Man sieht eine Ärztin, die bei einer Patientin eine Schilddrüsensonographie durchführt.
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Radiojodtherapie

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 01.03.2021 - 11:53 Uhr

Die Radiojodtherapie ist eine Sonderform der Strahlentherapie, bei der radioaktiv markiertes Jod zum Einsatz kommt. Ärzte verordnen die Radiojodtherapie bei gut- oder bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse, um verändertes Schilddrüsengewebe zu zerstören.

Überblick

Bei der Radiojodtherapie, häufig auch als RJT oder RIT abgekürzt, verabreicht der Arzt radioaktives Jod – das Jod-Isotop 131 – als wässrige Lösung zum Trinken oder als Kapsel zum Schlucken. Die Schilddrüse selbst hat als einziges Organ des menschlichen Körpers die Fähigkeit, Jod in ihren Zellen zu speichern. Daher lagert sich das radioaktive Jod ausschließlich im Schilddrüsengewebe ab – beziehungsweise in Geweberesten nach einer operativen Entfernung der Schilddrüse – und nicht in anderen Organen.

In der Schilddrüse angelangt, zerfällt das Jod 131 langsam. Dabei setzt es neben besonders energiereichen Teilchen (Betastrahlung) auch weniger energiereiche Teilchen (Gammastrahlung) frei. Nach etwa acht Tagen ist das radioaktive Jod bereits zur Hälfte zerfallen.

Ziel der Radiojodtherapie ist es, mithilfe der radioaktiven Strahlung verändertes Schilddrüsengewebe zu zerstören. Sie findet unter anderem Anwendung

Video: Anatomie, Funktion und Erkrankungen der Schilddrüse

Vor der Radiojodtherapie müssen bestimmte Maßnahmen ergriffen werden. Hierzu zählen zum Beispiel

  • ein mehrwöchiger Verzicht auf jodhaltige Substanzen (sog. Jodkarenz),
  • eine medikamentöse Vorbehandlung,etwa mit Glukokortikoiden ("Kortison"),
  • die Berechnung der genauen Strahlendosis oder
  • eine Umstellung der Konzentration an Schilddrüsenhormonen.

Im Anschluss an die Radiojodtherapie erfolgt eine engmaschige Nachkontrolle, bei welcher der Arzt unter anderem die Menge an Schilddrüsenhormonen bestimmt und den Erfolg der Therapie ermittelt. Bei den meisten Betroffenen zeigt sich ein Therapieerfolg der Radiojodtherapie erst nach etwa zwei bis sechs Monaten.

Die Radiojodtherapie darf in Deutschland nur unter strenger Einhaltung der Strahlenschutzordnung ablaufen und wird in speziellen Kliniken angeboten.

Anwendung

Die Radiojodtherapie findet insbesondere bei gutartigen Tumoren der Schilddrüse oder einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) wie Morbus Basedow Anwendung. Auch in einigen Fällen von Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom) eignet sich die Radiojodtherapie, oft zusätzlich zu einer Operation und / oder anderen Therapien. Wenn keine Operation erwünscht oder möglich ist, lässt sich auch eine Struma (vergrößerte Schilddrüse, "Kropf") mit einer Radiojodtherapie behandeln.

Welche Strahlendosis zur Therapie erforderlich ist, richtet sich dabei nach der zu behandelnden Erkrankung. Direkt nach der Anwendung können vorübergehend Nebenwirkungen wie Schluckbeschwerden, Rötungen der Haut, Kratzen im Hals oder leichte Schmerzen auftreten.

Durchführung

Vor der Radiojodtherapie findet eine gründliche Vorbereitung statt. Dazu misst der Arzt die Größe der Schilddrüse. Um zu prüfen, wie stark die Schilddrüse das radioaktive Jod aufnehmen wird, führt der Arzt einen Radiojodtest durch und berechnet anschließend die Strahlendosis für die eigentliche Strahlentherapie. Damit kann er die radioaktive Belastung – und damit die Risiken und Nebenwirkungen – der Radiojodtherapie so gering wie möglich halten.

In den sechs Wochen vor Beginn der Radiojodtherapie ist es wichtig, sich nach Anweisung des Arztes jodarm zu ernähren und auf entsprechende Nahrungszusätze (etwa jodhaltige Mineralstoffpräparate) zu verzichten. Nimmt der Betroffene Medikamente ein, beispielsweise zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion, erklärt der Arzt, ob und wie sie vor der Radiojodtherapie abgesetzt werden müssen.

Die Radiojodtherapie beginnt mit der Einnahme des radioaktiven Jods 131. Hierzu nehmen die Betroffenen in der Regel eine Kapsel ein oder trinken eine wässrige Lösung, in der das Jod enthalten ist.

In Deutschland müssen die Patienten nach der Strahlenbehandlung zunächst für wenige Tage stationär in Quarantäne bleiben, da sämtliche Ausscheidungen und auch die Atemluft für eine gewisse Zeit radioaktiv belastet sind. Die Strahlenschutzverordnung und die dazugehörigen Richtlinien geben vor, dass die Radioaktivität (genauer: die Äquivalentdosis) unter einen bestimmten Grenzwert abklingen muss. Deshalb werden Stuhl, Urin, Erbrochenes und Waschwasser aus entsprechenden Kliniken in eigene Tankanlagen geleitet und dort solange gelagert, bis die Aktivität pro Liter niedrig genug ist. Erst dann darf der Tankinhalt in das öffentliche Wassernetz eingeleitet werden.

Nebenwirkungen

Die Radiojodtherapie gilt allgemein als ein nuklearmedizinisches Verfahren mit geringen Nebenwirkungen. Trotzdem können – abhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung, der Vorbehandlung, der Strahlendosis und der persönlichen Konstitution – vereinzelt Nebenwirkungen und Komplikationen auftreten. Dies können unter anderem sein:

Nachsorge

Die Radiojodtherapie erfordert eine gründliche Nachsorge durch den behandelnden Arzt. Da die verabreichte Jod-Dosis relativ niedrig ist, lässt sich eine therapeutische Wirkung in der Regel erst nach mehreren Wochen bis hin zu sechs Monaten erzielen. Zur Nachsorge überprüft der Arzt in regelmäßigen Abständen den Erfolg der Behandlung, zum Beispiel mithilfe einer Schilddrüsen-Szintigraphie.

Nicht angewendet werden sollte die Radiojodtherapie

Frauen sollten nach einer Radiojodtherapie für mindestens sechs Monate auf eine Schwangerschaft verzichten.

Es ist nicht bekannt, ob sich das Risiko für genetische Erkrankungen oder Krebs durch eine Radiojodtherapie erhöht.