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Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

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  • Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

    Aufgrund hochgradiger Kurzsichtigkeit (ca. -15 dpt / Bulbuslänge 29mm) hatte ich im April 2015 eine refraktive phake Linsenoperation (ICL STAAR). Diese Operation wurde in Lokalanästhesie durchgeführt (von mir favorisiert war Vollnarkose, von der Klinik vorgesehen war Parabulbäranästhesie, Schadensbild zeigt aber Verletzungen einer Retrobulbäranästhesie). Am linken Auge hat der Anästhesist mit der Anästhesienadel 3x in den Bulbus und 1x in den Sehnerv gestochen. In der Nacht nach der OP stellte ich die Erblindung fest, zunächst hieß es Glaskörpereinblutung unbekannter Ursache, Schlüssellochseheindruck meinerseits wurde zunächst nicht weiter verfolgt. Ca. 3 Wochen nach der OP hat sich die Netzhaut um die Einstichlöcher gelöst was zu einer Not-OP (Vitrektomie mit Gasfüllung) geführt hat.
    Schaden am linken Auge durch Lokalanästhesie: konzentrischer Gesichtsfeldausfall auf zentrale Restinsel (ca. 10%), Sehschärfe des „Gucklochs“ erst Handbewegungen, inzwischen 0,63p, milchig-trübe Sicht, ohne Aussicht auf weitere Besserung.

    Ist eine Lokalanästhesie mittels Spritze überhaupt noch bei einem so kurzsichtigem Auge vertretbar?
    Wer sollte üblicherweise die Spritze setzen - Opthalmologe oder Anästhesist?
    Wie hoch ist das Erblindungsrisiko bei einer refraktiven Linsenchirurgie (nur OP bezogen ohne Anästhesierisiko)
    Wie hoch ist das Erblindungsrisiko bei einer Katarakt OP?
    Wieviel höher ist das Erblindungsrisiko einer Lokalanästhesie (Para- bzw. Retrobulbäranästhesie) bei einem hochgradig kurzsichtigem Auge im Vergleich zu einem normalsichtigem Auge?
    Seit wann (Jahr) ist die Tropfanästhesie das Mittel der Wahl für refraktive Linsenoperationen? Was ist wenn der Patient eine Vollnarkose bzw. Maskennarkose möchte?
    Kann man mit einer Brille eine Ungleichheit der Augen von -15 dpa ohne Probleme ausgleichen?
    Hätte man die durch die Spritze verursachten Netzhautlöcher noch am Tag der Linsenoperation lasern können um eine spätere Netzhautablösung und Vitrektomie zu verhindern?
    Hätte es am OP Tag noch eine Möglichkeit gegeben den Schaden am Sehnerv zu minimieren?

    Ich würde mich wirklich sehr über eine Antwort freuen!
    Vielen lieben Dank!


  • Re: Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

    Aus meiner Sicht liegt bei der geschilderten Erblindung ein "Kunstfehler" vor, für den die Haftpflichtversicherung des Arztes u.U. einen sehr hohen Betrag als Entschädigung an Sie zahlen muss.
    Alle diese Operationen haben ein eher geringes Risiko, das im Vergleich zum erwarteten Nutzen in Kauf zu nehmen ist.
    Bei einer Ungleichheit von 15 dpt. wird kein räumliches Sehen mehr möglich sein. Es wird dann nur mit 1 Auge gesehen.

    Kommentar


    • Re: Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

      @ Lillith,

      ich hole den Thread mal hoch, weil es schade ist, dass du auf die spezifischen Fragen keine Antwort bekommen hast. Außerdem ist das Thema von allgemeinem Interesse für zukünftige Patienten Es handelt sich sowohl um medizinische als auch um juristische Fragen. Das Ereignis liegt schon drei Jahre zurück.

      Darf ich fragen wofür du die Beantwortung verwenden möchtest? Für dich persönlich um besser mit dem Verlust umgehen zu können oder um deine Chancen in einem Rechtsstreit abzuklären? Die Frist für eine Klageeinreichung läuft noch bis zum 31.12.18. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine ärztliche Berufshaftpflichtversicherung zahlt, ohne dass der Behandlungsfehler vom Gericht geklärt worden ist.

      Soweit möglich und insofern die Angaben medizinisch zutreffen, gebe ich auf die Fragen eine Antwort:

      1. medizinische Frage; bei Kursichtigen ist der Augapfel im Vergleich zu Normal- und Weitsichtigen länger - je kurzsichtiger desto länger. Hier ist zu sehen, wie die Nadel gesetzt wird, das Risiko der Verletzung wird damit deutlich:
      https://www.youtube.com/watch?v=f8twP0VN24I
      Ob es unterschiedlich lange Injektionsnadeln gibt, kann ich nicht beantworten.

      2. medizinische Frage; kann ich nicht beantworten. Ich vermute aber, dass beide Arztgruppen die Spritze setzen dürfen.

      3. Erblindungsrisiko: um diese Frage beantworten zu können, muss es ein zuverlässiges Erfassungssystem für solche Ereignisse geben und außerdem müssten alle Kliniken/Augenzentren und operierende Ärzte zuverlässig diese Ereignisse melden; ich bezweifle, ob es ein solches Erfassungssystem gibt und dass alle Verantwortlichen auch wahrheitsgemäß melden.

      4. medizinische Frage: refraktive Linsenchirurgie unterscheidet sich, was das Risiko angeht, nicht von einer Katarakt-OP. Am Besten die Frage noch von einem Mediziner beantworten lassen.

      5. zur Beantwortung dieser Frage verweise ich wieder auf ein bestehendes und zuverlässiges Erfassungssystem; ohne dies ist eine Beantwortung nicht möglich. Gleichwohl wird bei einer Tropfanästhesie keine Injektionsnadel am Auge vorbei bis hinten am Sehnerv geschoben. Eine Alternative zu Retrobulbär- und Peribulbäranästhesie ist eine Tropfanästhesie in Kombination mit einer Sedierung. Der Patient bzw. das Auge sollte sich während des Eingriffs möglichst nicht bewegen (eine Sedierung ist keine Vollnarkose; es muss unbedingt noch ein Lokalanästhetikum verabreicht werden. Mit Sedierung bekommt der Patient von der OP jedoch nichts mit)

      6. medizinische Frage; ich vermute, dass es dort keine feste Regeln/Vorschriften gibt.

      7. juristische Frage; wenn der Patient eine Vollnarkose wünscht, muss er diesen Wunsch schriftlich im Aufklärungsbogen angeben und vom Arzt unterschreiben lassen. Dann darf der Arzt davon nicht abweichen und ein anderes Anästhesieverfahren wählen. Wenn der (Narkose)Arzt aber eine Retrobulär- bzw. eine Peribulbäranästhesie eingetragen hat und der Patient unterschreibt anschließend diesen Aufklärungsbogen, dann hat er damit seine Einwilligung abgegeben. Hat der Arzt den Patienten diesbezüglich nicht gefragt und wünscht der Patient eine Vollnarkose, dann sollte der Patient die Unterschriftauf dem Aufklärungsbogen verweigern – Patientenrechtegesetz BGB §630d Absatz 2. Der Arzt kann dann die OP ablehnen . Da es sich hier um eine sog. Lifestyle-OP (eine nicht notwendige OP) handelt, werden höhere Anforderungen an die Aufklärung gestellt als an eine medizinisch notwendige OP. Der Arzt muss/sollte auch unaufgefordert alle möglichen Narkoseverfahren samt Risiken erläutern, um dem Patienten eine Auswahl zu ermöglichen.
      Patientenrechtegesetzt gut erklärt:
      http://www.bagp.de/dokumente/bagp/ba...erwebseite.pdf

      8. Diese Frage wurde bereits durch Rdani0 beantwortet

      9. medizinische und juristische Frage; die Spritze hat zuerst die (zähe) Lederhaut, dann die Aderhaut (Gewebe mit den meisten Gefäßen im menschlichen Körper) und letztendlich die Netzhaut durchbohrt. Ob es sich um einen groben Behandlungsfehler (wegen Unterlassung) gehandelt hat, sollte von einem Gutachter geklärt werden (leider werden diese Gutachten häufig „kollegenfreundlich“ gestaltet – also nicht neutral)

      10. medizinische Frage; sehr unwahrscheinlich, nicht zu beantworten ohne Kenntnis des Befundes

      Ich hoffe dir hiermit ein wenig geholfen zu haben.

      Kommentar


      • Re: Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

        zu Punkt 5: mit "Lokalanästhetikum" meine ich "Betäubungstropfen", also keine Spritze.

        Kommentar



        • Re: Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

          Hallo extranjero,

          vielen lieben Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, mir so ausführlich zu antworten!
          Die Klärung der meisten Fragen erfordert wohl ein augenärztliches Fachwissen. Ich hatte die Hoffnung, dass vielleicht auch Frau Dr. Liekfeld sich noch hierzu meldet.

          Es ist tatsächlich so, dass ich mich bereits in einem Rechtsstreit befinde. Es liegt ein sehr „arztfreundliches“ augenärztliches Gutachten vor, welches bei genauerer Betrachtung allerdings Schwachstellen aufweist, da wesentliche Punkte nicht berücksichtigt wurden. Es wurden sowohl bei der Aufklärung als auch bei der Behandlung seitens der Augenklinik in Köln Fehler gemacht.
          Du hast völlig Recht, dass dieses Thema von allgemeinem Interesse sein könnte in Anbetracht der Tatsache, dass sich immer mehr Menschen so einer „von der Brille befreienden“ Operation unterziehen (phake Linsen oder auch Laser-OP). Die auf refraktive Chirurgie spezialisierten Kliniken tun sich oft sehr schwer, über Risiken schonungslos aufzuklären. Da wird lieber verharmlost und beruhigt, um den potenziellen Patienten nicht zu verscheuchen. Die Werbeslogans solcher Kliniken suggerieren zusätzlich ein Bild, als ob ein Friseurbesuch auch nicht aufregender ist, als eine refraktive Operation. Ich verteufle die refraktive Chirurgie nicht, aber man sollte sich sehr kritisch damit auseinandersetzen, was ich im übrigen auch im Vorfeld getan haben. Doch letztendlich ist die Erblindung des Auges in meinem Fall nicht durch die OP an sich, sondern durch die Lokalanästhesie in Form einer Spritze am Auge erfolgt. Das Erblindungsrisiko so einer Spritze liegt viel höher, als das Erblindungsrisiko der eigentlichen refraktiven Linsenoperation – wo ist hier die Verhältnismäßigkeit?! Man könnte auch sagen, dass eine Vollnarkose übertrieben ist, für einen Eingriff, der vielleicht 15 Minuten dauert. Aber es ist nun mal auch so, dass es sich um eine elektive Wahlleistungsoperation handelt und da sollte dem Patienten ein gewisses Selbstbestimmungsrecht zugestanden werden. Das Gespräch für die Anästhesie ein paar Minuten vor der eigentlichen Operation stattfinden zu lassen, halte ich für zu spät.

          Liebe Grüße!

          Kommentar


          • Re: Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

            hallo Lillith,

            ich hoffe für dich, dass Frau Dr. Liekfeld deine medizinischen Fragen im ersten Beitrag noch beantwortet. Genau deswegen hatte ich den Thread hochgeholt.

            Leider sind augenärztliche Gutachten, egal ob gerichtlich oder privat, selten neutral. Man muss bedenken, dass jedem Arzt im nächsten Moment selbst ein Behandlungsfehler unterlaufen kann (auch eine fehlende Einwilligung wegen Aufklärungsfehler wird, juristisch gesehen, als Behandlungsfehler gewertet). Um den Bumerangeffekt präventiv zu unterlaufen, wird der augenärztliche Gutachter es unterlassen einen Kollegen zu belasten. Mit einem negativen Gutachten hast du kaum Chancen, es sei der Rechtsanwalt ist ausgesprochen informiert und engagiert. So ist es im Rechtstaat...

            Mir sind die Risiken der Retrobulbäranästhesie und die entsprechenden - juristisch vollkommen insuffizienten - Aufklärungen/Aufklärungsbögen der Augenheilkunde bekannt. Es wird nicht zwischen "Risiken des Eingriffs" und "Risiken der Retrobulbäranästhesie" unterschieden. Das ist ein flagranter Fehler, den viele chirurgisch tätigen Augenärzte noch nicht erkannt haben (oder nicht erkennen wollen?). Es ist genau so wie du schreibst: das Erblindungsrisiko der Retrobulbäranästhesie ist um ein vielfaches höher als das Erblindungsrisiko der OP selbst. Die Spritze kann auch zum Absterben des Auges (Phthisis bulbi) und damit zum Verlust des Auges führen. Folge: Augenprothese. Ich glaube nicht, dass dieser "Kunstfehler" selten vorkommt. Wenn die Fälle anonym registriert werden, warum werden sie dann nicht veröffentlicht?

            Gerade über seltene Risiken muss ausführlich aufgeklärt werden. Je weniger dringend eine OP ist, desto ausführlicher. Die Aufklärung ein paar Minuten vor dem Eingriff bedeutet "Aufklärung in der OP-Schleuse". Sie ist bei elektiven Eingriffen, zu denen eine Klare-Linsen-Extraktion bzw. refraktive Chirurgie nun mal gehören,definitiv zu spät. Dazu gibt es bereits ein Urteil des Bundesgerichtshof. Siehe Ärzteblatt "Aufklärung und Einwilligung des Patienten; nach Maßgaben aktueller höchstrichterlicher und oberlandesgerichtlichen Rechtsprechungen".
            https://www.aerzteblatt.de/archiv/64...Rechtsprechung
            Die PDF rechts neben dem Titel kann heruntergeladen werden.

            dass es sich um eine elektive Wahlleistungsoperation handelt und da sollte dem Patienten ein gewisses Selbstbestimmungsrecht zugestanden werden
            Das Selbstbestimmungsrecht ist im Patientenrechtegesetz haargenau festgelegt. Nicht der Arzt entscheidigt, sondern der Patient, der nach ordentlicher und vollständiger Aufklärung. mit seiner unteschrift einwilligt, mit genügend zeitlicher Abstand zur OP, damit er sich innerlich frei entscheiden kann (OT des Bundesgerichtshofs). Wenn die Aufklärung mangelhaft war, ist die Einwilligung - trotz Unterschrift - nicht zustande gekommen, Patientenrechtegesetz § 630d und §630e.

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            • Re: Erblindung durch Lokalanästhesie am Auge

              Guten Tag, Lilith,
              leider kann ich Ihnen hier nicht im Sinne eines Gutachten Stellung beziehen und jegliche Wahrscheinlichkeit aufzählen (gibt auch nicht für alles genau belegte Daten). Aber grundsätzlich:
              Ein Ausgleich mit Brille von 15 Dioptrien ist eher nicht möglich.
              Ein hoch-kurzsichtiges Auge sollte eher nicht mit Injektion (Nadel) betäubt werden. Eine Tropf-Anästhesie oder Vollnarkose wären eine mögliche und sicherere Alternative. Wenn tatsächlich erkennbare Löcher der Netzhaut schon am OP-Tag (oder am Tag danach) zu sehen waren, wäre eine Laserung oder anderweitige Versorgung (z.B. mit Kältetherapie) sicher sinnvoll gewesen. Aber ohne konkrete Kenntnisse des Befundes und der Abläufe ist das nicht eindeutig zu beantworten. Ich denke, da müssen Sie wirklich ein Gutachten anstreben.
              Mit freundlichen Grüßen, Priv.-Doz. Dr. med. A. Liekfeld

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