Pasireotid

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 18.11.2014

Allgemeines

Pasireotid dient der Behandlung von erwachsenen Patienten mit einer Entgleisung der Nebennierenrindenfunktion (Cushing-Syndrom). Dabei kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung des von der Nebennierenrinde gebildeten Hormons Cortisol. Anzeichen sind ein erhöhter Blutzuckerspiegel und eine teilweise Unterdrückung der körpereigenen Abwehr mit erhöhter Infektionsgefahr. Typischerweise sammelt sich am Rumpf vermehrt Fettgewebe an, während die Gliedmaßen durch Muskelschwund dünner werden.

Welchem Zweck dient dieser Wirkstoff?

    Gegenanzeigen

    Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Pasireotid im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Wann darf Pasireotid nicht verwendet werden?

    Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff darf Pasireotid nicht eingesetzt werden.

    Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf der Wirkstoff angewendet werden bei
    • Patienten mit erhöhtem Blutzucker. Die Kontrolle sollte während der ersten zwei bis drei Behandlungsmonate wöchentlich und sowie während der ersten zwei bis vier Wochen nach jeder Dosiserhöhung erfolgen.
    • Herzkrankheit und/oder Risikofaktoren für verlangsamten Herzschlag (akuter Herzinfarkt, langsame Herzrhythmusstörung, anhaltendes Kammerrasen oder Kammerflimmern, Herzmuskelschwäche der NYHA-Klasse III oder IV, schlecht behandelbare Angina pectoris)
    • Mangel an Kalium oder Magnesium im Blut, weil beides Herzrhythmusstörungen fördern kann
    • QT-Verlängerung im EKG oder Risikofaktoren dafür wie frischer Herzinfarkt, langsame Herzrhythmusstörung, Herzmuskelschwäche oder Angina pectoris.

    Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

    Bisher liegen keine ausreichenden Studien mit der Anwendung von Pasireotid bei Schwangeren vor. Tierexperimente haben bei den Nachkommen Schäden gezeigt. Das mögliche Risiko für den Menschen ist nicht bekannt. Daher sollte der Wirkstoff während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, außer, wenn dies der Arzt für eindeutig erforderlich hält.

    Es ist nicht bekannt, ob Pasireotid in die Muttermilch übergeht, wie es bei Ratten der Fall ist. Das Stillen ist daher während der Behandlung mit Pasireotid zu unterbrechen.

    Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

    Die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Pasireotid wurde bei Kindern und Jugendlichen im Alter bis 18 Jahren nicht durch Studien erwiesen. Die Anwendung liegt im Ermessen des Arztes.

    Welche Nebenwirkungen kann Pasireotid haben?

    Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Pasireotid. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Sehr häufige Nebenwirkungen:
    Blutzucker-Überschuss, Zuckerkrankheit, Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit, Gallensteine, Reaktion an der Injektionsstelle, Erschöpfung, vermehrte Bindung von Blutzucker an den roten Blutfarbstoff (glykosyliertes Hämoglobin erhöht).

    Häufige Nebenwirkungen:
    Funktionsstörung der Nebenniere, verminderter Appetit, Diabetes mellitus vom Typ 2, Kopfschmerzen, verlangsamter Herzschlag (Sinus-Bradykardie), EKG-Veränderung (QT-Verlängerung), niedriger Blutdruck, Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, Haarausfall, Juckreiz, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Leber-Enzym-Wert im Blut erhöht(Gamma-GT, ALAT), Enzyme der Bauchspeicheldrüse im Blut erhöht (Lipase, Amylase), Blutzuckerspiegel erhöht, Neigung zu Blutungen (Prothrombinzeit verlängert).

    Gelegentliche Nebenwirkungen:
    Blutarmut.

    Besonderheiten:
    Wenn bei einem mit Pasireotid behandelten Patienten ein Blutzucker-Überschuss auftritt, wird der Arzt diesen mit geeigneten Medikamenten behandeln. Kann der Überschuss dennoch nicht beherrscht werden, muss die angewendete Dosis Pasireotid vermindert oder die Behandlung ganz beendet werden.

    Vor Beginn der Behandlung mit Pasireotid wird der Arzt die Leberwerte messen und diese nach einer, zwei, vier, acht und zwölf Wochen Behandlung kontrollieren. Die Behandlung mit Pasireotid ist zu beenden, wenn eine Gelbsucht oder andere Anzeichen für eine Leberfunktionsstörung auftreten. Nach Behandlungsende darf die Therapie nicht erneut aufgenommen werden.

    Manchmal setzt die Wirkung von Pasireotid sehr stark ein und es kommt zum Mangel an körpereigenem Kortisol. Bei entsprechende Anzeichen (wie Schwäche, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, niedrigem Blutdruck, Kalium-Überschuss im Blut, Natrium-Mangel im Blut, Unterzuckerung) ist daher der Arzt zu befragen.

    Wegen des erhöhten Risikos von Gallenblasensteinen wird der Arzt vor der Behandlung eine Ultraschalluntersuchung der Gallenblase unternehmen und während der Behandlung in Abständen von sechs bis zwölf Monaten wiederholen.

    Welche Wechselwirkungen zeigt Pasireotid?

    Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Pasireotid könnte die Aufnahme von Ciclosporin (gegen Organabstoßung)in den Körper verringern. Bei gleichzeitiger Anwendung von Pasireotid und Ciclosporin kann eine Veränderung der Ciclosporin-Dosis erforderlich sein, um die Wirkung aufrechtzuerhalten.

    Pasireotid sollte mit Vorsicht bei Patienten angewendet werden, die gleichzeitig Wirkstoffe erhalten, die das QT-Intervall verlängern, wie bestimmte Antiarrhythmika (beispielsweise Chinidin, Procainamid, Disopyramid, Amiodaron, Dronedaron, Sotalol, Dofetilid, ), bestimmte (Erythromycin als Infusion, Pentamidin zur Injektion, Clarithromycin, Moxifloxacin), bestimmte Psychopharmaka (wie Chlorpromazin, Thioridazin, Fluphenazin, Pimozid, Haloperidol, Tiaprid, Amisulprid, Sertindol, Methadon), bestimmte H1-Antihistaminika wie Terfenadin, Astemizol, Mizolastin, Mittel gegen Malaria wie Chloroquin, Halofantrin, Lumefantrin und bestimmte Pilzmittel wie Ketoconazol (außer in Shampoos).

    Patienten, die Medikamente erhalten, welche den Herzschlag verlangsamen, müssen vom Arzt vor allem zu Behandlungsbeginn sorgfältig überwacht werden. Das gilt bei Betablockern (wie Metoprolol, Carteolol, Propranolol, Sotalol), Muscarinrezeptor-Antagonisten wie Rivastigmin, Physostigmin, bestimmte Calciumkanalblockern (beispielsweise Verapamil, Diltiazem, Bepridil) und bestimmten Antiarrhythmika.

    Möglicherweise muss der Arzt die Dosierung von Insulin oder oralen Antidiabetika wie Metformin, Liraglutid, Vildagliptin oder Nateglinid verringern oder erhöhen, wenn diese gleichzeitig mit Pasireotid gegeben werden.

    Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

    • Kommt es während der Behandlung mit dem Medikament zur Blutzucker-Entgleisung, muss die Therapie gegebenenfalls vom Arzt beendet werden.
    • Während der Behandlung mit dem Medikament müssen die Leberwerte und der Blutzucker regelmäßig ärztlich kontrolliert werden.
    • Bei Schwäche, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen und niedrigem Blutdruck ist der Arzt zu befragen, weil eine zu starke Wirkung vorliegen kann.
    • Während der Behandlung muss die Gallenblase regelmäßig vom Arzt auf Steinbildung untersucht werden.
    • Falls während der Behandlung Müdigkeit oder Kopfschmerzen auftreten, kann Autofahren oder das Führen von Maschinen gefährlich sein.

    Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

    Welche Medikamente beinhalten Pasireotid?

    Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Pasireotid enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

    Medikament
    Darreichungsform

    So wirkt Pasireotid

    Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Pasireotid. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Hypothalamushormone, zu welcher der Wirkstoff Pasireotid gehört.

    Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Pasireotid

    Pasireotid dient der Behandlung von erwachsenen Patienten mit einer Entgleisung der Nebennierenrindenfunktion (Cushing-Syndrom). Dabei kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung des von der Nebennierenrinde gebildeten Hormons Cortisol. Anzeichen sind ein erhöhter Blutzuckerspiegel und eine teilweise Unterdrückung der körpereigenen Abwehr mit erhöhter Infektionsgefahr. Typischerweise sammelt sich am Rumpf vermehrt Fettgewebe an, während die Gliedmaßen durch Muskelschwund dünner werden.

    Der Wirkstoff wird eingesetzt, wenn ein chirurgischer Eingriff nicht möglich oder schon fehlgeschlagen ist.

    Zu folgenden Anwendungsgebieten von Pasireotid sind vertiefende Informationen verfügbar:

      Wirkungsweise von Pasireotid

      Das Krankheitsbild eines Cushing-Syndroms wird zumeist durch Krebsgeschwulste am Hirnteil Hypothalamus ausgelöst. Das Tumorgewebe produziert die im Hypothalamus gebildeten Hormone wie beispielsweise ACTH, im Übermaß. ACTH seinerseits regt die Nebennierenrinde zur Bildung von körpereigenem Kortison, Mineralokortikoiden (regeln den Wasserhaushalt) und Sexualhormonen an. Die überhöhten Konzentrationen dieser Nebennierenrinden-Hormone erzeugen dann das typische Krankheitsbild mit Immunschwäche, Verfettung am Rumpf und Blutzucker-Entgleisungen.

      Pasireotid ist ein gentechnisch gewonnener Ring aus sechs Eiweißen. Es wirkt wie Somatostatin, ein natürliches Hormon der Hirnanhangdrüse, das Wachstumsvorgänge im Körper bremst. Wie das natürliche Somatostatin entfaltet Pasireotid seine Wirkung über die Bindung an Somatostatin-Rezeptoren (Kurzname: hsst). Beim Menschen sind fünf Typen von Somatostatin-Rezeptoren bekannt, welche normalerweise in verschiedenen Geweben vorkommen. Besonders viele dieser Bindungsstellen finden sich an den Zellen von Krebsgeweben wie den oben genannten Hypothalamus-Tumoren.

      Pasireotid dockt dabei sehr gezielt an vier der fünf hsst-Rezeptoren an, besonders aber an hsst5, der bei Cushing-Patienten an den ACTH-produzierenden Zellen vorherrscht. Durch die Bindung an diese Zellen unterdrückt Pasireotid die weitere ACTH-Produktion und die Beschwerden des Krankheitsbildes bessern sich.

      Aufgrund seiner Eiweiß-Struktur kann Pasireotid nicht eingenommen werden, weil es verdaut würde. Der Wirkstoff ist also nur in Form von Injektionen anwendbar.

      Disclaimer:
      Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.