Frau mit Schlafstörungen im Bett
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Melatonin: Wirkung und Nebenwirkung des Schlafhormons

Von: Miriam Funk (Medizinredakteurin und Redaktionsleitung)
Letzte Aktualisierung: 21.03.2024 - 10:59 Uhr

Das Hormon Melatonin beeinflusst unter anderem den Schlaf und die innere Uhr. Aus diesem Grund wird es oft als Einschlafhilfe bei Schlafstörungen verschrieben. Wie ist die Wirkung, welche Nebenwirkungen gibt es und wer sollte es nicht nehmen?

FAQ: Die häufigsten Fragen zu Melatonin

Melatonin ist ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert und besonders beim Einschlafen helfen kann. Als Arzneimittel (Schlafmittel) ist es jedoch nicht generell und für jede Altersgruppe zu empfehlen.

Ärztlich verordnetes Melatonin wird üblicherweise täglich vor dem Schlafengehen eingenommen. Bei frei verkäuflichen Produkten wird empfohlen, die Dosierungshinweise zu beachten und sie nicht länger als zwei Monate am Stück zu nehmen.

Melatonin sollte nicht eingenommen werden:

  • in Schwangerschaft und Stillzeit
  • wenn blutdrucksenkende Mittel eingenommen werden
  • bei Einnahme von Antidepressiva

Was ist Melatonin?

Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das im Gehirn in der Zirbeldrüse (Epiphyse) gebildet wird. Geringere Mengen werden auch in der Netzhaut des Auges und im Darm gebildet. Melatonin kann auch von außen zugeführt werden: Als Medikament wird es bei Schlafstörungen, vor allem Einschlafstörungen, angewendet.

Die Produktion von Melatonin im Körper ist vom Tag-Nacht-Rhythmus abhängig: Die Zirbeldrüse schüttet das Hormon vor allem bei Dunkelheit aus und nimmt auf diese Weise Einfluss auf den Schlaf. Weitere Faktoren, die die Melatoninproduktion beeinflussen, sind:

  • Lebensalter: Babys bilden am meisten Melatonin. In der Pubertät und mit zunehmendem Alter nimmt die Produktion des Schlafhormons ab.
  • Jahreszeiten: Das Tageslicht beeinflusst die Bildung von Melatonin. Im Winter bildet der menschliche Körper mehr als im Sommer.

Um Melatonin zu produzieren, benötigt der Körper die Aminosäure Tryptophan, die man in vielen Nahrungsmitteln findet, wie in Käse, Eiern, Milch oder Nüssen. Es folgt ein chemischer Umbauprozess: erst zu Serotonin, dann zu Melatonin.

Wirkung von Melatonin

Melatonin macht müde, fördert das Einschlafen und drosselt manche Körpervorgänge, während es andere aktiviert. So senkt Melatonin zum Beispiel in der Nacht die Körpertemperatur und stimuliert das Immunsystem.

Melatonin ist aber auch ein beliebtes Mittel zur Verbesserung des Schlafes und wird aufgrund seiner Vorteile bei einer Reihe von Schlafstörungen erforscht. Eine Meta-Analyse von 19 Studien mit insgesamt 1.683 Teilnehmenden zeigte, dass Melatonin deutliche Vorteile bei der Reduzierung der Einschlafzeit bietet. Diese Ergebnisse unterstützen die Wirksamkeit von Melatonin als medikamentöse Einschlafhilfe zur Behandlung von Schlafstörungen.

Einige Zeit galt Melatonin als Wundermittel und Anti-Aging-Methode: So wurde vermutet, dass das Hormon den Alterungsprozess verlangsamt oder vor Krebs schützen kann. Viele der angeblichen Wirkungen konnten bislang nicht oder nur zum Teil durch wissenschaftliche Studien bestätigt werden oder wurden sogar ganz widerlegt. Unbestritten ist dagegen der Einfluss auf den Schlaf.

Anwendung von Melatonin

Melatonin ist als Arzneimittel zugelassen für folgende Indikationen:

  • kurzzeitigen Schlafstörungen (Insomnien) mit schlechter Schlafqualität
  • Schlafstörungen bei Kindern und Teenagern im Alter von 2 bis 18 Jahren mit Autismus und/oder Smith-Magenis-Syndrom (seltene genetische Erkrankung mit Schlafstörungen), wenn alle anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind

Bei Melatonin gibt es auch einen Off-Label-Use, also die Anwendung für Indikationen, für die das Medikament nicht zugelassen ist. Nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung darf es angewendet werden bei:

  • Schlafstörungen durch Jetlag oder Schichtarbeit
  • Parasomnie (Auffälligkeiten im Schlaf wie Zähne knirschen oder dauerhafte Albträume)

Grundsätzlich sollten die Einnahme und die Dosis immer ärztlich abgesprochen werden. Es gibt Präparate als Tabletten, Spray oder Säfte mit unterschiedlicher Dosierung.

Welche Nebenwirkungen hat Melatonin?

Kurzzeitige Anwendungen von Melatonin gelten als sicher, auch in hohen Dosen, wobei nur milde Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schläfrigkeit auftreten können. Langzeitbehandlungen mit Melatonin verursachen ebenfalls nur leichte Nebenwirkungen, die mit Placebo vergleichbar sind. Für Kinder und Jugendliche sind jedoch weitere Untersuchungen zur langfristigen Sicherheit erforderlich.

Schwangere und stillende Frauen sollten aufgrund der mangelnden Forschung derzeit auf die Einnahme von Melatonin verzichten​​.

Trotz seiner Vorteile weist Melatonin auch mögliche Nebenwirkungen auf, wie

Wer sollte Melatonin nicht anwenden?

Melatonin kann den Blutdruck und die Herzfrequenz erhöhen, was bei Menschen, die bereits Blutdrucksenker einnehmen, gefährlich sein kann. Es gibt zudem Berichte über allergische Reaktionen.

Die langfristigen Auswirkungen einer dauerhaften Hormoneinnahme sind unklar, da die meisten Studien nur einen Zeitraum von wenigen Monaten abdecken. Außerdem darf Melatonin nicht eingenommen werden bei:

  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Leberfunktionsstörungen
  • Autoimmunerkrankungen
  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff

Wechselwirkungen von Melatonin

Melatonin kann mit verschiedenen Wirkstoffen zu Wechselwirkungen führen. Keinesfalls sollte es gleichzeitig eingenommen werden mit:

Mit folgenden Mitteln ist bei gleichzeitiger Einnahme Vorsicht geboten, da sie in Kombination den Melatoninspiegel deutlich erhöhen können:

  • Östrogene (zur Verhütung wie die Pille oder Hormontherapie)
  • Fluvoxamin
  • 5- oder 8-Methoxypsoralen
  • Cimetidin
  • Chinolone

Ist Melatonin ein Nahrungsergänzungsmittel?

In Deutschland und anderen Teilen der Welt ist Melatonin als Arzneimittel verschreibungspflichtig. Auch wenn Präparate mit Melatonin in Drogerien oder im Internet erhältlich sind, gibt es Bedenken hinsichtlich der freien Verfügbarkeit von Melatonin-Präparaten, die als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet werden. Diese Bedenken rühren daher, dass Melatonin eine Substanz mit pharmakologischer Wirkung ist und deshalb wie ein Arzneimittel behandelt werden sollte​​. Fachleute plädieren daher für eine klare Regelung.