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Braucht unser Baby eine Brille?

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  • Braucht unser Baby eine Brille?

    Hallo,

    unser Sohn ist jetzt 7,5 Monate als. Im Rahmen der U5 wurde festgestellt, dass er links schielt. Wir waren nun beim Augenarzt und es wurde nach dem Tropfen mit Zyclotat folgende Diagnose gestellt:

    F-R: Sphäre: +2,50 / Zylinder: +0,50 / 90
    F-L: Sphäre: +3,50

    Atropin hat er nicht vertragen, ist rot angelaufen und war unruhig.
    Leider wurde uns diese Diagnose nicht richtig erläutert. Uns wurde nur gesagt, dass der kleine weitsichtig ist und unbedingt eine Brille bräuchte. Ich habe mich nun zum Thema Weitsichtigkeit bei Babys belesen. Es sind lt. Literatur alle Babys weitsichtig. Braucht der Kleine denn nun wirklich eine Brille oder sollte man nicht abwarten, da sich das Auge / die Sehfähigkeit ja erst noch entwickelt? Er schielt manchmal links und manchmal rechts. Jedoch ist das kein dauerhaftes Schielen, sondern nur temporär. Sollte man das Auge denn eher stundenweise abkleben, um so das kranke Auge zu trainieren. Wir wissen jetzt überhaupt nicht was richtig ist und wollen uns auf jeden Fall eine Zweitmeinung holen.

    MfG,
    1778cs


  • Re: Braucht unser Baby eine Brille?


    Hallo, die Tatsache, dass Ihr Sohn weitsichtig ist, ist in diesem Alter nichts Ungewöhnliches. Insofern haben Sie recht mit Ihrer Annahme, dass dies ein normales Entwicklungsmerkmal darstellt. Allerdings ändern sich die Umstände grundlegend, wenn ein Schielen vorliegt. Eine nicht entsprechend korrigierte Weitsichtigkeit hat dann direkten Einfluß auf die Größe eines Schielwinkels und somit auf die Entwicklung des beidäugigen Sehens. Wenn das Schielen nur einseitig auftritt, ist zudem, wie Sie ganz richtig bemerken, die Sehschärfe gefährdet und eine Okklusionsbehandlung dringend erforderlich. Prinzipiell weist nach Ihren Schilderungen Ihr Sohn also alle Kriterien auf, die die Durchführung einer Schielbehandlung mit Brillenkorrektur, Okklusionstherapie und - je nach Ausmaß - ggf. späterer Schieloperation rechtfertigen. Keine dieser Maßnahmen ist ein Ersatz für eine jeweils andere, soll heissen: nur die sinnvolle Kombination der genannten Behandlungsbestandteile ist erfolgversprechend.

    Es ist im Falle Ihres Sohnes, bzw. bei den von Ihnen geschilderten Anzeichen, allerdings schwierig, eine sichere Beurteilung abzugeben. Theoretisch besteht sowohl die Möglichkeit, dass das Schielen durch eine Brille korrigiert ist und weitere Behandlungen vorerst nicht mehr notwendig sind (abgesehen von regelmäßigen Kontrollen), als auch, dass sich das Schielen gleichwohl manifestiert und alle Bestandteile einer Schielbehandlung notwendig werden. Wichtig zum jetzigen Zeitpunkt ist deshalb, dass man sich keine Versäumnisse leistet. Je früher eine adäquate Behandlung beginnt, desto besser ist die Prognose - und umgekehrt. Bereits einige Monate an Therapieverzögerung kann zu ernsthaften Konsequenzen in der Wirksamkeit führen.

    Da sich Kleinkinder in diesem Alter nur sehr schwierig untersuchen lassen, ist das Risiko, einen sogenannten Mikrostrabismus zu übersehen, entsprechend hoch. Diese Form des Schielens weist einen kosmetisch sehr kleinen Schielwinkel auf und wird deshalb gerne auch als "Silberblick" bezeichnet. Die schlimmen und später irreversiblen Auswirkungen - zumindest auf die Sehschärfe - sind jedoch die gleichen, wie bei einem sehr großen Schielwinkel und bergen bei Nichtbehandlung das Risiko einer dauerhaften Sehschwäche bis hin zur hochgradigen Sehbehinderung. Unter diesem Aspekt erscheint auch die Durchführung einer Teilzeitokklusion (stundenweises Abkleben) - wenn auch ggf. nur als Vorbeugung - bei Ihrem Sohn durchaus als geboten.

    Fazit: Es scheint empfehlenswert, neben der sofortigen Verordnung einer Brille (die Werte würden nach den von Ihnen genannten Messergebnissen vermutlich +2,0 sph. und +3,0 sph. betragen), eine sehr engmaschige Kontrollphase durchzuführen (etwa alle 6 Wochen), um zu validieren, ob das Schielen korrigiert ist, ob es nachwievor vorhanden ist und abwechselnd auftritt, oder ob es sich einseitig manifestiert. Allerspätestens dann muß eine Okklusionsbehandlung beginnen, bei der das nicht schielende Auge abgeklebt wird. Der Rhythmus kann dabei je nach Befundsituation unterschiedlich sein.

    Nach etwa einem halben Jahr sollte die Situation neu bewertet und beurteilt werden. Die Einholung einer zweiten Meinung ist sicher sinnvoll. Man sollte hierzu eine Augenarztpraxis wählen, die über eine angeschlossene Sehschule mit Orthoptistin verfügt.

    P.S.: Die häufige Unverträglichkeit von Atropin mit den von Ihnen erwähnten Symptomen ist lange bekannt. Atropin wird eigentlich ausschliesslich verwendet, um die Vorbereitung zur Untersuchung den Eltern zu überlassen, die diese zuhause durchführen müssen. Dies mag zwar für den Praxisbetrieb entlastend sein, ist jedoch m. E. ein schon längst überholtes Verfahren. Die Wirkung von Atropin - je nach Dosierung - kann einige Tage dauern und birgt, wie gesehen, ein erhöhtes Allergierisiko. Andere Präparate wie Zyklopentolat bspw. sind ebenso sinnvoll einsetzbar, wirken jedoch nur einige Stunden. Allerdings müssen sie von der Helferin in der Praxis verabreicht werden, was wiederum Personalressourcen bindet.

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    • Re: Braucht unser Baby eine Brille?


      Vielen Dank für Ihre Antwort. Sie haben uns wirklich sehr weiter geholfen. Morgen haben wir einen Termin bei einer Augenärztin, welche regelmäßig Kleinkinder behandelt. Dieser Praxis ist ebenfalls eine Sehschule angegliedert.

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      • Re: Braucht unser Baby eine Brille?


        Guten Tag,
        die Entscheidung für eine Brille hängt tatsächlich vor allem von der richtigen Diagnose des Schielens ab. Das sollten Sie sich noch einmal erklären lassen und im Zweifelsfall auch eine zweite Meinung einholen.
        Mit freundlichen Grüßen,
        Priv.-Doz. Dr. A. Liekfeld.

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