Vitamine und Mineralstoffe als Nahrungsergänzungsmittel: Wie viel darf es sein?
Bekommen wir auf normalem Weg zu wenig Vitamine und Mineralstoffe ab? Viele scheinen davon überzeugt: Etwa jeder dritte Erwachsene in Deutschland nimmt regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel ein, davon etwa ein Viertel mehr als ein Produkt pro Tag. Aber tut man sich damit wirklich etwas Gutes?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Vitamine und Mineralstoffe als Nahrungsergänzungsmittel: Wie viel darf es sein?
Die Werbebotschaft ist eindeutig: Zusätzliche Vitamine und Mineralstoffe verbessern die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. Doch im Allgemeinen reicht eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung aus, um den Körper mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen zu versorgen. Den allermeisten Menschen in Deutschland bringen Nahrungsergänzungsmittel daher keine Vorteile.
Im Gegenteil: Wer hoch dosierte Nahrungsergänzungsmittel einnimmt und womöglich auch noch mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Lebensmittel verzehrt, steigert das Risiko einer zu hohen Nährstoffzufuhr. Und das kann unerwünschte gesundheitliche Folgen haben.
Wie viel ist zu viel?
Bislang ist weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene verbindlich geregelt, in welchen Dosierungen Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln maximal enthalten sein dürfen.
Darum hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) seine im Jahr 2004 veröffentlichten Höchstmengenempfehlungen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln einstweilen auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht. Die empfohlenen Höchstmengen erfüllen verschiedene Anforderungen:
Die Werte müssen ausreichend hoch sein, sodass Menschen mit einer zu geringen Nährstoffzufuhr ihren Vitamin- und Mineralstoffbedarf durch Nahrungsergänzungsmittel decken können, wenn sie sich an die Höchstmengenempfehlungen halten.
Doch vor allem sollen die Empfehlungen die größtenteils gut versorgte Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen einer übermäßigen Nährstoffaufnahme schützen. Die Werte dürfen also nur so hoch sein, dass Menschen mit einer eigentlich ausreichenden Nährstoffzufuhr die höchste vertretbare Tagesmenge nicht allzu sehr überschreiten, wenn sie zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen.
Die vom BfR vorgeschlagenen Höchstmengen gelten – sofern nicht anders angegeben – für Jugendliche ab 15 Jahren und für Erwachsene. Bei einigen Vitaminen und Mineralstoffen empfiehlt das BfR zusätzlich verpflichtende Angaben auf den Produkten.
Vorgeschlagene Höchstmengen für Vitamine in Nahrungsergänzungsmitteln
Vitamin/Vitaminvorstufe | max. Tagesdosis | Bemerkungen |
Vitamin A | 0,2 Milligramm | Schwangere sollten Vitamin A nur nach Rücksprache mit dem Arzt einnehmen. Die vorgeschlagene Höchstdosis erlaubt keinen Spielraum für Anreicherungen von sonstigen Lebensmitteln mit Vitamin A. |
ß-Carotin | 15 Milligramm | β-Carotin steckt verbreitet in angereicherten Lebensmitteln (v. a. als Farbstoff). Wer z. B. viel Fruchtsaft/-nektar trinkt, kann allein dadurch die vorgeschlagene Höchstmenge schnell erreichen. |
Vitamine B, B, Biotin, Pantothensäure | - | Soweit bekannt, wirken sich diese Vitamine auch in Mengen, die den Bedarf überschreiten, nicht nachteilig auf die Gesundheit aus. Auf die Festlegung einer Höchstmenge kann darum vorläufig verzichtet werden. |
Nikotinsäure | 4 Milligramm | - |
Nikotinamid | 160 Milligramm | Präparate mit mehr als 16 Milligramm Nikotinamid pro Tag sind für Schwangere nicht geeignet. |
Vitamin B | 3,5 Milligramm | - |
Folsäure | 200 Mikrogramm | Für Frauen mit Kinderwunsch und im ersten Schwangerschaftsdrittel gilt die doppelte Tagesmenge. |
Vitamin B | 25 Mikrogramm | - |
Vitamin C | 250 Milligramm | - |
Vitamin D | 20 Mikrogramm | Mittel mit höherem Vitamin-D-Gehalt sind als Arzneimittel anzusehen. |
Vitamin E | 30 Milligramm | - |
Vitamin K | 80 Mikrogramm | Wer gerinnungshemmende Mittel vom Cumarin-Typ einnimmt, sollte vor der Einnahme seinen Arzt befragen. |
Vorgeschlagene Höchstmengen für Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln
Mineralstoff | max. Tagesdosis | Bemerkungen |
Bor | (ab 18 Jahren) 0,5 Milligramm | Für Kinder und Jugendliche nicht geeignet. |
Calcium | 500 Milligramm | Wer ein Nahrungsergänzungsmittel mit mehr als 250 Milligramm Calcium pro Tag einnimmt, sollte auf weitere calciumhaltige Mittel verzichten. |
Chrom | 60 Mikrogramm | - |
Eisen | 6 Milligramm | Männer, Frauen in den Wechseljahren und Schwangere sollten Eisen nur nach Rücksprache mit ihrem Arzt einnehmen. |
Fluorid | 0 | Da der Körper schon durch fluoridhaltiges (Mineral-)Wasser und Zahnpflegemittel viel Fluorid aufnehmen kann und in Deutschland zudem fluoridiertes Speisesalz im Verkehr ist, sollte Fluorid nicht zusätzlich in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden. |
Jod | 100 Mikrogramm | Für Schwangere und stillende Frauen ist eine Nahrungsergänzung mit 150 Mikrogramm Jod pro Tag zu empfehlen. |
Kalium | 500 Milligramm | - |
Kupfer | (ab 18 Jahren) 1 Milligramm | Für Kinder und Jugendliche nicht geeignet. |
Magnesium | 250 Milligramm | Die Tageshöchstdosis sollte auf mindestens zwei Portionen pro Tag verteilt werden. |
Mangan | 0,5 Milligramm | - |
Molybdän | 80 Mikrogramm | - |
Natrium, Chlorid, Phosphor | 0 | Zum Zweck einer verbesserten Ernährung ist keine zusätzliche Zufuhr dieser Stoffe nötig. |
Selen | 45 Mikrogramm | - |
Silizium | 50 Milligramm | - |
Zink | 6,5 Milligramm | Wer ein Nahrungsergänzungsmittel mit mehr als 3,5 Milligramm Zink pro Tag einnimmt, sollte auf weitere zinkhaltige Mittel verzichten. |
Wann sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll?
Gesunde Erwachsene können in der Regel auf Nahrungsergänzungsmittel verzichten: Wer sich gesund und abwechslungsreich ernährt, erhält meist genügend Vitamine und Mineralstoffe. Eine ausgewogene Ernährung (mit gewöhnlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Milchprodukten, Fleisch) hat zudem den Vorteil, dass praktisch kein Risiko einer Nährstoffüberdosierung besteht.
Nur für bestimmte einzelne Nährstoffe und bei wenigen Bevölkerungsgruppen besteht das Risiko einer Unterversorgung. In diesen Fällen sind entsprechende Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll. So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung:
- Schwangere und Stillende haben einen erhöhten Nährstoffbedarf und sollten eventuell Präparate mit Eisen und Jod einnehmen.
- Frauen mit Kinderwunsch sollten täglich 400 Mikrogramm Folsäure einnehmen und die Einnahme während des ersten Schwangerschaftsdrittels fortführen.
- Säuglinge sollten nach der Geburt zusätzlich Vitamin K und im ersten Lebensjahr ein Präparat mit 10 Mikrogramm Vitamin D und 0,25 Milligramm Fluorid erhalten.
- Stubenhocker – genauer: Menschen, die sich bei Sonnenschein nicht oder kaum im Freien aufhalten bzw. ihre Haut nicht unbedeckt der Sonne aussetzen – sollten zusätzlich Vitamin D einnehmen.