Der Ammen-Dornfinger ist die einzige giftige Spinne in Deutschland
© Getty Images/ fhm

Ammen-Dornfinger: Eine Giftspinne in Deutschland

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 10.04.2024

Der Ammen-Dornfinger ist die einzige Spinne in Deutschland, die für den Menschen giftig ist. Wie erkennt man das Tier und wie gefährlich ist der Biss der Dornfingerspinne wirklich? 

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten und Antworten zum Ammen-Dornfinger

Der Ammen-Dornfinger ist die einzige Spinne in Mitteleuropa, deren Biss für den Menschen spürbare Folgen haben kann. Die Bisse verursachen jedoch meist nur lokale Schmerzen und Schwellungen und haben in der Regel keine ernsten gesundheitlichen Folgen.

Nach dem Biss zeigen sich auf der Haut zwei kleine Löcher, die etwa fünf Millimeter auseinanderliegen. Die Stelle kann sich röten und anschwellen.

Ein ausgewachsener Ammen-Dornfinger erreicht Körperlängen von ungefähr 10 bis 15 Millimetern. Mit ausgestreckten Beinen kann die Spannweite größer sein.

Ammen-Dornfinger: Ist der Biss gefährlich?

Im Prinzip sind alle Spinnen giftig und können beißen – jedoch gehört der Ammen-Dornfinger (Cheiracanthium punctorium) neben der Winkelspinne, der Gartenkreuzspinne und der Nosferatu-Spinne zu den wenigen Spinnenarten in Deutschland, die mit ihren Kieferklauen die menschliche Haut durchdringen können. Und nicht nur das, sein Gift ist auch tatsächlich stark genug, um eine deutlich spürbare Reaktion hervorzurufen.

Der Biss ähnelt von der Intensität des Schmerzes zunächst einem Wespenstich und kann folgende Symptome hervorrufen: 

Innerhalb von ein bis drei Tagen klingen die Beschwerden folgenlos ab. Bleibende Schäden sind nicht bekannt.

Selten allergische Reaktionen möglich

Bei einer allergischen Reaktion können Juckreiz und Quaddeln hinzukommen. Im seltenen Fall eines allergischen Schocks ist schlimmstenfalls Kreislaufversagen möglich, daher ist notärztliche Hilfe wichtig. Für eine allergische Reaktion muss allerdings bereits zuvor Kontakt zu dem Gift bestanden haben – die Person muss also bereits zuvor gebissen worden sein. Die Wahrscheinlichkeit ist äußerst gering.

Selbstversuch: Das passiert beim Biss des Ammen-Dornfingers

Spinnenforscher Peter Jäger hat sich freiwillig von einem Ammen-Dornfinger beißen lassen. "Es ist schon ein effektives Gift und ein deutlicher Schmerz, wie ein Wespenstich", beschreibt der Biologe vom Senckenberg-Forschungsinstitut das Erlebnis. "Nur hält er wesentlich länger an." Etwa eine Stunde sei der Schmerz geblieben, anschließend habe sich die Stelle gerötet und sei warm geworden. Nach einer weiteren Stunde zuckten die Muskeln an der Stelle unkontrolliert. "Mir wurde schlecht und ich musste mich immer wieder kurz hinlegen", erinnert sich der Spinnenforscher. Nach zwei bis drei Tagen waren jedoch alle Symptome abgeklungen.

Jäger gehört zu den sehr wenigen Menschen, die wirklich einmal von der ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammenden Spinne gebissen wurden. Die Angst vor dem kleinen Tier ist zwar groß. Gesehen haben es in Deutschland bislang allerdings nur wenige Menschen und noch weniger haben tatsächlich sein Gift zu spüren bekommen. 

Video: Ammen-Dornfinger: Eine Giftspinne in Deutschland

Ammen-Dornfinger erkennen: Aussehen und Vorkommen

Aufgrund seiner auffallenden Färbung ist der Ammen-Dornfinger leicht zu erkennen. Der Vorderkörper der bis zu 1,5 Zentimeter großen Spinne ist einfarbig rot-orange, der Hinterleib gelblich bis olivgrün gefärbt. 

Die Spinne lebt nur ein Jahr lang. Das Männchen stirbt bereits nach der Paarung. Das Weibchen zieht sich im August zur Eiablage in ein hühnereigroßes Brutgespinst zurück. Die rund 100 bis 200 Eier verteidigt es entschlossen. Nachdem die Jungspinnen im November das Nest verlassen haben und sich ein Gespinst zur Überwinterung bauen, stirbt das Muttertier an Erschöpfung und Unterernährung.

Lebensraum und Vorkommen

Die Dornfingerspinne hat bereits in den 1950er Jahren angefangen, Deutschland für sich zu entdecken. Mittlerweile ist sie im Südwesten Deutschlands ebenso heimisch wie in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Auch in anderen Gebieten kann die nachtaktive Spinne vereinzelt vorkommen.

In Häusern lässt sich das scheue Tier jedoch kaum blicken. Als Lebensraum bevorzugt es naturnahe Wiesen, mitunter auch Waldlichtungen und Ackerbrachen. Ein Risiko, gebissen zu werden, besteht also fast ausschließlich, wenn man in den Sommermonaten im Freien durch hohes Gras streift und einem Kokon zu nahe kommt.

Wann beißen Spinnen?

Spinnenbisse kommen in Deutschland äußerst selten vor. Denn bevor eine Spinne zubeißt, wird sie versuchen, zu entkommen. Nur wenn sie sich bedroht fühlt und keine andere Möglichkeit hat, setzt sie sich mit ihren Giftklauen zur Wehr. Das passiert beispielsweise, wenn sie gequetscht wird. "Die meisten Meldungen von Bissunfällen in Deutschland beruhen mit großer Wahrscheinlichkeit auf Verwechselungen", ist Spinnenexperte Peter Jäger sicher.

Was tun bei einem Biss der Dornfingerspinne?

Wenn es zu einem Biss durch Dornfingerspinnen gekommen ist, helfen folgende Maßnahmen:

  • die Bisswunde möglichst schnell erhitzen, zum Beispiel mithilfe eines Stichheilers aus der Apotheke, sehr warmem Wasser oder einem in der Sonne erhitzten Stein, um die Proteine des Giftes zu zerstören
  • erst später kann die Wunde gekühlt werden, um dem Schmerz und der Schwellung entgegenzuwirken
  • auch Salben gegen Insektenstiche können helfen
  • tritt Fieber auf und/oder schwellen Gliedmaßen an, sollte vorsorglich ärztlicher Rat eingeholt werden
  • falls möglich sollte die Spinne zur Identifikation eingefangen werden
  • nicht an der Bisswunde kratzen