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Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

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  • Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

    Liebes Forum,

    eben habe ich erfahren, dass meine Mutter wieder auf die Intensivstation muss. Was genau los ist, wissen wir noch nicht. Vor 3/4 Jahr ist sie schon einmal zusammengebrochen und musste reanimiert werden. Seitdem hat sie einen Herzschrittmacher.

    Ich bin gerade völlig aufgewühlt und voller ambivalenter Gefühle. Mein Vater hat mich angerufen, um mich zu informieren, und erst einmal bin ich voller Wut. Das Verhältnis zu meinen Eltern war nie gut. Sie haben eigentlich keine Kinder gewollt. Meine Mutter hat mich vernachlässigt, mein Vater missbraucht. Ich bin großgeworden mit der Forderung meiner Eltern, ja niemals Probleme zu machen und sie bloß in Ruhe zu lassen, sie hätten genug zu tun (meine zwei Geschwister sind behindert, auch da war ich schon früh in der Pflicht, zu unterstützen und zu helfen und mich selbst hintan zu stellen). Mein Vater hatte seine eigenen Vorstellungen davon, wie ich zu sein habe, und ist bis heute enttäuscht darüber, dass ich dem nicht entspreche - ungeachtet der Tatsache, dass ich ein gutes und glückliches Leben führe, mit meiner Arbeit meinen Lebensunterhalt bestreite und recht erfolgreich bin, glücklich verheiratet bin und zufrieden mit meinem Leben. Bis heute ist der Kontakt sehr einseitig, da sich meine Eltern für mein Leben nicht interessieren. Wenn ich von mir erzähle, hören sie entweder nicht zu oder unterbrechen mich. Von meinen Gedanken, Gefühlen und was mich sonst beschäftigt, wissen sie nichts und sie fragen auch nicht. Umgekehrt soll ich immer für sie da sein, immer ihrer Meinung sein. Wenn meine Meinung der ihren nicht entspricht und ich dies auch begründet darstelle, so sind meine Eltern beleidigt, "mit dir könne man ja nicht reden". Ich bin so voller Wut. Klärungsversuche meinerseits sind in den vergangenen Jahren damit geendet, dass mein Vater nur Verachtung für meine "Gefühlsduselei" übrig hatte und mir sagte, dass ich nicht so empfindlich sein soll.

    Nun ist meine Mutter ins Krankenhaus gekommen und ich weiß nicht, wie es weitergeht. Und ich denke, dass ich als Tochter doch eigentlich andere Gefühle haben sollte. Die habe ich aber nicht. Ja, ich bin besorgt und ich will nicht, dass sie stirbt. Aber dass ich sie besuche, ist rein rational, reines Pflichtgefühl. Und da ist die Wut auf meinem Vater, auch resultierend aus der Sorge, dass er mich wieder und wieder fordert. Ich bin glücklich in meinem Leben, aber es war harte, teilweise auch therapeutische Arbeit, mich so weit von meinen Eltern zu lösen, dass ich mein eigenes Leben leben konnte.

    Bin ich eine schlechte Tochter? Was mache ich mit diesen total ambivalenten Gefühlen?


  • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

    "Bin ich eine schlechte Tochter? "

    Dann könnten Sie nicht solch einen Text schreiben. Und dass Sie jetzt ambivalente Gefühle haben, ist nur allzu verständlich.

    Aber: jetzt ist Ihr Vater gefordert, nicht Sie.

    Wenn Sie jedoch nur aus "rationalen Gründen" Ihre Mutter auf der ITS besuchen, ist das auch o.k.
    Sie sollten das auch unabhängig von Ihren Empfindungen tun.
    Es ist für den Rückblick auf das Verhältnis zu Ihren Eltern nötig. Denn wenn Ihre Mutter es dies mal nicht mehr schaffen sollte, haben Sie "Ihre Pflicht" getan und brauchen sich nichts vorwerfen zu lassen.

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    • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

      Hallo Dully,

      eine schlechte Tochter bist du sicher nicht. Du bist eine sehr gute Tochter, die trotz schlechter Eltern versucht das zu tun was richtig ist.

      Ich habe vor ein paar ein Tagen fast identisches erlebt.
      Mein Vater kam ins Krankenhaus, ich war dabei als er von Fieberkrämpfen geplagt wurde. Der hat schon ganz schön gestöhnt und so, ich weiß aus Erfahrung das meinem Vater solch Laute nur über die Lippen kommen, wenn es echt übel ist.

      Eine gute Tochter bin ich wohl auch nicht, es hat mich überhaupt nicht berührt, eigentlich war es mir relativ egal und ich habe nur funktioniert weil meine Mutter und meine Tochter dabei waren, weil ich mir um die beiden sorgen gemacht habe.
      Es hat mir selber arg zu denken gegeben, das ich dem Ganzen so gefühlskalt begegnet bin, mein Selbstbild hat auch sehr darunter gelitten und ich finde es fast schändlich so gefühlt zu haben.........Trotzdem, ich kann es nicht ändern und wenn ich so drüber nachdenke, es wäre ein Wunder wenn ich in solch einer Situation vor Liebe und Angst vergehen würde.

      Dein Thema sind ja die Gefühle, du hast viele, kannst sie aber nicht einordnen, da dir dazu das Gefühl der "normalen" Eltern fehlt, denke ich.
      Du hast also keine normalen Tochter-Eltern-Gefühle, sondern Gefühle die übrig bleiben wenn die Eltern einen Scheiß wert sind.
      Das sind einmal die familiären Verbindungen, die tiefgreifende Gefühle beinhalten, aber eher der erzwungenen Verbindungen geschuldet sind und nicht wirklichen Emotionen, das ist auf Abhängigkeiten aufgebaut.
      Ich denke mal das dies die tiefsten Gefühle sind die du gerade hast, ehemalige Abhängigkeit, du wurdest versorgt, du hast überlebt, eben Familie und dafür musst du dankbar sein.

      Dann gibt es noch das Mitleid und vor allemn die Schuld die man als Kind einzulösen hat, aber das auch nur die Sichtweise von Außen, du selber hast keine Schuld einzulösen, aber die Gesellschaft fordert diese Kümmern und Sorgen, egal wie schlecht die Eltern waren.
      Warum solltest du deiner Mutter gegenüber etwas fühlen, was sie dir nie vermittelt hat?

      Es ist ein Gefühlswiederstreit wenn man solche Eltern hat, zwischen dem was sein sollte und dem was ist. Was sein sollte wirst du nie erreichen, arbeite mit dem was ist und da ist es mehr als zu erwarten, wenn du dich in irgendeiner Form um deine Eltern kümmerst, das du im Widerspruch zu dir selber stehst. Dafür sollten sie dankbar sein und du dir ganz sicher keinen Kopf machen, weil es vielleicht nicht genügt.
      Es ist mehr als genug und auch mehr als deine Eltern erwarten könnten.

      Vielleicht hilft es auch die Eltern einfach mal hassen zu dürfen, das fühlen und zu denken was sich seit Jahren aufgestaut hat.
      Du darfst auch das, das ist dein Recht und trotzdem wärest du keine schlechte Tochter.

      Kommentar


      • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

        "Bin ich eine schlechte Tochter? "

        Sie sollten das auch unabhängig von Ihren Empfindungen tun.
        Es ist für den Rückblick auf das Verhältnis zu Ihren Eltern nötig. Denn wenn Ihre Mutter es dies mal nicht mehr schaffen sollte, haben Sie "Ihre Pflicht" getan und brauchen sich nichts vorwerfen zu lassen.
        Sehr geehrter Herr Dr. Riecke,

        ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihre Worte! Sie waren spontan sehr tröstlich für mich, auch mit dieser klaren und nachvollziehbaren Handlungsoption, die Sie eingebracht haben.

        Hallo Tired,

        es ist unglaublich wohltuend vom jemandem zu lesen, der/die ähnliches erlebt und empfunden hat. Du triffst absolut ins Schwarze: Es ist der Widerspruch zwischen dem, was von einer Tochter erwartet wird (durch Gesellschaft, durch meine Eltern) und dem, was aus der gefühlsmäßigen Bindung heraus wirklich da ist. Würden meinem Mann oder einem meiner FreundInnen so etwas passieren, dann würde mein Handeln gar nicht über den Kopf gelenkt (außer bei den Überlegungen, was das Beste zu tun ist). Es wäre mir ein Herzensbedürfnis, für sie da zu sein und ihnen beizustehen. Bei meinen Eltern bin ich nicht mit dem Herzen dabei. Hier empfinde ich Ihre, Herr Dr. Riecke, Worte als sehr hilfreich, das Pflichtbewusstsein einzuschalten und zu tun, was zu tun ist. Das ist aber etwas anderes als Anforderungen von außen gerecht zu werden.

        Es tut aber gut, einfach mal auch die negativen Gefühle stehen zu lassen. Sie sind nun einmal da. Ich kann meine Eltern nicht lieben. Das höchste der Gefühle ist ein friedliche, erwartungsfreier (meinerseits) Umgang mit einer gehörigen Portion Distanz.

        Gestern kam noch die Nachricht, dass es meiner Mutter besser geht, sie ist stabil und der Zusammenbruch wird wohl keine weiteren Folgen haben. Der Verdacht auf Lungenembolie konnte ausgeschlossen werden und eigentlich weiß keiner, warum das passiert ist. Meine Mutter leidet aber schon seit Jahrzehnten an schwerem allergischen Asthma und hat einen ausgeprägten Diabetes. Sie ist gesundheitlich schon lange nicht mehr fit und möglicherweise "anfälliger". Wir warten jetzt darauf, dass sie von der Intensivstation auf die normale Station verlegt wird und werden sie dann dieses Wochenende besuchen. Auf der Intensivstation sind die Besuchsregelungen schwieriger, aber es wird wohl nur noch eine Frage von Stunden, maximal einem Tag, sein, bis sie verlegt wird.

        Herzlichen Dank für die aufrichtigen und tröstlichen Beiträge!

        Kommentar



        • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

          Es ist der Widerspruch zwischen dem, was von einer Tochter erwartet wird (durch Gesellschaft, durch meine Eltern) und dem, was aus der gefühlsmäßigen Bindung heraus wirklich da ist.
          Ja genau und wenn du überlegst wann du begonnen hast, zu versuchen, diese Widersprüche zusammen zu bekommen, obwohl es unmöglich ist, ist es gar kein Wunder das du damit nicht klar kommst.
          Wenn dir als Erwachsener etwas traumatisches passiert hast du zumindest noch die Chance das mit deinem Verstand wieder auf die Kette zu bekommen, als Kind wird viel davon auf der Gefühlsebene gelöst und hat dementsprechend auch prägende Folgen.

          Ich glaube der Widerstreit beginnt so richtig wenn du beginnst dein Leben in zwei Welten zu führen, in der Familie die eigentlich gar keine ist und da draußen, wo du immer und überall mit dem klassischen Familienbild konfrontiert wirst.
          Spätestens im Kindergarten wirst du damit konfrontiert das Vater, Mutter, Kind immer Geborgenheit und Liebe bedeutet.
          Bei Freunden wird das dir gegenüber vorgelebt, auch wenn es hinter den Kulissen ganz anders ist, überall wo du hinkommst lieben sich alle Familienmitglieder und helfen einander, sind füreinander da.

          Wenn bei dir zuhause deine Eltern so gelebt haben, das du bei ihnen eine gewisse Zusammengehörigkeit gespürt hast, dann erscheint dieser Teil natürlich auch genauso wie es sein sollte, der einzige der nicht hinein passt ist das Kind. Da ist es ja kein Wunder, wenn es sich selber dafür verantwortlich macht, sich als nicht liebenswert empfindet, seine Gefühle als schlecht einstuft.

          Wenn man überlegt was für Komplexe Gefühle und Gedanken mit dem Familienleben verbunden sind und man schon als Erwachsner große Schwierigkeiten damit hat, wenn es Missstimmungen gibt, das mit seinem Verstand zu lösen.
          Ein Kind hat diesen Verstand noch gar nicht und muss noch komplexere Missstände so lösen, das es damit leben kann.
          Da ist es eigentlich kein Wunder das man als erwachsener wieder Probleme damit bekommt und seine Gefühle als schlecht einstuft.
          Schließlich sind die ohne jegliche Vernunft entstanden, das was du deinen Eltern gegenüber fühlst oder nicht fühlst, ist auf dem Denken und Fühlen eines Kindes aufgebaut.
          Als erwachsener kommt dann noch die Logik, die Vernunft, das Überblicken der Zusammenhänge hinzu, ganz klar das du da die Gefühle die du als Kind entwickelt hast, nicht mehr verstehst.
          Sie sind aber immer noch voll aktiv, das kollidiert dann miteinander und zum zweiten Mal kommst du zum Ergebnis eine schlechte Tochter zu sein, weil eben deine Gefühle nicht richtig sind und es bei anderen anders ist.

          Vielleicht kann man irgendwie lernen die Gefühlswelt die man als Kind errichtet und abgespeichert hat, in die Erwachsenensprache zu übersetzen, dann sind sie vielleicht überhaupt nicht mehr widersprüchlich, sondern ziemlich logisch und nachvollziehbar.

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          • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

            Hallo TIred,

            ich habe mich sehr wiedergefunden in dem, was du schreibst.
            Meine Familie hat sich nach außen hin stark abgeschottet, aber es war immer wichtig, dass alle positiv von uns denken. So hatte ich immer den Auftrag, nie von unseren Problemen zu erzählen, und noch wichtiger war es, dass ich den positiven Eindruck von unserer Familie nach außen hin verstärke. Das war wichtiger als alles andere. Und sowohl meine Eltern als auch die Menschen in der Kleinstadt, in der meine Familie lebt, waren der Meinung, dass ich als einzig gesundes Kind immer die Eltern und die behinderten Kinder unterstütze - das war die einzige Rolle, die ich gespielt habe. Und die hatte ich sehr verinnerlicht. Auch wenn ich mich als Kind und Jugendliche immer sehr, sehr einsam gefühlt habe... Aber auch, wenn ich bei Freundinnen andere Familien kennen gelernt habe, habe ich es damals nicht in Frage gestellt, dass meine Rolle eben diese Rolle ist. Zumal meine Eltern dies auch noch sehr verstärkten, ich habe regelmäßig Abwertung erlebt und heftige Streits, in denen mir v.a. mein Vater mitteilte, wie sehr ich ihn enttäuschte. Erst als ich mein Elternhaus verlassen habe (gegen den Willen meines Vaters, dessen Vorstellung es war, dass ich in der benachbarten Großstadt studiere und bei ihnen lebe), habe ich so ganz allmählich begriffen, dass meine Existenzberechtigung nicht ausschließlich darin besteht, die Ansprüche anderer zu erfüllen und dass man nicht davon stirbt, wenn man nicht jedermanns Ansprüchen genügt. Das hat dann zu einer inneren, aber auch äußeren Distanz zu meinen Eltern geführt.

            Ich hatte und habe das Glück, Menschen begegnet zu sein, die ehrliches Interesse an mir haben. Einige dieser Menschen begleiten mich seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten und haben entschieden dazu beigetragen, mich von meinem alten Rollenbild zu distanzieren. Ich habe natürlich auch andere Familienkonstellationen kennen gelernt, in denen echte Beziehungen zu finden waren, echtes Interesse aneinander. Natürlich waren dort auch Probleme und Konflikte, aber im Großen und Ganzen war viel Zusammenhalt spürbar. Ich habe diese Familien immer beneidet... Aber wie gesagt: Ich habe auch sehr viel Glück gehabt. Heute lebe ich mit meinem Mann, der mich voll und ganz unterstützt, sehr glücklich zusammen, habe ein paar sehr enge und einige gute Freundschaften und erlebe mein Leben als sehr erfüllt. Ich möchte auf keinen Fall auch nur ansatzweise zurück in diese Welt, die ich in meiner Kindheit erlebt habe. Schon Besuche von wenigen Stunden erfüllen mich mit Beklemmung, bei jedem Telefonat gehe ich innerlich auf Distanz. Und daher ist bei einem Vorfall wie vergangenen Freitag immer auch die Angst da, wieder, oder zumindest zum Teil, in diese Welt "zurückgezogen" zu werden. Meine Eltern und ich leben über 200km entfernt. Vor allem mein Mann ist hier sehr verwurzelt, wir sind aber auch beruflich hier eingebunden, und deswegen ist klar, dass ich niemals in meinen Geburtsort zurückkehren werde. Ich hatte nach dem Studium sogar ein sehr gutes Jobangebot dort, das ich genau deswegen abgeschlagen habe. Meinen Eltern habe ich auch schon gesagt, dass ich sie natürlich bei organisatorischen Dingen unterstütze, aber nur, so weit es von hier aus möglich ist. Auch bei einem möglicherweise eintretenden Pflegefall stehe ich nicht zur Verfügung. Das werden sehr, sehr viele nicht verstehen und entsprechende Kritik habe ich auch schon zu hören bekommen. Da ist in der Tat immer noch das Bild vom "dicken Blut", von der Familie, in der man auf Teufel komm raus zusammen halten muss. Aber es würde mit großer Wahrscheinlichkeit für mich in die Depression führen, wenn ich diesen Erwartungen entsprechen würde.

            Hinzu kommt, dass meine Eltern und ich extrem unterschiedlich leben. Ich habe, seit ich lesen kann, immer sehr, sehr viel gelesen. Das war in meiner Kindheit so ein wenig meine "innere Flucht", später unterstützte es meine Neugierde auf die Welt: Ich beschäftige mich gerne mit ganz unterschiedlichen Themen, und als ich begonnen habe, mein eigenes Geld zu verdienen, kam das Reisen hinzu. Heute verreise ich mehrmals im Jahr, seltenst nur zum Erholen, sondern vielmehr zum Entdecken von Ländern, Städten und Kult. Es erfüllt mich mit Glück und dem Gefühl von Fülle, mich mit all dem auseinander zu setzen und zu wissen, dass ich mein ganzes Leben lang entdecken kann. Meine Eltern wiederum leben seit Jahrzehnten immer denselben Alltag. Sie haben keinerlei Interessen, ihr Tag besteht, v.a. seit mein Vater in Rente ist, im Grunde nur darin, die Wohnung sauber zu halten und mit dem Hund Gassi zu gehen. Kontakte haben sie keine und fanden andere Menschen schon immer anstrengend. Demnach verstehen sie meine Art zu leben so gar nicht, ich umgekehrt auch nicht. Eigentlich verbindet uns nichts außer eine gewisse genetische Übereinstimmung. Mein schon frühes Gefühl der Fremdheit hat sich also durchaus im Erwachsenendasein fortgesetzt.

            Ich glaube, ich habe eigentlich recht gut klar, wie ich mein Leben gestalten möchte und eben auch die Beziehung zu meinen Eltern. Aber gefühlsmäßig ist da in der Tat immer noch das ganz große Bauchgrummeln, wenn ich den Ansprüchen meiner Eltern und durchaus auch einiger ähnlich denkender Familienangehöriger und anderer Zeitgenossen ausgesetzt bin. Daher fand ich den Hinweis von Herrn Dr. Riecke so hilfreich, mich zwar abzugrenzen, aber meine Pflicht zu tun. Enttäuschen werde ich meine Eltern und andere Menschen wohl dennoch, aber ich spüre auch sehr genau, welchen Preis ich zahlen müsste, wenn ich deren Ansprüche genügen wollte...

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            • Dully
              Dully kommentierte
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              Es ist eben dieses Gefühl und diese Angst, wieder genauso vereinnahmt zu werden wie im meiner Kindheit, was mich in die Distanz treibt. Und immer dann, wenn es eine größere Nähe gibt - zum Beispiel, als meine Mutter vor einem 3/4 Jahr zum ersten Mal zusammengebrochen ist und wir häufig telefoniert haben - gibt es seitens meiner Eltern auch den Versuch dazu. Sie haben eben auch kaum noch andere, weil sich viele von ihnen im Laufe der Zeit distanziert haben.

          • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

            Hallo Dully,

            du kannst wirklich sehr stolz auf das sein, was du erreicht hast und auch darauf das du dich von deinen Eltern und dem was sie dir vermittelt haben, lösen konntest.
            Es ist sicher auch sehr gut das zwischen euch eine ganz ordentliche Entfernung liegt und du auch nicht auf sie angewiesen bist, ein eigenes und sogar gutes Leben hast.

            Ich bin ja der Meinung, das Eltern die ihre Kinder lieben, nichts von ihnen verlangen was zu viel ist. Dazu gehört auch die Pflege im Alter, wenn die Kinder dies nicht können dann sollte es auch nicht verlangt werden und viele Eltern die vorausschauend an ihre Kinder denken, sorgen auch schon frühzeitig dafür das so ein Konflikt erst gar nicht entsteht.
            Deine tun das natürlich nicht, denn sie denken ja auch nicht an dein Wohlergehen, sondern ausschließlich an ihres.
            Damit bist du von jeglichen Pflichten einer liebenden Tochter freigesprochen, es bleiben eigentlich nur noch die moralischen und gesetzlichen Pflichten.
            Es reicht also vollkommen, wenn du dafür bereit stehst, das deine Eltern nicht in Hilflosigkeit verwahrlosen. Dazu muss du aber selber nicht einmal Vorort sein.

            Das du schon Kritik im Hinblick auf deine mangelnde Fürsorge zu hören bekommen hast, kannst du getrost vergessen. Sie kam sicher von Leuten die nichts über dein Leben wissen und auch nicht deine Freunde sind, du solltest dich da eher an die Meinungen und den Rat von deinem jetzigen Umfeld halten und den Menschen aus deinem alten Leben kein Recht auf Kritik zugestehen, sie nicht an dich heranlassen.

            Sicher spielt bei dir auch Mitleid eine Rolle, sie haben sonst niemanden mehr.
            Aber warum wohl?
            Es ist nicht deine Aufgabe das auszubügeln, was sie sich mit anderen versaut haben, du musst schon das ausbügeln was sie mit dir versaut haben und das ist mehr als genug, übersteigt bei weitem das was ein Kind für seine Eltern tun muss.

            Du solltest da ganz auf deine eigene Einschätzung hören, wenn du ihnen irgendwelche Zuwendungen geben möchtest, dann fällt das unter Großmut und Vergebung, etwas worauf deine Eltern kein Recht haben und was du geben kannst, aber ganz sicher nicht musst.
            Falls deine Eltern irgendwann in Schwierigkeiten kommen, gibt es auch Stellen die nach ihnen schauen, sich kümmern, im Notfall eine Betreuung.
            Zu schauen das so etwas ins Rollen gebracht wird, wenn es nötig ist, ist deine äußerste Pflicht, auch mehr für dein Gewissen als das es eine Schuld gäbe, die das einfordern könnte.

            Also mach dir keine Gedanken, du machst alles richtig und deine Eltern können froh sein das du dir überhaupt Gedanken machst, du bist keine schlechte Tochter, du hast nur leider nicht die Eltern bekommen, die es verdient haben die Vorzüge einer liebenden Tochter zu genießen.

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            • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

              Hallo Tired,

              zunächst einmal möchte ich dir ganz herzlich danken. Du glaubst gar nicht, wie gut mir deine Worte tun, zumal ich mich sehr von dir verstanden fühle.


              Ich bin ja der Meinung, das Eltern die ihre Kinder lieben, nichts von ihnen verlangen was zu viel ist. Dazu gehört auch die Pflege im Alter, wenn die Kinder dies nicht können dann sollte es auch nicht verlangt werden und viele Eltern die vorausschauend an ihre Kinder denken, sorgen auch schon frühzeitig dafür das so ein Konflikt erst gar nicht entsteht.
              Deine tun das natürlich nicht, denn sie denken ja auch nicht an dein Wohlergehen, sondern ausschließlich an ihres.
              Damit bist du von jeglichen Pflichten einer liebenden Tochter freigesprochen, es bleiben eigentlich nur noch die moralischen und gesetzlichen Pflichten.
              Es reicht also vollkommen, wenn du dafür bereit stehst, das deine Eltern nicht in Hilflosigkeit verwahrlosen. Dazu muss du aber selber nicht einmal Vorort sein.
              Genauso denke ich auch. Ich bin "vom Fach" (= Sozialarbeiterin), daher weiß ich, welche Möglichkeiten es gibt und habe diese mit meinem Vater auch schon durchgesprochen. Im übrigen auch schon im vergangenen November, als meine Mutter erstmalig so einen heftigen Zusammenbruch hatte - natürlich haben sie sich nicht weiter gekümmert, sie waren auch regelrecht erstaunt darüber, dass noch einmal so etwas passieren konnte, sie hätten doch gerade so gut gelebt... Nun ja, das kann ich sogar noch nachvollziehen, keiner beschäftigt sich gerne mit Themen wie Kranksein und sterben oder pflegebedürftig werden. Aber ich habe meinem Vater noch einmal ausführlich alles zu den Themen Patientenverfügung, Pflegeversicherung und gesetzliche Betreuung erklärt. Mehr kann ich nicht tun. Und vor Ort gibt es ja auch Beratungsstellen.


              Das du schon Kritik im Hinblick auf deine mangelnde Fürsorge zu hören bekommen hast, kannst du getrost vergessen. Sie kam sicher von Leuten die nichts über dein Leben wissen und auch nicht deine Freunde sind, du solltest dich da eher an die Meinungen und den Rat von deinem jetzigen Umfeld halten und den Menschen aus deinem alten Leben kein Recht auf Kritik zugestehen, sie nicht an dich heranlassen.
              Ja, genauso ist es. Es schmerzt trotzdem. Es hinterlässt so einen "Beigeschmack" von der Notwendigkeit, sich rechtfertigen zu müssen. Dabei war es schon anstrengend genug, mich zu lösen, mein eigenes Leben aufzubauen und immer und immer wieder zu reflektieren, was die Erfahrungen meiner Kindheit in mir bewirkt haben. Ich bin so müde...

              Sicher spielt bei dir auch Mitleid eine Rolle, sie haben sonst niemanden mehr.
              Aber warum wohl?
              Es ist nicht deine Aufgabe das auszubügeln, was sie sich mit anderen versaut haben, du musst schon das ausbügeln was sie mit dir versaut haben und das ist mehr als genug, übersteigt bei weitem das was ein Kind für seine Eltern tun muss.
              Auch das sehe ich genauso. Aber meine Eltern nicht. Sie sind immer noch der Meinung, dass sie nie und an keiner Stelle einen Fehler gemacht haben. Extrem nervig wird es dann, wenn mein Vater sich darüber aufregt, wie andere drauf sind, und von mir dann volle Bestätigung für seine Sichtweise haben will, obwohl sich mir die Nackenhaare sträuben, wenn ich höre, wie er sich verhalten hat... Und umgekehrt möchte er immer etliche Male gelobt werden für Dinge, die er gut gemacht hat...


              Du solltest da ganz auf deine eigene Einschätzung hören, wenn du ihnen irgendwelche Zuwendungen geben möchtest, dann fällt das unter Großmut und Vergebung, etwas worauf deine Eltern kein Recht haben und was du geben kannst, aber ganz sicher nicht musst.
              Manchmal gelingt mir das. Ich weiß ja auch, dass meine Eltern ihre eigenen Geschichten haben, weswegen sie geworden sind, was sie sind. Aber noch ist da die große Angst, sofort vereinnahmt zu werden, wenn ich mich positv zuwende.

              Gestern haben wir meine Mutter besucht. Es geht ihr gut, sie sieht auch gut aus und ist recht munter. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sie in Kürze entlassen, wenn noch einige Untersuchungen gelaufen sind. Aber auch, wenn ich es verstehen kann, dass sich jetzt der Fokus auf sie und ihre Gesundwerdung richtet, war es gestern wieder furchtbar anstrengend mit meinen Eltern. Ich habe wirklich viel nachgefragt, mitdiskutiert, meine Überlegungen eingebracht. Aber irgendwann waren eben einfach auch alle Themen auf. Und dann reden sie trotzdem nur über sich, und wenn sie auch mal eine Frage an mich richten, merkt man spätestens nach zwei Sätzen, dass sie nicht mehr zuhören, oder sie unterbrechen mich. Nachfragen kommen gar nicht. Ich möchte eigentlich gerne nach all dem wieder zurückkehren zu dem alten Rhythmus, dass wir alle 6-8 Wochen telefonieren.

              Tired, danke für dein Verständnis. Deine Anregungen tun sehr gut...

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              • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

                Sie sind immer noch der Meinung, dass sie nie und an keiner Stelle einen Fehler gemacht haben.
                Hallo Dully,

                ich glaube das ist auch das Schlimmste an der Sache.
                So Eltern sehen es nie ein, da fehlt die Selbstreflektion und es wäre natürlich auch viel Mut nötig solche Fehler einzugestehen.
                Man müsste sich selber und anderen gegenüber zugeben, das man versagt hat, seine Sache schlecht gemacht hat, das Kind regelrecht quälte. Wenn jemand das zugibt, dann aus einer Einsicht heraus die diese Erkenntnis sehr schmerzhaft machen müsste, freiwillig setzt sich aber keiner von denen mit solch selbstkritischen Gedanken auseinander.
                Es ist ja auch so das diese Eltern meist selber schwach sind, auch oft Komplexe haben, so ein feiger Mensch kann gar nicht den Mut und die Kraft aufbringen, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen, das würde allen Schein den er sich mühevoll um seine Person aufgebaut hat mit einem Schlag zerstören.

                Das Schlimmste dabei ist, das dieses Lügengerüst auch daran hindert die Erlebnisse aufzuarbeiten.
                Es wäre sicher um einiges leichter für die Kinder, wenn die Eltern irgendwann in der Lage wären mit ihnen ehrlich darüber zu sprechen und damit manche Lücke zu füllen und so manche Therapie würde es vielleicht auch ersparen, aber gegen Egomanen die sich ihre Welt schön reden, ist kein Kraut gewachsen.
                Obwohl die Eltern wohl tief drinnen wissen was sie angerichtet haben, würden sie es nie zugeben und das sorgt dafür das der Leidensweg der Kinder noch länger wird, als es sein müsste.

                Es ist etwas leichter zu ertragen wenn man sich klar macht das so ein Umgang mit den Kindern auch eine Form von Krankheit ist und Leugnen bis zur Bahre genauso zu den Symptomen zählt, wie das Einreden das die Kinder es gut hatten.
                Sicher, sie hätten etwas ändern können, das lag in ihrer Hand, aber da kommt wieder meine Theorie ins Spiel das solche Menschen zwar in vielen Dingen stark sind auch Alphapersönlichkeiten, aber auf der anderen Seite so viele Komplexe haben, das sie einfach nicht in der Lage sind sich irgendwie helfen zu lassen.
                Das käme der schlimmst vorstellbaren und öffentlichen Erniedrigung gleich, außerdem ist es auch etwas sehr schlimmes für solche Leute Schwächen zu offenbaren und damit auch Angriffspunke, gerade Schwäche geht gar nicht und das was andere als Liebe und Fürsorge empfinden, oder nur eine lapidare Entschuldigung, ist für sie ein zeigen von Schwäche.

                Diese Sichtweise macht es zwar insgesamt nicht besser, es hilft aber dabei zu verstehen das man dieses Verhalten nicht beeinflussen kann, also selber auch gar nicht den Eltern helfen kann. Hilfe wird von ihnen anders empfunden, ganz besonders wenn sie nötig ist wird sie als Schmach empfunden, somit kann bei ihnen auch keine Fürsorge ankommen.
                Die Unterstützung wird als Pflicht verbucht, so muss man nicht dankbar sein und zeigt damit auch wieder weniger Schwäche.
                Das ist aber das Problem deiner Eltern, wenn sie wollten dann ginge es sicher auch anders.

                Wenn du aber zu ihnen ziehen würdest um sie zu unterstützen, oder sie öfter besuchst, dann würdest du kontinuierlich gegen eine Wand aus Ablehnung laufen, da sie ja nicht aushalten was du darstellst, Hilfsbedürftigkeit und das auch noch von jemanden der immer als minderwertig behandelt wurde, schlimm für die Eltern da plötzlich in Abhängigkeiten zu geraten.
                Also müssen sie weiter drauf hauen, um den Schein zu wahren, weiter glauben zu können das sie den Ton angeben und die Macht haben.

                In so Fällen ist es generell das Beste diese Hilfsleistungen anderen zu überlasen, fremden, da ist es dann sogar manchmal möglich das sich eine gewisse Dankbarkeit einstellt, das geht dann aber auch nur fremden gegenüber, nicht bei den eigenen Kindern, die ja bewusst immer klein und schwach gehalten wurden und es gedanklich auch immer bleiben.

                Du machts es jedenfalls genau richtig, ab und an mal telefonieren um zu schauen ob alles ok ist und im Notfall die entsprechenden Strippen ziehen, ich denke von dem was gegenseitig an Toleranz und Respekt übrig ist, ist diese Form des Kontakts das Bestmögliche. Alles was näher ist würde nur dazu führen, das sie dich noch mehr ablehnen würden und du würdest daran kaputt gehen.
                Oft ist es auch so, das gerade die Kinder die nicht mehr in der Nähe sind, sich nicht mehr oft zeigen, sich nur noch in Notfällen kümmern, mit der Zeit einen wesentlich höheren Stellenwert bekommen und viel mehr respektiert werden, als jene die ständig in der Nähe bleiben.
                Vielleicht weil jene die zuhause bleiben auch immer noch von den Eltern beherrscht werden (subjektiv gesehen), wer abhaut wird selber zum Macher und ist damit ernster zu nehmen.

                Kommentar


                • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

                  Hallo Tired,

                  mal wieder ein Treffer ins Schwarze.

                  Dieses Abblocken von allem, was auch nur ansatzweise in Richtung Kritik geht, kenne ich seitens meiner Eltern seit ich denken kann. Besonders bei meinem Vater kommt noch hinzu, dass er darüber hinaus wirklich immer und immer wieder Lob einfordert für das, was er tut, selbst wenn es nichts Bemerkenswertes ist. Und immer wieder ist es enorm wichtig, was das Umfeld denkt, selbst wenn er diese Menschen verachtet. Da ich ja ein wenig darüber Bescheid weiß, was meine Eltern für Kindheitsgeschichten hatten (und die waren wirklich nicht schön), bin ich überzeugt davon, dass sie ihre seelischen Narben haben und sehr darauf reagieren, was ihnen angetan wurde. Das bezieht sich ja auf das gesamte Familiensystem, ich habe nie erlebt, dass ernsthafte herzliche Nähe in unserer Verwandtschaft spürbar war.

                  Ich vermute, dass mein Vater im Grunde ein mieses Selbstwertgefühl hat, dieses aber mit aller Macht verdrängt und statt dessen ins Gegenteil verkehrt. Und das Thema Macht spielt hierbei durchaus eine große Rolle. Als Kind war ich ein Teil davon und er hat massiv versucht, mich zu isolieren. Neverever hätte er mich zu Schulfreundinnen gefahren (ich ging damals zum 30km entfernt liegenden Gymnasium, zu dem nur ein Schulbus hin und zurück fuhr), er hat die Telefonleitung aus der Wand gezogen, wenn ich mit Freundinnen telefoniert habe. Mir wurde verboten, mit jemandem über die Probleme in unserer Familie zu sprechen. Meine Mutter ist ein ganzes Stück weit zwanghaft, v.a. was Sauberkeit und Ordentlichkeit betraf, und so durfte ich oft stundenlang nicht in mein Zimmer, "um es nicht wieder unordentlich zu machen" (nachdem sie es aufgeräumt hat, nicht ich...). Instinktiv (damals hatte ich überhaupt nicht reflektiert, wie ungesund unsere Familie war) habe ich trotzdem meine Wege gefunden, mich immer mehr von meiner Familie weg zu orientieren. Spätestens seit ich 18 war, war das Elternhaus nur noch Wohnort, mehr nicht. Und ich glaube, das hat mich damals gerettet. Über meine Freunde habe ich zunehmend gelernt, dass es auch Beziehungen gibt, in denen Nähe möglich ist und man sich auch mal schwach zeigen kann - es hat aber viele Jahre gedauert, bis ich das gelernt habe. Zusammen mit meinem Mann sind meine Freunde bis heute meine "Wahl-Familie" bis dahin, dass ich mit meiner besten Freundin plane, dass, sofern unsere Partner vor uns sterben, wir mit einem weiteren Freund eine Alten-WG gründen werden.

                  Interessant fand ich deine Gedanken zur räumlichen Nähe. Ich glaube, es würde genauso passieren, wie du es schilderst. Aktuell, aus der Ferne, bin ich (zumindest gelegentlich) die Expertin für sozialrechtliche Fragen und werde da auch in Anspruch genommen. Meine Eltern haben eigentlich klar, dass ich nie wieder zurück kommen werde. Eigentlich ist so weit alles gut. Uneigentlich fordert besonders mein Vater auf eine andere Art und Weise Nähe ein, nämlich dergestalt, dass mein Mann und ich häufiger zu Besuch kommen. Wohlgemerkt: Nur so "herum", meine Anmerkung, dass auch sie mal zu uns kommen (was in den letzten 18 Jahren vielleicht 3-4 mal vorkam, einmal davon unsere Hochzeit), wird vollkommen abgelehnt, weil das ja unzumutbar ist, man könne den Hund ja nicht so lange allein lassen und Autofahren vertrage er nicht. Da sämtliche unserer Kontakte so ablaufen, dass es zu 98% um meine Eltern geht, einschließlich der Aufforderung, dass man ihrer Meinung sei und es toll finde, was sie tun, empfinde ich den Kontakt immer als sehr anstrengend. Es ist im Grunde kein Dialog. Und das sind die Stellen, an denen meine Wut ihren Ansatz findet, denn hier fühle ich mich instrumentalisiert und als "Bühne" oder "Leinwand" verwendet für die Bedürfnisse meiner Eltern. Es ist ja noch nicht einmal so, dass ich frei heraus sagen kann, was mir zu den jeweiligen Themen einfällt, sondern dass ich auch da wieder den genauen Erwartungen entsprechen muss...

                  Meiner Mutter geht es weiterhin zunehmend besser, auch ihr Durchfall ist inzwischen kein Thema mehr. Sie hat seitens der Ärzte die Empfehlung bekommen, dass sie in ein Krankenhaus verlegt wird, das bessere Diagnosemöglichkeiten hat und einen Spezialisten. Denn, und das ist in der Tat unbefriedigend, es ist noch immer ungeklärt, wie es zu diesem Zusammenbruch vergangene Woche kommen konnte. Meine Mutter ist da allerdings ambivalent, weil sie eigentlich keinen Bock mehr auf Krankenhaus hat. Ich habe ihr gestern gesagt, was dafür spricht, aber entscheiden muss sie letztlich selbst. Außerdem habe ich gestern noch eine Reihe Infomaterialien an meine Eltern geschickt, einschließlich Vordrucke für Patientenverfügungen, Betreuungsvollmachten und Ansprechpartner für Beratung zu diesen Themen. Mal schauen...

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                  • Re: Mutter schwerkrank - meine Gefühle überschlagen sich

                    Eltern sind schon eine sehr seltsame Spezies.;-)

                    Aber wirklich klasse, wie du damit klar kommst und vor allem was für Pläne du so schmiedest.
                    Eine Alten-WG, wenn es mal soweit ist und ihr noch eine Mitbewohnerin braucht...............:-)

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