Enoxaparin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 14.04.2017

Allgemeines

Enoxaparin wird angewendet, um die Bildung von Blutpfropfen (die beispielsweise zu tiefliegenden Verstopfungen von Bein- und Beckenvenen führen können) während und nach Operationen zu verhindern. Auch zur Vorbeugung von Gefäßverschlüssen bei nicht operierten Patienten, die aufgrund ihrer Bettlägerigkeit ein mittleres oder hohes Risiko für einen Gefäßverschluss haben, wird der Wirkstoff eingesetzt.

 

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Bildung von Blutpfropfen vorbeugen und hemmen
  • Wachstum bestehender Blutpfropfen hemmen
  • Thrombose- und Gerinnungsgefahren bei Hämodialyse verringern
  • bestehende Blutpfropfen auflösen
  • bestimmte Herzinfarkt-Form (ST-Streckenhebungs-Infarkt) behandeln

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Enoxaparin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Enoxaparin nicht verwendet werden?

Enoxaparin darf nicht angewandt werden bei

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, gegen Heparin und gegen andere Abkömmlinge des Heparins
  • einem allergisch bedingten und durch Heparin verursachten Blutplättchenmangel, die entweder innerhalb der letzten 100 Tage aufgetreten ist oder beim Nachweis entsprechender Antikörper
  • akuter Blutung und Zuständen mit hohem Blutungsrisiko, einschließlich kürzlich aufgetretenem blutigem Schlaganfall, Magen- oder Darmgeschwüren, Krebserkrankungen mit hohem Blutungsrisiko, kürzlich zurückliegenden Operationen am Gehirn, der Wirbelsäule oder dem Auge, bekannten oder vermuteten Krampfadern der Speiseröhre, Missbildungen an Arterien oder Venen, Blutgefäßrissen oder schweren Missbildungen am Rückenmarkskanal oder Gehirngefäßen
  • Narkosemethoden durch Betäubung des Rückenmarks (Peridural-/Spinalanästhesien) oder örtlicher Betäubung, wenn Enoxaparin in den letzten 24 Stunden angewendet wurde.

Nur nach sorgfältiger
Nutzen und Risikoabwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Enoxaparin eingesetzt werden bei

  • Störungen der Funktion der Blutplättchen
  • gering bis mäßig eingeschränkter Funktion von Leber oder Bauchspeicheldrüse
  • eingeschränkter Nierenfunktion, weil diese die Enoxaparin-Wirkung erhöht. Hier muss der Arzt die Dosis der Schwere der Erkrankung anpassen
  • älteren, über- oder untergewichtigen Personen, weil Enoxaparin bei diesen weniger oder stärker wirksam sein kann
  • Patienten mit mechanischem Herzklappenersatz
  • akuter Infektion der Herzinnenwand.

Muss ein Herzkrankzgefäß im Rahmen eines minimalchirurgischen Eingriffs geweitet werden, muss der Arzt einen vorgeschriebenen zeitlichen Abstand zur Gabe von Enoxaparin einhalten, um das Blutungsrisiko so gering wie möglich zu halten.
 

 

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Enoxaparin darf während der Schwangerschaft und der Stillzeit nur nach sorgfältiger ärztlicher Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden. Über einen eventuellen Übergang des Wirkstoffs in die Muttermilch liegen noch keine ausreichenden Erkenntnisse vor, eine gerinnungshemmende Wirkung auf den Säugling gilt aber als unwahrscheinlich.

Allerdings wird von einer Verwendung von Enoxaparin bei Schwangeren mit künstlichen Herzklappen dringend abgeraten, da es dort durch Blockade der Herzklappe durch Gerinnsel in Studien zu Todesfällen gekommen ist.

Grundsätzlich kann eine mehrmonatige Anwendung von Enoxaparin (wie bei allen Heparinen) in der Schwangerschaft das Risiko für Knochenschwund (Osteoporose) erhöhen.

Während der Geburt ist bei Schwangeren, die mit Enoxaparin behandelt werden, eine Betäubungsspritze ins Rückenmark (epidurale Anästhesie) absolut verboten. Bei drohender Fehlgeburt (Abortus imminens) ist die Anwendung des Wirkstoffs streng verboten.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Für die Anwendung von Enoxaparin bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren gibt es noch keine ausreichenden Erfahrungen. Von einem Einsatz des Wirkstoffes bei dieser Altersgruppe wird daher von den Herstellen im Allgemeinen abgeraten. Im Zweifelsfalle sind die Altersbegrenzungen für die einzelnen Präparate zu beachten.

Welche Nebenwirkungen kann Enoxaparin haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Enoxaparin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Häufige Nebenwirkungen:
Vorübergehender Anstieg der Leberwerte (Transaminasen).

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Offene oder versteckte Blutungen insbesondere an Haut, Schleimhaut, Wunden, Magen-Darm-Trakt, Harntrakt und an den Geschlechtsorganen; Blutplättchenabfall (Thrombozytopenie Typ I, nur zu Beginn der Therapie, im weiteren Verlauf zurückgehend).

Seltene Nebenwirkungen:
Blutplättchenabfall (Thrombozytopenie Typ II, lebensgefährlich und dauerhaft, hat sofortigen Therapieabbruch zur Folge) kann mit Gefäßverschlüssen, Hautabsterben (Hautnekrose), Blutungen und schweren Gerinnungsstörungen einhergehen; allergische Reaktionen wie Juckreiz, Ausschlag, Rötung, Nesselsucht; Schwellung von Haut und Schleimhäuten (angioneurotisches Ödem), Übelkeit und Erbrechen, Temperaturanstieg, Blutdruckabfall, schwere Hirnblutungen, Magenblutungen, Darmblutungen (unter Umständen mit tödlichem Ausgang), vermehrte Blutungen bei operativen Eingriffen, Abfall der weißen Blutkörperchen (Leukopenie).

Sehr seltene und vereinzelte Nebenwirkungen:
Allergische (anaphylaktische) Reaktionen mit Ausschlag, Hautveränderungen, Luftgefäßkrampf, Atemnot, Blutdruckabfall; Blutungen mit tödlichem Ausgang, Hautblutungen, Hautabsterben im Bereich der Einstichstelle, möglicherweise allergische Gefäßentzündung (Therapie muss dann abgebrochen werden); an der Einstichstelle: Reizungen, Schmerzen, entzündliche Veränderungen; Haarausfall, Kopfschmerzen, Knochenschwund (Osteoporose), Dauererektion, Blutgefäßverkrampfung, Blutdruckabfall, Herzschlagverlangsamung, Übersäuerung des Körpers (Azidose), Abfall des Hormons Aldosteron (Hypoaldosteronismus), Anstieg des Kalium-Spiegels (Hyperkaliämie).

Besonderheiten:
Bei gleichzeitiger Betäubung im Rückenmark (Spinal- oder Epiduralanästhesie bzw. postoperative Verweilkatheter) kann es zu Blutergüssen im Rückenmark mit Komplikationen am Nervensystem kommen.

 

Welche Wechselwirkungen zeigt Enoxaparin?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Die Wirkung von Enoxaparin wird durch Substanzen verstärkt, die ebenfalls die Blutgerinnung beeinflussen, wie zum Beispiel Acetylsalicylsäure, Abkömmlinge des Warfarin, Fibrinolytika, Dipyridamol, Ticlopidin, Clopidogrel oder GPIIb/IIIa-Rezeptorantagonisten.

Auch Dextrane (Plasmaersatzmittel), Probenecid (Gichtmittel), Etacrynsäure (Schleifendiuretika), Zytostatika (Krebstherapie) oder eine hoch dosierte Therapie mit Penicillin (Antibiotika) können die Wirkung von Enoxaparin verstärken.

Auch nichtsteroidale Antirheumatika und Antiphlogistika (beispielsweise Phenylbutazon, Indometacin oder Sulfinpyrazon) führen zu einer verstärkten Blutungsneigung.

Die gleichzeitige Gabe von H1-Antihistaminika (Mittel gegen Allergien), Herzglykosiden (herzstärkende Mittel), Tetrazyklinen (Antibiotika) und Ascorbinsäure (Vitamin C), aber auch Nikotin-Missbrauch führt zu einer Wirkungsabschwächung.

Bei gleichzeitiger Anwendung werden Phenytoin (Antiepileptika), Chinidin (Antiarrhythmika), Propranolol (Betablocker), Benzodiazepine (Schlafmittel) und körpereigenes Bilirubin durch Enoxaparin aus ihren Bindungen an Bluteiweiße verdrängt. Das kann zu Änderungen der Wirksamkeit dieser Wirkstoffe führen.

Dagegen wird die Wirkung des intravenös gegebenen Glyceroltrinitrat (gefäßerweiterndes Mittel auf Nitro-Basis) abgeschwächt. Außerdem wird die Wirkung von Chinin (Mittel gegen Malaria) abgeschwächt.

Arzneimittel, die den Kaliumspiegel erhöhen (zum Beispiel ACE-Hemmer), dürfen nur unter besonders sorgfältiger ärztlicher Überwachung gleichzeitig mit Enoxaparin angewendet werden.

Beim Mischen von Enoxaparin--Lösungen mit anderen Wirkstoffen beziehungsweise Arzneimitteln kann es zu Unlöslichkeiten kommen. Außerdem kann Enoxaparin zahlreiche Laboruntersuchungen verfälschen.

 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Das Medikament sollte nicht in den Muskel gespritzt werden.
  • Vor Beginn der Behandlung mit dem Medikament müssen mögliche vorbestehende Fehler bei der Blutgerinnung ärztlich abgeklärt und während der Behandlung entsprechende Laborkontrollen durchgeführt werden.
  • Die Zahl der Blutplättchen sollte während der Behandlung mit dem Medikament regelmäßig ärztlich kontrolliert werden.
  • Die Blutungsneigung ist während der Behandlung mit dem Medikament erhöht.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

 

Welche Medikamente beinhalten Enoxaparin?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Enoxaparin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

 
Medikament
Darreichungsform
Fertigspritzen
Enoxaparin Becat 2.000 IE (20 mg)/0,2 ml/ -4.000 IE (40 mg)/0,4 ml Injektionslösung in einer Fertigspritze
Fertigspritzen
Injektionslösung

 

So wirkt Enoxaparin

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Enoxaparin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Blutverdünner (Antikoagulantien), Heparine und Heparin-Ähnliche, zu welcher der Wirkstoff Enoxaparin gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Enoxaparin

Enoxaparin wird angewendet, um die Bildung von Blutpfropfen (die beispielsweise zu tiefliegenden Verstopfungen von Bein- und Beckenvenen führen können) während und nach Operationen zu verhindern. Auch zur Vorbeugung von Gefäßverschlüssen bei nicht operierten Patienten, die aufgrund ihrer Bettlägerigkeit ein mittleres oder hohes Risiko für einen Gefäßverschluss haben, wird der Wirkstoff eingesetzt.

Enoxaparin wird ebenfalls zur Therapie bereits bestehender tiefliegender Venenverschlüsse mit und ohne Lungenembolie (Lungengefäßverschluss) eingesetzt. Auch bei Patienten mit schlecht behandelbarer Angina pectoris, bei drohendem Herzinfarkt und auch beim so genannten Nicht-Q-Wellen-Herzinfarkt (Herzinfarkt mit besonderer Darstellung im EKG) kann Enoxaparin eingesetzt werden.

Während der Blutwäsche (Dialyse), bei der das Blut außerhalb des Körpers in einer Dialyseapparatur gereinigt wird, hilft die Zugabe von Enoxaparin eine Blutgerinnung im Schlauchsystem zu vermeiden.

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Behandlung einer bestimmten Form von Herzinfarkt, bei der es im EKG zur Hebung der ST-Strecke kommt. Diese ST-Streckenhebung kennzeichnet die Blockade einer Herzkranzarterie bis zur Zerstörung des von dieser Arterie versorgten Herzmuskelgewebes.

 

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Enoxaparin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Enoxaparin

Enoxaparin gehört zur Gruppe der Antikoagulanzien. Als Abkömmling des Heparins gehört der Wirkstoff in die Untergruppe der niedermolekularen Heparine (low molecular weight heparins, LMWH).

Die niedermolekularen Heparine zeichnen sich durch ihre längere Wirkung gegenüber dem Standard-Heparin aus, weswegen diese Mittel nur einmal pro Tag gegeben werden müssen. Außerdem kann - im Gegensatz zum Heparin - auf eine intensive Kontrolle der Blutparameter verzichtet werden. Ein Nachteil gegenüber dem Standard-Heparin ist, dass bei Überdosierungen kein Gegenmittel zur Verfügung steht.

Wie alle Antikoagulantien der Untergruppe der Heparine beruht die Wirkung von Enoxaparin auf einem Eingriff ins Gerinnungssystem des Blutes. Der Wirkstoff verhindert die Blutgerinnung, das heißt, das Blut wird flüssig gehalten und eine Verdickung und ein Zusammenkleben des Blutes werden verhindert. Dadurch wird die Bildung von Blutpfropfen (Thromben) und Gerinnseln (Emboli) verhindert.

 

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.