angst, misstrauen, gewalt

[nina82]

hallo an alle,
bin neu hier.
habe im juli letzten jahres auf offener straße gewalt erlebt, mir kamen zwar schnell andere menschen zu hilfe, sodass der körperliche schaden gering blieb, aber irgendwie komm ich damit einfach nicht klar. bin ständig unruhig, habe nur noch angst, dass mir was passieren könnte, bin so verdammt misstrauisch geworden, muss immer alles um mich beobachten...

mein arzt sagte mir damals ich soll nicht erwarten, dass alles gleich wieder wie vorher ist, sondern das es langsam besser werde. gefühlt geht es mir aber immer schlechter, bin jetzt anfang des jahres umgezogen, damit ich den ort nicht ständig sehen muss und die person mir nicht mehr begegnen kann, aber es geht mir trotzdem nicht besser.

weiß jemand rat? will, dass es mir wieder besser geht, hasse diese angst, aber vor allem das misstrauen anderen gegenüber
danke im voraus

[MarcEN]

Re: angst, misstrauen, gewalt


Hallo Nina,

Sie haben eine traumatische Erfahrung gemacht, die - wie bei jedem Menschen - Folgen hinterlässt. Diese "Engramme" sind in den Tiefen Ihres Bewußtseins abgespeichert.

Dort können sie lange bleiben, ohne irgendwelchen Schaden anzurichten. Oder - wie bei Ihnen - bis in das tägliche Leben hinein ihre Auswirkungen haben. Das ist bei jedem Menschen unterschiedlich.

Wenn sie nach nun 6 Monaten aber noch so präsent sind, sollte man m. E. in Erwägung ziehen, sie mit fachkundiger Hilfe zu verarbeiten: nur so können sie in der Tiefe bleiben, ohne jetzt oder später Schaden anzurichten.

Ich würde mit Hilfe des Hausarztes einen Fachmann/frau für Traumabehandlung (posttraumatisches Belastungssyndrom) aufsuchen, der Ihnen bei der Verarbeitung hilfreich zur Seite steht.

Gruß

MarcEN

[Tired]

Re: angst, misstrauen, gewalt


Hi,
du solltest unbedingt über eine Therapie nachdenken.
Das es irgendwann mal besser wird, kann sein oder eben auch nicht. Mit einer Therapie hast du wenigstens etwas reelles, was auch wirkt und aller Voraussicht nach die Zeit in der es nicht besser wird zu verkürzen.
Grüße

[nina82]

Re: angst, misstrauen, gewalt


danke für die antworten

über eine therapie hab ich auch schon nachgedacht, trau mich bloß nicht irgendwo anzurufen und zeitlich ist es auch schwierig, deshalb such ich auch noch nach anderen Möglichkeiten das erlebte zu vergessen, hausarzt hab ich hier noch nicht.

[Tired]

Re: angst, misstrauen, gewalt


Du hast zwei Möglichkeiten, die erste ist verdrängen. Das ist eine ganz natürliche Schutzfunktion und wenn es funktioniert kann es ok sein, es kann einen aber unterbewusst auch sehr einschränken.
Da es aber bei dir offensichtlich nicht funktionieren wird bleibt nur noch die Aufarbeitung.
Das kannst du durch eine Therapie erreichen, dort anzurufen ist nicht schlimm es geht ja nur um einen Termin. Es wird auch lange dauern bis du einen bekommst, also Zeit dich an den Gedanken zu gewöhnen und das was am Telefon erfragt wird ist auch nicht so wild du musst nur grob umreißen um was es geht, oder die Diagnose nennen. Ein Hausarzt ist dazu nicht unbedingt notwendig, du kannst auch die 10€ beim Termin selber zahlen wenn du keine Ü hast und den Rest klärst du dann mit dem Therapeuten.

Aufarbeitung geht manchmal auch ohne Therapie, durch Gespräche mit einer Person deines Vertrauens, oder indem du darüber schreibst, zumindest wäre das ein erster Schritt den du ja hier schon begonnen hast. Wenn du jemanden zum Reden hast oder alles aufschreibst, was ja niemand lesen muss und du merkst das es hilft kannst du das weiter verfolgen, wenn nicht bleibt da kaum mehr als eine Therapie.
Du hast sicher durch das Erlebnis gemerkt das du verletzbar bist und das Gefühl des Ausgeliefert sein, ohne etwas daran ändern zu können kennengelernt. Das kannst du etwas besser in den Griff bekommen indem du einen Kampfsport beginnst bzw. einen Selbstverteidigungskurs belegst. Das gibt dir das Gefühl dich wehren zu können, nicht vollkommen schutzlos zu sein.

[dr.riecke]

Re: angst, misstrauen, gewalt


"..über eine therapie hab ich auch schon nachgedacht,"

Es wäre wirklich die sinnvollste (weil wirksamste) Möglichkeit.
Die Schwelle ist niedrig, nur die Wartezeit ist lang.

[nina82]

Re: angst, misstrauen, gewalt


aufgeschrieben tue ich das erlebte, meine gedanken und gefühle dazu regelmäßig im tagebuch. mit personen reden, den ich vertraue ist schwierig, wohnen weit weg, hier kenn ich noch keinen.
Kampfsport hört sich interessant an, lässt sich aber zeitlich leider nicht umsetzten(Schichtarbeit, zurzeit 60h/woche),

die schwelle zu einer therapie finde ich überhaupt nicht niedrig. irgenwo anzurufen, einem arufbeantworter oder einer person (die ich nicht kenne und deren reaktionen ich nicht sehen kann) kurz mitzuteilen, warum ich einen termin haben möchte, um später vielleicht festzustellen, dass mir die person (die in kombination mit meinem namen meine probleme kennt und mir dann vielleicht beim einkaufen über den weg läuft) unsympatisch ist, rückt eine therapie für mich in weite ferne.

[Tired]

Re: angst, misstrauen, gewalt


Vielleicht findest du einen Kampfsportkurs der mehrmals am Tag stattfindet, so das du flexibel hingehen kannst.

Deine Bedenken zur Therapie kann ich gut verstehen, aber ein Therapeut ist ähnlich zu sehen wie ein Arzt. Er hat Schweigepflicht und wird dich beim zufälligen Treffen auch nicht schief ansehen sondern neutral verhalten. Er weiß genau das es den Leuten unangenehm ist von einem Psychologen gegrüßt zu werden und wird sich entsprechend verhalten. Man merkt auch recht schnell ob man mit ihm zurecht kommt, d.h. bevor du ihm wirklich intime Dinge erzählst wirst du wissen ob er dir sympathisch ist und wechseln können. Auf dem AB musst du nur um Rückruf bitten und wenn du dann den Thera dran hast musst du auch nichts näheres sagen, außer vielleicht das es sich um ein traumatische Erlebnis handelt und du alles nähere nur in einem persönlichen Gespräch besprechen möchtest. Du kannst auch einen Therapeuten wählen der nicht in deiner direkten Nähe praktiziert, so ist es unwahrscheinlich das du ihm persönlich begegnest. Einen Versuch wäre es wert, wie gesagt wenn du merkst das du ihn nicht magst kannst du wieder gehen, aber meistens ist das am Anfang relativ entspannt und es geht nicht gleich um dein innerstes Gefühlsleben. Du bestimmst über das was geredet wird und der Rest ergibt sich dann mit der Zeit, es ist jedenfalls bei weitem nicht so unangenehm wie man denkt. Ich kenne Leute die sich mittlerweile auf ihre Termine freuen, eben weil da jemand ist der sie versteht, wirklich helfen kann und das absolut unvoreingenommen.

[Tired]

Re: angst, misstrauen, gewalt


Da fällt mir noch was zu ein.;-)

Du solltest dein Tagebuch unbedingt weiterführen, falls du dich dann doch mal zu einer Therapie durchringen solltest kannst du gewisse Hemmschwellen im direkten Gespräch leichter überwinden indem du dem Thera das zu lesen gibst.
Natürlich erst wenn du soweit bist und es muss dann auch nicht alles auf einmal sein.

[nina82]

Re: angst, misstrauen, gewalt


danke für deine beiträge

tagebuch schreib ich schon seit meiner jugend, das werd ich auch weiter machen.

vor einer therapie hab ich nicht wirklich bedenken, wenn mir eine person sympatisch, glaube ich, dass eine therapie erfolgreich ist, dann bin ich eigentlich auch recht offen, zumindest war das mal so. nur im moment bin ich so misstrauisch, alles und jedem gegenüber, ich weiß nicht wie ich es erklären soll.. ich trau mich einfach nicht irgenwo anzurufen, um zu erzählen, dass ich ein problem(nur die tatsache allein reicht schon, auch wenn ich garnicht näher drauf eingehen muss) hab, um dann im erstgespräch feststellen zu müssen, das ich die person nicht leiden kann.

[Tired]

Re: angst, misstrauen, gewalt


Da gäbe es noch die Möglichkeit einen über das Internet zu finden.

Hier ist mal ein Link:
http://www.psychotherapiesuche.de/therapeutensuche

Normalerweise kannst du auch per Mail Kontakten, um einen Termin auszumachen. Du hast also niemanden als direkten Gesprächspartner und kannst dir in Ruhe überlegen was du bei Nachfragen zu deinem Problem schreibst.
Vielleicht hilft es dir ja weiter und wenn nicht heute dann halt wenn du soweit bist.;-)

[nina82]

Re: angst, misstrauen, gewalt


hallo tired,
ich möchte dir auf diesem wege nochmal für die ermutigenden beiträge danken. mein leidensdruck hat sich in letzter zeit noch erhöht und ich hab es endlich geschafft email-kontakt zu therapeuten aufzunehmen. habe auch schon eine antwort mit einem termin für ein erstgespräch, leider erst im august. aber immerhin.
gruß nina

[dr.riecke]

Re: angst, misstrauen, gewalt


"ein erstgespräch, leider erst im august.."

Wenn es drängt und man eine Überbrückung für doch immerhin einige Monate braucht, ist auch ein Kontakt in einer psychiatrischen Institutsambulanz möglich.

Und wenn es mal sofort sein muss, vermittelt die Notaufnahme an einem Klinikum Kontakt zu einem Psychiater (sofern das Klinikum eine entsprechende Abteilung hat).

[nina82]

Re: angst, misstrauen, gewalt


danke für antwort
was ist eine psychiatrische institutsambulanz bzw. wie können die mir weiter helfen?
und was heißt "wenn es drängt"? mir geht es echt schlecht, immer schlechter. aber bin ich nicht selbst schuld, wenn ich es ein 3/4 jahr nicht gebacken kriege mir hilfe zu holen, dann kann ich doch nicht sagen, vier monate wartezeit beim therapeuten sind mir zu lang und ich brauch für die zwischenzeit unterstützung, klar hätte ich lieber jetzt als später hilfe, aber wie sieht das aus.

[Tired]

Re: angst, misstrauen, gewalt


Hi Nina,
also erst mal kannst du dir ordentlich auf die Schulter klopfen das du den Schritt gemacht hast.

Institutsambulanzen sind auch Notfallambulanzen (psychiatrische Ambulanzen der Uni-Kliniken), also kannst du da auch ohne Termin hingehen und sagen das du unbedingt mit einem Arzt sprechen musst.
Es wird da auch niemanden interessieren das du solange gebraucht hast um überhaupt erst einen Termin zu machen und jetzt ganz schnell einen brauchst, genau dazu sind die ja da. Ich denke es ist sehr häufig so das die Leute sich nicht überwinden können das mal in Angriff zu nehmen und es erst schaffen wenn es schon fast zu spät ist, der Leidensdruck täglich schlimmer wird. Kannst mir glauben, das haben die da jeden Tag, ich war auch mal in einer ähnlichen Situation.
Du wirst da nicht schief angeguckt weil du zu lange gewartet hast, im Gegenteil wahrscheinlich bekommst du ein dickes Lob das du es überhaupt zu denen geschafft hast.

Dort gibt es Psychiater und auch Psychologen, zuerst spricht man mit einem Psychiater und der wird dann mit dir besprechen wie es weiter geht und ggf. für den Übergang einen Psychologen mit einbeziehen. Zumindest war es in meinem Fall so, du brauchst dir da überhaupt keine Gedanken drüber zu machen was sie darüber denken, das du vorher eher untätig warst, die wissen ganz genau warum du dich nicht früher dazu aufraffen konntest.

[nina82]

Re: angst, misstrauen, gewalt


danke für die info

ich werd mal im netz suchen, wo die nächste uniklinik ist. zu wissen, dass es so eine möglichkeit gibt, finde ich sehr beruhigend.