Eine schwangere Frau wird von einem Arzt geimpft.
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Impfungen in der Schwangerschaft

Von: Onmeda-Redaktion, Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 18.01.2022

Schwangere und ihre ungeborenen Kinder sind besonders gefährdet, an Infekten zu erkranken. Umso wichtiger ist ein aktiver Impfschutz. Im Idealfall überprüfen werdende Mütter ihren Impfstatus bereits vor der Schwangerschaft und holen gegebenfalls Impfungen nach. Doch wie sieht das während der Schwangerschaft aus? Mit welchen Impfungen man bis nach der Geburt warten sollte, lesen Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Impfungen in der Schwangerschaft

Grundsätzlich: Das Immunsystem der Schwangeren verändert sich in der Schwangerschaft. Dadurch besteht eine erhöhte Infektionsgefahr, sowohl für die werdende Mutter als auch für das ungeborene Kind. Auch steigt das Risiko für

  • schwere Krankheitsverläufe,
  • Fehl- oder Frühgeburten,
  • Fehlentwicklungen des Fötus

Impfungen können diese Risiken senken. Im Idealfall überprüfen Frauen mit Kinderwunsch daher ihren Impfstatus noch vor der Schwangerschaft und holen, wenn nötig, fehlende Impfungen nach. Doch was, wenn es trotz unvollständigem Impfschutz zu einer Schwangerschaft kommt?

Impfungen schützen Mutter und Kind

Immer wieder hört man, dass während einer Schwangerschaft nicht geimpft werden sollte. Das lässt sich allerdings nicht pauschalisieren. Im Gegenteil: Wenn sich die werdende Mutter impfen lässt, werden die Antikörper im Laufe der Schwangerschaft über die Planzenta an das ungeborene Kind weitergegeben. Dadurch wird das Kind, sobald es auf der Welt ist, eine zeitlang mitgeschützt. Das ist insofern wichtig, als das Neugeborene noch nicht selbst immunisiert werden kann. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom "Nestschutz". Das Infektionsrisiko sinkt durch die Impfung also sowohl für die Mutter als auch für das Neugeborene – diese Leihimmunität hält allerdings nur für einen Zeitraum von mehreren Wochen bis wenigen Monaten an.

Dennoch sollte jede Impfung, die wähend der Schwangerschaft stattfindet, im Einzelfall abgewogen werden. Grundsätzlich lautet die aktuelle Empfehlung: Schwangere sollten so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig geimpft werden.

Impfungen in der Frühschwangerschaft möglichst vermeiden

Besonders in den ersten drei Monaten sollten eine Schwangere nur geimpft werden, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Das liegt daran, dass es in der Frühschwangerschaft vergleichsweise häufig zu spontanen Fehlgeburten (Spontanaborten) kommt, die fälschlicherweise mit der Impfung in Zusammenhang gebracht werden könnten. Das könnte für die Schwangeren zu einer zusätzlichen psychischen Belastung führen.

Der*die Ärzt*in sollte in jedem Fall über die Schwangerschaft informiert werden, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer geplanten Impfung abwägen zu können.

STIKO empfiehlt Grippeimpfung

Während der Schwangerschaft kann es zu vergleichsweise schweren Grippeverläufen kommen. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Influenza-Impfung explizit für Schwangere. Zwar sollte die Grippeimpfung bei Schwangeren erst ab dem vierten Monat stattfinden. Besteht ein hohes Gesundheitsrisiko, etwa weil die Schwangere bereits eine andere Erkrankung hat, kann aber auch schon im ersten Trimester gegen Grippe geimpft werden.

Ist die Schwangere immun gegen bestimmte Krankheiten, beispielsweise weil sie die Krankheit bereits hatte oder schon geimpft ist, so besteht dieser Schutz auch für das ungeborene Baby und auch später für das Neugeborene während der ersten Lebensmonate. Über diese Erkrankungen muss sich die Schwangere daher keine Sorgen machen.

Kritisch sind Krankheiten, mit denen sich die werdende Mutter während der Schwangerschaft infizieren kann und die damit auf das Kind übergehen können. Dem Risiko einer Ansteckung können schwangere Frauen nicht völlig aus dem Weg gehen, sie können es aber mindern:

  • Wenn in Ihrem Umfeld beispielsweise jemand an Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken erkrankt ist, sollten Sie ärztlich untersuchen lassen, ob Ihr Körper Antikörper gegen diese Krankheiten besitzt. Ist das nicht der Fall, muss das weitere Vorgehen abgeklärt werden. Das kann zum einen heißen, dass Sie den Kontakt zur infizierten Person meiden sollten. Ist das nicht möglich, muss abgewogen werden, ob das Infektionsrisiko oder das Impfrisiko größer für Ihr ungeborenes Kind ist.
  • Halten Sie sich außerdem grundsätzlich von Personen fern, die an hohem Fieber leiden oder eine noch ungeklärte Erkrankung haben. Eine einfache Erkältung haben zwar die meisten Schwangeren einmal, es kann sich aber immer auch um etwas Ernsteres handeln.

Unbedenkliche und riskante Impfungen in der Schwangerschaft

Mit Beginn des zweiten Schwangerschaftsdrittels, also ab dem vierten Monat, sind Impfungen mit Totimpfstoffen in der Schwangerschaft erlaubt, wie beispielsweise Impfungen gegen Tetanus, Grippe, Kinderlähmung (Poliomyelitis) sowie Hepatitis A und Hepatitis B.

Impfungen mit Lebendimpfstoffen, wie Masern, Mumps oder Röteln, sind für das ungeborene Baby gefährlich, da es sich mit dem Impfvirus infizieren kann – deshalb gilt: Lebendimpfstoffe sind kontraindiziert und sollten in der Schwangerschaft nicht verwendet werden. Impfungen mit Lebensimfstoff sollten daher möglichst vor Eintritt einer Schwangerschaft wahrgenommen werden. Laut STIKO sollte nach Verabreichung noch mindestens ein Monat vergehen, bevor die Frau versucht, schwanger zu werden. Bis dahin sollte eine sichere Verhütungsmethode angewandt werden.

Bei unvollständigem Impfschutz während der Schwangerschaft sollten Impfungen mit Lebendimpfstoff möglichst schnell nachgeholt werden – im Idealfall sogar noch im Wochenbett.

Wenn die Schwangere keine Antikörper gegen Hepatitis A, Hepatitis B, FSME, Windpocken, Mumps oder Röteln hat, aber in Kontakt mit infizierten Personen kommt, wird der*die Ärzt*in umgehend mit Immunglobulin-Präparaten eine sogenannte passive Immunisierung vornehmen, die prophylaktisch wirkt.

Versehentliche Impfung? Keine Indikation für Schwangerschaftsabbruch

Wird die Schwangerschaft erst nach einer Impfung bekannt, ist das kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch. In diesem Fall sollten Sie gemeinsam mit dem*der Frauenärzt*in das Impfrisiko abwägen und weitere Möglichkeiten besprechen.

Video: 4 Impfmythen im Check

Lebendimpfstoffe versus Totimpfstoffe

Grundsätzlich gilt in der Schwangerschaft: Totimpfstoffe sind in der Regel unbedenklich, Lebendimpfstoffe sollten vermieden werden.

Lebendimpfstoffe...

...enthalten geringe Mengen des vermehrungsfähigen Krankheitserregers, der allerdings durch spezielle Verfahren abgeschwächt wurde (Attenuierung). Mit Lebendimpfstoffen wird die echte Krankheit sozusagen im Kleinen durchgespielt, was zu einer lang anhaltenden Immunität führt. Der Nachteil von Lebendimpfstoffen ist, dass in seltenen Fällen schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten können.

Totimpfstoffe hingegen...

enthalten den abgetöteten oder nicht vermehrungsfähigen Krankheitserreger oder nur Teile des Krankheitserregers. Trotzdem sorgen auch Totimpfstoffe für eine ausreichende Immunisierung. Der Vorteil von Totimpfstoffen liegt darin, dass es keine schwerwiegenden Nebenwirkungen geben kann wie bei Lebendimpfstoffen. Es ist also möglich, trotz einer bestehenden Schwangerschaft bestimmte Impfungen vorzunehmen – allerdings ist die Immunisierung nicht so lange gewährleistet wie bei Lebendimpfstoffen. Diese Art der Impfung muss in gewissen Abständen erneuert werden.

Übrigens: Die Immunisierung sowohl mit Lebend- als auch mit Totimpfstoffen nennt man aktive Immunisierung.

Übersicht über kritische und unbedenkliche Impfungen in der Schwangerschaft

Impfung gegen ...bedenklich / unbedenklichArt des Impfstoffs
Grippe++Totimpfstoff
Kinderlähmung (Polio)+Totimpfstoff
Tetanus+Totimpfstoff
Hepatitis A / Hepatitis B(+)Totimpfstoff
FSME (durch Zecken übertragen)(+)Totimpfstoff
Keuchhusten(+)Totimpfstoff
Diphtherie(+)Totimpfstoff
Meningokokken(+)Totimpfstoff
Pneumokokken(+)Totimpfstoff
Tollwut(+)Lebendimpfstoff
Masern-Lebendimpfstoff
Mumps-Lebendimpfstoff
Röteln-Lebendimpfstoff
Windpocken-Lebendimpfstoff

Legende:
++ = empfohlen, + = erlaubt, (+) = Impfung bei gefährdeten Personen vorzuziehen, - = kritisch</td>

 

Passive Immunisierung in der Schwangerschaft

Wenn jemand eine Krankheit wie beispielsweise Windpocken durchgemacht hat, so hat der Körper entsprechende Antikörper gebildet, die auch Immunglobuline genannt werden. Diese Immunglobuline können für die sogenannte passive Immunisierung oder Passivimpfung genutzt werden, indem die Antikörper über eine Injektion auf den Empfänger übertragen werden. Das kann nötig sein, wenn eine normale Impfung nicht möglich ist – wie in der Schwangerschaft oder weil es zu lange dauern würde, bis der Impfschutz greift. Immunglobuline für die passive Immunisierung werden gewöhnlich aus dem Blutplasma von Blutspendern gewonnen.

Die passive Immunisierung ist nicht von Dauer, sondern hält höchstens wenige Wochen an. Sie bietet Schwangeren aber die Möglichkeit, sich und das ungeborene Baby zu schützen, wenn sie in Kontakt mit einer Krankheit gekommen sind, gegen die sie nicht immun sind, wie beispielsweise Tollwut.

Wichtig ist, dass die passive Immunisierung möglichst zeitnah nach dem Kontakt mit dem Erreger erfolgt. Allerdings ist nicht in allen Fällen eine Passivimpfung möglich – für Röteln beispielsweise sind keine Immunglobuline auf dem deutschen Markt.

Impfungen für Fernreisen in der Schwangerschaft

Wer eine Reise in die Tropen oder zu anderen exotischen Zielen plant, sollte sich grundsätzlich im Voraus über mögliche Infektionskrankheiten und die entsprechenden Impfempfehlungen informieren. Allerdings wird von solchen Reisen in der Schwangerschaft generell abgeraten.

Wer dennoch nicht darauf verzichten möchte, sollte sich klarmachen, dass vor allem Impfungen gegen Gelbfieber, Cholera, Pocken, Tuberkulose und Typhus in der Schwangerschaft nicht ungefährlich sind. Ist das Risiko für eine Ansteckung nur gering oder die Krankheit kein Risiko für das ungeborene Kind, kann in Absprache mit einem Tropeninstitut oder dem Gesundheitsamt auf eine Impfung verzichtet werden.

Am sichersten ist es, sich wenn möglich bereits vor einer Schwangerschaft gegen entsprechende Krankheiten impfen zu lassen, wenn in näherer Zukunft eine geplante Fernreise ansteht.

Sind bei der Einreise ins Urlaubsland nur routinemäßig bestimmte Impfungen (z. B. Pockenimpfung) vorgeschrieben, kann das Gesundheitsamt ein Impfbefreiungszeugnis ausstellen. Dafür muss aber vorher nachgewiesen werden, dass die Schwangere nicht unter der entsprechenden Krankheit leidet oder Träger des Erregers ist.

Übersicht über Impfungen bei Fernreisen

Legende: (+) = Impfung nur bei Reisen in Endemiegebiete oder nach Kontakt, – = kritisch
ImpfstoffImpfung gegen ...bedenklich / unbedenklich
TotimpfstoffTyphus (oral)(+)
TotimpfstoffCholera(+)
TotimpfstoffHepatitis A / Hepatitis B(+)
LebendimpfstoffeGelbfieber(+)
LebendimpfstoffeTuberkulose-
LebendimpfstoffePocken-

Malaria

Gegen Malaria gibt es keine Impfung, trotzdem können und sollten Sie dieser Erkrankung vorbeugen (Malariaprophylaxe). Malaria verläuft bei Schwangeren oft wesentlich gefährlicher als bei nicht-schwangeren Frauen. Keines der vorbeugenden Medikamente ist aber in der Schwangerschaft völlig risikofrei. Nach genauer Abwägung durch den*die Ärzt*in können die Mittel Proguanil und Chloroquin verabreicht werden. Mefloquin darf während der ersten drei Monate (1. Trimester) einer Schwangerschaft und während der Stillzeit nicht eingenommen werden. Doxycyclin ist in der gesamten Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert, solte also nicht angewendet werden. Für weitere mögliche Medikamente liegen nicht genügend Daten vor.

Impfungen vor der Schwangerschaft

Wenn Sie schwanger werden möchten, sollten Sie vorher bestimmte Impfungen auffrischen beziehungsweise mit Ihrem*Ihrer Ärzt*in besprechen, welche Impfungen vor einer Schwangerschaft wichtig und notwendig sind. Wenn sie beispielsweise ausreichend Röteln-Antikörper haben, ist eine Impfung nicht nötig – finden sich in Ihrem Blut keine Antikörper, sollten Sie allerdings dringend die Rötelnimpfung vornehmen lassen, bevor Sie schwanger werden.

Unabhängig davon, wogegen Sie sich vor einer geplanten Schwangerschaft impfen lassen: Wenn es sich um eine Impfung mit Lebendimpfstoffen handelt, sollten Sie wenn möglich mindestens drei Monate warten, bevor Sie schwanger werden. Diese Wartezeit ist nötig, um das Restrisiko auszuschließen, dass die Impfung sich negativ auf die Schwangerschaft auswirkt.

Welche Impfungen sollte man in der Schwangerschaft haben?

Wenn möglich, sollten alle Krankheiten der Mutter, die dem Fötus gefährlich werden können, im Vorfeld ausgeschlossen werden. Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) empfiehlt daher für Frauen, die keine oder nicht genügend Antikörper gegen diese Krankheiten besitzen, mindestens drei Monate vor einer geplanten Schwangerschaft die Impfung gegen folgende Erkrankungen:

Welche Impfungen sind vor einer Schwangerschaft nötig?

Impfung gegen …STIKO-EmpfehlungWer sollte geimpft werden?
Maserneinmalige ImpfungFrauen mit unklarem Impfstatus oder nur einer Impfung als Kind
Rötelnzweimalige Impfung
  • Frauen mit unklarem Impfstatus
  • ungeimpfte Frauen
  • nur einmal geimpfte Frauen
Varizellen (z. B. Windpocken)zweimalige ImpfungFrauen ohne Antikörper gegen Varizellen
Keuchhusten (Pertussis)einmalige Impfung
  • Frauen die länger als zehn Jahre nicht dagegen geimpft wurden – spätestens nach der Geburt des Kindes
  • enges Umfeld (Partner, Erzieherinnen, ...)
Tetanusneu impfen oder auffrischen wenn nötigFrauen mit unklarem oder ungenügendem Impfstatus
Diphterieneu impfen oder auffrischen wenn nötigFrauen mit unklarem oder ungenügendem Impfstatus
Kinderlähmung (Polio)neu impfen oder auffrischen wenn nötigFrauen mit unklarem oder ungenügendem Impfstatus

Wer sollte sich impfen lassen?

Grundsätzlich sollte jede Frau im gebärfähigen Alter ihren Impfstatus im Auge behalten. Besonders aber Frauen mit Kinderwunsch sollten rechtzeitig vor der geplanten Schwangerschaft mit dem*der Ärzt*in ihren Impfstatus überprüfen und mögliche und nötige Impfungen besprechen.

Im Fall von Keuchhusten ist es außerdem sinnvoll, wenn auch das nähere Umfeld geimpft ist. Das bezieht beispielsweise den*die Partner*in mit ein, aber auch Erzieher*innen, Tagesmütter und andere Betreuungspersonen. Keuchhusten ist hochansteckend und besonders für noch ungeschützte Neugeborene gefährlich.