Als wir zusammen glücklich waren, verflogen die Stunden wie im Fluge und keiner von uns wusste, wo die Zeit geblieben war. Wir scherzten und lachten sehr viel, haben einiges gemeinsam erlebt, Landschaften erkundet und viel gesehen. Kein schönes Straßencafé auf unserem Weg, das wir nicht gerne für eine kleine Pause, für ein kurzes Innehalten, besucht haben. Aber nun, seit ich dich das letzte Mal sah, scheinen die Tage endlos zu sein.
Gedanken an die gemeinsame Zeit, Sinn und Unsinn der Streitereien prägen heute meine Tage. Alles, jede einzelne Situation, jeder einzelne Moment der letzten zwei Jahre, läuft wie ein Endlosfilm immer und immer wieder in meinem Kopf ab. Die Gedanken lähmen mich und nur mit Mühe, bekomme ich die wichtigsten Dinge erledigt. Muss mich schon zum Aufstehen am Morgen förmlich zwingen, weiß ich doch nur zu genau, dass es wieder einer dieser nicht endend wollender Tage ist.
Egal wo ich auch entlanggehe, welchen Raum ich betrete - Du bist überall. Schon wenn ich die Augen öffne sehe ich dich. So viele Kleinigkeiten nähren meine Gedanken aufs Neue und setzen Erinnerungen frei.
Der Duft von Kaffee, dein Regal im Bad das mir so anders, so leer ins Auge fällt. Verzweifelt versuche ich die Leere zu füllen und ertappe mich jedes Mal dabei, wie ich nach und nach die Dinge wieder so platziere, dass erneut diese Leere entsteht. Auf dem Weg in den Garten, dein Platz an der Treppe, an dem du zum Teil Stunden verbracht hast und ich mich mehr als nur einmal ärgerte, wenn du scheinbar gar nicht bemerkt hast, dass du für jeden der das Haus betreten oder verlassen wollte, mitten im Eingang sitzend, einfach im Weg warst. Alle mussten einen großen Schritt über dich machen, oder sich an dir vorbeizwängen - warum hast du dich eigentlich nicht in den Garten auf den Stuhl gesetzt?
Heute muss ich oft schmunzeln, wenn ich gedanklich schon zu einem großen Schritt ansetze an dieser Stelle.
Wir haben es doch immer und immer wieder aufs Neue versucht, jedes Mal mit den besten Vorsätzen und dem unumstößlichen Willen, dass es dieses Mal gut gehen wird. Doch nach zwei, drei Wochen nur, standen wir wieder fassungslos und verletzt vor unserem ganz persönlichen Scherbenhaufen. Ganz nüchtern betrachtet, müsste man sich einfach eingestehen, dass es nicht mehr geht. Doch kann man ganz nüchtern betrachten, wenn Gefühle im Spiel sind? Wohin soll man mit all seiner Liebe, die man für den anderen empfindet?
Nie waren es große Dinge durch die es zum Streit kam, vielmehr waren es eigentlich Kleinigkeiten. Doch was an zusätzlichen Punkten zu dem Streit, der durch eine Kleinigkeit ausgelöst wurde, hinzukam, machte diese Situationen so vernichtend und so verletzend.
So viele Momente in der letzten Zeit, über die ich mich hätte eigentlich freuen können, konnte ich nur mit halber Freude wahrnehmen. Alles was von Außen kommt erscheint mir hinter einer dicken Nebelwand zu sein. Meine einzigen Wahrnehmungen sind meine Gedanken, meine Traurigkeit und dieses beklemmende, leere Gefühl in mir.
Kraftlos kämpfe ich mich durch die Tage, schlaflos durch die Nächte.
Ein Ruck geht durch meinen Körper und mein Herz beginnt schmerzhaft zu raßen, wenn ich ein Auto sehe, wie du es fährst. Gedanken schießen mir durch den Kopf: "Ist ER es? Wollte er vielleicht gerade zu mir? Wollte er mich sehen, weil auch er so traurig ist?" - Aber natürlich ist dein Auto keine Einzelanfertigung.
Tausend Mal am Tag der Blick auf das Handy - selbst eine böse und gemeine Nachricht, wäre eine Nachricht - doch es bleibt stumm. Leider oder zum Glück? - wer weiß das schon…
Schon fast beneide ich dich darum, wie du mit einer solchen Situation umgehen kannst. Du entwickelst Wut, fühlst dich im Recht, kannst dich durch Verabredungen und Unternehmungen ablenken und auf andere Gedanken kommen. Bestimmt ist das die bessere Variante, um über eine so schwere und schmerzliche Zeit hinweg zu kommen. Wenn mir das nur auch gelingen würde.
Ich glaubte immer - wer sonst als der, dem die Liebe gilt und mit dem man schöne und weniger schöne, dennoch sehr intensive Momente verlebt hat, kann einen besser verstehen. Wer kann sich in einem solchen Moment besser trösten und sich gegenseitig über eine solche Phase durch Gespräche hinweghelfen, als die zwei Personen die es betrifft. Eine Entscheidung aus Vernunft ist eine Kopfentscheidung, doch das Herz bleibt trauernd zurück.
Irgendwann einmal, werde ich am Morgen erwachen und feststellen, dass die Nebelwand um mich herum verschwunden ist und ich wieder ohne schwermütige Gedanken, mit wirklicher Freude meinen Tag beginnen kann. Es wird nicht mehr wehtun dich überall um mich herum zu spüren. Vielmehr werde ich deine Präsenz mit einem Lächeln wahrnehmen und beginnen, unsere gemeinsame Zeit, als eine für mich wichtige und wertvolle Zeit zu betrachten.
Liebe ist der stärkste Schmerz, den man empfinden kann…
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