Eine Frau wiegt sich nach dem Sport.
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Richtig wiegen: 6 Faktoren, die das Gewicht verfälschen können

Von: Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 17.01.2024

Die Waage ist für viele Menschen ein wichtiges Messinstrument. Das Gewicht dient häufig als Indikator für einen gesunden Körper. Vor allem Menschen, die abnehmen möchten, wiegen sich regelmäßig – und bemerken hin und wieder Gewichtsschwankungen. Leichte Abweichungen sind in der Regel jedoch kein Grund zur Beunruhigung. Richtig wiegen will nämlich gelernt sein. Wie oft und wann sollte man sich wiegen? Und was kann die Zahl auf der Waage verfälschen?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen zum Wiegen

Das hängt von persönlichen Faktoren ab: Wer zum Beispiel abnehmen möchte, sollte sich zur Erfolgskontrolle etwa einmal wöchentlich wiegen. Dies gibt einen Überblick über den mittel- bis langfristigen Trend des Körpergewichts und minimiert die Auswirkungen kurzfristiger Schwankungen. Für eine möglichst genaue Gewichtskurve empfiehlt es sich, einen festen Wiegetag festzulegen. 

Um verlässliche Ergebnisse zu haben, ist es ratsam, möglichst gleiche Bedingungen zu schaffen. Deshalb wird empfohlen, morgens nach dem Toilettengang und auf nüchternen Magen auf die Waage zu steigen. Wer sich hingegen abends wiegt, muss mit stärkeren Schwankungen rechnen.

In der Regel ist das Körpergewicht abends am höchsten. Die meisten Menschen wiegen am Ende des Tages rund ein bis zwei Kilogramm mehr als morgens, was vor allem auf die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme zurückzuführen ist. 

Häufige Fehler beim Wiegen und wie es richtig geht

Wer sein Gewicht regelmäßig kontrolliert, stellt vermutlich Schwankungen fest. Das kann zu Unmut führen, etwa, wenn man abnehmen oder zunehmen möchte und die Waage ohne ersichtlichen Grund eine höhere oder niedrigere Zahl als am Vortag anzeigt.

Gewisse Schwankungen sind aber völlig normal und deuten nicht zwangsläufig darauf hin, dass man über Nacht an Fettmasse zugenommen hat. Oft wird vergessen, dass die Zahl auf der Waage weitaus mehr als nur den Körperfettanteil anzeigt. So spielen zum Beispiel die Muskelmasse sowie Wasser im Körper ebenfalls eine große Rolle beim Wiegen. Doch es gibt noch mehr Faktoren, die das Körpergewicht verfälschen können.

Fehler 1: Unterschiedliche Ergebnisse durch unterschiedliche Waagen

Wer sich mal zu Hause, mal im Fitnessstudio und mal in der ärztlichen Praxis wiegt, kennt das Phänomen vielleicht: Je nach Waage schwankt das Gewicht oft um mehrere Kilogramm. Das liegt daran, dass nicht jede Waage korrekt kalibriert ist. Beim Kalibrieren wird die Genauigkeit der Waage gemessen, indem man die Abweichung vom Soll- zum Normalwert bestimmt.

Mit der Zeit lässt die Genauigkeit von Waagen oft nach. Das geschieht durch Abnutzung und Veränderungen der Umgebungsbedingungen, etwa Schwankungen der Temperatur oder Luftfeuchtigkeit. Doch auch bei neuen Waagen kann das Ergebnis ungenau sein. Zwar gibt es gesetzliche Vorschriften, was die Genauigkeit von Personenwaagen angeht. Diese tolerieren aber relativ große Abweichungen.

Tipp: Waage selbstständig kalibrieren

Mithilfe von Prüfgewichten lässt sich leicht herausfinden, ob die Waage den richtigen Messwert anzeigt. Hierzu kann beispielsweise eine Sporthantel oder eine Kettlebell mit Normgewicht verwendet werden. Einige Waagen werden auch zusammen mit einem Prüfgewicht verkauft.

So geht’s: Das Referenzgewicht zur Kontrolle auf die Waage legen. Wird ein zu niedriges oder zu hohes Gewicht angezeigt, kann die Differenz einfach abgezogen oder angerechnet werden, wenn man im Anschluss selbst auf die Waage steigt.

Fehler 2: Waage falsch aufstellen

Das Wiegeergebnis kann auch dann verfälscht werden, wenn die Waage auf dem falschen Untergrund steht. Ein Teppich ist zum Beispiel nicht geeignet, da dieser häufig uneben ist. Besser ist ein gerader, rutschfester Untergrund, etwa Parkett oder Fliesen.

Auch sollte die Waage nicht zu nah an der Wand oder Tür stehen, sondern mindestens 30 Zentimeter davon entfernt. Zudem wird empfohlen, sich möglichst hüftbreit hinzustellen. So wird verhindert, dass man die Waage ungleichmäßig belastet. 

Übrigens: Wer eine moderne Analysewaage verwendet, sollte sich vor dem Wiegen nicht die Füße eincremen. Creme kann nämlich die Leitfähigkeit von Strom stören und somit ebenfalls das Wiegeergebnis verfälschen.

Fehler 3: Mit Kleidung wiegen

Um den eigenen Gewichtsverlauf gut nachvollziehen zu können, ist es wichtig, konstante Bedingungen zu schaffen. Da die Kleidung, die man am Körper trägt, meist täglich variiert, kann das Messergebnis erheblich verfälscht werden.

Aus diesem Grund empfiehlt es sich, unbekleidet und ohne Schuhe auf die Waage zu steigen. Je nach Art der Kleidungsstücke kann das sonst ein zusätzliches Gewicht von rund 0,7 bis 1,5 Kilogramm auf der Waage ausmachen.

Fehler 4: Abends wiegen

Wer sich morgens und abends wiegt, wird vermutlich Schwankungen feststellen. Am Abend wiegen die meisten Menschen bis zu 2 Kilogramm mehr als am Morgen. Immerhin wird dem Körper über den ganzen Tag Nahrung und Flüssigkeit zugeführt. Durch ein abendliches Training vor dem Wiegen kann das Gewicht hingegen wieder sinken. Da Nahrungs-, und Flüssigkeitsaufnahme sowie Art und Intensität der Bewegung vermutlich jeden Tag variieren, ist die Gewichtskontrolle am Abend nicht ratsam. 

Wer sich hingegen morgens im nüchternen Zustand wiegt, hat davor rund acht Stunden lang weder getrunken noch gegessen. Zudem arbeitet der Körper auch im Schlaf. Für lebenswichtige Prozesse wie Atmung und Stoffwechsel benötigt der Organismus Energie und verbraucht dementsprechend auch nachts Kalorien. Wer im Schlaf viel schwitzt, verliert zusätzlich Wasser und somit Gewicht. Um beim Wiegen jeweils möglichst gleiche Bedingungen zu schaffen, empfiehlt sich die Gewichtskontrolle immer zur gleichen Tageszeit,

  • am besten morgens, 
  • direkt nach dem Aufstehen, 
  • nach dem Toilettengang und 
  • vor dem Frühstück.

Fehler 5: Zu oft wiegen

Wer motiviert in eine Diät startet und hofft, schnelle Ergebnisse zu sehen, steigt womöglich täglich auf die Waage. Davon raten Fachleute allerdings ab, da die natürlichen Schwankungen zu Frust und Verunsicherung führen können. Wer sich dennoch täglich wiegen möchte, sollte das wöchentliche Durchschnittsgewicht berechnen, um einen langfristigen Trend zu erkennen. 

Zudem gilt es, geduldig zu sein. Eine Gewichtsabnahme geschieht nicht über Nacht. Um nachhaltig abzunehmen, sollte man sich realistische Ziele setzen – etwa mithilfe eines Sport- und Ernährungsplans. Wer seine Ernährungsziele jedoch zu strikt gestaltet, läuft Gefahr, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Hier kann eine professionelle Ernährungsberatung helfen. 

Fehler 6: Wassereinlagerungen für Fettmasse halten

Vor allem Frauen erleben mitunter starke Gewichtsschwankungen durch hormonelle Veränderungen, insbesondere während der Menstruation oder einer Schwangerschaft. Blutgefäße und Bindegewebe werden durchlässiger für Flüssigkeiten, wodurch es zu Wassereinlagerungen (Ödemen), also Ansammlungen von Wasser im Gewebe, kommt. Auf der Waage kann sich das mit bis zu zwei Kilogramm mehr zeigen. 

Neben der Periode gibt es aber auch andere Ursachen für Wassereinlagerungen, die das Körpergewicht verfälschen können:

  • Erkrankungen: Wassereinlagerungen können auf verschiedene Erkrankungen hinweisen, etwa auf Fettverteilungsstörungen wie Lipödem oder eine Erkrankung der Nieren. Wenn dieser Verdacht besteht, sollte unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden.

  • Ernährung: Lebensmittel, die viel Salz enthalten, bringen den Wasserhaushalt durcheinander. Der Organismus beginnt, mehr Flüssigkeit zu speichern, wodurch Ödeme entstehen können. Das gilt auch für Kohlenhydrate, die in Form von Glykogen gespeichert werden. Pro Gramm Glykogen werden rund 3 Gramm Wasser gebunden. Das erklärt auch, warum sich einige Menschen nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten "aufgebläht" fühlen.

  • Hitze: Bei warmen Temperaturen weiten sich die Blutgefäße und Flüssigkeit wird ins umliegende Gewebe gepresst. Dadurch entstehen Wassereinlagerungen und es kann kurzfristig zu einer Gewichtszunahme kommen. Meist sind vor allem Beine, Füße, Fußknöchel und Hände betroffen.

Alternative Methoden zur Körperwaage

Das Körpergewicht kann ein wichtiger Indikator sein, um seine körperliche Gesundheit im Blick zu behalten. Allerdings gibt es noch andere Faktoren, die weitaus mehr über die körperliche Fitness aussagen als das Gewicht. Muskeln wiegen zum Beispiel mehr als Fett. Es ist also möglich, dass eine Person an Körperfett verliert, sich die Zahl auf der Waage aber trotzdem nicht verändert oder sogar steigt.

Eine sogenannte Diagnosewaage liefert eine umfassendere Körperanalyse als eine einfache Personen- oder Körperwaage. Sie kann neben dem Körpergewicht auch andere Parameter messen wie

  • Körperfettanteil,
  • Muskelmasse,
  • Knochenmasse und
  • Wasseranteil im Körper.

Wer keine Diagnosewaage zu Hause hat, kann die Messungen in medizinischen Einrichtungen, mitunter aber auch im Fitnessstudio oder Wellnesszentren durchführen lassen.

Häufig wird der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) bestimmt, um das Verhältnis zwischen Gewicht und Größe einer Person zu bewerten. Der BMI hat jedoch seine Grenzen, da er die Verteilung des Körperfetts und die Muskelmasse nicht berücksichtigt. Deshalb empfiehlt es sich, auch das Waist-To-Height-Ratio (WHtR) sowie das Waist-To-Hip-Ratio (WHR) zu berechnen.

Erfolgskontrolle ohne Wiegen

Körperliche Veränderungen lassen sich zudem auch ohne tägliches Wiegen kontrollieren. Hilfreich sind hierfür andere Indikatoren, etwa:

  • die Dokumentation durch Fotos oder Videos
  • Messungen mithilfe eines Maßbandes von Hüftumfang und Beinumfang
  • Hautfaltenmessung (Methode zur Bestimmung des Körperfettanteils sowie der Fettverteilung)
  • Kleidung: Sitzt sie enger oder lockerer?

Sich nur auf die Waage zu versteifen, kann den Blick für körperliche Veränderungen verzerren. Zudem kann tägliches, akribisches Wiegen zu einem kritischen Selbstbild führen und unter Umständen zu einem problematischen Essverhalten oder sogar einer Essstörung oder Körperschemastörung (Dysmorphophobie) führen.