Ein Spiegelei bildet mit Tomate und Petersilie eine Lebensmittelampel
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Nutri-Score: Das müssen Sie über die neue Lebensmittelampel wissen

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 24.11.2021

Bei Grün dürfen wir gehen, bei Rot bleiben wir stehen: So unmissverständlich funktioniert das Ampelprinzip. Fast ebenso einfach soll der Nutri-Score Verbrauchern ab November auf einen Blick zeigen, wie gesund ein Lebensmittel ist. Hersteller können die Lebensmittelampel freiwillig auf ihre Produkte drucken. Lesen Sie hier, wie der Nutri-Score funktioniert und wie sinnvoll er ist.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Wofür brauchen wir einen Nutri-Score?

Klar: Jeder darf selbst entscheiden, was und wie viel er essen möchte. Wer sich gesund ernähren möchte, muss dafür allerdings wissen, wie viel welcher Nährstoffe er mit einem Lebensmittel zu sich nimmt. Und das ist nicht so einfach, wie viele Menschen denken.

Denn dafür reicht es nicht immer, die Zutatenliste zu studieren. Zwar müssen Nährstoffe wie Zucker, Salz und Fett auf der Verpackung stehen. Doch Zucker zum Beispiel hat viele Namen: Fructose, Lactose, Glucose, Zuckersirup, um nur einige zu nennen. Manche Hersteller machen sich diese Tatsache zunutze und geben auf ihrem Etikett verschiedene Zuckerarten an, um zu verschleiern, wie viel Zucker tatsächlich insgesamt in dem Produkt steckt. Und selbst, wenn man dahinterkommt: Welcher Verbraucher weiß auf Anhieb, wie viel Salz, Fett und Zucker wenig oder viel ist? Wer da durchblicken will, muss eigentlich schon Ernährungsprofi sein.

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Der Nutri-Score eignet sich vor allem, um Lebensmittel einer Kategorie miteinander zu vergleichen. Zum Beispiel, wenn es um Müslis oder Cornflakes geht. Einige dieser Cerealien suggerieren zwar, besonders gesund zu sein, enthalten aber tatsächlich sehr viel Zucker und/oder Fett. Solche versteckten Zucker- und Fettfallen ließen sich mit dem Nutri-Score auf einen Blick entlarven.

Der Nutri-Score soll auf den ersten Blick zeigen, wie empfehlenswert ein Fertigprodukt ist. Er wurde von Ernährungswissenschaftlern entwickelt und kommt in Frankreich bereits seit 2017 zum Einsatz. In einer Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft durften 1.600 Teilnehmer zwischen vier verschiedenen Modellen wählen. Sieger war der Nutri-Score.

So funktioniert der Nutri-Score

Der Nutri-Score hat eine fünfstufige Farbskala, der Buchstaben von A bis E zugeordnet sind. A ist dunkelgrün und steht für die günstigste Energiebilanz, E dunkelrot und steht für die ungünstigste. Welche Farbe und welcher Buchstabe einem Produkt zugeordnet wird, entscheiden die problematischen sowie die günstigen Inhaltsstoffe, die in ihm enthalten sind.

Als problematische Inhaltsstoffe werden in die Wertung einbezogen:

  • gesättigte Fettsäuren
  • Salz
  • Zucker
  • Energiegehalt

Günstige Bestandteile sind:

Nachteile des Nutri-Scores

Das Ampel-System ist einfach. Das ist ein Vorteil, weil es auf einen Blick zeigt, wie ein Produkt kategorisiert werden kann. Auf der anderen Seite bedeutet das, dass hier vereinfacht wird.

Der Nutri-Score berücksichtigt zum Beispiel nicht alle wertvollen Inhaltsstoffe eines Produktes. Dazu gehören zum Beispiel Vitamine, Mineralstoffe oder ungesättigte Fettsäuren. So würde Olivenöl beispielweise mit einem "D" gekennzeichnet. Dabei enthält es einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die in Maßen durchaus gesund sind. Der Verbraucherzentrale zufolge eignet sich der Nutri-Score deshalb vor allem für komplexe und verarbeitete Lebensmittel mit vielen Inhaltsstoffen.

Auf der anderen Seite fließen problematische Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker und Aromen nicht in die Wertung ein. Ob die in einem Fertiglebensmittel stecken oder nicht, muss der Kunde selbst mit einem Blick aufs Etikett herausfinden.

Warum ein Lebensmittel als günstig beziehungsweise ungünstig bewertet ist, ist leider nicht ersichtlich. Wer das genauer wissen möchte, sollte sich die Karte mit den Ampelfarben der Verbraucherzentralen ausdrucken und mit zum Einkaufen nehmen.

Das größte Problem aber sehen Fachleute nicht im Nutri-Score selbst. Sondern in der Tatsache, dass es den Herstellern selbst überlassen bleibt, ob sie ihn auf ihre Produkte drucken oder nicht.

Fazit

Fachleute sind sich einig: Der Nutri-Score ist eine gute Sache, weil man auch als Laie auf den ersten Blick erkennen kann, ob ein Lebensmittel besonders zucker- oder fettreich ist. Blind darauf verlassen sollte man sich darauf jedoch nicht. Jakob Linseisen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sagt dazu: "Eine rasch ersichtliche, leicht verständliche Kennzeichnung von Lebensmitteln wie der Nutri-Score hilft bei der Orientierung und der Auswahl von gesundheitsförderlichen Lebensmitteln. Der Nutri-Score kann so zu einer ausgewogeneren Ernährung beitragen. Es ersetzt aber nicht die Bewertung des gesamten Lebensmittels, zum Beispiel durch den Blick auf die Zutatenliste und Nährwertkennzeichnung, oder gar die Bewertung der täglichen Lebensmittelauswahl insgesamt." Das zeigt das Beispiel des Olivenöls, das gesunde essentielle Fettsäuren enthält und durchaus zu einer gesunden Ernährung dazugehört. Es macht also keinen Sinn, grundsätzlich alle Lebensmittel zu meiden, deren Nutri-Score orange oder rot ist.

Schon bevor der Nutri-Score offiziell eingeführt ist, haben einige Hersteller ihn bereits auf ihre Fertigprodukte drucken lassen. Dazu gehören beispielsweise Bofrost und Danone. Rund 1.000 Produkte hat die Verbraucherzentrale ausfindig gemacht, die das Label tragen. Da aber sicherlich nicht alle Hersteller mitziehen werden, können nicht alle Produkte im Supermarkt miteinander verglichen werden. Das aber wäre wichtig: "Denn nur, wenn eine große Zahl an Produkten gekennzeichnet ist, können Verbraucher tatsächlich vergleichen – und eine gesündere Wahl treffen", sagt Klaus Müller vom Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband. "Langfristig brauchen wir in der Europäischen Union dringend einen für alle Hersteller verbindlichen Nutri-Score."