Scharf, schärfer, Chili: Ist scharfes Essen ungesund?
Wer knackt den Schärferekord? In Wettbewerben verzehren die Teilnehmer superscharfe Currywurst und versuchen, sich in puncto Schärfegrad zu übertrumpfen. Doch wie viel Schärfe kann unser Körper eigentlich ertragen?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Scharf, schärfer, Chili: Ist scharfes Essen ungesund?
Tränende Augen sind noch das Mindeste: Wer beim Wettessen Currywurst mit extrem scharfer Chilisoße kostet, muss unter anderem mit Schweißausbrüchen, einer betäubten Zunge oder massiven Kreislaufproblemen rechnen.
Immer wieder hört oder liest man von Schärfe-Wettbewerben, die bei so manchem Teilnehmer zu heftigen körperlichen Reaktionen geführt haben – Notfalleinsatz inklusive. Vor ein paar Jahren endete zum Beispiel eine Mutprobe unter Schülern im Krankenhaus: Sie hatten sich Verätzungen des Magens zugezogen, nachdem sie Chilisoße direkt aus der Flasche getrunken hatten.
Chili-Schärfe hat einen Namen: Capsaicin
Ihren feurig-scharfen Geschmack hat die Currywurst-Soße vor allem einer Paprikaart zu verdanken – der Chilischote. Sie enthält sogenannte Capsaicinoide, insbesondere den Scharfstoff Capsaicin.
Es gibt ganz unterschiedliche Stoffe, die Gewürzen Schärfe verleihen, so zum Beispiel Gingerol im Ingwer oder Piperin in Pfeffer. Capsaicin ist jedoch der absolute Spitzenreiter unter den Scharfstoffen.
So wirkt Capsaicin
Wer eine Chilischote oder ein mit Chili gewürztes Produkt isst, spürt die Wirkung schon nach wenigen Sekunden. Das Capsaicin reizt Nerven in der Mundschleimhaut, die für Schmerz- und Wärmereize zuständig sind. Die scharfe Note beim Genuss einer Currywurst nehmen wir also nicht als Geschmack, sondern als Schmerzreiz wahr – ähnlich wie bei einer Verbrennung. Unser Körper reagiert sofort: Er fängt an zu schwitzen, um die Körpertemperatur zu senken, und die Gefäße weiten sich, damit Wärme über die Haut aus dem Körper gelangen kann.
Schärfe kann man messen
Die Schärfe in Chilis und Chiliprodukten lässt sich messen – und zwar in der Einheit Scoville, benannt nach dem US-amerikanischen Pharmazeuten Wilbur Scoville. Der Scoville-Wert gibt an, wie viel Milliliter Wasser nötig wären, um die Schärfe so zu kompensieren, dass sie kaum noch wahrnehmbar ist.
Ein Beispiel: Einen Milliliter Tabasco-Soße mit einem Schärfegrad von 5.000 Scoville müsste man mit 5 Liter Wasser verdünnen, damit die Schärfe gerade eben noch wahrnehmbar ist.
Schärfegrad in Scoville | entspricht … |
bis zu 10 | Gemüsepaprika |
100 - 500 | Peperoni |
1.000 - 10.000 | Sambal Oelek |
2.500 - 8.000 | Jalapeño-Chili |
2.500 - 8.500 | Tabascosoße |
100.000 - 250.000 | Habanero-Chili |
2 Millionen | handelsübliches Pfefferspray |
5 Millionen | Polizei-Pfefferspray |
16 Millionen | reines Capsaicin |
Ist zu scharf gefährlich?
Scharfes Essen kann die Verdauung fördern. Ist es allerdings zu scharf, kann das nicht nur zu Bluthochdruckspitzen und Schäden an der Magenschleimhaut führen, sondern auch zum Kreislaufkollaps.
Stellt sich die Frage, ob zu viel Chili auch tödlich sein kann. Glücklicherweise setzt sich unser Körper bei einer Überdosis heftig zur Wehr, etwa durch Übelkeit und Erbrechen. Dennoch besteht die Gefahr eines lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbruchs, einer Bluthochdruckkrise oder eines Schocks. Insbesondere Kinder reagieren auch schon auf kleine Mengen sehr empfindlich.
Darüber hinaus steht Capsaicin in Verdacht, in hohen Dosen über einen längeren Zeitraum hinweg Krebs im oberen Verdauungstrakt zu begünstigen.
Die gute Nachricht: Wer gerne scharf isst und keinen empfindlichen Magen hat, kann dies auch weiterhin tun, solange er es mit der Schärfe nicht übertreibt!
Dass die Wettesser sich nicht von solchen Beschwerden abschrecken lassen, könnte möglicherweise mit Endorphinen zusammenhängen. Diese euphorisch machenden Botenstoffe werden nach dem Genuss von scharfem Chili ausgeschüttet.
Unsere Tipps beim Umgang mit Chili
- Wenn Sie Chilischoten schneiden, waschen Sie sich anschließend immer gründlich die Hände – oder verwenden Sie Handschuhe! So vermeiden Sie Hautirritationen.
- Gehen Sie nicht gleich in die Vollen: Würzen Sie lieber erst sparsam und tasten Sie sich langsam an den gewünschten Schärfegrad heran!
- Wenn es doch einmal zu scharf war: Gegen das brennende Gefühl im Mund helfen stärkehaltige Produkte wie Reis und Brot in Kombination mit Speiseöl oder -fett. Auch Milch kann die Beschwerden lindern.
- Scharfe Soßen mit Chili sollten Sie so lagern, dass Kinder sie nicht erreichen können.
Schließlich sind Currywurst & Co. doch eigentlich nur dann ein Genuss, wenn der Geschmack im Vordergrund steht – und nicht die Schärfe ...