Ein kleiner Junge hält sich die Hand vor den Mund.
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Rülpsen & Aufstoßen: Diese Rülps-Fakten sollten Sie kennen

Von: Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education)
Letzte Aktualisierung: 18.01.2022 - 15:26 Uhr

Hoppla! Haben Sie etwa gerade ein Bäuerchen gemacht? Nicht immer gelingt es, einen sich ankündigenden Rülpser zu unterdrücken. Aber muss jedes Aufstoßen gleich anstößig sein? Wir haben zu diesem heiklen Thema die interessantesten und amüsantesten Fakten zusammengetragen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Wenn die Luft raus ist: Diese Rülps-Fakten sollten Sie kennen

Rülpsen, bölken, ein Bäuerchen machen: Dafür, dass man nicht gern darüber spricht, gibt es für das Aufstoßen im Volksmund erstaunlich viele Synonyme. Mediziner dagegen verwenden gern das aus dem Lateinischen stammende Wort Ruktus (ructus = aufstoßen).

1. Warum muss der Mensch überhaupt aufstoßen?

Ob beim Essen, Trinken oder beim Sprechen: Mit jedem Schlucken gelangt über Mund und Speiseröhre auch ein wenig Luft in den Magen. Diese Luft muss wieder entweichen. Und das tut sie vorzugsweise nach oben.

Normalerweise ist der Übergang zwischen Magen und Speiseröhre, der Magenmund (Kardia), fest verschlossen. Das verhindert, dass Nahrungsbrei wieder zurück in die Speiseröhre fließen kann. "Ab einem gewissen Druck, der durch die Luft im Magen entsteht, kommt es jedoch zu einer Art Ventilmechanismus: Der Magenmund öffnet sich für einen Moment und die Luft entweicht nach oben", erklärt Gastroenterologe Prof. Christian Trautwein. Trautwein ist Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und Direktor der Medizinischen Klinik III der Uniklinik Aachen.

Übrigens: Ein Teil der verschluckten Luft gelangt auf anderen Wegen ins Freie. Zum einen entweicht das Gasgemisch über den After, also als Pups. Zum anderen gerät eine geringe Menge über das Blut in die Lungen und von dort mit der Atemluft nach draußen.

"Im Mittelalter war Rülpsen gang und gäbe und ein Anzeichen dafür, dass die Mahlzeit geschmeckt hat.

Prof. Dr. Christian Trautwein

2. Wie häufig rülpst der Mensch normalerweise?

Das ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Es gibt Leute, die besonders schnell reden oder essen und dadurch mehr Luft schlucken als andere. Auch kommt es darauf an, was man isst oder trinkt. Wer gern und viel Sprudel trinkt, wird eher zum Rülpsen neigen als jemand, der stilles Wasser bevorzugt.

"Darüber hinaus spielt eine Rolle, wie gut der Übergang zwischen Magen und Speiseröhre beim Einzelnen abdichtet", erklärt Trautwein. "Bei manchen Personen funktioniert der Verschlussmechanismus weniger gut, sodass sie früher Luft in Form eines Rülpsers ablassen müssen."

Tipp: Wer häufiges Aufstoßen reduzieren will, sollte darauf achten, langsam und nicht zu viel auf einmal zu essen. Auch kohlensäurehaltige Getränke können Rülpsen fördern.

3. Unterdrücken oder lieber rauslassen?

Keine Frage: Mit offenem Mund oder besonders laut zu rülpsen gehört sich hierzulande nicht. Macht es aber auch bei geschlossenem Mund Sinn, ein Aufstoßen zu unterdrücken? Und: Geht das überhaupt?

Trautwein hat dazu eine eindeutige Meinung: "Das Beste ist, die Luft nach oben rauszulassen. Rülpsen ist ein ganz normaler physiologischer Vorgang. Im Mittelalter war Rülpsen sogar gang und gäbe und ein Anzeichen dafür, dass die Mahlzeit geschmeckt hat."

Fazit: Aufstoßen ist etwas völlig Normales und gar nicht eklig – solange Sie den Mund geschlossen halten.

4. Wie entsteht das Geräusch beim Aufstoßen?

Das klassische Rülpsgeräusch entsteht an der engsten Stelle der Speiseröhre, welche sich direkt am Eingang der Speiseröhre hinter dem Kehlkopf befindet: am Ösophagusmund (Ösophagus = Kehlkopf).

Im Ruhezustand ist der Ösophagusmund durch einen Muskel sowie ein umliegendes Venengeflecht fest verschlossen. Beim Schlucken dagegen erschlafft der Schließmuskel, sodass die Nahrung die Speiseröhre passieren kann.

Der Innendurchmesser der Speiseröhre beträgt am Ösophagusmund nur etwa 14 bis 15 Millimeter. Entsprechend hoch wird der Druck, wenn Luft aus dem Magen gegen den verschlossenen Ösophagusmund strömt. Dabei ist ein mehr oder minder lautes Geräusch zu vernehmen.

5. Warum riecht die Atemluft manchmal, wenn man aufstoßen muss?

Sie ahnen es vielleicht schon: Der säuerliche Geruch, der beim Rülpsen manchmal entsteht, hat mit der menschlichen Verdauung zu tun. Christian Trautwein erläutert: "Im Magen werden die Speisen vorverdaut. Dabei können Gase entstehen. Wenn diese zusammen mit der Luft entweichen, kann das Aufstoßen auch mal riechen."

6. Was ist saures Aufstoßen?

Wenn von Aufstoßen oder Rülpsen die Rede ist, ist damit normalerweise das Entweichen von Luft über den Mund gemeint. "Beim sauren Aufstoßen wird dagegen der saure Mageninhalt in die Speiseröhre gedrückt", so Trautwein. "Man spricht dann auch von einem Reflux."

7. Wann ist Aufstoßen ein Fall für den Arzt?

Die gute Nachricht: Das normale Aufstoßen, also das Entweichen von Luft, ist fast immer harmlos. Hellhörig werden sollten Sie jedoch, wenn Sie Veränderungen an sich wahrnehmen. Dazu zählen zum Beispiel häufigeres oder intensiveres Aufstoßen, als Sie es bisher gewohnt sind, aber auch ein andauerndes Völlegefühl oder Magenprobleme. Solche Beschwerden können ein Hinweis auf eine körperliche Erkrankung sein, etwa eine Entzündung im Magenbereich oder eine Laktoseintoleranz. Im Zweifel sollten Sie dann den Arzt um Rat fragen.

Aufstoßen von Luft ist also in der Regel kein Grund zur Sorge. Anders sieht es beim sauren Aufstoßen aus. Wer ständig unter Sodbrennen oder einem sauren Geschmack im Mund leidet, sollte in jedem Fall den Arzt aufsuchen. Denn: Wenn dauerhaft ätzender Magensaft nach oben fließt, kann die Speiseröhre Schaden nehmen.

8. Was ist Rülpsstimme?

Kleine Kinder haben oft Spaß daran, Worte oder auch ganze Sätze zu rülpsen. Man könnte von einer Rülpsstimme sprechen. Es gibt aber auch ein medizinisches Aufstoßen, das umgangssprachlich als Rülpsstimme bezeichnet wird: die Ösophagusstimme. Sie ist eine Ersatzstimme für Personen, die keinen Kehlkopf mehr haben und somit auf normalem Weg keinen Stimmklang mehr erzeugen können.

Die Rülpsstimme ist eine Technik, die erlernt werden muss. Sie funktioniert so: Die Person schluckt Luft. Anschließend erzeugt sie mit den Bauchmuskeln einen Überdruck im Mund, sodass die Luft in die Speiseröhre gedrückt wird. Nun presst die Person die Luft gezielt über den Mund wieder hinaus. Mithilfe von Gaumen, Zunge und Lippen kann sie dabei unterschiedliche Töne erzeugen und zu Lauten formen.

9. Stimmt es, dass man im Weltall nicht aufstoßen kann?

Selbst alltägliche Dinge wie Zähneputzen oder Essen sind für Astronauten eine Herausforderung, denn in der Schwerelosigkeit gibt es kein Oben und Unten. Aber wie ist das mit dem Aufstoßen? Diese Frage haben wir Dr. med. Claudia Stern vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gestellt.

"Auf der Erde befindet sich die Nahrung auf dem Boden des Magens und die Luft darüber. In der Schwerelosigkeit ist die Luft mit dem schwebenden Mageninhalt gemixt", erklärt Stern, die beim DLR die luft- und raumfahrtmedizinische Abteilung leitet. "Das bedeutet, dass man zwar aufstoßen kann, aber dies ein Gemisch aus Luft und flüssigen Mageninhalt ist, also quasi ein 'feuchtes' Aufstoßen."

Fazit: Aufstoßen im All ist theoretisch zwar möglich. Es ist jedoch nicht mit einem Bäuerchen auf der Erde zu vergleichen, da der Rülpser aus Mageninhalt und Luft bestünde. "Dies ist auch der Grund, weshalb es auf der Internationalen Raumstation keine kohlensäurehaltigen Getränke gibt“, sagt Stern. Cola, Mineralwasser und andere Sprudelgetränke sind im All also tabu.

10. Wie laut kann ein Mensch rülpsen?

Laut. Sehr laut sogar.

Stellen Sie sich vor, in fünf Metern Entfernung wirft jemand einen Presslufthammer an. Die Lautstärke erreicht dann einen Wert von rund 100 Dezibel.

Der lauteste dokumentierte Rülpser kann da locker mithalten: Ganze 109,9 Dezibel erreichte Paul Hunn im Jahr 2009. Dieser zweifelhafte Rekord bescherte dem Engländer einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.

11. Und wie lange kann ein Rülpser dauern?

Lange. Sehr lange sogar.

Den Rekord hat Michele Forgione im Rahmen eines Bierfestivals der italienischen Gemeinde Reggiolo aufgestellt. Sein geräuschvolles Aufstoßen war deutlich länger als eine Minute zu hören. Um genau zu sein: 1 Minute, 13 Sekunden und 57 Millisekunden. Damit ist der Italiener, der auch unter dem Namen Rutt Mysterio bekannt ist, seit 2009 unangefochten.

12. Wo kann ich ohne schlechtes Gewissen rülpsen?

Ohne Rücksicht nach Herzenslust rülpsen, das geht nicht nur im stillen Kämmerlein. In manchen Kulturen ist Rülpsen gar nicht schlimm. Zum Beispiel bei den Chinesen. Leichtes Aufstoßen ist hier kein Grund, um vom Tisch verbannt zu werden.

Ein weniger bekannter Ort, an dem viel gerülpst wird, liegt in Mexiko – bei den Tzotzils. Diese Nachfahren der Mayas leben im mexikanischen Bundesstaat Chiapas. In der Kirche des kleinen Orts Chamula versuchen Gläubige, durch Rülpsen böse Geister zu vertreiben. Zu diesem Zweck gibt es reichlich zu trinken. Damit das Aufstoßen besonders gut gelingt, greifen die Tzotzils vorzugsweise auf kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke oder Alkohol aus Zuckerrohr zurück.

13. Müssen Babys nach jeder Mahlzeit ein Bäuerchen machen?

Nicht immer, aber häufig.

Babys schlucken während des Stillens oder beim Trinken aus der Flasche viel Luft. Weil der Magen eines Neugeborenen relativ klein ist, muss es in der Regel auch häufiger aufstoßen.

Übrigens: Der Schließmuskel, der die Speiseröhre vom Magen trennt, funktioniert oft noch nicht so gut wie bei einem Erwachsenen. So passiert es häufig, dass neben der Luft auch etwas Speisebrei oder Milch entweicht. Dieses flüssige Aufstoßen ist also normalerweise kein Grund zur Sorge.

Mütter und Väter können ihrem Baby das Aufstoßen erleichtern, indem sie es auf den Arm nehmen und mit der Hand sanft von oben nach unten über den Rücken klopfen.