Vertrage keine Antidepressiva

[Iris 68]

Hallo Herr Doktor und Forumsteilnehmer,

ich leide unter Neurotischer Depression/Dhysthymie,schon seit meiner Jugend,also schon mehr als 20 Jahre.
Ich habe das Problem das ich auf fast alle Medikamente sehr empfindlich reagiere.
Vor einigen Wochen wollte meine Neurologin einen Versuch mit Citalopram versuchen.Anfangs 2,5 mg nach 3 Tagen bekam ich schlimmste Panikattacken,Herzrasen,Übelkeit sodas ich den Hausarzt aufsuchen mußte.Ich habe dann das Medikament nach Rücksprache nicht mehr eingenommen.
Danach ein versuch mit Cipralex,das sollte besser verträglich sein.2 mg am ersten Tag und es war noch schlimmer als mit Citalopram,ich bekam wieder Herzrasen ,Unruhe sehr starke Übelkeit mit Erbrechen.Nach telefonischer Rücksprache mit meiner Neurologin sollte ich das Medi nicht mehr nehmen.Frühere Versuche mit Neuroleptika scheiterten auch an starken nebenwirkungen.
Doxepin vertrage ich noch am besten kann aber nicht viel mehr als 5-10 mg nehmen,da ich sonst Herz/Kreislaufprobleme bekomme.Das habe ich über 10 Jahre genommen.Es hilft mir gut zu schlafen,federt aber nicht mehr die Depressiven Phasen ab.
Therapie hatte ich vor einigen Jahren ca. 80 Stunden insgesamt.
Meine Fragen:
Gibt es das öfter das Leute diese Medikamente überhaupt nicht tolerieren können,auch in kleinen Dosen ?
Kann ich das Doxepin ein Leben lang einnehmen ?
Haben sie einen Rat für mich ,was hilft bei meiner Diagnose am besten ?
Vielen Dank schonmal und herzliche Grüße
Iris

[Tired]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


[quote Iris 68]
Gibt es das öfter das Leute diese Medikamente überhaupt nicht tolerieren können,auch in kleinen Dosen ?[/quote]

Hallo Iris,

ich nehme an deine Ärztin ist auch Psychiaterin?

Ich glaube so genau kann man das gar nicht sagen da die wenigsten weiter am Ball bleiben und dementsprechend wenige Medikamente ausprobieren.
Ich selber hatte ein Neuroleptika genommen und irgendwann üble Dauerkopfschmerzen bekommen, ich habe das Medi aber nicht damit in Verbindung gebracht und nur dadurch das ich es aus anderen Gründen nicht mehr genommen habe eine Verbindung hergestellt.
Das war ja erst mal nicht tragisch, es gibt eine Menge Psychopharmaka und ich habe brav etliche versucht, die Kopfschmerzen hatte ich aber bei allen.
Irgendwann musste ich den Arzt wechseln und da ging die Probiererei munter weiter, irgendwann gab er mir ein AD der alten Generation, die haben mehr NW aber siehe da ich hatte kaum welche und sie wesentlich besser vertragen als die Medis der neuen Generation.
Vielleicht wäre das bei dir auch einen Versuch wert?

Wie lange man diese Medikamente nehmen kann hängt ja meist von der Verträglichkeit, den Blutwerten und der Wirkung ab.
Es wird eine Schaden Nutzenrechnung aufgemacht, also ob ihre positive Wirkung eventuelle. Nachteile die durch die dauerhafte Einnahme entstehen aufwiegen. Du bekommst dein Medikament ja verschrieben und ich denke dein Arzt wird dir das nicht weiter verschreiben wenn eine zeitliche Begrenzung sinnvoller ist.

>>>Kann ich das Doxepin ein Leben lang einnehmen ?<<<

Bist du Jahrgang 68?
Auch wenn du die Diagnose "chronisch" gestellt bekommen hast solltest du nicht in solchen, lebenslangen, Maßstäben rechnen.
Ob das wirklich ein Leben lang so bleibt kann keiner voraussagen und auch nicht ob du immer Medikamente nehmen musst.
Du kannst da auch einiges selber Beeinflussen, schon alleine durch eine positivere Lebenseinstellung. Es gibt etliche Möglichkeiten selber Einfluss darauf zu nehmen und du könntest nochmal eine Psychotherapie machen um Strategien zu entwickeln die dir das Leben etwas leichter machen können.

Ich finde wenn man sich in seine Krankheit fügt und sie als unveränderlich ansieht dann nimmt man sich auch die durchaus reellen Möglichkeiten eine Besserung zu erlangen und weiter zu schauen was einem dann doch Besserung bringt.
Klar, wenn du gerade depressiv bist dann glaubst du auch nicht an eine Besserung, aber es gibt immer mal wieder Phasen in denen man aktiv werden kann und das auch in die Depression hinüberretten kann, wodurch dann doch eine Besserung möglich ist.
Zumindest Phasenweise kann es einem dann wieder relativ gut gehen und die Phasen gilt es dann zu verlängern. Es ist ein schwieriges Unterfangen, auch durchaus mit einem Selbstfindungstripp zu vergleichen und langwierig kann es auch werden, aber es kann dir auch viel bringen in dich hineinzuhorchen um herauszufinden was gut für dich ist und das durch eine Therapie zu intensivieren.

[dr.riecke]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


"was hilft bei meiner Diagnose am besten "

Neurotische Depressionen sind für psychotherapeutische Verfahren gut geeignet, allerdings muss man meistens mehrere Methoden kombinieren und auch körpertherapeutische Anteile mit ein beziehen. Da man diesen Anspruch in Personalunion meist nicht erfüllen kann, sind oft zwei Therapeuten (die sich kennen und absprechen) nötig.
Ich persönlich arbeite sehr gern mit Körpertherapeuten zusammen.

[Iris 68]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


Vielen Dank für die schnellen Antworten.
Ich werde meine Ärztin das nächste mal bitten mir eine Überweisung zum Therapeuten zu geben,mir wird bewusst das ich das alleine nicht packe,meine letzte Therapie war eine Gruppentherapie die mir gar nicht half,da ich mich dort nicht öffnen konnte und ich war erstmal von Therapien enttäuscht.Auch auf Körpertherapie werde ich sie ansprechen.Wäre vielleicht eine Tiefenpsychologische Therapie sinnvoll?
Das hilft mir jetzt schon sehr.

@Tired
Ja meine Ärztin ist Fachärztin für Neurologie/Psychatrie.

Das Doxepin ist ein altes tryzyklisches AD,eines der ältesten und das vertrage ich am besten,wenn auch nur in niedriger Dosierung.
Aber es wird wohl nie nur ein Medikament heilung bringen,sicherlich werden dadurch nur die Symptome gelindert.
Ich danke auch dir für deine ausführliche Antwort.
Welches hast du am besten vertragen ?

[Tired]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


[quote Iris 68]Welches hast du am besten vertragen ?[/quote]

Bisher ging es mit Amitriptylin am besten, allerdings habe ich das Problem das nicht nur die meisten NW ausbleiben, sondern auch die gewollte Wirkung eher dürftig ist.
Jetzt wo du fragst habe ich mir die Packung das erste mal etwas genauer angesehen;-) offensichtlich hilft es auch gegen Schmerzen, zumindest da scheint es seine Arbeit ganz gut zu machen.:-)

Hat deine Ärztin gesagt das du die Medikamente immer nehmen musst?

[dr.riecke]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


"offensichtlich hilft es auch gegen Schmerzen, "

Amitriptylin ist eines der ältesten Antidepressiva, wird aber wegen der vielen Nebenwirkungen in der Depressionstherapie kaum noch verwendet.
In niedrigen Dosen ist es aber in der Schmerzbehandlung gut etabliert.

[Tired]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


[quote dr.riecke]In niedrigen Dosen ist es aber in der Schmerzbehandlung gut etabliert.[/quote]

Das ist sehr interessant für mich,
auch wenn mich die antidepressive Wirkung nicht vom Hocker reißt und ich es wohl wieder absetzen werde.
Könnte es vielleicht auch ähnlich wie Lithium dauerhaft eingenommen, eine vorbeugende Wirkung bei Cluster haben?

Sorry Iris, für die etwas Themen fremde Frage.

[Iris 68]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


Kein Problem Tired.

Ja meine Ärztin hat gesagt ich könnte das Doxepin ein Leben lang nehmen,es gäbe viele Leute die das tun.
Aber ehrlich gesagt möchte ich das nicht,da es mir auch in höheren Dosen über 10 oder 15 mg auch nicht mehr bekommt und es mir auch nur zum schlafen hilft.Von manchen wird es auch nur nach Bedarf eingesetzt als Schlafmittel.

Hast du sonst auch andere erfahrung mit Medikamenten gemacht ?

[Tired]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


[quote Iris 68]
Hast du sonst auch andere erfahrung mit Medikamenten gemacht [/quote]

Moin Iris,

habe ich schon, aber bei Antidepressiva hat bisher noch keines so gewirkt wie es soll. Vielleicht ist meine Persönlichkeit auch einfach so und es liegt eher ein grundlegendes Problem der Lebenseinstellung vor, was ein Medi natürlich nicht wirklich ändern kann.
Von den Nebenwirkungen her habe ich die Medikamente durchweg immer ganz gut vertragen, bis auf die Kopfschmerzen.

Wenn ich dich richtig verstehe brauchst du ein Mittel das gegen Depressionen wirkt und gegen Schlafstörungen, Doxepin hilft dir aber nur beim einschlafen was im Grunde noch ein weiteres Medi notwendig macht?

Ich kenne mich nicht mit Wechselwirkungen und all dem besonders gut aus, aber vielleicht wäre es sinnvoll wenn du das mal sehr genau mit deiner Ärztin besprichst. Evtl. kann Doxepin in geringer Dosierung noch mit anderen Antidepressiva kombiniert werden, so das du noch das ein oder andere versuchen kannst.
Vielleicht kannst du auch Doxepin durch ein anderes schlafanstoßendes Medikament ersetzen, eines was du besser verträgst und das kein Antidepressiva ist, dann hast du schon mal diese Wirkung und kannst auf der anderen Seite weiter nach einem AD suchen das du besser verträgst.

Es gibt ein Medikament mit dem Wirkstoff Promethazin, es macht nicht süchtig, wirkt schlafanstoßend und kann nach Bedarf dosiert werden, es kann auch tagsüber genommen werden, z.b. wenn du nervös oder aufgedreht bist. Ich kenne Leute die schwören drauf, aber es kommt wohl darauf an welche Intensität deine Symptome haben und am besten kann das deine Ärztin beurteilen.

Es ist ja schon mal gut dass das Doxepin bei dir schlaffördernd wirkt und wenn dir das genügt gibt es auch keinen Grund etwas zu ändern. Wenn du aber noch eine antidepressive Wirkung brauchst und es mit Doxepin nicht geht musst du dich erst mal mit deiner Ärztin beraten und um die richtigen Medikamente zu finden brauchst man manchmal sehr viel Geduld und auch eine gewisse Experimentierfreudigkeit. Es ist ja so das AD´s meist langsam aufdosiert werden, bis du weißt ob eines für dich infrage kommt kann es ein paar Wochen dauern, wenn du NW hast musst du wieder wechseln und von vorne anfangen. Mit etwas Glück findest du schnell etwas das dir hilft, mit etwas Pech brauchst du einen etwas längeren Atem, es gibt aber genug Medis zum ausprobieren und somit sind die Chancen das richtige zu finden auch gar nicht so schlecht.

An deiner Stelle würde ich das beim nächsten Arzttermin genau nachfragen und schauen was sie dir rät, was ich hier schreibe ist ja sehr subjektiv und meine Vorgehensweise muss lange nicht für dich die richtige sein.
Wichtig ist das du weißt welche Symptome bei dir Priorität haben und dementsprechend mit der Ärztin besprichst.
Ich denke es besteht kein Grund die Flinte ins Korn zu werfen, es sind noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft und es gibt noch einiges was du alternativ probieren kannst, das fängt mit deiner Suche nach einem Therapieplatz an und auch zuause kann man einiges an Übungen und Aktivitäten versuchen,um die Symptome unter Kontrolle zu halten.

Jetzt habe ich dich aber ganz schön zugequatscht.:-)

[dr.riecke]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


"Könnte es vielleicht auch ähnlich wie Lithium dauerhaft eingenommen, eine vorbeugende Wirkung bei Cluster haben? "

Amitriptylin und Lithium haben völlig andere Wirkungsweisen. Von einer prophylaktischen Anwendung des A. habe ich noch nichts gehört.

[Tired]

Re: Vertrage keine Antidepressiva


[quote dr.riecke]Amitriptylin und Lithium haben völlig andere Wirkungsweisen. Von einer prophylaktischen Anwendung des A. habe ich noch nichts gehört.[/quote]

Dankeschön.