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    WIRTSCHAFT UND HANDEL
    Industrie

    Auf Kosten der Apotheken
    von Thomas Bellartz, Berlin

    Die Gesundheitsreform sorgt für allerlei Ungemach. Eine jüngste Veröffentlichung des renommierten Arznei-Telegramms dürfte nicht zur Verbesserung der Stimmung beitragen. Der Vorwurf: Pharmahersteller erhöhen klammheimlich ihre Preise - auf Kosten von Kassen, Patienten und Apotheken.

    Eine kurze Umfrage der PZ bestätigt einen Einzelfall, den der Branchen-Informationsdienst herausgegriffen hat. So weisen zurzeit Pharmareferenten nicht weniger Hersteller bei ihren Gesprächen mit Ärzten darauf hin, sie hätten die Preise für das von ihnen vertriebene Produkt gesenkt. Doch das ist freilich nur die halbe Wahrheit.

    Denn die Preissenkungen sind das Resultat der veränderten Honorierung der Apotheken. Insbesondere im hochpreisigen Segment haben sich die Arzneimittelpreise nach In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform teilweise drastisch gesenkt. Die Einsparungen für die Krankenkassen sind nicht unerheblich, werden nach Einschätzungen des AOK-Bundesverbandes immerhin mehrere hundert Millionen Euro betragen. Da nimmt sogar AOK-Chef Dr. Hans-Jürgen Ahrens die oft von ihm geschmähten Apothekerinnen und Apotheker öffentlich in Schutz. Nicht die Pharmazeuten seien für die Verteuerungen verantwortlich, legte Ahrens dar. Die höheren Kosten im unteren Preissegment seien notwendig geworden, weil es keine Mischkalkulation mehr gebe. Insgesamt gebe es aber deutliche Einsparungen für die GKV.

    Der Vorwurf des Arznei-Telegramms ist deftig: Einige Arzneimittelproduzenten wollten nun davon profitieren, dass der Abgabepreis dank des Festzuschlags und des 3-prozentigen Aufschlags meist geringer ausfalle. Durch die Erhöhung des Herstellerabgabepreises beziehungsweise des Apothekeneinkaufspreises wurden die zu Gunsten der Kassen und Versicherten entstandenen Differenzen mitunter egalisiert.

    Produzenten pushen Profit

    Konkret bedeutet dies, dass das politisch gewollte von der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ins Spiel gebrachte Preismodell von einigen Herstellern ad absurdum geführt wird. Auf Kosten von GKV und Apotheken erhöhen einige Produzenten schlichtweg ihren Profit.

    Das Fazit des Arznei-Telegramms ist eindeutig: Mehrere Hersteller nutzten demnach die dank der Gesundheitsreform niedrigeren Apothekenaufschläge, um im höherpreisigen Segment Preisaufschläge zu realisieren.

    Im Gesundheitsministerium ist man bereits alarmiert. Allerdings wollte man noch keine offizielle Stellungnahme abgeben. Aus dem zuständigen Referat hieß es, man werde zunächst die Preisentwicklung vergleichen und die auffälligen Unternehmen konkret ansprechen. Über die weitere Vorgehensweise werden man dann intern abstimmen.

    Allerdings hieß es, dass auch Ministerin Ulla Schmidt von den verdeckten Erhöhungen Wind bekommen habe. "Wenn sich das bestätigt, sorgt das für Wirbel", so ein Sprecherin.

    Vornehme Zurückhaltung

    Auf Herstellerseite gibt man sich zurückhaltend. Zu offiziellen Stellungnahmen waren am Wochenanfang keine Unternehmenssprecher bereit. Allerdings kommentierte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) die aktuelle Entwicklung derart, dass die "Verteuerung preiswerter verschreibungspflichtiger Arzneimittel nicht der Industrie zugute" komme.

    Das neue Honorarmodell für die Apotheken führe dazu, dass "billige Präparate sich zum Teil start verteuert haben, während alle Arzneimittel, die bisher mehr als 28,50 Euro kosteten, billiger werden". Nicht minder geschickt ist die BPI-Formulierung, wonach die Verteuerung der preiswerten verschreibungspflichtigen Arzneimittel nicht auf Preiserhöhungen der Pharmahersteller zurückgehe. Auch die Zuzahlung komme nicht den Herstellern zugute.

    Der BPI unterlässt es freilich, auf die konkreten Vorwürfe des Arznei-Telegramms einzugehen. Denn von den preiswerten Präparaten ist weder dort noch in den im Ministerium diskutierten Vorgängen die Rede. Die BPI-Mitteilung macht den Eindruck, dass das Problem weitreichender ist, als die bisherigen Stichproben ergeben.

    Das Thema dürfte spätestens dann nach ganz oben auf die Tagesordnung rücken, wenn der öffentliche Disput um Zuzahlung, Praxisgebühr und Fahrtkosten der Vergangenheit angehört. Dann richtet sich der Blick wieder auf die Apotheken und auch auf die Pharmahersteller. Kaum vorstellbar, dass die jüngsten Entwicklungen, auch wenn nicht alle Hersteller betroffen sind, Anlass zur Freude geben.

    © 2004 GOVI-Verlag

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