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Demenz und Krankenhaus

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  • Demenz und Krankenhaus

    Hallo, ich bin neu in diesem Forum. Bin 55 Jahre alt und habe am 31.5.08 meinen Mann verloren. Das nur, um vielleicht zu erklären warum ich im Umgang mit Krankenhäusern so empfindlich bin. Meine Mutter lebt seit 6 Jahren im Altenheim und leidet an Demenz. Sie hat die Pflegestufe III und kann nicht mehr sprechen, eigenständig essen bzw. mit Besteck, sie ist mit den Fingern. Jetzt ist meine Mutter im Altenheim gestürzt und hat sich den Unterarm mehrfach gebrochen. Am Dienstag wurde sie operiert. Was mich so fertig macht ist das Pflegepersonal im Krankenhaus. Es kann doch nicht sein, dass sobald meine Mutter nicht mehr im Altenheim ist, kein Mensch sich mit ihrer Krankheit auskennt. Als Beispiel fragt eine Schwester, ob eine Mutter klingeln kann. Meine Antwort, sie weiß weder was eine Klingel ist, noch kann sie rufen wenn ihr irgend etwas fehlt. Man stellt ihr eine Schnabeltasse auf den Tisch, aber meine Mutter nimmt sie nicht. Man muß ihr die Tasse in die Hand geben, dann trinkt sie. Die Krönung ist der Pfleger. Er hat vorgestern behauptet meine Mutter wäre frech. Ich, meine Mutter ist krank und die Liebste auf der Welt. Er, ********* war noch das harmloseste Wort, das ihre Mutter gesagt hat. Ich, nehmen sie es nicht persönlich. Meine Mutter ist krank und würde, wenn sie gesund wäre, nie so etwas sagen. Er, ja aber da sieht man ja wie sie im Unterbewußtsein ist. Es kann doch nicht sein, dass man solchen Menschen ausgeliefert ist. Was soll ich nur tun. Bis Mitte der Woche muß meine Mutter wohl noch da bleiben. Wird das Personal im Krankenhaus nicht mit dem Umgang von Demenzkranken geschult? Sein Wissen ist, ja das Langzeitgedächtnis, das ist ok. Aber sonst vergessen die alles. Mich macht das alles fertig. Vor allen Dingen, wenn man nicht weiß was passiert, wenn man wieder weg ist. Das mußte ich jetzt mal loswerden. Viele Grüße


  • Re: Demenz und Krankenhaus


    Hallo!

    ich bewege mich nur noch sporadisch in diesem Forum, weil ich selten medizinische Fragen habe, aber ich lese gelegentlich noch mit. Wenn ich aber solche Berichte wie Ihren sehe, dann juckt es mich in den Fingern, etwas dazu zu schreiben - ganz einfach deshalb, weil ich durch den längeren Klinikaufenthalt meiner demenzkranken Mutter vor fast drei Jahren einiges dazu sagen kann. Heute lebt meine Mutter noch alleine zuhause, wird aber durch mich intensiv betreut (bin nur tagsüber für einige Stunden weg zur Arbeit).

    Ich kann Sie so gut verstehen und ich kann auch Ihren Ärger und Ihre Verzweiflung nachempfinden. Meine Mutter kam durch Schenkelhalsfraktur in eine Klinik und war mehrere Wochen dort. Ich habe sie täglich zweimal besucht und dadurch eine Menge mitbekommen. Es gab dort unglaublich nette Schwestern und Ärzte, die sehr liebevoll mit meiner Mutter umgingen. Und es gab auch diejenigen, die dem Bild entsprechen, das Sie beschreiben. Schwestern in der Röntgenabteilung, die meine Mutter wie jeden Patienten einfach anpackten und auf die Bank zum Röntgen legten, ohne vorher auf den demenzkranken, verwirrten Menschen einzugehen. Daß meine Mutter dann wüst schimpfte und um sich schlug, war ja klar - und das wurde dann mit dem Kommentar quittert: "Unverschämtheit, sowas muß man sich ja wohl nicht bieten lassen!". Dann gab es die Schwestern, die von meiner Mutter beschimpft wurden, und bei denen ich mich entschuldigte, weil es mir peinlich war. Die Antwort: "Aber ich bitte Sie! Das bekommen wir oft zu hören. Das ist die Krankheit, das ist eben so." - auch das gibt es.
    Es gab die Pfleger, die meiner Mutter beim Essen halfen und es gab die, die das Essen hinstellten und ebenso wieder abräumten, obwohl offensichtlich kein Bissen gegessen worden war. Es gab die Pfleger, die regelmäßig nach ihr sahen und ihr etwas zu Trinken nachschenkten und dann auch die ersten paar Schlucke einflößten. Und es gab die, die die ungeöffnete Sprudelflasche einfach so ins Zimmer stellten.
    Es gab Ärzte, die mir in der Notaufnahme nachts eine Auseinandersetzung lieferten, meine Mutter müsse (nach einem Sturz ohne Blessuren und ohne Bewußtseinseintrübung) eine Nacht zur Beobachtung dableiben und ich als Angehörige hätte gar nichts zu sagen, sofern ich nicht Betreuerin meiner Mutter sei. Hinweis darauf, daß eine Nacht in einer Klinik alleine unter fremden Menschen für einen Demenzkranken problematisch ist - Fehlanzeige. Stattdessen Vorwürfe, meine Mutter könne doch keine Minute mehr alleine sein, sie gehöre in ein Heim, ich sei verantwortungslos.
    Und es gab die Ärztin, die (gleicher Anlaß: Sturz spätabends ohne Blessuren, Notaufnahme) meiner Mutter liebevoll die Hand hielt, mit ihr scherzte und mir sagte, sie sei zuhause besser aufgehoben - Demenzkranke sollten nur im äußersten Notfall in eine Klinik, jeder Aufenthalt dort berge die Gefahr eines Durchgangssyndroms.

    Meine Mutter kann aggressiv werden, wenn sie Angst hat und unter Streß steht, und das ist der nächste kritische Punkt: Im Prinzip bekommt jeder Demenzkranke in einer Klinik sofort Neuroleptika zur Nacht verabreicht, damit Ruhe ist. Das erhöht die Gefahr der völligen Verwirrtheit und sorgt dafür, daß die alten Menschen lange brauchen, bis sie sich von dem Klinikaufenthalt erholen. Als sei die Belastung durch die fremde Umgebung und die Narkosemittel nicht schon genug. Ich habe mal irgendwo gelesen, daß die üblichen Narkosegase wie Isofluran eine Demenz wesentlich verschlechtern können. Evtl. kann Dr.Spruth etwas dazu sagen.

    Leider, leider war ich auf die ganze Stuation damals absolut nicht vorbereitet und bin einfach reingetappt. Ich war genauso entsetzt wie Sie. Vielfach ist Personal ungeschult und hinzu kommt, daß aufgrund der Personalverknappung auch gar nicht die Zeit da ist für eine entsprechende Pflege. Das Thema "Demenz in Akutkliniken" ist ein großes Problem. Beispielsweise hat die "Aktion Demenz e.V.", ein Verein aus Gießen, der das bürgerschaftliches Engagement für Menschen mit Demenz fördern will, eigens eine Projektgruppe gegründet, die sich mit der Situation von Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus befaßt. Das sagt schon eine Menge aus.
    Ich habe erst später, als ich mich mehreren Selbsthilfegruppen angeschlossen hatte, erfahren, daß es anderen Angehörigen mit ihrem Demenzerkrankten ebenso erging und daß dagegen nur eines hilft: Das sogenannte "Rooming-In", also die ständige Begleitung des Erkrankten durch den Angehörigen, indem dieser ins Krankenzimmer mit einzieht. Das machen sicher nicht alle Kliniken, aber - so habe ich immer wieder gehört - im Interesse des Erkrankten sollte man sich eine solche Klinik suchen.

    Also nochmal: Das ist ein bekanntes Problem. Es gibt sehr viel verständnisloses Personal auf Seiten der Pfleger wie der Ärzte. Und: Vorsicht, Psychopharmaka. Alte Menschen werden in Kliniken gerne ruhiggestellt, und alle diese Medikamente sind für eine Demenz überhaupt nicht gut. Oftmals wird dann behauptet, das seien Mittel "gegen die Demenz". In Wahrheit sind es Mittel, die den alten Menschen an seine Umwelt anpassen sollen, damit man keine Schwierigkeiten mit ihm hat.

    Ich höre schon die Proteste des Pflegepersonals - ich weiß, daß es gute Ärzte und Pfleger gibt (siehe oben). Ich freue mich darüber, daß es sie gibt. Aber es gibt andererseits nach wie vor zuviel mittelmäßige und schlechte Pflege. Der Schaden, der dadurch angerichtet werden kann, ist zu groß - und deswegen bin ich es leid, daß Berichte über schlechte Pflege immer wieder mit dem Hinweis auf die "guten, die es ja auch gibt", relativiert werden. Mich hat das damals nämlich auch ganz schön fertiggemacht und deshalb bin ich auch dauernd in die Klinik gepilgert - auch wenn es das Personal zum Teil genervt hat. Man möchte doch das Gefühl haben, daß der erkrankte Angehörige gut aufgehoben ist. Stattdessen ist man nervös und macht sich Sorgen. Und dann muß ich sagen: Hier stimmt etwas nicht. Woran das nun liegt - ob am Geldmangel, am Ausbildungsmangel, am Gesundheitssystem, an der Gleichgültigkeit oder was auch immer - ist für mich als Patient bzw. Angehöriger zweitrangig. Alzheimer ist keine Exotenkrankheit mehr. Millionen sind betroffen. So langsam sollte es sich, vor allem unter dem Fachpersonal, herumgesprochen haben. Was ich jedoch im Rahmen der Selbsthilfegruppen, in denen ich aktiv bin, wahrnehme, ist, daß die Situation eher noch schlechter wird als besser. Dies ist wohl hauptsächlich verursacht durch den immensen Kostendruck im Gesundheitswesen.

    Nun wünsche ich Ihnen, daß Ihre Mutter bald wieder nach Hause kommt, damit sie Weihnachten nicht in der Klinik verbringen muß und sich schnell wieder erholen kann.

    Alles Gute für Sie und Ihre Mutter!
    Liebe Grüße,
    Petra H.

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    • Re: Demenz und Krankenhaus


      Liebe petra,
      Ihrem Bericht gibt es nichts mehr hinzuzufügen. Ich kann alles und jedes genauso unterschreiben. Ich verstehe nur nicht, warum wir - als Laien - über all das Bescheid wissen und das Fachpersonal offenbar im Dunkeln tappt. Es ist mir unbegreiflich, was in unserem Medizin- und Pflegebereich abgeht.

      Sommersprosse, auch ich wünsche Ihnen und Ihrer Mutter alles Gute und das sie einigermaßen unbehelligt aus der Klinik wieder herauskommt.

      Herzlichst Leona

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      • Re: Demenz und Krankenhaus


        Hallo Sommersprosse,ich habe von vielen Angehörigen gehört,das sie gute Erfahrungen gemacht haben,wenn sie den Demenzkranken ins Krankenhaus begleiten.Dazu muß man sich mit einweisen lassen.Man kann sich soweit es geht selbst um seinen Vater,Mutter oder Mann kümmern.Normale Krankenschwestern oder Pfleger habe keine ZUsatzausbildung für Psychische Erkrankungen.Das haben nur Fachpersonal der Psychiatrie.Ich bin selbst aus der Krankenpflege und auf diesem Gebiet wurden wir nicht geschult.
        Sollte mein Mann heute wieder stationär müßen wegen irgend einer körperlichen Erkrankung,werde ich mich selbst mit einweisen lassen.Von den Kassen her ist das meist kein Problem und das Pflegepersonal sowie der Demenzkranke sind deshalb sehr dankbar.Ich weiß nicht ob so etwas für Sie in Frage kommen würde.Aber aus Erfahrungen von anderen Angehörigen weiß ich,das es grad für unsere Kranken sehr angenehm ist,wenn ein Angehöriger dabei ist.Ich wünsche Ihnen und Ihrer Mutter alles Gute.Lieben Gruß von Marie

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        • Re: Demenz und Krankenhaus


          vielen Dank für die Info. Ich bin unheimlich froh, meine Mutter ist wieder aus dem Krankenhaus. Als die Schwestern sie im Altenheim in den Arm genommen haben, hat sie allen Küsschen gegeben. Es war zu schön. Mit der Mitbetreuung ist es so eine Sache. Ich bin seit Ende Mai alleine und bin ganztags berufstätig. Da läßt sich nicht alles so leicht händeln. Jetzt hoffe ich nur, dass so etwas nicht so schnell wieder passiert.

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