Ein Brett mit einer Schüssel Quark und Leinöl sind zu sehen
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Leinöl: Ist es wirklich so gesund?

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 05.01.2022

Leinöl gilt als Wundermittel. Ein Esslöffel täglich soll vor Herzerkrankungen schützen, den Blutdruck regulieren, Entzündungen lindern, die Blutfettwerte verbessern und sogar Krebs vorbeugen. Ob das stimmt und wie Sie Leinöl richtig verwenden, lesen Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Wie gesund ist Leinöl?

Leinöl wird aus Leinsamen gewonnen. Lein, auch Flachs genannt, war früher die wichtigste Ölpflanze in Deutschland. Vorübergehend war Leinöl fast vergessen, jetzt erlebt es ein Comeback. Zu Recht.

Leinöl enthält besonders viel Alpha-Linolensäure (ALA). 56 bis 71 Gramm dieser 3-fach ungesättigten Fettsäure stecken in 100 Gramm Leinöl – so viel wie in keinem anderen Pflanzenöl. Unser Körper kann diese Omega-3-Fettsäure nicht selbst herstellen. Deshalb müssen wir ausreichend davon über die Nahrung aufnehmen. ALA ist ein wichtiger Baustein unserer Zellmembranen. Sie sorgt dafür, dass unsere Zellen gut mit Nährstoffen versorgt werden können.

Aus ALA kann der Körper in geringen Mengen auch die beiden Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eikosapentaensäure (EPA) herstellen. Diese haben eine entzündungshemmende, gefäßerweiternde und blutdrucksenkende Wirkung. Außerdem werden sie für die Produktion von Botenstoffen benötigt. Sie sollen ebenfalls die Gehirnleistung positiv beeinflussen und vor Demenz schützen.

Es ist besonders wichtig, dass die Balance von Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung stimmt. Auch Omega-6-Fettsäuren kann unser Körper nicht selbst herstellen. Sie sind zum Beispiel wichtig für das Immunsystem und das Wachstum. Jedoch nehmen wir über unsere Nahrung mit Fleisch und Milchprodukten meist mehr als genug davon auf. Omega-3-Fettsäuren, die vor allem in fetten Meeresfischen und gesunden Öle stecken, kommen viel seltener auf den Tisch. Wünschenswert wäre ein Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren von nicht mehr als 5:1. Tatsächlich aber nehmen wir weit mehr Omega-6-Fettsäuren zu uns. Leinöl enthält eine große Menge an Omega-3-Fettsäuren und eine geringe Menge an Omega-6-Fettsäuren (Linolsäure) – ideal also, um dieses Missverhältnis auszugleichen und in dieser Kombination selten zu finden. Je weniger Omega-6-Fettsäuren die Nahrung enthält, desto mehr der Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA kann der Körper aus Alpha-Linolensäure herstellen.

Studien belegen positive Wirkung

In einer Studie der Universität Jena bekamen übergewichtige Probanden (9 Männer, 10 Frauen) mit Bluthochdruck und Störungen des Blutzuckerstoffwechsels acht Wochen lang täglich zwei Esslöffel Leinöl verabreicht. In dieser Zeit durften sie keinen Fisch zu sich nehmen, da dieser als besonders reich an Omega-3-Fettsäuren gilt. Anschließend verglichen die Wissenschaftler die Blutwerte der Probanden vor der Studie mit denen nach der Studie. Das Ergebnis: Sie hatten etwa doppelt so viele Omega-3-Fettsäuren im Blut, die Blutzuckerwerte waren niedriger und die Blutfettwerte hatten sich verbessert. Andere Untersuchungen zeigten ähnliche Ergebnisse.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät durchaus dazu, Leinöl als Pflanzenöl zu verwenden. Jedoch ersetzt es nicht fetten Seefisch wie Hering und Lachs, der als der beste Lieferant für Omega-3-Fettsäuren gilt. Vor allem der beiden Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eikosapentaensäure (EPA), die fast ausschließlich in Fisch vorkommen. Der Körper kann sie aus der im Leinöl enthaltenen Alpha-Linolensäure nur in geringen Mengen herstellen. Besonders für Vegetarier und Veganer ist Leinöl jedoch eine gute Alternative.

Leinöl enthält außerdem Lignane. Das sind Pflanzeninhaltsstoffe, die im menschlichen Körper an die Rezeptoren für das weibliche Geschlechtshormon Östrogen andocken können. Die Ergebnisse einer Studie lassen vermuten, dass diese Phytoöstrogene das Risiko, nach den Wechseljahren an Brustkrebs zu erkranken und das damit verbundene Sterblichkeitsrisiko senken.

Eine andere Studie konnte zeigen, dass Menschen mit hohen Omega-3-Fettwerten ein geringeres Risiko hatten, an Arteriosklerose und den daraus folgenden Herz-Kreislauferkrankungen zu erkranken. Ob die im Leinöl enthaltenen Fettsäuren ausreichen, um eine Schutzwirkung zu erzielen, ist jedoch fraglich. Festhalten lässt sich jedoch: Leinöl ist gesund! In Maßen natürlich, denn Fett hat eine hohe Energiedichte.

Leinöl richtig verwenden

Wichtig für eine gute Qualität des Leinöls ist die schonende Herstellung. Das Öl sollte kalt oder unter Ausschluss von Licht, Hitze, Sauerstoff gepresst sein. Es muss dunkel und luftdicht gelagert werden. Aufgrund des hohen Gehalts an Alpha-Linolensäure ist das Öl nicht lange haltbar und wird schnell ranzig.

Wie schmeckt Leinöl?

Frisches Leinöl ist nicht bitter, sondern hat einen nussigen Geschmack mit einer Heunote. Sobald es Licht und Luft ausgesetzt ist, ändert sich das. Nach Anbruch sollten Sie das Leinöl im Kühlschrank aufbewahren und innerhalb von drei bis sechs Wochen aufbrauchen. Anschließend ist es nicht mehr genießbar, wird ranzig und verliert seine positiven Eigenschaften.

Wofür eignet sich Leinöl?

Wird Leinöl erhitzt, verliert es seine positiven Eigenschaften, denn die darin enthaltenen Omega-3-Fettsäuren vertragen keine Hitze. Sie verwandeln sich dann je nach Hitzegrad und -dauer in gesättigte Fettsäuren oder Transfettsäuren – und die dann nicht mehr gesund, Transfettsäuren sogar schädlich. Zum Braten sollten Sie Leinöl deshalb nicht verwenden. Stattdessen eignet es sich für Müsli, im Quark, Salatdressing oder in Smoothies. Ein klassisches Spreewälder Gericht ist Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl. Quark und Leinöl gelten als empfehlenswerte Kombination, weil die Aminosäuren im Quark dem Körper helfen sollen, die Fettsäuren besser aufzunehmen und zu verwerten.

Wie viel Leinöl täglich?

Ernährungsexperten empfehlen ein bis zwei Esslöffel am Tag.

Unterschied zu Leindotteröl

Leinöl und Leindotteröl werden häufig miteinander verwechselt. Tatsächlich sind Lein und Leindotter jedoch zwei grundverschiedene Pflanzen. Leindotter gehört wie Senf und Kohl zu den Kreuzblütlern. Leindotteröl schmeckt leicht scharf. Dennoch haben die beiden Öle einiges gemeinsam. Auch Leindotteröl enthält viel Alpha-Linolensäure und hat ein gutes Verhältnis von Omega-6 Fettsäuren zu Omega-3 Fettsäuren. Sein Gehalt an Omega-3 Fettsäuren ist jedoch geringer als der des Leinöls. Dafür hält es sich etwas länger.