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Psychoterror

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  • Psychoterror

    Die Überschrift scheint zwar etwas überzogen, aber im Moment empfinde ich es so, weil ich mir kaum zu helfen weiß. Meine Mutter ist seit ca. 2,5 Jahren "auffällig", war bisher aber noch nicht bei einem Neurologen, wie mir die Hausärztin empfohlen hat, weil meine Mutter im festen Glauben ist, dass ihr nichts fehlt. Seit einigen Monaten leidet sie unter extremen Orientierungsschwierigkeiten, vermischt auch häufig Vergangenheit und Gegenwart. Da wir beide in derselben Wohnanlage mit getrennten Wohnungen wohnen, kann ich immer nach ihr sehen und mich um sie kümmern. Sie - die früher eine perfekte Hausfrau war - macht jetzt kaum noch etwas. Immerhin wäscht und kleidet sie sich allein, das Duschen gestaltet sich schon schwieriger. Für alles andere sorge ich: Essen, Sauberkeit der Wohnung, Tabletten für ihr Herzkrankheit, Termine etc.. Bis um die Mittagszeit verhält sie sich eigentlich normal, beteiligt sich noch an Alltagsgesprächen und spült auch schon einmal einen Teller ab, obwohl wir eine Spülmaschine haben. Neuerdings wird es ab nachmittags schwierig, denn dann will sie unbedingt "nach Hause". Sie ist der festen Überzeugung, dass ihr Zuhause nur zwei Straßen weiter ist, aber bisher hat ihr immer das schlechte Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wenn sie ihr Zuhause meint, dann ist es das mit ihren Eltern und Geschwistern, die alle nicht mehr leben. Meine Mutter ist mit 89 die Jüngste. Sie kommt dann in meine Wohnung und beginnt auf mich einzureden, dass ich ihre Schwester anrufen soll, die sie abholen wird. Wenn ich ihr sage, dass ich die Nummer nicht habe, wird sie böse und fängt an, laut zu schimpfen und zu schreien. Gleichgültig, was ich mache, ob ich ihr die Wahrheit sage oder irgendwelche Ausflüchte suche, sie redet auf mich ein und macht regelrecht Terror, dass ich Angst habe, die Nachbarn bekommen das mit. Ich flüchte dann in ihre Wohnung und hoffe, dass ich eine Zeitlang meine Ruhe habe. Es kann sein, dass sie sich erst nach Stunden wieder beruhigt und alles vergessen hat. Mein Problem ist auch, dass sie sich nicht mehr richtig beschäftigen kann. Sie nestelt ständig und stundenlang in ihren diversen Handtaschen herum und liest immer und immer wieder alte Rechnungen, Bankauszüge, Briefe, die schon Jahre alt sind und nichts mehr bedeuten. Für ihren Haushalt und saubere Kleidung hat sie keinen Blick mehr. Was mache ich nur?


  • Re: Psychoterror


    Liebe Diandra!

    Ich sehe zunächst nur die Möglichkeit, dass Sie die Hausärztin verstärkt ins Boot holen. Sie sagen, sie hat Ihnen empfohlen, einen Neurologen auszusuchen. War ihre Mutter dabei?
    Am besten wäre es, wenn sich die Ärztin beim nächsten Check was Passendes einfallen lässt, ohne gleich mit der Diagnose Demenz zu drohen und eine Überweisung zum Neurologen zur "Abklärung" mitgibt. Es sollte möglichst wie eine normale Empfehlung wirken, so dass Ihre Mutter innerlich nicht unter Druck kommt. Könnte ja auch sein, dass die Demenz, von Durchblutungsstörungen oder zu wenig Trinken (!) kommt. Falls es eine krankhafte Demenz ist, kann der Neurologe noch gute Medikamente und Therapien verschreiben, die meist nach einigen Wochen und Monaten ein gute Wirksamkeit entfalten, so dass Aussicht besteht, dass es Ihrer Mutter besser gehen könnte. Allerdings genügen die Medikamente nicht. So wie Sie es beschreiben, wird es sicher so kommen, bzw. es ist ja schon jetzt so, dass Ihre Mutter intensive Alltagsbetreuung braucht.

    Es ist auf jeden Fall wichtig, die Mutter nicht zu verurteilen für ihr Benehmen - sie kann nicht anders und macht es nicht absichtlich. Sie werden sie auch nicht ändern können. Sie können ihr nur Ihre Zuneigung signalisieren und versuchen, Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln.

    Sie empfinden es als Psychterror, weil Sie ja überfordert sind. Jedoch Ihre innere Angespanntheit überträgt sich auf Ihre Mutter.
    In so einem Fall muss man sich überlegen, was man selber leisten kann und will. Denn man kann so einen schweren Betreuungsjob nur gut machen, wenn man das Leben annimmt, was man dann führen muss. Es bedeutet im Grunde, dass man sehr viel von seinem eigenen Leben aufgeben muss. Wenn man gerne dazu "Ja" sagt, kann es sogar sehr erfüllend sein. Wenn man das aber nicht kann, ist es besser, zu überlegen, wie man die Betreuung anders regeln kann.
    Auch wenn Ihre Mutter in einem Heim oder betreuten Wohnen wäre, könnten Sie ja noch sehr viel für sie tun.

    So wie Sie es beschreiben, ist auf jeden Fall fachmännische Hilfe notwendig. Vielleicht finden Sie auch in der Nähe eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit einer Demenzkrankheit - dort bekommt man gute Tipps und fühlt sich meist auch verstanden.

    Berichten Sie uns doch weiter.
    Alles Gute.
    LG, Eva Franziska



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    Mein Steckbrief (Stand September 2010): Mutter, 86, betreut von mir (Tochter), 52, selbstständig. Keine weiteren Verwandten; Wohnen im selben Haus; Schweregrad: Anfang mittleres Stadium; Verstärkte Auffälligkeiten seit zirka 2006 nach Narkose wegen Arm-OP. Therapie nach Diagnose seit August 2009: Citalopram 20mg, Aricept 5mg, 2x/Woche Krankengymnastik wegen Gang-Ataxie; 1x/Woche tiergestützte Ergotherapie mit Hirnleistungstraining; 1x/Woche Begeitung bei kurzen Spaziergängen mit Gesprächaustausch (diese Dame begeleitet meine Mutter auch zur Physiotherapie und singt oft danach noch mit ihr). Ich versuche hauptsächlich mit Hilfe integrativer Validation (Nicole Richard) die Grundstimmung zu stabilisieren.

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    • Re: Psychoterror


      Vielen Dank für Ihre Antwort, die mir wirklich sehr hilft. Im Moment sitzen wir vor dem Fernseher und schauen uns eine Karnevalssendung an. Sie ist ganz heiter und vergnügt, ihr "Zuhause" hat sie ganz vergessen. Ich versuche mich schon auf sie einzustellen und sorge auch dafür, dass sie genug trinkt, aber manchmal vergesse ich das. Ich bin berufstätig und bin auch nicht perfekt. Bisher war es immer noch so, dass sie über längere Zeit in ihrer Wohnung blieb und ich mich darauf verlassen konnte, dass sie "nichts anstellt". Nur in letzter Zeit wird dieser Drang, "nach Hause" zu wollen, immer stärker und ich habe Angst, dass sie eines Tages einfach loszieht und ich sie suchen muss. Aber bisher ist sie immer noch davor zurückgeschreckt, weil sie auch nicht genau wusste, wohin sie jetzt gehen sollte. Sie war übrigens nicht dabei, als mir die Ärztin den Neurologen empfahl. Ich werde noch einmal mit der Ärztin sprechen. Es wäre großartig, wenn man ihr mit den richtigen Medikamenten helfen könnte, da ich leider gesundheitlich auch nicht so auf der Höhe bin und mit meinen Kräften haushalten muss. Verwandtschaft haben wir leider nicht in der Nähe, aber wenn es wirklich einmal so weit sein sollte, werde ich mich an Selbsthilfegruppen o.ä. wenden.

      Vielen Dank für Ihren Rat!

      Herzliche Grüße

      Diandra

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      • Re: Psychoterror


        Liebe Diandra

        So, wie Sie Ihre Mutter beschrieben haben, könnten Sie auch meine Mutter beschrieben haben. Wir hatten das auch alles: den brachliegenden Haushalt, die Vernachlässigung der Sauberkeit (Duschverweigerung, Weigerung, die Wäsche zu wechseln), die Unfähigkeit, sich mit etwas zu beschäftigen, außer ziellosem Kruschen und ja, den dringenden Wunsch, "nach Hause" zu ihren Eltern und Geschwistern zu fahren.
        Meine Mutter lebt seit knapp einem Jahr in einem Pflegeheim, wo sie sich im Grunde sehr wohl fühlt, aber den Wunsch "nach Hause" zu fahren, hat sie dort genauso, wie sie ihn schon in ihrer Wohnung hatte.
        Bei meiner Mutter funktioniert es immer ganz gut, wenn ich sage, sie solle doch mal überlegen, wie alt sie denn selber schon sei, und wie alt ihre Eltern dann schon wären. Dann fällt ihr wieder ein, dass sie schon 81 ist, und kann dann akzeptieren, dass ihre Eltern schon nicht mehr leben. Ich muss ihr dann jedesmal genau erläutern, dass sie ganz sicher auf deren Beerdigung gewesen ist, und dass sie sie auch zu Lebzeiten oft besucht hat. Dann beruhigt sie sich wieder, wir gehen eine Runde spazieren und wenn wir zurückkommen, sind wir wieder "zu Hause". Leider nimmt sie diese Argumentation dem Heimpersonal nicht ab. Wenn's ganz schlimm ist, rufen die mich aber an und ich kann das dann auch schon mal telefonisch mit meiner Mutter klären.
        Ich gehe auch öfter zum Friedhof mit meiner Mutter, wir stellen Blumen aufs Grab, zünden Kerzen an und lesen die Inschriften. Ich hatte gedacht, dann würde sich das auch ein bisschen besser einprägen, aber ich glaube, das hilft eher nichts, denn am Sonntag hat sie auf dem Rückweg bedauert, dass wir ihre Eltern nicht zum Friedhof mitgenommen haben...

        Ich wünsche Ihnen viel Kraft und gehen Sie unbedingt zum Neurologen mit Ihrer Mutter.

        Liebe Grüße

        Lela12

        Kommentar



        • Re: Psychoterror


          Liebe Lela,

          vielen Dank für Ihre Antwort und Ihre Unterstützung. Es tut gut zu wissen, dass man nicht allein ist. Das mit dem Neurologen ist eine ganz schwierige Sache, denn meine Mutter ist felsenfest davon überzeugt, dass ihr nichts fehlt.
          Sie fühlt sich im Grunde wohl, wenn nur dieser Drang, "nach Hause" zu gehen, sie nicht ständig überkommen würde. Ich hoffe nur, dass sie nicht eines Tages loszieht und ich sie suchen muss, weil sie die Orientierung verloren hat. Da ich nur halbtags arbeite und sie lange schläft, kann ich sie per Telefon "bei Laune" halten (Frühstück und Warmhaltekanne mit Kaffee stehen auf dem Tisch). Mittags koche ich oder bringe etwas Fertiges mit. Nachmittags nehme ich sie in meine Wohnung, dort sieht sie fern (ich habe einige Sendungen mit André Rieu aufgenommen, die sie sich schon -zigmal angesehen hat, aber sie liebt seine Konzerte heiß und innig - ein Segen, dass es sie gibt! So ist sie abgelenkt und sehr glücklich. Oftmals kommt sie singend zu mir ins Arbeitszimmer - wir können auch herrlich miteinander herumalbern und lachen!).
          Ich hoffe, dass ich sie so noch eine Weile bei mir behalten kann, aber wenn sie dann laut anfängt zu weinen und zu klagen, weil sie glaubt, jemand habe ihr Kleidung aus dem Schrank genommen, oder laut schimpfend Dinge aus dem Kleiderschrank entfernt, weil die ihr angeblich nicht gehören, wird es wieder schwierig.
          Ich muss mich auch daran gewöhnen, dass ich nicht ihre Tochter bin, sondern ihre Jugendfreundin oder Schwester. Wenn ich ihr sage, dass sie meine Mutter sei, weist sie das oft entrüstet von sich. Das mit dem Argumentieren funktioniert bei ihr nicht wirklich. Wenn ich ihr vor Augen führe, dass ihre Mutter über 120 Jahre alt sein müsste, meint sie ablehnend, ich solle "doch nicht so reden". Sie bleibt dabei und behauptet unbeirrt, dass ihre Eltern und Geschwister nur einige Häuser weiter wohnen und dass ich doch die G. anrufen soll, damit sie sie abholt. Oftmals bedrängt sie mich regelrecht, ich hätte doch die Nummer etc.. Ich weiß dann schon gar nicht mehr, was ich sagen soll. Sie ist dann böse auf mich und meint, ich verhalte mich absichtlich so.
          Wenn ich Glück habe, hat sie diesen Nach-Hause-Wunsch dann wieder zeitweise vergessen.
          In den letzten beiden Jahren war ich sogar noch in Urlaub mit ihr, an der Ostsee. Aber ich glaube, das hat jetzt keinen Zweck mehr, denn ihre Orientierungsprobleme sind größer geworden. Bei jedem Urlaub gab es einmal ein sehr negatives Erlebnis, wo sie auch laut anfing zu schreien, weil ich sie angeblich davon abhalten wollte, nach Hause zu gehen. Sie ist auch schon auf den Hotelflur gelaufen und hat an Türen gerüttelt, weil sie meinte, ihre Mutter sei dort. So ein negatives Erlebnis hatte ich jeweils immer nur einmal pro Urlaub mit ihr, Dauer vielleicht 2-3 Stunden, aber doch so gravierend, dass ich mir jedes Mal geschworen habe, nicht mehr mit ihr in den Urlaub zu fahren. Dabei ist es sonst ganz schön und ich genieße die Tage - auch mit ihr - wirklich! Vielleicht könnte man mit entsprechenden Medikamenten diese "Ausfälle" verhindern oder lindern, aber dafür müsste ich sie erst einmal zu einem Neurologen bekommen, was sie aber absolut nicht will.
          Bin etwas ratlos!

          Liebe Grüße

          Diandra

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          • Re: Psychoterror


            Liebe Diandra,
            das ist ja fantastisch, wie Sie Ihre Mutter betreuen.
            Wenn Ihre Mutter 89 ist und seit 2,5 Jahren auffällig ist, ist es wahrscheinlich eher eine sogenannte Demenz mit spätem Beginn, das heisst, diese Form verläuft meist milder und langsamer. Wäre ja schön, wenn medikamentös noch etwas zu machen wäre. Ich sehe bei meiner Mutter dadurch eine Stimmungs- und Auffassungsverbesserung, die Hilflosigkeit im Alltag ist aber nur durch die Rundumbetreuung aufzufangen. Auch braucht sie den seelischen Beistand.

            Hier schreibt Petra H. davon, dass es Neurologen gibt, die ins Haus kommen. Zitat:
            "Da meine Mutter derart störrisch war, daß nicht einmal das funktioniert hat, habe ich folgendes gemacht:
            Wir leben in Stuttgart, dort gibt es den "Bürgerservice Leben im Alter". Das ist eine Beratungsstelle, die es in jedem Stadtteil gibt (in den Bürgerbüros auf dem Rathaus) und die zu allen Fragen des Alters beraten. Angefangen von Nachbarschaftshilfe über Menüzubringerdienste (Essen auf Rädern) , Tagespflege, Betreutes Seniorenwohnen, Pflegeheime und ambulante Pflegedienste, Rehabilitationsmöglichkeiten, Selbsthilfegruppen bis hin zu Leistungen der Pflegekassen und Sozialämter.
            So etwas gibt es bei Ihnen vielleicht auch. Das wäre dann zumindest eine Anlaufstelle für später, wenn es um organisatorische DInge geht.
            Dort hat man mir aber den guten Tip gegeben, daß es eine gerontopsychiatrische Beratungsstelle gibt, die alte Menschen in ihren Wohnungen betreut, die niemanden mehr haben. Hier in Stuttgart nennen die sich "GerBera". Bei Ihnen heißt das vielleicht anders. Ich habe dort einem erfahrenen Sozialarbeiter das Problem geschildert. Er kam dann einmal pro Woche, stellte sich als "Vertreter der evangelischen Kirche" vor (was nicht falsch war; denn GerBera wird speziell in diesem Stadtteil von der Kirche getragen), der nach alten Menschen schaut, ob es ihnen gut geht. Nach einigen Wochen wollte er dann eine Psychologin mitbringen bzw. später auch einen Neurologen. Es gibt Neurologen, die Hausbesuchen machen in solchen Fällen. Diese Beratungsstellen haben die entsprechenden Kontakte."
            Aus:

            Vielleicht wäre das ein Weg? Übrigens, ein guter Neurologe kümmert sich auch um den Angehörigen!

            LG, Eva Franziska



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            Mein Steckbrief (Stand September 2010): Mutter, 86, betreut von mir (Tochter), 52, selbstständig. Keine weiteren Verwandten; Wohnen im selben Haus; Schweregrad: Anfang mittleres Stadium; Verstärkte Auffälligkeiten seit zirka 2006 nach Narkose wegen Arm-OP. Therapie nach Diagnose seit August 2009: Citalopram 20mg, Aricept 5mg, 2x/Woche Krankengymnastik wegen Gang-Ataxie; 1x/Woche tiergestützte Ergotherapie mit Hirnleistungstraining; 1x/Woche Begeitung bei kurzen Spaziergängen mit Gesprächaustausch (diese Dame begeleitet meine Mutter auch zur Physiotherapie und singt oft danach noch mit ihr). Ich versuche hauptsächlich mit Hilfe integrativer Validation (Nicole Richard) die Grundstimmung zu stabilisieren.

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            • Re: Psychoterror


              Liebe Diandra

              Ich musste schmunzeln, als Sie den Alltag mit Ihrer Mutter beschrieben haben. Unsere beiden Mütter könnten wirklich Schwestern sein! Auch meine Mutter liebt André Rieu über alles und auch ich war über längere Zeit ihre "Schwester". (Interessanterweise bin ich seit dem Umzug ins Heim wieder ihre Tochter). Und da sie alles, was ihr irgendwie wichtig ist, versteckt, und das natürlich nach 1 Minute völlig vergessen hat, beklagt sie sich auch andauernd, dass man ihr Sachen aus dem Schrank entwendet habe.
              Ich konnte meiner Mutter manches mit "Vorsorgemaßnahmen" der Krankenkasse erklären, so auch einmal einen Besuch beim Neurologen, als sie gar nicht einsehen wollte, warum wir da hingehen sollen. Auch das mit dem Duschen hat erst geklappt, als ich ihr am Vorabend des MDK-Besuchs zur Pflegeeinstufung erklärt habe, dass morgen jemand von der Krankenkasse käme, der überprüft, ob die Über-80-Jährigen auch gut versorgt sind, und dass ich als ihre Tochter furchtbare Schwierigkeiten bekäme, wenn sie nicht geduscht sei. Dieses Argument konnte ich danach noch mehrmals verwenden. Vorher hatte sie sich so gut wie immer geweigert, zu duschen.
              Auch bei meiner Mutter hat die Demenz erst relativ spät eingesetzt (so etwa mit 76 Jahren) und hat einen sehr langsamen Verlauf genommen (sie wird dieses Jahr 82). Der Neurologe hat einen Alzheimer Typ 1 diagnostiziert. Sie wird seit ca. 1 1/2 Jahren mit Reminyl behandelt. Das verträgt sie sehr gut, es hat vor allem ihre Stimmung verbessert (sie hatte vorher jahrzehntelang unter milden Depressionen gelitten, denen leider mit Medikamenten nicht so recht beizukommen war). Im Gegensatz zu manchen anderen Alzheimer-Medikamenten, die die Sturzgefahr erhöhen (ich sehe das bei anderen Heimbewohnern), scheint Reminyl das nicht zu machen. Meine Mutter ist körperlich fit wie ein Turnschuh!
              Ich kann Ihnen auch nur sehr empfehlen, sich an die sozialpsychiatrische Beratungsstelle, die für Sie zuständig ist, zu wenden. In unserer Gemeinde gibt es auch eine ganz spezielle Seniorenberatung. Auch dort bekommt man sehr gute Tips und Unterstützung (z.B. bei der Beantragung der Pflegestufe). Ausserdem hat es mir sehr gut getan, für meine Probleme Fachleute an meiner Seite zu wissen. Ich bin denen sehr dankbar - allein schon für das "offene Ohr", das sie immer hatten.

              Was ich noch fragen wollte:
              Wenn Ihre Mutter darauf besteht, dass ihre Eltern gleich um die Ecke wohnen, gehen Sie dann mit ihr los, um dort nachzuschauen? Und wie reagiert sie darauf? Bei meiner Mutter hilft ein Spaziergang immer recht gut, weil man am Ende des Spaziergangs ja immer "nach Hause" kommt. Wir waren auch immer mal wieder dort, wo sie aufgewachsen ist. Sie akzeptiert dann auch ohne Probleme, dass das Haus nicht mehr steht. (Die Erkenntnis hält zwar nicht lange vor, aber für diesen Tag verschafft es ihr offenbar Ruhe).

              Liebe Grüße und weiterhin viel Kraft

              Lela12

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              • Re: Psychoterror


                Liebe Lela,

                vielen Dank für die vielen und guten Tipps. Ich bin sehr froh, dass es dieses Forum und so hilfsbereite Menschen wie Sie gibt. Bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort!

                Was die Spaziergänge anbetrifft, so waren wir in letzter Zeit nicht so viel unterwegs. Wenn wir dann wirklich losgehen, dann hat meine Mutter ihr "Zuhause" meist auch wieder vergessen. Einmal aber tat sie mir wirklich leid, als wir an "fremden" Häusern vorbeigingen und sie ihr Elternhaus suchte (welches aber in Wirklichkeit in Ostpreußen steht). Sie meinte, "hier müsste es doch sein", aber ich konnte die Enttäuschung nur lindern, indem ich sie ablenkte und ihr sagte, dass wir ja "morgen noch einmal gucken können". Aber sie kann schon manchmal recht unangenehm werden, wenn wir vom Einkaufen mit dem Auto zurückkommen und sie darauf besteht, dass ich sie "zu Hause" absetze. Wenn ich sie in ihre Wohnung bringe, sträubt sie sich vielleicht noch etwas, bis sie dann die vertrauten Einrichtungsgegenstände sieht und ich sie auch wieder eine Weile allein lassen kann. Ich versuche mich in sie "hineinzudenken" und am glücklichsten ist sie, wenn ich sie zu mir in die Wohnung hole und wir Zeit miteinander verbringen oder sie ihre geliebte Rieu-Musik hören kann. Diese räumliche und zeitliche Desorientierung ist schon herzzerreißend. Obwohl sie schon über zehn Jahre in derselben Wohnanlage wohnt, ist sie immer wieder komplett überrascht zu hören, dass ich auch eine Wohnung hier habe. Ständig fragt sie mich, wie es "der Mutter" gehe oder sie fragt nach ihren Schwestern, die allesamt verstorben sind. Wenn ich ihr vorsichtig sage, dass ich die M. heute noch gar nicht gesehen habe, ist sie oft ganz entrüstet und meint, sie sei doch vorhin noch dagewesen. Fast täglich regt sie sich darüber auf, dass ihre Schwestern weggegangen sind und sie einfach zurückgelassen haben: "die sind einfach abgehauen", was natürlich nur ihrer Fantasie entspringt. Oftmals erzählt sie mir "Märchen": Obwohl ich genau weiß, dass sie zu bestimmten Zeiten das Haus nicht verlassen hat, berichtet sie von Unternehmungen und Spaziergängen, die so nicht stattgefunden haben können. Neulich war ich ziemlich erschüttert, als ich von einem Termin in der Stadt zurückkam und sie einige Schritte von der Wohnanlage entfernt antraf. Sie sagte, sie habe "nach Hause" gewollt, hat aber wohl gemerkt, dass sie sich übernommen hat, und war heilfroh, dass sie mich getroffen hatte. Das ist eigentlich meine größte Sorge, dass sie sich allein auf den Weg machen könnte, aber ich kann sie ja nicht einsperren, deshalb rufe ich sie häufig an und versichere ihr per Handy, dass ich zu einer bestimmten Zeit wieder da bin. Manchmal lasse ich ihr auch zur Erinnerung einen großen Zettel mit meinen "Instruktionen" und Zeitangaben zurück, was ihr offensichtlich Sicherheit gibt und sie beruhigt. Ja, es geht im Moment eigentlich nur darum, sie zu beruhigen und ihr Sicherheit zu geben.

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                • Re: Psychoterror


                  Hallo Diandra,
                  habe zufällig heute Ihren " Hilferuf " gelesen.

                  Ich bin selbst fast 10 Jahre in der stationären Pflege als Wohnbereichsleiterin tätig gewesen und jetzt in einer Tagespflege.
                  Ich weiß also, wie Sie sich fühlen, da ich jahrelang die z.T.verzweifelten Angehörigen " beruhigen " mußte. Viele von den Töchtern oder Söhnen der alten Damen und Herren verstehen nicht oder wollen es z.T. auch nicht wahrhaben, daß ihre Eltern -
                  oder Großeltern - in ein Alter gekommen sind, wo sie nicht nur
                  leicht vergesslich werden - sondern dement.
                  Ich selbst habe es am Beispiel meiner geliebten Oma selbst erlebt, wie sich ein Mensch mit Demenz verändert !

                  Manche " alten Leutchen " sind wirklich noch körperlich sehr fit,
                  sodaß man vielen erst im längeren Gespräch, oder wenn man sie
                  länger kennt, anmerkt, daß sie dement sind.

                  Man darf auf keinen Fall mit Aggression, Zorn oder Ungehaltensein
                  reagieren - denn ein Dementer lebt " in seiner eigenen Welt " und
                  möchte akzeptiert werden, so wie er ist - denn er weiß ja nicht, daß er krank ist. Nur im Anfangsstadium der Demenz merken die Betroffenen selbst, daß sie z.B.extrem vergeßlich werden, daß mit ihnen etwas nicht stimmt - und das versuchen die meisten
                  vor Angehörigen oder Fremden zu verbergen. Sie erfinden meist allerlei Ausreden - bis sich die Demenz manifestiert hat.

                  Es gibt heute schon einige Medikamente, welche die Demenz zwar nicht heilen, aber das Anfangsstadium hinauszögern können.
                  Wenn rechtzeitig ein Neurologe aufgesucht wird, kann man dem
                  Menschen mit den richtigen Medikamenten noch länger seine
                  Lebensqualität erhalten.

                  Ist es dagegen schon im fortgeschrittenen Stadium - wie u.U.bei Ihrer Mutter, und der Mensch hat sich aufgrund der Demenz seelisch schon sehr verändert - hält Tochter z.B.für eigene Schwester oder Mutter, aggressives Verhalten, unruhig, nachtaktiv,
                  usw. usf. - da gibt es noch unzählige Symptome - dann kann der Neurologe mit Medikamenten behandeln, welche den Demenzkranken n i c h t ruhigstellen, aber ausgeglichener machen. Der Umgang mit dem Demenzkranken wird dadurch wieder besser. Manchmal müssen Medikamente nach einer Zeit, wenn sie nicht den gewünschten Erfolg bringen, umgestellt werden. Auf keinen Fall darf man aber zulassen, daß Mutter oder Vater " zugedröhnt " werden ! Es gibt auch Bedarfsmittel, welche man dem Demenzkranken verabreicht, wenn er evtl.doch mal wieder sehr unruhig oder aggressiv ist.

                  Ich würde Ihnen raten, dringend beim Hausarzt vorzusprechen - evtl.erst mal ohne Ihre Mutti und ihm die Probleme zu schildern.
                  Er wird Ihnen sicherlich zu einer ÜW zum Neurologen raten.
                  Sagen Sie Ihrer Mutti, wenn sie sich gegen Arztbesuch sträubt -
                  " du mußt Dein Herz mal untersuchen lassen "z.B.
                  Oder Der Arzt kommt - wie bei uns - zum Hausbesuch.
                  Da wird sie sich vielleicht sogar freuen, wenn Besuch kommt.
                  Sie müssen Ihr ja nicht sagen, daß es z.B. der Neurologe ist !

                  Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig helfen und
                  verbleibe mit freundlichen Grüßen !

                  Kommentar


                  • Re: Psychoterror


                    Liebe schildi,

                    auch Ihnen herzlichen Dank, dass Sie sich so viel Zeit genommen haben, mir zu antworten. Ihre Erfahrungen helfen mir sehr, denn das Thema Demenz ist ziemlich neu für mich und ich versuche, viel darüber zu lesen und mich "schlau" zu machen. Das ist richtig, dass man sich mit der geschilderten Veränderung eines geliebten Menschen nur schwer abfinden kann. Zu allem Überfluss hat die Hausärztin meiner Mutter nun auch noch aus Altersgründen ihre Praxis geschlossen und meine Mutter muss sich mit einem neuen Hausarzt "anfreunden". Ich denke, ich werde erst einmal ein Gespräch mit ihm führen, wie Sie vorgeschlagen haben, und sie ihm dann vorstellen. Ich kann nur hoffen, dass es Medikamente gibt, die Mutti etwas von ihrem "Drang" oder auch gelegentlichen Ängsten nehmen. Im Moment ist es so, dass sie eigentlich unentwegt "nach Hause" will, aber nicht weiß, "wo" sie "gehen soll". Sie fragt mich dann immer oder bittet mich ihre (verstorbene) Schwester anzurufen und ich bin wirklich hilflos und kann mich ihrer manchmal kaum erwehren, weil sie so beständig auf mich einredet und mein "Verhalten" übel nimmt. Ich lasse sie dann immer längere Zeit allein in ihrer Wohnung, wenn es geht, und wenn ich "Glück" habe, hat sie ihren "Nachhausedrang" vergessen und wir können uns ein Tässchen Kaffee mit Kuchen gönnen.

                    Vielen lieben Dank noch einmal für Ihre freundliche Unterstützung und schöne Ostertage wünsche ich Ihnen und allen netten Helfern hier im Forum!

                    Lieben Gruß Diandra

                    Kommentar



                    • Re: Psychoterror


                      () Hallo Diandra,

                      vielen Dank für Ihre Antwort - habe gar nicht damit gerechnet.

                      Sie schreiben, Ihre Mutti hat " Drang " u.Ängste - das ist typisch
                      für Demenz.
                      Es gibt aber auch eine Reihe Medikamente, welche sie wieder
                      ausgeglichener machen. Der Hausarzt ist auf alle Fälle auch in der Lage, erst einmal etwas zu verordnen und zu beobachten,
                      wie es wirkt.
                      Wenn er Ihnen aber rät, einen Neurologen einzuschalten, dann
                      zögern Sie nicht ! Jeder Tag, welchen Ihre Mutti ruhiger und nicht so " aufgedreht " verbringen kann, ist kostbar !
                      Neurologen sind auf dem Gebiet der Demenz Fachmänner und
                      werden Ihrer Mutti helfen können. Und damit auch Ihnen, da
                      Sie dadurch dann nicht mehr in ständiger Sorge um Ihre Mutti sein müssen.
                      Allerdings darf man keine Wunder erwarten - Demenz ist nicht
                      heilbar - aber die Begleitsymptome lassen sich lindern !
                      Sie werden merken, daß Ihre Mutti dann nach einiger Zeit - wenn sie Medikamente bekommt - vom Wesen her nicht mehr so unruhig, umtriebig, ängstlich usw. ist - die Vergeßlichkeit allerdings wird bleiben und u.Umständen weiter zunehmen.
                      Es kann auch der Zeitpunkt kommen, wo Ihre Mutti sie fragen wird, wer S i e sind - da sie sie einfach nicht mehr erkennt.
                      Davor haben die meisten Angehörigen Angst -und die meisten wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Man kann es aber lernen.
                      Ich weiß ja nicht, in welcher Gegend Sie wohnen - aber in Großstädten z.B. werden Seminare über Demenz und Alzheimer angeboten, wo sich Angehörige " schulen " lassen können und Rat und Hilfe bekommen. Außerdem gibt es viele Selbsthilfegruppen, in welchen Angehörige Gleichgesinnte zum Reden finden !
                      Apropos - reden Sie auch viel mit Ihrer Mutti - aber weniger über die Gegenwart, sondern über die Vergangenheit - ihre Kindheit, Jugend, frühere Hobbys, über Ihre Zeit als Kind usw. - Sie werden staunen, was da zutage kommt !

                      Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und viel Kraft !
                      Und Ihrer Mutti wünsche ich, daß sie an einen guten Arzt gelangt, welcher ihr helfen kann!

                      Also nochmals Ihnen auch schöne Ostern !
                      Schildi

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