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Wie reagiere ich richtig?

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  • Wie reagiere ich richtig?

    Da ich soeben dieses Forum entdeckt habe, hoffe ich hier Antworten auf meine Fragen zu bekommen.
    Meine Mutter ist 81 Jahre alt und lebt alleine in ihrer Wohnung. Bislang konnte sie sich wohl auch noch recht gut alleine versorgen. Mein Vater starb vor 14 Jahren sehr plötzlich und meine Mutter ist über seinen Tod nie richtig hinweg gekommen. Seit einigen Monaten nun meint sie, ihr Mann und auch ihre eigene Mutter (seit 23 Jahren tot) seien bei ihr. Sie versucht ihre "Gäste" zu versorgen (deckt den Tisch für drei, hält Essen vor...) und ärgert sich, wenn sie nicht essen oder dann plötzlich verschwunden sind.
    Dazu kamen zunehmende Probleme mit der Zeitorientierung. Nach Rücksprache mit dem Hausarzt organisierten wir(meine Schwester und ich) den Besuch bei einer Neurologien. Die von ihr vorgenommenen Untersuchungen brachten die Diagnose Demenz bei spät beginnender Alzheimer. Eine Behandlung mit Reminyl wurde von meiner Mutter selbst wieder abgebrochen. Einen Monat mit 8mg hatte sie mit gutem Zureden (nach Lektüre des Beipackzettels war sie der Ansicht, das träfe auf sie alles nicht zu und hätte zu viele Nebenwirkungen) schon hinter sich. Als dann auf 16mg gesteigert wurde stellten sich Schlafstörungen ein, die sie übrigens immer schon hatte, und sie meinte das "Zeug" brächte sie völlig durcheinander.
    Mittlerweile fühlt sich unsere Mutter als Opfer, das von der Neurologin und uns krank gemacht wird. Ihr Zustand ist ihr selbst nicht richtig bewußt, obwohl sie immer von "diesem Zustand" spricht, der sie so unglücklich macht.
    Auf die Anwesenheit der toten Personen haben wir zunächst mit Widerspruch reagiert, was zunächst Einsicht, später aber zunehmend Verärgerung zur Folge hatte. Kompetente Menschen haben uns auch gesagt wir sollen nicht widersprechen, aber was sollen wir denn dann tun? Man kann doch nicht bestätigen, dass Vater und Oma dann bald zum Essen kommen werden. Natürlich versucht man möglichst garnicht darauf einzugehen, aber das ist kaum möglich.
    Wie kann sich das weiter entwickeln? Bislang lehnt sie vehement jede mögliche Hilfe zuhause ab. Für uns, meine Schwester und mich ist das wegen Beruf bzw. Entfernung leider nicht möglich. Wir fühlen uns da sehr hilflos.
    Hat da vielleicht jemand schon Erfahrungen gesammelt? Ich wäre um jeden Rat dankbar.
    Antje C.


  • RE: Wie reagiere ich richtig?


    Liebe Antje,

    ich sehe das räumliche Problem.

    Was die Medis anbelangt, gibt es m.E. derzeit zwei Wege.
    Entweder die Gabe verschreiben lassen, dann kommt jemand regelmässig vom Pflegedienst und gibt sie der Mutter.
    In Anbetracht des Alters und dass diese Medikamente nur aufhalten, aber nicht heilen, nicht unbeträchliche Nebenwirkungen haben, lasst es derzeit gut sein. Es ist auch nicht unbedingt gesagt, dass es immer eine erfolgreiche medikamentöse Therapie ist, da jeder Mensch individuell darauf anspricht.

    Wenn ihr euch jetzt deswegen aus der Ferne verrückt macht, heisst es auch nicht, dass der Erfolg ein Grösserer sein wird.

    Viel wichtiger wäre auf Dauer eine gute Begleitung für die Mutter zu finden. Ihr sollet im Auge behalten, inwieweit sie sich selbst versorgen kann.
    Ein Anzeichen, dass sie selbst merkt, etwas stimmt nicht, ist diese unbenamste Angst. Sehr verständlich.

    Das Eindecken für mehrere Personen, die alle nicht mehr da sind, spricht ja dafür, dass sie die Lebenzeiten, die zeitliche Orientierung verliert und vermengt.
    Richtig gut war der Tipp, nicht auf der Herstellung der Fakten, der Jetzt-Zeit zu beharren, zu diskutieren und zu streiten.
    Die Verstorbenen sterben jedes Mal neu für die Mutter, jedes Mal erneut also Schmerz. Schrecklich, oder ? Man tut also nichts Gutes damit.
    So lange die Mutti sich nicht selbst oder andere gefährdet, versucht sie so anzunehmen, wie sie ist. Schaut mal dahinter, was sie damit verbindet und nehmt einfach ihre Ärgernis ohne Richtigstellung auf.
    Also mehr im Sinne: Ja, es ist ärgerlich, wenn man sich so viel Mühe gemacht hat und dann ist keiner von der Familie zum Essen geblieben.
    Früher war das viel schöner. Da sollten wir mal mit dem Vati und der Oma schimpfen.

    Wie soll sich das entwickeln ? Liebe Antje, es wird nicht besser werden, nur das Umfeld muss dann besser werden. Ihr solltet überlegen, was passieren kann, wenn die Mutter nicht mehr selbst einkaufen kann, kochen, sauber machen und sich selbst sauber halten kann.
    Ein Umzug in euere Nähe, eine 24-Stunden Hilfe, ein Heim, eine Wohngemeinsschaft ?

    Ich will wirklich keine Angst machen, aber man sollte offenen Auges darauf zugehen, was man für Möglichkeiten hat, wenn sich ein lieber Mensch nicht mehr selbst ordnen kann und zunehmend Hilfe benötigen wird.

    Liebe Grüsse
    Auguste D.



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    • RE: Wie reagiere ich richtig?


      Liebe Auguste,
      vielen Dank für deine schnelle und ausführliche Antwort.
      Ja, wir haben das im Blick. Ich meine die zukünftige Entwicklung. Nur scheinen z.Zt. alle diese Möglichkeiten ausgeschlossen. Unsere Mutter ist vehement nicht bereit sich mit einem Wohnungswechsel auseinander zu setzen, wobei für uns die schönste Lösung noch ein betreutes Wohnen in der Nähe meiner Schwester wäre. Wann immer wir aber versuchen mit ihr zu sprechen wird sie sehr ärgerlich. Desgleichen lehnt sie aber auch eine Betreuung zuhause ab. Putzfrau hat sie zwar, aber eben nur fürs Grobe.
      Wir werden weiter daran arbeiten müssen und haben für uns selbst auch schon bei Heimen nachgefragt. Diese Lösung kommt aber wirklich erst in Frage, wenn unsere Mutti nicht mehr viel mitbekommt. Eine schreckliche Vorstellung.
      Vielen Dank auch für den Hinweis, dass es wirklich besser ist auf diese "Visionen" einzugehen. Mir fällt das unendlich schwer, weil ich denke ich mache es damit noch realer und auch schlimmer. Ist wohl ein Denkfehler meinerseits.
      Liebe Grüsse
      Antje C.

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      • RE: Wie reagiere ich richtig?


        Liebe Antje,

        wer verlässt schon gerne sein gewohntes Umfeld ?
        Niemand...aber steter Tropfen höhlt den Stein....

        Einsicht darf man mit dieser Krankheit nicht erwarten. Natürlich gibt es die, die sich eher fügen oder sich freuen, Töchter in der Nähe zu haben. Die Mutti wird sich noch viel enger an euch klemmen, je mehr Defizite auftauchen werden...insofern besteht Hoffnung, dass es irgendwann einfacher geht, als du heute denkst.

        Vielleicht käme auch in Zukunft eine Wohngemeinschaft in Frage, klein und man kann selbst viel bestimmen (z.B. welcher Pflegedienst zur Mutti kommt...)Kosten je nachdem, was man selbst machen kann.

        Man muss auch nicht warten, bis Mutti nichts mehr mitbekommt (und es ist ein Irrtum, das zu glauben....die Feinfühligkeit verstärkt sich eher....).
        Im Gegenteil....Zuhause ist sie alleine, vereinsamt und wird nicht nach den ihr verbleibenden Fähigkeiten gefordert. Dies ist
        in einer geeigneten Unterbringung ganz anders.
        Gemeinschaft ist besonders wichtig, weil sie auch unseren Urinstinkten entspricht und Sicherheit und Wärme gibt. Also, genau den Ängsten entgegenwirkend unsere im Grunde ihres Wesens verunsicherten Lieben beruhigt.

        Ihr seid in guter Gesellschaft mit über einer Million anderer Menschen in Deutschland, die sich ähnlich fühlen und befinden.

        Liebe Antje, der Umgang mit der Realität, in der die Mutti so ist.....Visionen :-) Je öfter du übst, desto einfacher wird es dir fallen. Natürlich ist das gewöhnungsbedürftig und ich fühle noch gut, wie stark der Einschnitt war, einen klar denkenden Menschen, der ein Leben lang wusste, was er tat, immer seltener nicht mehr mit Fakten erreichen zu können. Deine Mutti kann nicht mehr umdenken, aber ihr Töchter und dazu wünsche ich euch Mut, Kraft und Fantasie :-)

        Vielleicht interessiert dich auf dem langen Weg die Teilnahme an einer geschlossenen Mailingliste für Angehörige, mit dem Vorteil, das sie keines örtlichen Treffens bedarf und 24 Stunden für Fragen und Sorgen offen ist ?
        http://www.alzheimerforum.de/mailing/listen.html

        Liebe Grüsse
        Auguste,
        die ein Mitglied und ehrenamtliche Helferin der AAI ist und selbst eine Mutti mit AD begleitet hat.

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        • RE: Wie reagiere ich richtig?


          Liebe Auguste, liebe Antje

          Ich bin zurzeit in der Situation, welche Du Auguste beschreibst, meine Mutter stützt sich ganz auf mich, ist total verzweifelt und sagt ihr ganzes Leben stürzt ein. Manchmal weiss ich nicht, ob ich persönlich dies heil überstehe, denn es tut so weh... Sie klammert sich an mich und baut auf mich, sie weiss, dass ich sie nie im Stich lassen werde, doch ich kann diese Verzweiflung beinahe nicht mehr ertragen. Ich muss dann einfach auch nur noch weinen.... und sollte doch stark sein.

          Alles Liebe für Euch,
          herzlichst
          Core

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          • RE: Wie reagiere ich richtig?


            Hallo Core,

            ist das die letzten vier Wochen passiert ?
            Was macht die Eifersucht von Mama ?

            Mich interessierts.

            Lieben Gruss
            A.

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            • RE: Wie reagiere ich richtig?


              Liebe Auguste
              Ja, dies ist jetzt in letzter Zeit so geworden. Die Eifersucht, resp. es ging immer wieder um ein und dasselbe Ereignis (welches so gar nicht stattgefunden hat!). Ich habe dann dem Spezialarzt angerufen, mit ihrem Einverständnis. Sie hatten dann ein Gespräch und das war nicht dies, was meine Mutter erwartet hatte....darauf hat sie mich angerufen und gesagt: "jetzt ist alles aus". Nun hat sie andere Tabletten und ist somit ruhig gestellt, aber geklärt ist nichts. Manchmal habe ich das Gefühl, jemand sollte mit ihr die ganze Vergangenheit aufarbeiten. Es sind nicht einfach nur Wahnvorstellungen sondern wie Du weiter oben geschrieben hast, sie reagiert sehr, sehr sensibel auf alles, es vermischt sich und sie zieht Bilanz über ihr Leben, auch über alles was nicht gut gelaufen ist.
              Herzlichen Dank für Deine Anteilnahme.
              Ich wünsche Dir einen schönen Tag, herzlichst Core

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              • RE: Wie reagiere ich richtig?


                Liebe Auguste,
                vielen Dank für deine Anwort. Es tut sehr gut diese Hinweise zu bekommen und so mit jemandem "sprechen" zu können, der einem ein gutes Stück voraus ist. Danke daher auch für den Hinweis auf die Mailingliste.
                Ja, wir werden wohl weiter daran arbeiten müssen unsere Mutti aus ihrer Isolation zu holen. Leider war sie nie sehr kontaktfreudig, was jetzt natürlich nicht besser wird. Der Widerstand gegen irgendwelche Gruppenaktivitäten ist sehr groß und sie fühlt sich dann durch uns krank gemacht und in eine Ecke gedrängt. Aber, wie du schon sagst, steter Tropfen höhlt den Stein. Vielleicht sollten wir doch mutiger sein.
                Liebe Grüsse
                Antje

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                • RE: Wie reagiere ich richtig?


                  Liebe Antje,

                  es werden sich Lösungen finden. Nicht immer die, an die man so dachte, aber man findet welche.

                  Euere Mutter hat diesbezüglich grosse Ähnlichkeiten mit meiner. Ich hatte die Wahl, sie mir permanent auf den Bauch zu binden, ohne selbst Luft zum Atmen zu haben oder darauf zu bestehen, das jetzt Tagespflege dran ist bzw. mein privater Engel sie mir stundenweise abgenommen hat.
                  Allerdings nicht auf dem Wege des Diskutierens,
                  sondern der fertigen Tatsache.
                  Siehe da, das ging auch :-)...die Angst alleine zu sein, war grösser.....

                  Mut ist gut. Es gibt keinen Grund ihn nicht zu haben.

                  Lieben Gruss
                  A.

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