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Demenz / Alzheimer und ständige Aggressionen

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  • Demenz / Alzheimer und ständige Aggressionen

    Guten Morgen...

    seit August 2009 arbeite ich in einem katholischen Alten- und Pflegeheim. Zuerst in der Einzelbetreuung einer "alten" Schwester, dann im Dezember bin ich mit ihr auf eine "beschützende" Station umgezogen. Also auf eine Station, mit (etwas) desorientierten Bewohnerinnen, sogenannten Weglaufgefährdeten.

    Momentan sind dort 10 Bewohnerinnen, 6 Schwestern, 4 Weltliche, allen wurde Demenz diagnostiziert. Bis auf eine sind die Mädelz dort alle wirklich superlieb, meistens fröhlich, freundlich und auch sehr anhänglich. Ich arbeite sehr gerne dort und mit den Damen.

    Aber jetzt zu meinem Thema. Vor ca. einem Monat kam eine neue Schwester, 84, als Bewohnerin auf diese Station. Sie gehört zu einem anderen, wesentlich strengeren, Orden, als die unsrigen Schwestern. Man hatte ihr vor einigen Jahren Demenz attestiert und war, bevor sie zu uns kam, einige Monate in der Psychiatrie.
    Seit eben Sr. S. bei uns ist, hat sich die Gruppenstimmung ganz drastisch verändert.

    Zwar weiß ich natürlich, dass, wie wir alle, auch Demenzerkrankte mal einen schlechten und ggf auch aggressiven Tag haben und/oder aggressive Schübe, wenn ihnen was nicht so rausgeht, wie sie wollen.

    Aber diese neue Schwester ist nur aggressiv ihren Mitbewohnerinnen und auch uns gegenüber. Sie fühlt sich laufend durch die anderen Frauen gestört, belästigt, hintergangen, weggestossen, benachteiligt, unterbuttert und so weiter. Egal was ist, sie versucht ihre Mitbewohnerinnen, vorzugsweise die Mitschwestern, zu schlagen, ihnen ein Bein zu stellen, packt sie, hält sie fest, schreit sie an etc. Aufgrund ihrer "Masse" (ca. 120 kg) und ihrer Kraft schafft sie es auch meistens, dass eine der Schwestern vor ihr kapituliert.

    Auf der anderen Seite heult (und es ist wirklich heulen) Sr. S. fast laufend, weil sie sich ständig benachteiligt fühlt, sie Angst hat nichts zu Essen und zu Trinken zu bekommen, weil sie auch sieht, dass man sich auch mit den anderen Bewohnerinnen beschäftigt.

    Man möchte sie gerne mit einbinden, sie integrieren, denn wir alle denken eigentlich, dass sie gar nicht so übel ist. Und aufgrund ihres Lebenslaufes wissen wir, dass sie eigentlich eine liebevolle Familie um sich braucht, was sie nie hatte, diese Station aber leisten könnte. Doch jeden Annäherungsversuch lehnt sie drastisch, teilweise mit Schreiereien und Schlägen, ab.

    Momentan wird überlegt, ob man sie nicht für eine Weile wieder zurück in die Psychiatrie gibt, um sie medikamententechnisch neu einzustellen...aber es ist noch nicht genehmigt und, da sie Nonne ist, ist es auch fraglich, ob überhaupt.

    Hat jemand hier vielleicht eine Idee, wie man ihr momentan jedenfalls den "aggressiven" Wind etwas aus den Segeln nehmen könnte? Wir Pflegerinnen kommen damit klar, aber eben die anderen Bewohnerinnen nicht. Und ich möchte eigentlich dieses familiäre Flair, das auf dieser Station herrscht, gerne beibehalten. Und sie hätte es auch verdient, zur Ruhe zu kommen.

    Schonmal danke...war ein langer Text und ist lange nicht ausführlich.

    Grüße
    Sr. Tankredis


  • Re: Demenz / Alzheimer und ständige Aggressionen


    Liebe Sr. Tankredis,

    so auf die Entfernung ist es schwierig, Tipps zu geben, denn einen Menschen kann man ja aufgrund von ein paar Zeilen gar nicht erfassen.

    Können Sie irgendeine Gabe bei ihr entdecken, wo man anknüpfen könnte? Mir fallen so Sachen ein, wie z.B. ein Glas zu öffnen, was sonst keiner aufbekommt - wenn sie so eine Kraft hat ... etwas, was man sie fragen könnte, so das sie das Gefühl hat, etwas geleistet zu haben.

    Ich frage mich, ob das ungewöhnlich agressive Verhalten auch mit einer Medikamentengabe zusammenhängt. Hört sich teilweise an wie ein Verfolgungswahn. Könnten Sie Informationen von der Psychiatrie bekommen? Was raten die?

    Oder schreiben Sie doch noch etwas mehr über die Patientin, vielleicht hat jemand eine Idee. Was hat sie früher genau gemacht? Ist sie noch beweglich? Interessen? Liest sie? Mag sie Gesellschaftspiele? Singen? Wie regiert sie auf Tiere? Die sind oft Türöffner für Menschen, die sonst ihre Gefühle nicht mehr richtig ausdrücken können. Bestellen Sie doch einmal jemanden, der mit Tieren und alten Menschen arbeitet.

    Ich hoffe, Sie finden eine Lösung.
    Alles Gute für Ihre Gemeinschaft,
    LG, Eva Franziska




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    Mein Steckbrief (Stand Januar 2010): Mutter, 86, betreut von mir (Tochter), 52, selbstständig. Keine weiteren Verwandten; Wohnen im selben Haus; Schweregrad: Anfang mittleres Stadium; Verstärkte Auffälligkeiten seit zirka 2006 nach Narkose wegen Arm-OP. Therapie nach Diagnose seit August 2009: Citalopram 20mg, Aricept 5mg, 1-2x/Woche Krankengymnastik wegen Gang-Ataxie; 1x/Woche tiergestützte Ergotherapie mit Hirnleistungstraining; 1x/Woche 2Std. Betreuung (über Betreuungsgeld) durch eine befreundete Ergotherapeutin mit Austausch über verschiedene Lebensthemen. Ich versuche hauptsächlich mit Hilfe integrativer Validation (Nicole Richard) die Grundstimmung zu stabilisieren.

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    • Re: Demenz / Alzheimer und ständige Aggressionen


      Liebe Sr.Tankredis,
      mein Rat wäre - ähnlich wie Franziska es empfiehlt - die Patientin mehr auszulasten: einmal durch viel Bewegung (gibt es einen geschützten "Freilauf" oder Park, wo man sie laufen lassen könnte?) Vielleicht könnte man auch etwas mit Tanz oder Gymnastik (Ballspiel) versuchen. Dann wäre es wichtig, an frühere Tätigkeiten der Patientin anzuknüpfen und sie "sinnvoll" zu beschäftigen. Das könnten Küchentätigkeiten sein oder Wäsche falten oder etwas aus und einräumen, etwas beseitigen (Zeitschriften,Altpapier). Vielleicht können Sie herausfinden, was die Aufgabe der Patientin in ihrem früheren Orden war und daraus ggf. eine Beschäftigung konstruieren. Spielt sie vielleicht ein Instrument? Kann sie noch singen? Ich habe oft die Beobachtung gemacht, dass Musik und Musizieren eine beruhigende und ausgleichende Wirkung hat. Was die Gemeinschaft angeht, so sehe ich es als schwierig an, die "zornige" Dame zu integrieren. Leider ist es insgesamt schwierig, demenzkranke Menschen zu sozialem Miteinander zu bewegen. Der Einzelne fühlt sich den vermeintlich Kranken gegenüber meist gesund und überlegen und will nichts mit ihnen zu tun haben. Die Verkennung der eigenen Situation gehört ja zur Krankheit dazu. Ich wünsche Ihnen viel Geduld und Erfolg in Ihrem Bemühen.
      Herzlichst Leona

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