze, CholesterinCholesterin, Lezithin und Bilirubin, in hoch konzentrierter Form vor.
Braucht der Darm wieder neue Galle als Verdauungshelfer, muss diese aus der Gallenblase freigesetzt werden. Das Signal für die Gallenblase gibt der Botenstoff Cholezystokinin (CCK): Spezielle Zellen im Dünndarm geben dieses Peptidhormon ab, sobald fetthaltige Nahrung in den Dünndarm gelangt. Es bewirkt, dass der Schließmuskel an der Gallengangmündung erschlafft – der Weg zum Zwölffingerdarm ist nun frei.
Gleichzeitig zieht sich die Gallenblase zusammen und gibt dadurch Gallenflüssigkeit in den Gallenblasengang ab. Die Galle kann nun ungehindert ihren Aufgaben im Zwölffingerdarm nachgehen. Neben dem Hormon CCK hat auch das vegetative Nervensystem einen Einfluss darauf, ob die Muskeln angespannt oder schlaff sind. Somit spielt auch Stress eine wichtige Rolle bei der Verdauung.
Haben die Gallensäuren ihre Aufgaben im Darm erfüllt, werden sie nicht etwa ausgeschieden, sondern wiederverwertet: Über den Blutweg gelangen über 90 Prozent wieder zurück in die Leber. Von dort aus werden sie erneut "auf die Reise geschickt". Dieser Kreislauf heißt auch enterohepatischer Kreislauf (entero = Darm, hepar = Leber). Die Leber muss also nur einen geringfügigen Anteil Galle neu produzieren.
Lebergalle und Blasengalle
Die in den Leberzellen gebildete gelbliche Gallenflüssigkeit bezeichnen Mediziner als Lebergalle oder Primärgalle. Gelangt die Lebergalle in die Gallenblase und wird dort konzentriert, spricht man von Blasengalle. Im Gegensatz zur Lebergalle enthält die Blasengalle weniger Wasser und hat eine grün-braune Farbe.
Zu viel oder zu wenig Galle
Dass Galle für unseren Körper wichtig ist, merken wir oft erst, wenn es zu Störungen kommt. Wird beispielsweise nicht ausreichend Galle produziert oder ist der Gallefluss gestört, können Nahrungsfette nicht mehr ausreichend verdaut werden. Der Stuhlgang sieht dann lehmartig und glänzend aus und hat eine klebrige Konsistenz. Ärztinnen und Ärzte sprechen dann von Fettstuhl.
Ein anderes Beispiel sind Gallensteine: Befindet sich zu viel CholesterinCholesterin in der Gallenflüssigkeit, kann es verklumpen und einen Gallenstein bilden, der zu Beschwerden führen kann.