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Was ist eine Belastungsintoleranz?

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  • Was ist eine Belastungsintoleranz?

    Guten Tag,

    ich war in der Neurologischen Sprechstunde einer Uniklinik. Grund dafür waren anhaltende Symptome (über Jahre) wie: Schwindel, Sensibilitätsstörungen in den Armen und Beinen, Gangunsicherheit. Konzentrationsschwäche, Wahrnehmungsstörungen. Mittlerweile bin ich nach jeder Anstrengung sehr erschöpft. Nach dem Sport oder nach der Arbeit brauche ich Ruhepausen. Ich muss mich hinlegen. Ich komme nicht in die Gänge. Habe dann wenig Antrieb etwas zu tun. Bin ich nicht ausgeruht oder erholt, werde ich aggressiv. Situationen, die mir zu anstrengend sind (Stress in der Familie, Familienfeiern) meide ich. In der Neurologie hieß es, ich wäre gut untersucht (Internistisch, Rheumatologisch und Endokrinologisch). Zu diesem Termin wurde ich vom Internisten geschickt. Ich habe bekomme seit Jahren Vitamin-B12-Injektionen (es wurde damals ein Mangel festgestellt, der sich auch wieder nach verlängern des Spritzenzeitraums einstellt) aller 4 Wochen und habe eine Autoimmunthyreoiditis. Es hieß ich wäre eingestellt (LT 75) und davon käme das alles nicht. Im Befund der Uniklinik steht als Diagnose: "Belastungsintoleranz". Mein Hausarzt schmunzelt drüber. Aber beim Neurologen wurde mir zu einer Reha mit psychosomatischen Aspekten geraten. Gibt es überhaupt ein Krankheitsbild "Belastungsintoleranz"?


  • Re: Was ist eine Belastungsintoleranz?

    Hallo Julie

    Also, nach einem ersten schnellen google nach "ICD Belastungsintoleranz" konnte ich keine direkten Treffer finden. Allerdings zahlreiche Treffer, die inhaltlich in die gleiche Richtung gehen, u.a. "chronisches Erschöpfungssyndrom".

    Ich mach's mal kurz und sage - anhand dessen, was Du über Deine Symptome geschrieben hast: Willkommen im Club

    Soll konkret heißen:
    Mir geht es in weiten Teilen ähnlich wie Dir - ich brauche seit dem akuten Ausbruch meiner "Krankheit" auch deutlich mehr Ruhepausen, bin gerade auch von (Groß)Veranstaltungen schneller gestresst und ermüdet, und ja, da reicht auch bei mir ne anstrengende Familienveranstaltung oder an nem falschen Tag sogar zwei Stunden Besuch von Freunden...

    Vor viereinhalb Jahren hat es mir richtig "den Stecker gezogen", und da ging wirklich gar nichts mehr. Ich hatte Qualen und Leiden wie noch nie in meinem Leben, wollte nur, daß alles vorbei ist.
    Diagnose: Leichte bis mittelschwere Depression und Anpassungsstörung.

    Ich habe mich seitdem intensiv sowohl mit der Diagnose als auch mit mir, meiner inneren Stimme und Meinung dazu und ner Menge Büchern, Internet-Threads und Meinungen auseinander gesetzt.

    Mein Ergebnis: Ja, ich habe definitiv eine Anpassungsstörung - oder ein chronisches Erschöpfungssyndrom - oder eine Belastungsintoleranz - je nachdem, welchen Begriff man da am ehesten verwenden möchte.

    Aber - und Achtung - jetzt wird es wichtig:
    Ich bin gesund!!! !!!
    Ich bin NICHT KRANK!


    => Meine körperlichen und psychischen Symptome sind vollkommen natürliche und normale Reaktionen auf eine Welt, die immer schneller, hektischer, stressiger, industrieller und kommerz-getriebener ist!

    Ich könnte da jetzt schon an dieser Stelle sehr ins Detail gehen, aber ich lasse es erst einmal, um Dich damit nicht gleich zu überfrachten.
    Nur soviel zu den Fakten: Die Zahl an psychischen "Krankheiten" wie Depressionen, Angststörungen, Panikattacken, Anpassungsstörungen etc. hat in den letzten Jahrzehnten spürbar zugenommen. Ich hab vor längerem mal eine Prognose gelesen, wonach 2050 rund die Hälfte aller Deutschen von einer dieser "Krankheiten" betroffen sein wird (ich finde den Link nur gerade nicht mehr). Hauptursache bzw. Katalysator ist eben wirklich unsere Gesellschaft, unser Lebensstil, durchgetaktete Tagespläne von morgens bis abends, Streß, Job, Familie, Kind(er), Sport, Hobbies, etc. Andererseits aber auch Bewegungsmangel, falsche, einseitige Ernährung, Tageslichtmangel (=> Bürojobs). Dafür sind wir Menschen evolutionär gesehen schlicht (noch) nicht geschaffen.

    Das Problem ist allerdings, daß uns tagtäglich über die Nachrichten, die Wirtschaft und das Marketing suggeriert wird, das wäre so alles korrekt; man würde das schon schaffen, mit der richtigen Organisation, dem richtigen Zeitplan, dem neuen Smartphone, nem sparsameren Auto, dem richtigen Energieriegel, den richtigen Medikamenten etc. ...

    ALLES QUATSCH! Und noch dazu gefährlicher Quatsch!

    Klar gibt es Menschen, die das alles auf die Kette bringen.
    Aber genauso viele Menschen packen es nicht.
    Und eine noch größere Dunkelziffer täuscht einfach geschickt irgendwie darüber hinweg, daß sie es nicht geschafft bekommt. Durch noch mehr Aktivität, durch Selbstdarstellung, durch die Einnahme von Aufputschmitteln oder Medikamenten.

    Bitte nicht falsch verstehen:
    Ich habe grundsätzlich nichts gegen Medikamente; ich nehme selbst ein Antidepressivum in niedriger Dosierung, das mich dabei unterstützt dauerhaft besser zurechtzukommen.

    Aber die finale Lösung besteht nicht im Medikament, sondern darin zu erkennen, daß diese Welt um uns herum definitiv nicht "richtig tickt" - wenn etwas oder jemand "verrückt" ist, ist es die Welt, und nicht Du oder ich oder sonst jemand, der betroffen ist!

    Das alles übrigens auch unter dem dringenden Vorbehalt, daß eben organisch bei Dir alles abgeklärt und eine organische Ursache ausgeschlossen werden kann.


    Abschließend mein wichtigster Tipp:

    Beschäftige Dich mit dem Thema, aus Interesse und Neugier. Fühle in Dich hinein, wobei Du Dich wohlfühlst und wobei nicht. Lerne zu verstehen, wie Du "tickst" - was Dir guttut und was nicht. Und horche auf Deine innere Stimme - wenn diese Dir sagt, daß Du müde bist, dann BIST Du müde (in dem Moment). Und dann ist das okay!
    Was natürlich nicht heißen soll, daß Du Dich an Ort und Stelle immer zum Schlafen hinlegen sollst
    Aber wenn Du vom Sport nach Hause kommst und bist platt, dann ist das so und vollkommen in Ordnung. Du bist NICHT KRANK! Punkt.
    Reduziere den Sport etwas, aber behalte in bei. Versuche ein Maß zu finden, mit dem Du Zuhause "zügig" wieder regenerieren kannst - und nutze die Zeit Zuhause dann auch zum Regenerieren: Leg Dich ne halbe Stunde schlafen. Oder wenn Du den Sport abends machst, iß noch ne Kleinigkeit und geh dann ins Bett.
    (BTW "Schlaf": Noch vor 100 Jahren haben die Menschen 8-9 Stunden/Nacht geschlafen, vor 200 Jahren waren es im Mittel noch bis zu 10. Heute kommen wir im Schnitt nur noch auf 6-8 Stunden!!! Und es ist erwiesen, daß Schlafmangel Depressionen begünstigt, schleichend und über die Zeit!)


    So, ist jetzt am Ende doch deutlich mehr Input geworden, sorry dafür.
    Hoffe aber, es hilt Dir trotzdem etwas weiter und gibt Dir etwas Vertrauen in Dich, Deinen Körper und Deine Gesundheit zurück

    Wenn Du Fragen haben solltest, frag

    LG, gute Besserung, und mach ganz in Ruhe
    Alex

    Kommentar


    • Re: Was ist eine Belastungsintoleranz?

      Ich denke mal es ist ein Oberbegriff für Symptome die nicht konkret zugeordnet sind und vor allem bei Belastung auftreten, aber keine klare Zuordnung haben.
      Also der Arzt weiß nicht genau, aber ungefähr, das ungefähr deckt diese Diagnose ab.
      Wenn du verstehst was ich meine.;-)

      Genau, Erschöpfungssyndrom in grün.

      Kommentar

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