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@ Beate Ullmann / Dyskalkulie

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  • @ Beate Ullmann / Dyskalkulie

    Hallo Frau Ullmann,

    habe ihr Posting vom 03.11 an eine mutter gelesen in dem es über Dyskalkulie geht. Bei meiner Tochter wurde eine visuelle Wahrnehmungsstörung diagnostiziert. Und nun geht sie seit ca. 2wochen in Ergo . Angefangen hat aber alles schon in der ersten klasse, da kam der verdacht auf das was nicht stimmt bei ihr, grad inm rechnen mussten wir immer von vorne anfangen die kleinste aufgabe immer von vorne rechnen. Sie konnte sich nix merken. Nun zu beginn der 2.klasse hatte ich dann ein Gespräch mit ihrer Klassenlehrerin der ich meinen Verdacht mitteilte ich hatte mich im Internet über dyskalkulie informiert und einige Punkte gefunden die auf mein Kind zutreffen. Unsere Lehrerin hat mir diese Punkte leider besätigt. Und wir wollten einen Test machen lassen. Nach den Herbst ferien wurde dieser K-ABC test mit ihr gemacht. Und wir/Schule hat den mobilen Dienst vom Förderzentrum angefordert der einmal die Woche in die Schule kommt und mit ihr übungen macht.
    Der Kinderarzt war der nächste Anlaufpunkt wegen der Ergo.
    Im Rezept steht also :visuelle Wahrnehmungsstörung.
    Ich würde nun gerne von Ihnen wissen was die Ergo bei ihrem Sohn gebracht hat? Wegen der wahrnehmungsstörung?
    Nun gehe ich in alle mögliche Richtungen sprich Augenarzt da steht demnächst auch noch ein Termin an. ich habe eine Seite gefunden. in der es um die Funktionaloptometrie geht, das hat auch mit der wahrnehmungsstörung zu tun.
    Ich bin mir aber nun hinsichtlich der Dyskalkulie nicht mehr so sicher weil plötzlich klappt es mit dem rechnen auch wieder. Wie war es bei ihrem Sohn?
    Über eine Antwort würde ich mich freuen!

    L.G. Edelweiss


  • Re: @ Beate Ullmann / Dyskalkulie


    Hallo Edelweiss,
    Bei meinem Sohn bemerkte ich die ersten Auffälligkeiten etwa mit zweieinhalb bis drei Jahren. Er weigerte sich konsequent irgendwas zu machen, was mit Malen oder Basteln zu tun hatte. Für mich war das völlig ungewöhnlich, war meine Tochter doch in dem Alter ganz wild darauf diese Dinge zu tun. Ich sprach die Kindergärtnerin drauf an, die aber nichts bemerkt hatte. Erst als sie von mir angesprochen gezielt darauf achtete. Also sind wir zur ergotherapeutischen Diagnosestellung. Die Ergotherapeutin sagte damals zu mir, Tobi habe sie rein sprachlich so um den Finger gewickelt, dass es ihr schwer fiel, ihr Programm durchzuziehen. Aber natürlich war sie Profi genug um es doch herauszufinden.

    Zu Beginn sah es so aus, als wäre das Problem relativ gering. Die eigentliche Tragweite kam erst im Laufe der Jahre heraus. Nach vier Jahren war dann klar, dass er keinerlei taktiles Empfinden hatte. Seine Schmerzunempfindlichkeit erklärt dann auf einmal die häufigen kleineren und größeren Unfälle.

    Probleme hatte in erster Linie ich damit, weil man sich als Mutter natürlich Gedanken macht und Panik schiebt, das Kind verletzt sich und man bekommt es nicht mit. Heute ist er eher ängstlich, was sicher meiner eigenen Ängstlichkeit zuzuschreiben ist. Außerdem bereitete es natürlich Probleme, dass er nicht friert. So kam es durchaus vor, dass er bei Minustemperaturen ohne Jacke oder im Sportzeug heimkam. Lehrer sind bei so etwas nicht unbedingt hilfreich.

    Vor einigen Jahre habe ich mit einem Professor für Schmerztherapie gesprochen, der mir jetzt endlich erklären könnte, wie diese Schmerzunempfindlichkeit zusammen hängt. Es ist so ähnlich wie ein umgekehrter Phantomschmerz. Beim Phantomschmerz meldet das Rückenmark Schmerzen in einem nicht mehr vorhandenen Körperteil, während bei Tobi das Rückenmark so zusagen eine Blockade hat und den Schmerz nicht weiterleitet. Ursächlich damit hängt auch das Nicht frieren zusammen. Das Problem ist, dass solche Menschen natürlich nicht sagen können, was ihnen fehlt, weil sie es ja gar nicht anders kennen. Ich versuche es gerne mit dem Gefühl zu erklären, das man beim Zahnarzt hat, wenn man eine Lokalanästhesie erhalten hat. Nur, dass Tobi sich eben am ganzen Körper so fühlt.

    Später wurde bei Tobi noch eine Legasthenie festgestellt, die auch therapiert wurde und mittlerweile deutliche Fortschritte aufweist. Mit Dyskalkulie haben wie zum Glück nicht aus noch Probleme.

    Heute ist Tobi 15 Jahre alt. Er hat mühsam gelernt, was andere spüren. Mittlerweile schafft er es in halbwegs vertretbaren Zeiten mitzuschreiben (versuch mal zu schreiben, wenn Du den Stift in der Hand nicht spürst). Er wird seine mittlere Reife machen und träumt momentan davon nach der Mittleren Reife auch sein Abitur zu machen. Mittlerweile geht er ja aber erst in die 8. Klasse. Er hat einfach ein Jahr länger gebraucht um mit den ganzen Problemen fertig zu werden. So musste er die 4. Klasse wiederholen.

    Insgesamt muss ich bei der ganzen Angelegenheit sagen, dass die Lehrer ein großes Problem waren. Wenn man ein solches Kind in eine Regelschule schickt, dann denke ich, ist es wichtig, dass man den Lehrern die Problematik genau erklärt. Ich habe das bei jedem neuen Klassenlehrer gemacht. Außerdem habe ich für die Schulakte alle ärztlichen Atteste und Gutachten kopiert, in der HOffnung, dass die Lehrer sie auch lesen. Leider durfte ich feststellen, dass Lehrer die Schulakte ihrer problematischen Schüler nicht lesen. Ich hatte mal so die fixe Idee, es reicht, wenn man die Problematik dem Klassenlehrer ausführlich klar legt. Die KOmmunikation untereinander geht scheinbar gegen Null. Letztes Jahr vor den Sommerferien habe ich wieder mit einer Lehrerin diskutiert, warum er so ne "Sauklaue" hat und er beim Schreiben recht langsam ist. Die fiel dann aus allen Wolken, als ich ihr die Tragweite grob umrissen habe. Ich habe mich halt immer gefragt, ob es nicht möglich wäre, wenn ein Lehrer feststellt, dass ein Kind irgendwie auffällig ist, dass man sich mal die Schulakte zur Hand nimmt und da reinschaut. Glaub mir, es ist nicht möglich.

    In der zweiten Klasse, hatten wir es mit einer Lehrerin zu tun, die Tobi immer ausgeschimpft hat, weil er nicht ordentlich ausgeschnitten hat. (ich war schon froh, dass er sich beim Ausschneiden nicht die Finger abgeschnitten hat) Jedenfalls habe ich Tobi versucht zu erklären, dass er sich nicht mit ihr streiten soll, wenn sie mit ihm schimpfte. Mein Sohn (ich glaube, das ist genetisch bedingt) hat ihr dann das nächste Mal beim Schimpfen vorgesungen: Die Gedanken sind frei ...(er beherrschte den ganzen Text). Es dauerte nach der Stunde ungefähr 10 Minuten, bis die Lehrerin bei mir anrief und mich fragte, wie ich meine Kinder denn erziehe. Ich habe Tobi dann erklärt, dass das vielleicht nicht unbedingt fein war, der Lehrerin musste ich aber leider mitteilen, dass ich fand, dass das Kind eigentlich doch gut reagiert hat. Alles in allem war aber das Verständnis der Lehrer bis auf ganz wenige Ausnahmen recht gering. Zum Glück haben wir momentan einen Superlehrer. Er schafft es, Tobi zu motivieren, ohne ihn zu überfordern. Und als Resultat würde Tobi glaube ich alles für ihn machen.

    Wenn Du an eine solche Problematik denkst, kann ich Dir nur empfehlen am Ball zu bleiben. Die Ergotherapeutin war unsere wichtigste Hilfe. Ich weiß nicht, wo wir heute wären, wenn diese DAme nicht gewesen wäre. Sicherlich würde Tobi keine Regelschule besuchen. Die Lernleistung des Kindes darf man aber auch nicht übersehen. Er hat Dinge lernen müssen, die für andere selbstverständlich sind. Manchmal wäre ich am liebsten verzweifelt, heute denke ich, er hat das eigentlich alles sehr souverän gemacht. An seiner Stelle wäre ich glaube ich durch viele Misserfolge ziemlich demotiviert und frustriert gewesen.

    Mit 10 habe ich ihm (eigentlich versehentlich) ein Buch gekauft. Leon mit den linken Händen. Heute sage ich: Ein super Buch. Es geht dabei um ein Kind, das unter ähnlichen Problemen leitet, diese aber mit ein bisschen Zauberei und Witz löst. Zuerst war ich entsetzt als ich es selbst las, wieviele Gemeinsamkeiten Leon und Tobi haben. Das ging soweit, dass ich Tobi seit Jahren immer wieder SirTobi nenne und Leons Mum ihren Sohn SirLeon nennt. Aber Tobi hat dieses Buch geliebt. Und irgendwie hat er immer wieder mal gesagt, ich habe dabei an Leon gedacht und es half. Also war mein Kauf wohl doch nicht so falsch gewesen.

    So jetzt habe ich einen halben Roman geschrieben. (Jetzt weiß ich auch, warum meine Kinder soviel quatschen, das ist bestimmt auch genetisch) Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen helfen, wenn Du noch was wissen willst, frag einfach.

    Liebe Grüße
    Beate

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    • Nachtrag


      Wer in meinem obigen Text die Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten. Ich möchte zu meiner Entschuldigung sagen, ich hatte Nachtdienst und war gerade aufgestanden.

      Gruß

      Beate

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