Eine Frau nimmt eine Kapsel aus ihrer Hand.
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Helfen Glucomannan-Kapseln beim Abnehmen?

Von: Lydia Klöckner (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 24.11.2021

Der größte Feind jeder Diät ist: Hunger. Sättigungskapseln mit dem Wirkstoff Glucomannan sollen beim Abnehmen helfen, indem sie Appetit und Hunger dämpfen. Zu Mahlzeiten eingenommen beschleunigen sie angeblich die Sättigung. Funktioniert das? Und ist es gesund?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Glucomannan – was ist das?

Glucomannan ist ein Extrakt aus der Wurzel der Konjak-Pflanze, auch Teufelszunge genannt. Zu kaufen gibt es Glucomannan als helles Pulver, meist in Kapseln verpackt, damit man es leichter schlucken kann. Die Kapseln soll man mit reichlich Flüssigkeit zu den Mahlzeiten einnehmen. Das ist wichtig, denn Glucomannan ist ein Quellstoff.

Genau darauf beruht auch seine Wirkung: Auf dem Weg in den Magen und im Magen bindet Glucomannan jede Menge Wasser und verwandelt sich dabei in ein festes Gel. So füllt sich der Magen schneller, man ist eher satt, isst weniger und wird bei regelmäßiger Einnahme schlank – so das Werbeversprechen.

Abnehmen dank Glucomannan – Funktioniert das?

Ob und inwieweit Glucomannan tatsächlich beim Abnehmen hilft, ist noch nicht ausreichend erforscht. Aus den wenigen Studien, die es gibt, kann man keine sicheren Schlüsse ziehen, weil die Zahl der Probandinnen und Probanden jeweils recht klein war. In den meisten Untersuchungen waren es um die 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Einige vorläufige Erkenntnisse lassen sich aber daraus ableiten, nämlich:

1. Glucomannan scheint bei stark übergewichtigen Menschen besser zu wirken als bei Menschen, die nur ein paar Kilos zu viel auf den Hüften haben.

2. Glucomannan bringt nur etwas, wenn man es zu jeder der drei Hauptmahlzeiten einnimmt und zwischendurch nicht ständig nascht.

3. Glucomannan hilft nur in Kombination mit einer Diät.

All das zeigt: Der Sättigungseffekt, den die Kapseln entfalten, ist nicht allzu stark. Wer hofft, dass er durch die Einnahme so "von allein" deutlich weniger isst und mühelos Gewicht verliert, wird wohl enttäuscht.

Beschleunigt Glucomannan wirklich die Sättigung?

Glucomannan ist ein rein mechanischer Appetitzügler: Indem er im Magen aufquillt, bewirkt er, dass sich die Magenwand dehnt. In der Magenwand sitzen Rezeptoren, die über Nervenbahnen mit dem Gehirn kommunizieren. Sie registrieren die Dehnung und informieren das Gehirn darüber, dass der Magen nun gefüllt ist.

Das muss allerdings nicht zwangsläufig dazu führen, dass die Sättigung einsetzt. Denn Hunger- und Sättigungsgefühle hängen nicht nur vom Füllstand des Magens ab. Sie beruhen auf einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Vorgänge. Entscheidend sind etwa

  • die Nährstoffe, die eine Mahlzeit geliefert hat,
  • die körpereigenen Fettpolster,
  • psychische Einflüsse wie das seelische Befinden, die Stimmungslage und die eigenen Gewohnheiten.

Welche Nährstoffe im Essen waren, teilen Botenstoffe dem Gehirn mit. Isst man zum Beispiel Nudeln, Reis, Brot oder andere Kohlenhydrat-Bomben, setzt die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin frei.

Insulin ist ein Botenstoff, der unter anderem auf das Sättigungszentrum im Gehirn wirkt. Insulin signalisiert dem Gehirn: Hier kommt ein Energieschub! Dieses Signal führt dazu, dass die Sättigung einsetzt. (Leider oft nur kurzfristig: Schnell verwertbare Kohlenhydrate, zum Beispiel aus Weißbrot oder Schokolade, lassen den Insulinspiegel rapide ansteigen und dann schnell wieder absinken. Deshalb bekommt man einem nach Nutella-Toast oder Cornflakes meist schnell wieder Hunger.)

Die körpereigenen Fettdepots wirken sich ebenfalls darauf aus, wie viel Hunger man verspürt und wie schnell man satt ist. Auch hier spielen Botenstoffe eine wichtige Rolle: Das Fettgewebe setzt das Hormon Leptin frei, welches die Sättigung fördert. (Bei vielen Menschen mit Übergewicht funktioniert dieser Mechanismus allerdings nicht mehr richtig. Sie verspüren trotz hohen Leptinspiegels großen Hunger. Man spricht von Leptinresistenz.)

Neben diesen und anderen biochemischen Mechanismen bestimmt aber auch die Psyche mit darüber, wann und wie oft der Magen knurrt – und wie viel man dann isst. Gemeint sind nicht nur extreme Phänomene wie Frustessen, sondern auch Appetitlosigkeit aus Trauer, Stress oder Ärger ("Das ist mir auf den Magen geschlagen").

Von großer Bedeutung für unser alltägliches Essverhalten hat vor allem die Gewohnheit, die bereits in der Kindheit geprägt wurde: Wie viele Mahlzeiten gab es früher in der Familie täglich zu essen? Wie viel kam bei jedem auf den Teller? Gab es zwischen den Hauptmahlzeiten Snacks zu essen? Und so weiter.

Also: Kaufen oder nicht kaufen?

Nicht kaufen. Und wenn doch: zusätzlich die Ernährung umstellen (und keine Wunder erwarten). Glucomannan trägt nur dazu bei, dass sich der Magen schneller füllt, was die Sättigung fördern kann. Der erhoffte Abnehm-Effekt tritt aber nur ein, wenn man folgende Hinweise beherzigt:

  • Nehmen Sie die Glucomannan-Kapseln vor jeder der drei Hauptmahlzeiten ein. Trinken Sie dazu mindestens ein Glas Wasser, besser mehr. Zum einen können die Kapseln sonst leicht im Hals stecken bleiben. Zum anderen quellen sie umso stärker auf, je mehr man trinkt.
  • Essen Sie langsam und achtsam.
  • Essen Sie zwischen den Mahlzeiten nichts oder nur kalorienarme Snacks wie Rohkost. Schon ein kleiner Snack kann das Kalorien-Minus zunichte machen, das Sie dank Glucomannan bei den Hauptmahlzeiten (möglicherweise) erzielt haben.

Am wichtigsten ist allerdings die goldene Regel, auf der letztlich alle Diäten beruhen: Ihr Speiseplan sollte so gestaltet sein, dass Sie täglich weniger Kalorien zu sich nehmen als Sie verbrauchen. Das allein wird dazu führen, dass Sie abnehmen – Glucomannan hilft Ihnen (im besten Fall) nur gegen die Hungergefühle, die eine kalorienärmere Ernährungsweise mit sich bringen kann.