Wochenbettdepression: Auch beim Mann keine Seltenheit
Nicht nur Frauen können nach der Geburt eines Kindes eine Wochenbettdepression bekommen, sondern auch Männer. Wie macht sich eine solche postpartale Depression bemerkbar und welche Folgen hat sie für das Kind?

Inhaltsverzeichnis
Die Wochenbettdepression ist eine Form der Depression, die in den ersten Monaten nach der Geburt auftritt. Ohne Behandlung dauert sie meist vier bis sechs Monate.
Weitere Bezeichnungen für die Wochenbettdepression sind postpartale Depression (lateinisch: post = nach, partus = Geburt, Entbindung) oder auch postnatale Depression (lateinisch: natus = geboren).
Wie verbreitet ist die Wochenbettdepression?
Es ist wohl allgemein bekannt, dass nicht wenige Frauen nach der Geburt eine Wochenbettdepression bekommen. Bis zu 15 Prozent der frischgebackenen Mütter sind betroffen. Dass der Familienzuwachs auch bei 5 Prozent der Väter eine Depression auslöst, ist eine vergleichsweise neue Erkenntnis.
Allerdings tritt die postpartale Depression bei Männern eher später auf als bei Frauen: Bei Müttern beginnt die Wochenbettdepression meist in den ersten drei Monaten nach der Geburt. Bei Vätern hingegen können bis zu zwölf Monate vergehen, bevor sich die ersten Symptome zeigen.
Dabei macht sich die postpartale Depression beim Mann oft anders bemerkbar als bei der Frau. Denn depressive Männer neigen eher dazu, ihre Gefühle für sich zu behalten, psychische Probleme zu leugnen und keine Hilfe zu suchen. Das mag ein Grund dafür sein, dass die Wochenbettdepression Männer scheinbar seltener trifft als Frauen.
Auswirkungen auf die Familie
Eine postpartale Depression wirkt sich negativ auf die elterliche Kinderbetreuung aus. So verbringen viele depressive Eltern weniger Zeit mit ihren Kindern und halten auch körperlich mehr Abstand – das heißt, sie umarmen und knuddeln ihre Kinder seltener. Zudem neigen die Betroffenen eher dazu, ihren Frust bei der Kindererziehung herauszulassen.
Männer mit einer Wochenbettdepression beteiligen sich nicht nur weniger an der gemeinsamen Kinderbetreuung. Vermutlich bedeutet eine postpartale Depression beim Mann einen erhöhten Stresspegel in der ganzen Familie. Das kann zu Konflikten in der Partnerschaft führen – im Extremfall auch zu häuslicher Gewalt und letztendlich zur Trennung.
Entsprechend kann eine postnatale Depression beim Mann auch depressive Symptome bei der Frau auslösen.
Welche Folgen hat die postpartale Depression für das Kind?
Dass eine postpartale Depression der Frau die Beziehung zu ihren Kindern und deren Entwicklung negativ beeinflusst, ist schon lange bekannt. Doch welche Folgen haben psychische Probleme beim Mann für die Kinder? Diese Frage blieb lange unbeachtet, da die Mutter als wichtigster Bezugspunkt für die Kinder galt.
Doch heutzutage kümmern sich Männer allgemein mehr um ihre Kinder als in früheren Generationen. Das bedeutet: Ihr Einfluss auf die Gesundheit und Entwicklung der Kinder hat zugenommen. Das ließ Zweifel an der Nebenrolle des Vaters aufkommen.
Inzwischen weiß man: Auch eine postnatale Depression beim Mann wirkt sich negativ auf Verhalten, Stimmung und emotionale Entwicklung von Kindern aus. So zeigen jüngere Studien, dass die Wochenbettdepression bei Männern zum Beispiel …
- … ein Risikofaktor für übermäßiges Weinen bei Babys ist.
- … vermehrte Verhaltens- und emotionale Probleme bei Klein- und Grundschulkindern zur Folge hat.
- … das Risiko für Depressionen bei Jugendlichen (v.a. bei Mädchen) im Alter von 18 Jahren deutlich erhöht.
Die negativen Auswirkungen einer väterlichen Depression nach der Geburt reichen also bis in die späte Kindheit und Jugend des Kindes.
Umgekehrt kann das Wohlbefinden eines Vaters den Gesundheitszustand seiner Kinder auch positiv beeinflussen. So kann ein psychisch gesunder Mann die negativen Auswirkungen einer Wochenbettdepression der Mutter auf das Kind mildern.
Das zeigt, wie wichtig es ist, die Wochenbettdepression auch als mögliches Problem bei Männern zu erkennen und zu behandeln.
Postpartale Depression. Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Stand: Februar 2019)
Gutierrez-Galve, L., et al.: Association of Maternal and Paternal Depression in the Postnatal Period With Offspring Depression at Age 18 Years. JAMA Psychiatry (Online-Publikation, 26.12.2018)
Cheng, E.R., et al.: Prevalence of Depression Among Fathers at the Pediatric Well-Child Care Visit. JAMA Pediatrics, Vol. 172, Iss. 9, pp. 882-883 (September 2018)
Depression nach der Geburt – was kann helfen? Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): www.gesundheitsinformation.de (Stand: 7.9.2016)
Yogman, M., et al.: Fathers’ Roles in the Care and Development of Their Children: The Role of Pediatricians. PEDIATRICS, Vol. 138 , Iss. 1 (1.7.2016)
Weitere Informationen
Onmeda-Lesetipps:
- Depression: Erkennen & behandeln
- Depressionen bei Kindern und Jugendlichen
- Depression: Tipps & Hilfe für Angehörige
- Das wird schon wieder!? Diese 7 Sätze sind für Depressive keine Hilfe
- Psychotherapie: Hilfe für die Seele
Letzte Änderung: 07.09.2020