Eine Frau lacht und greift sich in die Haare
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Immunsystem: Aufbau

Von: Onmeda-Redaktion, Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 24.03.2021

Der Aufbau des Immunsystems ist sehr komplex – ebenso wie die Aufgaben, die das Immunsystem des Menschen erfüllt: Es schützt unseren Körper vor krankmachenden Erregern, indem es ihn immun gegen deren Einflüsse macht. Dies geschieht dadurch, dass das Immunsystem zwischen "Fremd" und "Selbst" unterscheidet und eine entsprechende Immunantwort auslöst.

Allgemeines

Das Immunsystem des Menschen ist in seinem funktionellen Aufbau in zwei Teile gegliedert: in ein unspezifisches (angeborenes) und ein spezifisches (erworbenes) Immunsystem. Teils wirkt die Immunität also von Geburt an und teils erwirbt der Mensch die Immunität durch einen Lernprozess, bei dem das Abwehrsystem Moleküle entwickelt, die ganz bestimmte artfremde Eiweißstoffe (d.h. spezifische Antigene) erkennen kann.

Das Immunsystem hat zwar einen zweigeteilten Aufbau, das angeborene und das erworbene Immunsystem sind in ihrer Arbeitsweise aber eng miteinander verknüpft. Die meisten Krankheitserreger kann das Immunsystem innerhalb weniger Stunden aufspüren und durch die Mechanismen der angeborenen Immunabwehr zerstören. Da die angeborene Immunantwort nicht antigenspezifisch ist, benötigt sie auch keine lange Anlaufphase. Wenn es dieser ersten Verteidigung des Körpers nicht gelingt, den Erreger zu vernichten, kommt es nach einem Zeitraum von vier bis sieben Tagen zur erworbenen Immunantwort: Dann bilden sich antigenspezifische Zellen, die speziell gegen diesen einen Erreger gerichtet sind.

Am Aufbau des Immunsystems und somit auch an der Entstehung der Immunantwort sind viele verschiedene Organe und Zellsysteme beteiligt. Insgesamt hat das Immunsystem des Menschen eine Masse von zwei bis drei Kilogramm, wobei seine Komponenten aber im ganzen Körper verteilt sind. Die Organe, die das Immunsystem in seinem anatomischen Aufbau umfasst, heißen lymphatische Organe beziehungsweise Lymphsystem. Man kann sie wie folgt unterteilen:

  • Primäre lymphatische Organe: Hierzu gehören das Knochenmark und der Thymus (ein großes Organ im oberen Brustbereich). Diese Organe sind für die Bildung von Lymphozyten zuständig, die dann über das Blut zu den peripheren (d.h. am Rand liegenden) lymphatischen Organen gelangen. Dort erfolgt die Einleitung der Immunantworten des erworbenen Immunsystems.
  • Periphere, sekundäre lymphatische Organe: Hierzu zählen die Lymphknoten, die Milz und die lymphatischen Gewebe des Magen-Darm-Trakts (Rachenmandeln, Blinddarm u.a.), der Lunge und anderer Schleimhäute.

Unspezifische Immunabwehr

Der Aufbau des Immunsystems gliedert sich in zwei Systeme mit unterschiedlichen Abwehrmechanismen: die unspezifische und die spezifische Immunabwehr. Die unspezifische Immunabwehr ist in der Lage, Fremdkörper und viele allgemein vorkommende Krankheitserreger bereits beim ersten Kontakt unschädlich zu machen. Daher bezeichnet man sie auch als angeborenes Immunsystem.

Das angeborene Immunsystem ist für die Bekämpfung bakterieller Infektionen von großer Bedeutung. Die unspezifische Immunabwehr verfügt über zelluläre und nicht-zelluläre (sog. humorale) Mechanismen:

  • Zelluläre Faktoren:
    Die unspezifische Immunabwehr setzt als Abwehrzellen bestimmte weiße Blutkörperchen ein, die den Erreger oder Fremdkörper aufnehmen und ihn verdauen: sogenannte Phagozyten oder auch Fresszellen. Zu den Fresszellen gehören neutrophile und eosinophile Granulozyten, Makrophagen (Riesenfresszellen) und Monozyten (Vorläufer der Makrophagen).
    Teilweise zählt man auch Lymphozyten, Mastzellen und Fibroblasten zu den Fresszellen: Sie nehmen zwar gelegentlich auch Fremdpartikel auf, verdauen diese aber nicht, sondern geben sie in Zellzwischenräume ab, wo die eigentlichen Fresszellen sie vernichten.
  • Humorale Faktoren:
    Neben Abwehrzellen nutzt die unspezifische Immunabwehr in Körperflüssigkeiten gelöste Substanzen (lat. humor = Flüssigkeit), die bakterientötend wirken. Dazu gehört das Enzym namens Lysozym, das in verschiedenen Körpersekreten wie Tränenflüssigkeit und Speichel enthalten ist und die Zellwand zahlreicher Bakterien angreift.
    Zudem umfasst das unspezifische Immunsystem das sogenannte Komplementsystem, ein von der Leber gebildetes Enzymsystem, das aus einer Gruppe von etwa 20 Bluteiweißkörpern besteht und zur Auflösung körperfremder Zellen führt. Darüber hinaus dienen auch sogenannte Interferone, die sich vorwiegend gegen Viren richten, als unspezifische humorale Immunabwehr.

Die unspezifische Immunabwehr setzt sich jedoch nicht nur aus humoralen und zellulären Mechanismen zusammen – es sind noch weitere unterstützende Faktoren am Aufbau des unspezifischen Immunsystems beteiligt: So bietet die gesunde Haut einen natürlichen Schutz vor dem Eindringen von Krankheitserregern. Magensaft vernichtet durch seinen hohen Säuregehalt Bakterien, die der Mensch mit der Nahrung aufnimmt. Krankheitserreger, die durch die Atemluft in die Luftwege geraten, bleiben dort am von der Schleimhaut gebildeten Schleim hängen. Der Schlag der Flimmerhaare schleust sie von dort aus dem Körper. Niesen oder Husten dienen dem gleichen Ziel.

Spezifische Immunabwehr

Anders als beim unspezifischen (angeborenen) Immunsystem beginnt der Aufbau des spezifischen Teils des Immunsystems erst nach der Geburt: Die spezifische Immunabwehr lernt der Organismus im Lauf des Lebens durch die direkte Auseinandersetzung mit einem bestimmten Krankheitserreger, weshalb man sie auch als erworbene Immunabwehr bezeichnet.

In diesem Lernprozess zum Aufbau des spezifischen Immunsystems entstehen beim ersten Kontakt mit einem Erreger besondere Abwehrmechanismen, die ganz gezielt gegen diesen bestimmten Krankheitserreger gerichtet sind: Durch Anpassung (lat. = Adaptation) an den jeweiligen Erreger entwickelt das Immunsystem eine sogenannte adaptive Immunantwort. Die während der Immunantwort gebildeten Gedächtniszellen beugen einem erneuten Angriff desselben Erregers vor. Darüber hinaus kann die spezifische Immunabwehr krankhafte körpereigene Zellen wie Tumorzellen erkennen und angreifen.

Eine wichtige Rolle beim Aufbau des spezifischen Immunsystems spielen Immunzellen oder auch Lymphozyten (lat. lympha = klares Wasser, griech. kytos = Zelle): Diese Zellen sind zu immunologischen Reaktionen fähig – sie vermitteln die spezifische Immunabwehr. Lymphozyten sind die kleinsten weißen Blutkörperchen. Ihr Anteil an der Gesamtmenge der weißen Blutkörperchen im Blut beträgt etwa ein Viertel. Allerdings befinden sich 98 Prozent der Lymphozyten nicht im Blut, sondern in den lymphatischen Organen (Lymphknoten, Lymphbahnen, Milz) und im Knochenmark. Von dort aus gibt der Körper ständig einen kleinen Teil der Zellen ins Blut ab.

Die Lebensdauer der Lymphozyten beträgt zehn Tage bis mehrere Jahre. Die Abwehrzellen entwickeln sich zunächst im Knochenmark und im Thymus (d.h. in den primären Organen des Immunsystems). Von dort aus besiedeln sie die sekundären Immunorgane wie Lymphgewebe und Milz.

Die spezifische Immunabwehr verfügt über verschiedene Typen von Lymphozyten:

  • T-Lymphozyten:
    Aufgabe dieser Immunzellen ist es, zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen zu unterscheiden. Sie entwickeln sich im Thymus (griech. thymos = Brustdrüse), einem zweilappigen Organ, das hinter dem Brustbein liegt. Die T-Lymphozyten machen etwa 70 bis 80 Prozent aller Lymphozyten im Blut aus. Sie gehören zum spezifischen zellulären Immunsystem. Bei Kontakt mit einem Fremdkörper entwickeln sie sich zu sogenannten T-Effektorzellen, die verschiedene Immunantworten auslösen oder verstärken, oder zu langlebigeren T-Gedächtniszellen, die auch nach Jahren noch bei einem erneuten Eindringen des gleichen Fremdkörpers diesen erkennen und zu verstärkten Immunantworten führen.
    Die T-Effektorzellen teilt man in zwei Gruppen ein: Die sogenannten T-Helferzellen, die B-Zellen und Makrophagen aktivieren, und die sogenannten T-Killerzellen (zytotoxische T-Zellen), die durch Lyse (= Auflösung) infizierte Zellen töten. Daneben finden sich noch T-Unterdrückerzellen (regulatorische T-Zellen), deren Funktion darin besteht, die Aktivierung des Immunsystems zu unterdrücken und die Immunantwort gegen körpereigene Stoffe zu hemmen: So sorgen sie im gesunden Organismus dafür, dass das Immunsystem dem eigenen Körper gegenüber tolerant bleibt. Dies verhindert die Entstehung von Autoimmunkrankheiten.
  • B-Lymphozyten:
    Dieser Immunzelltyp reift im Knochenmark und macht etwa 15 Prozent aller Lymphozyten im Blut aus. B-Lymphozyten gehören zum spezifischen humoralen Immunsystem. Bei Kontakt mit einem Fremdkörper entwickelt sich ein Teil der B-Lymphozyten zu sogenannten Plasmazellen, deren Aufgabe es ist, Antikörper (= Immunglobuline, Ig) gegen diesen Fremdkörper zu bilden. Plasmazellen leben etwa zwei bis drei Tage. Aus dem anderen Teil der B-Lymphozyten entwickeln sich nach Kontakt mit einem Fremdkörper langlebige B-Gedächtniszellen, die noch Jahre später, auch wenn der Körper nicht mehr diesem Fremdkörper ausgesetzt ist, die gleichen Antikörper bilden können.