Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
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Rund um die Krankmeldung: Diese Fakten sollten Sie kennen

Von: Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education)
Letzte Aktualisierung: 27.12.2021

Darf der Chef schon nach einem Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen? Hat man einfach Pech gehabt, wenn man im Urlaub krank wird? Fragen wie diese hat sich fast jeder Arbeitnehmer schon einmal gestellt. Manche Antworten werden Sie überraschen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Rund um die Krankmeldung: Diese Fakten sollten Sie kennen

Kranke Arbeitnehmer haben einige Rechte, aber auch Pflichten. Wer sich nicht an die Regeln hält, dem drohen Abmahnung, Krankengeldverlust oder gar die Kündigung. Damit es nicht so weit kommt, hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

1. Wann muss man sich beim Arbeitgeber krankmelden?

Sie sind dazu verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber zeitnah mitzuteilen, dass Sie krank sind und nicht zur Arbeit kommen können – also am besten bereits kurz vor dem eigentlichen Dienstantritt. Eine kurze Info genügt.

In welcher Form Sie den Chef informieren, bleibt Ihnen überlassen. Sie können beispielsweise anrufen oder eine E-Mail schreiben. Es empfiehlt sich, sicherzustellen, dass die Nachricht auch tatsächlich beim Empfänger ankommt, um möglichen Ärger zu vermeiden.

2. Ab wann braucht man eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Spätestens nach dreiKalendertagen Abwesenheit muss der Patient am nächsten Werktag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankschreibung, "gelber Schein") vorlegen, so schreibt es das Gesetz vor. Wenn in Ihrer Firma von Montag bis Freitag gearbeitet wird, gelten diese Tage als Werktage.

Ein paar Beispiele:

  • Wenn Sie von Montag bis Mittwoch gefehlt haben (= 3 Kalendertage), muss die Krankschreibung am nächsten Werktag auf dem Tisch liegen, also am Donnerstag.
  • Haben Sie Mittwoch bis einschließlich Freitag gefehlt (= 3 Kalendertage), reicht es aus, die Krankschreibung am Montag vorzulegen, denn das ist der nächstfolgende Werktag.
  • Haben Sie sich freitags krankgemeldet und sind am darauffolgenden Montag noch krank, ist bereits der 4. Kalendertag angebrochen – denn auch Samstag und Sonntag zählen zu den Krankheitstagen. Sie müssen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung also spätestens am Montag einreichen.

Übrigens: Seit dem 1. Oktober 2017 dürfen auch Kliniken einen Krankenschein für bis zu sieben Tage ausstellen, wenn der Patient nach dem Krankenhausaufenthalt noch eine Auszeit benötigt. Durch die neue Regelung erspart sich der Patient einen Gang zum Hausarzt.

3. Darf der Chef ab dem ersten Krankheitstag einen "gelben Schein" fordern?

Ja, wenn es vertraglich so festgelegt wurde.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung soll nach dem Gesetz zwar spätestensnach drei Kalendertagen bei Ihrem Arbeitgeber vorliegen. Ihr Chef kann aber auch schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Krankenschein verlangen, wenn er es im Arbeitsvertrag festgelegt hat. In diesem Fall müssen Sie also umgehend den Arzt aufsuchen. Werfen Sie im Zweifel einen Blick in Ihren Arbeitsvertrag.

Halten Sie sich nicht an die Fristen oder reichen Sie gar keine Krankschreibung ein, kann dies weitreichende Folgen haben – von der Abmahnung bis hin zur Kündigung, wenn sich das Problem wiederholt.

4. Muss man die Krankschreibung der Krankenkasse melden?

Ja, ansonsten können für Sie Nachteile entstehen.

Die Krankmeldung erhalten gesetzlich Versicherte in drei Ausführungen:

  • eine ist für Ihre Unterlagen,
  • eine ist für den Arbeitgeber und
  • eine ist für die Krankenkasse.

Die Ausführung für die Krankenkasse sollten Sie dieser umgehend zukommen lassen. Tun Sie es nicht, kann das negative Folgen für Sie haben. Wer beispielsweise Krankengeld von der Kasse erhält, weil er länger als sechs Wochen krankgeschrieben ist, kann den Krankengeldanspruch komplett verlieren, wenn er nicht fristgerecht eine Krankschreibung vorweist.

Tipp: Im Online-Kundenbereich mancher Krankenkassen können Sie direkt ein Foto Ihrer Krankmeldung hochladen.

5. Was muss man beachten, wenn man länger krank ist?

Wenn Sie länger als erwartet krank sind, benötigen Sie eine Folgebescheinigung vom Arzt. Dabei gilt: Zwischen zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen darf keine zeitliche Lücke entstehen. Der Patient muss sich die Folgebescheinigung in der Regel am nächsten Werktag nach Ende der Erstbescheinigung ausstellen lassen (eine mögliche Ausnahme: siehe Punkt 9). Zusätzlich muss er eine Ausführung an die Krankenkasse schicken. Wer also von Montag bis Mittwoch krankgeschrieben war und am Donnerstag noch nicht fit ist, muss normalerweise an diesem Tag noch die Krankschreibung besorgen. Liegt ein Wochenende dazwischen, ist der Arztbesuch am nächsten Werktag fällig.

6. Muss man die Diagnose beim Arbeitgeber angeben?

Klares nein.

Sie sind keinesfalls verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber die Diagnose mitzuteilen, auch nicht, wenn dieser danach fragt. Es reicht völlig aus, wenn Sie Bescheid geben, dass Sie krank sind. Den genauen Grund Ihres Ausfalls müssen Sie nicht nennen. Daher erhalten Sie vom Arzt eine spezielle Ausführung des Krankenscheins für den Arbeitgeber, auf der keine Diagnose vermerkt ist.

Nur wenn Ihre Krankheit von größerer Tragweite für die Firma sein könnte, sollten Sie Ihren Arbeitgeber darüber informieren. Das gilt zum Beispiel, wenn die Gefahr besteht, dass Sie Kollegen oder Kunden mit einer schweren Erkrankung angesteckt haben könnten.

7. Kino, Rasenmähen, Joggen … Ist das erlaubt?

Ihr Büro-Kollege ist eine Woche lang krankgeschrieben – und plötzlich sehen Sie ihn im Stadtwald seine Runden drehen. "Das ist doch unerhört", denken Sie vielleicht, "wer eine Krankschreibung hat, ist verpflichtet, zu Hause zu bleiben". Ist es wirklich rechtens, während einer Krankheit Freizeitaktivitäten nachzugehen?

Die Antwort: Es kommt darauf an. Und zwar darauf, um welche Krankheit es sich handelt und in welchem Beruf der Krankgeschriebene tätig ist.

Sie müssen nicht zwangsläufig strenge Bettruhe halten, es sei denn, Ihr Arzt hat dies angeordnet. Wenn Sie krankgeschrieben sind, ist es jedoch Ihre Pflicht, jegliche Tätigkeiten zu unterlassen, die Ihre Genesung verzögern könnten. Aktivitäten, die den Krankheitsverlauf nicht verlängern, dürfen Sie hingegen bedenkenlos nachgehen.

Das heißt zum Beispiel: Ist der Kollege wegen eines grippalen Infekts krankgeschrieben und joggt dennoch durch den Park, könnte dies den Infekt verstärken und seine Genesung verzögern. Leidet der Kollege hingegen unter Tinnitus und tobt sich sportlich im Freien aus, ist dagegen nichts einzuwenden, denn das Laufen wird seine Krankheitszeit voraussichtlich nicht verlängern.

8. Was ist, wenn der Arzt im Urlaub ist?

Sie liegen schon zwei Tage flach und brauchen einen Krankenschein, aber Ihr Hausarzt ist im Urlaub. Was tun?

Als Patient sind Sie in der Pflicht, sich um die Krankschreibung zu kümmern. Jeder Kassenarzt hat einen Vertretungsarzt, welcher dann Ihr Ansprechpartner ist. In der Regel hinterlässt der Arzt auf dem Anrufbeantworter und/oder an der Tür seiner Praxis die Information, welche Vertretung zuständig ist und wo sie zu erreichen ist.

9. Darf der Arzt eine Krankmeldung rückwirkend ausstellen?

Im Prinzip ja – jedoch nur bis zu maximal drei Tage. Gehen Sie beispielsweise am Mittwoch zum Arzt, waren jedoch schon am Montag und Dienstag nicht arbeiten, kann der Mediziner Sie auch rückwirkend krankschreiben. Voraussetzung ist allerdings, dass er gewissenhaft geprüft hat, dass Sie an den Vortagen mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich krank waren.

10. Darf man trotz Krankschreibung arbeiten?

Ja, das dürfen Sie.

Ihr Arzt gibt mit seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lediglich eine Prognose darüber ab, wie lange Sie voraussichtlich krank sein werden. Sind Sie jedoch früher als erwartet wieder gesund, dürfen Sie auch wieder arbeiten. Der Versicherungsschutz behält seine Gültigkeit. Übrigens: Eine "Gesundschreibung" vom Arzt gibt es in einem solchen Fall nicht.

Ihr Chef kann Sie jedoch gegebenenfalls wieder nach Hause schicken, wenn er den Eindruck hat, dass Sie nicht fit sind oder womöglich andere Kollegen anstecken könnten.

11. Krank im Urlaub: Pech gehabt?

Nicht unbedingt.

Es ist ein Klassiker: Kaum hat der lang ersehnte Urlaub begonnen, wird man krank. Das muss aber nicht bedeuten, dass man die Urlaubstage nun umsonst genommen hat. Wenn Sie sich ein Attest besorgen, können Sie die Zeit, in der Sie krank waren, zu einem späteren Zeitpunkt als Urlaub nachholen.