Also das erste:
Ab wann ist unser Kind erwachsen und fähig, eigenverantwortlich zu handeln?
Ab wann dürfen und müssen wir auch die Verantwortung für
dessen Wohlergehen und dessen Leben abgeben? Ich geb mal ein paar Beispiele, wo dieses Loslassen irgendwie nicht richtig funktioniert, das sind u.a. sehr persönliche Beispiele (die ich nicht abgebe, weil ich so masochistisch und kritikfreudig bin, sondern weil ich diese Beispiele für sehr realistisch und keineswegs einzigartig, asozial oder sonstwas halte. Ich stehe dazu und stelle mich immer gerne einer objektiven Diskussion).
Nehmen wir zunächst einmal die Diskussion um den Vorfall in der Türkei: 13jährige verführt 17jährigen auf der Basis der Behauptung, dass sie 15 sei. Darf man sie nun (wie hier im Forum geschehen) als "********" bezeichnen und ihr damit einen ziemlich erwachsenen Brocken von Verantwortung zuteilen??
Meine Tochter war gerade 14 geworden, als sie mir zu Weihnachten 2006 aufgrund meines Therapie-Aufenthaltes eine Karte schrieb. Sie begann mit den Worten: "Hallo, meine Süsse!" und endete mit den Worten: "Wir schaffen das schon" (mein Alkoholproblem). War sie dafür mitverantwortlich?
Schliesslich hat sie mir damals einen unzumutbaren Stress gemacht?
Meine Mutter argumentiert übrigens genauso, ich hätte ihr in der Pubertät unzumutbares angetan, muss ich mir heut noch anhören.
Liegt es denn an dem Pubertierenden für das Wohlergehen seiner Eltern oder im weiteren Sinne seiner Umgebung Verantwortung zu übernehmen?
Wohl nicht, oder nur sehr eingeschränkt, alters- und reifeabhängig. Bei mir sieht es derzeit so aus, dass meine mittlerweile 15jährige sehr verantwortungsbewusst mit sich selbst und anderen umgeht, mein 18jähriger Sohn verhält sich im Vergleich total unreif. Ständig schiebt er die Verantwortung für sein Wohlergehen entweder auf mich, auf Umgebung/Gesellschaft ab. Der Reifeprozess hat da noch nicht gegriffen.
Gerade aber weil so etwas passiert, Erwachsene diesen Reifeprozess nicht durchleben, passiert es dann, dass sie immer noch nicht eigenverantwortlich reagieren und dann katastrophalerweise! wiederum zuviel Verantwortung an ihre Kinder abgeben:
Beispiele (ich find sie allesamt schlimm, vielleicht seht ihr das anders, hoffe da auf Anregungen):
1. Klar, natürlich mich selbst, die Kinder übernehmen Verantwortung für meine Alkoholproblematik
2. Der 11-jährige Sohn (Entwicklungsstand eher der eines 9jährigen) meines Freundes erkrankt an einem Hirntumor. Inoperabel, voraussichtliche verbleibende Lebenszeit: höchsten 1 Jahr. Mit dem angeblichen Beweggrund, er wolle seinen Sohn nicht belügen, überträgt er ihm die volle Verantwortung
für sein Leben, indem er in ihn mit der exakten Wahrheit konfrontiert. Die Ärzte ziehen sogar mit. Das Ganze geht soweit, dass die Entscheidung, ob eine überlebenswichtige Operation gemacht wird, davon abhängt, ob der Kleine dem zustimmt, da am selben Tag die Preview eines Filmes im Kino läuft.
3. Mein Freund erhält von einem Kumpel eine professionelle Seifenkiste für seinen 9jährigen Sohn geschenkt, die dessen mittlerweile zwanzigjährigem Sohn gehört. Der 9jährige freut sich n Loch in Bauch, kurz darauf fordert aber dieser Kumpel die Seifenkiste zurück. Mein Freund hat nicht die Courage, sich durchzusetzen, gibt sie zurück. Und beschliesst daraufhin, seinem Sohn die ganze Wahrheit darüber mitzuteilen, damit dieser sich mit dem Kumpel auseinandersetzen möge.
Sooo - und damit kämen wir in den zweiten Themenbereich: Wenn nämlich Erwachsene Menschen so funktionieren, übereignen sie auch die Verantwortung für ihr Wohlergehen an ihren Partner, sie erhoffen sich die grosse Liebe und glauben (ganz fest!) dass das der richtige ist. Und bekommen dann ein Kind.
Geplant oder ungeplant (Unfall oder gewollt). Ich denke nicht, dass das eine wesentliche Rolle spielt. ich sah auch kürzlich so ne Talkshow, eigentlich wurde da eine an den Pranger gestellt, die das 4. Kind bekommen wollte, obwohl sie für die anderen drei schon nicht verantwortungsbewusst gehandelt hatte. Da hob ein Typ aus dem Publikum die Hand, weil er meinte, soviel mehr Planung gehabt zu haben. Zwei Kinder aus zwei kurzen Beziehungen, zu keinem von beiden hatte er noch kontakt. Die Britt kommentierte das mit "naja, Eure Planungen scheinen ja nicht besonders langfristig zu sein."
Kinder kamen ja auch früher ungeplant (wie gesagt, ich bin auch ungeplant - und meine drei auch).Man kann auch ungeplant Kinder bekommen und trotzdem die Verantwortung dafür tragen.
Diese Menschen (sag ich mal so, ohne mich auszuschliessen) sind nicht verantwortungsbewusst, nicht mit ihrer Beziehung und nicht mit ihren Kindern und schliessen damit aber den Kreislauf, indem sie wiederum unverantwortungsbewusste-eigenständige Menschen erziehen.
Mich graust auch, wenn ich sehe, dass das man daraus nicht lernt, jedesmal ein neues Kind, jedesmal in eine neue Pflegefamilie und dann immer wieder frisch ins verliebte Glück ...
Trotzdem bin ich gern bereit, für diese Denkweise Stellung zu beziehen (denn sie ist doch teilweise ein Stück von mir). Einfach um der Diskussion willen. Wir kämen ja nicht weiter, um das zu verstehen, würden wir uns alle in eine Reihe stellen, drauf zeigen und schimpfen (@silpau und hedonist).
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