Eine Frau hat die Hände auf ihren Bauch gelegt.
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Verdauung

Von: Onmeda-Redaktion, Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 12.01.2022

Bereits der bloße Anblick appetitlicher Gerichte oder der Duft von frischem Brot lassen uns buchstäblich das Wasser im Munde zusammenlaufen. Unser Magen-Darm-Trakt arbeitet sogar im Leerlauf. Und somit auch unsere Verdauung.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was ist eigentlich Verdauung?

Sobald wir uns etwas Essbares in den Mund stecken, beginnen Zunge und Zähne das Essen zu zerdrücken und zu zerkleinern. Gleichzeitig wird kaltes Essen erwärmt und zu heißes Essen heruntergekühlt. Der Nahrungsbrei sollte sich im optimalen Fall bereits im Mund möglichst unserer Körpertemperatur annähern. Und dann beginnt im Mund schon die Verdauung: Über den Speichel werden Enzyme abgegeben. Je länger wir kauen, umso besser können die Speichelenzyme stärkehaltige Lebensmittel wie zum Beispiel Brot in kleinere Nährstoffe zerlegen

Mit jedem Schlucken gleitet der Nahrungsbrei durch die Speiseröhre in den Magen. Verdauung bedeutet eigentlich nichts anderes, als dass unser Essen zu einem Nahrungsbrei umgewandelt wird, aus dem dann im Dünndarm die Nährstoffe herausgelöst werden können und über die Blut- und Lymphbahn zu ihren Einsatzorten, den Zellen, gelangen.

Unsere Verdauung unterliegt vielen verschiedenen Einflüssen. Im Wesentlichen sind das drei Bereiche:

  1. Ernährung
  2. Bewegung
  3. Psyche

Eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung lässt unsere Verdauung wie am Schnürchen laufen. Doch wehe, wir schlagen über die Stränge. Ein fetter Gänsebraten oder auch die Sahnetorte führen bei vielen zu Verdauungsproblemen. Es zwickt im Bauch und wir wissen auch genau warum.

Auch ist längst klar, dass die meisten von uns unter Bewegungsmangel leiden. Ein schönes Beispiel sind die Drive-Ins der amerikanischen Fastfoodketten. Man muss nicht mal ein paar Schritte gehen, um ans Essen zu gelangen. Doch unser Darm schreit förmlich nach Bewegung. Es muss dabei nicht Hochleistungssport sein – es ist eher wichtig, anstatt des Fahrstuhls zum Beispiel die Treppe zu nehmen oder bestimmte Besorgungen immer mit dem Fahrrad zu erledigen. Planen Sie auch immer Bewegung am Wochenende ein, am besten draußen an der frischen Luft: Spazieren gehen, eine kleine Radtour unternehmen, ein Schwimmbadbesuch oder ein bisschen Gymnastik bringen Ihren Darm auf Trab.

Wer sich gar nicht motivieren kann, nicht mal Lust aufs Essen hat, bei dem streikt der Darm und mit ihm die Verdauung auch. Er leidet ebenfalls unter Lustlosigkeit. Nimmt der Stress überhand, dann streikt bei einigen Menschen der Darm sofort und bei anderen erst später. Sowohl Stresshungerer als auch Stressesser verlangen ihrem Magen und Darm viel ab. Nichts zu essen schadet genauso, wie wenn Sie es übertreiben, um den Stress zu kompensieren. Die Lösung lautet: Stress abbauen, positiv denken, dann spürt man auch wieder sein normales Hunger- und Sättigungsgefühl.

Wo läuft was während der Verdauung ab?

Der Magen: Säurefabrik und Speicher. Ist der Nahrungsbrei im Magen angekommen, produzieren die Drüsen der Magenschleimhaut den Magensaft. Es handelt sich dabei um ein Gemisch aus Schleim, Salzsäure und eiweißspaltenden Enzymen. Durch das Ansäuern des Nahrungsbreis werden mögliche Keime im Nahrungsbrei abgetötet. Das Eiweiß im Nahrungsbrei wird aufgeschlossen. Der Magen dient als Speicher und gibt portionsweise über einen Kontrollmuskel am Magenausgang (dem sog. Pförtner) den Nahrungsbrei in den Dünndarm ab. Je nach Zusammensetzung bleibt das Essen zwischen zwei und neun Stunden im Magen.

Bauchspeicheldrüse und Galle: Werkzeugkasten. Beim Eintritt des sauren Nahrungsbreies aus dem Magen in den Zwölffingerdarm, dem oberen Darmabschnitt, geben Bauchspeicheldrüse und Gallenblase ihre Verdauungssäfte ab. Sie neutralisieren den Nahrungsbrei und liefern reichlich Enzyme. Diese Enzyme spalten die drei Hauptnährstoffe Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate in so kleine Einheiten, dass diese über die Darmwand ins Körperinnere aufgenommen werden können.

Dünndarm: Energielieferant und Schleuse. Sind die Hauptnährstoffe durch spezielle Enzyme in ihre Einzelbausteine zerlegt, erfolgt im nächsten Schritt die Aufnahme über die Dünndarmwand ins Körperinnere. Damit die Nährstoffe effektiv aufgenommen werden können, ist die Oberfläche des Dünndarms stark vergrößert. Der etwa drei Meter lange Dünndarm hat viele spitze Ausbuchtungen, die Darmzotten – und zwar insgesamt etwa sieben Millionen davon. Dadurch entsteht eine Oberfläche von 2.000 Quadratmetern, das entspricht nicht ganz einem halben Fußballfeld. Haben die Nährstoffe die Darmwand passiert, werden sie mit dem Blut beziehungsweise der Lymphe abtransportiert und im ganzen Körper verteilt. Nun stehen sie als Baustoff oder Energielieferant zur Verfügung. Die Vitamine und ein Teil der Mineralstoffe gelangen auf dem gleichen Weg zu ihren Wirkorten. Die restliche unverdauliche Nahrung, insbesondere die Ballaststoffe, wandern weiter in Richtung Dickdarm

Der Dickdarm: Müllabfuhr und Wasserreservoir. Wie der Name Dickdarm schon sagt, wird hier der Speisebrei eingedickt. Den nicht verdaubaren Resten des Speisebreis wird Wasser entzogen. Um richtig verdauen zu können, benötigt der Magen-Darm-Trakt täglich etwa neun Liter Wasser. Dieses Wasser wird zum größten Teil aus dem Dickdarm in den Körper wieder zurückgeholt, quasi recycelt. Übrigens gelangen dabei auch noch Mineralstoffe zurück in den Organismus. Es bedarf einer besonders guten Feinregulierung, damit der Stuhl die richtige Konsistenz hat. Um dies zu gewährleisten, brauchen wir eine gesunde Darmflora. Der Enddarm ist der letzte Teil des Dickdarms und mit ungefähr 15 bis 30 Zentimetern recht kurz. Er wird auch als Mastdarm oder Rektum bezeichnet. In ihm wird der Stuhl gesammelt und mithilfe des willkürlichen Nervensystems beim Toilettengang über den After geleert.

Stuhlgang

Da keiner gerne über das Thema Stuhlgang spricht, sind sich die meisten Menschen gar nicht darüber im Klaren, was normal ist beim Toilettengang.

Wie oft ist normal? Täglich Stuhlgang zu haben, halten die meisten Menschen für richtig. Doch die Spannbreite ist viel weiter. Normal ist eine Stuhlfrequenz zwischen 3-mal pro Woche bis zu 3-mal am Tag. Manch einer denkt zwar, er leide an Verstopfung, nur weil er nicht täglich Stuhlgang hat – doch das kann man so pauschal nicht sagen. Da die Verweildauer des Nahrungsbreis mehrere Tage betragen kann, kann es durchaus normal sein, wenn man nicht jeden Tag Stuhlgang hat.

Wann spricht man von Verstopfung? Erst wenn man seltener als 3-mal pro Woche eine Stuhlentleerung hat, der Stuhlgang sehr hart ist und man nur durch kräftiges Drücken und unter großer Mühe seinen Darm entleeren kann, spricht man von Verstopfung beziehungsweise Obstipation.

Wann spricht man von Durchfall? Wer häufiger als 3-mal am Tag die Toilette aufsucht und einen weichen bis wässrigen Stuhl ausscheidet, leidet unter Durchfall. Meist handelt es sich dabei um größere Mengen, da der Stuhl sehr wasserreich ist. Der Stuhl lässt sich in der Regel kaum aufhalten.

Woher kommen Blähungen?Blähungen – solange sie nicht schmerzhaft sind – gehören zu einer gesunden Verdauung dazu, auch wenn sie in manchen Situationen äußerst unangenehm sind. Blähungen entstehen durch die Ansammlung von Darmgasen, die zusammen mit oder auch ohne Stuhlgang abgegeben werden. Unter Blähungsbeschwerden leidet, wer das Gefühl hat, sein Bauch sei mit Luft gefüllt, und diesen Zustand als äußerst unangenehm und schmerzhaft empfindet.

Die Schwelle, zu welchem Zeitpunkt die Dehnung der Darmwände als schmerzhaft empfunden wird, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. So kann es sein, dass manch einer mit starkem Schmerzempfinden auch ohne vermehrte Gasmenge im Darm unter Blähungsbeschwerden leidet.

Lästiger Blähungsschmerz: Viele Betroffene haben zu viel Luft im Bauch und Darm. Das kann unterschiedliche Ursachen haben: Zum einen kann durch hastiges Essen oder durch kohlensäurereiche Getränke vermehrt Luft beziehungsweise Kohlendioxid in den Darm gelangen und die Blähungsbeschwerden auslösen. Zum anderen kann eine veränderte Bakterienbesiedlung im Darm zu einer vermehrten Ansammlung von Gasen führen. Wird man die Gase nicht los, löst das dann die Schmerzen aus. Eine veränderte Bakterienbesiedlung im Darm kann zum Beispiel durch Infekte, Medikamente (wie Antibiotika) oder Lebensmittelunverträglichkeiten (wie Fructoseintoleranz, Laktoseintoleranz) verursacht sein.

Wenn der Bauch die Nerven verliert

Der Bauch liegt im Zentrum unseres Körpers. Und wenn wir uns so richtig ärgern, dann schlägt uns das auf den Magen. Eine Redensart, über die es sich nachzudenken lohnt. Der Verdauungstrakt von der Speiseröhre bis zum Enddarm ist von einem Netz aus mehr als 100 Millionen Nervenzellen umschlossen, dem sogenannten enterischen Nervensystem (griech. enteron = Darm). Hier finden sich mehr Nervenzellen, als im gesamten Rückenmark vorhanden sind. Diesem Geflecht von Nerven, das den Verdauungstrakt umgibt, wird medizinisch immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Man nimmt zum Beispiel auch an, dass bei Menschen mit Reizdarm das enterische Nervensystem, plakativer auch gerne als Bauchhirn oder Darmhirn bezeichnet, etwas neben der Spur läuft und für die Symptome des Reizdarms verantwortlich ist.

Wie Bauch und Kopf sich beeinflussen

Das Bauchhirn befindet sich als dünne Schicht zwischen den Verdauungsmuskeln. Es unterteilt sich in zwei Nervengeflechte, in den Auerbach-Plexus und den Meissner-Plexus. Der Auerbach-Plexus liegt in dem schmalen Raum zwischen den Längs- und Quermuskeln des Darms. Der Meissner-Plexus bildet ein Nervengeflecht direkt unter der Dünndarmschleimhaut. Es arbeitet sehr autonom, das heißt, es wartet nicht auf die Befehle vom Kopfhirn. Daher wird auch vom Bauchhirn gesprochen. Die Aufgaben des Bauchhirns sind in erster Linie, die Verdauung zu steuern.

Im Bauchhirn spielen sich die gleichen Vorgänge ab, die im Kopfhirn für Denken, Fühlen und Erinnern verantwortlich sind. Hormone wie Serotonin, Dopamin oder Endorphine werden nicht nur im Kopf, sondern auch im Nervensystem des Darmtrakts gebildet. Kopf- und Bauchhirn kommunizieren laufend miteinander. Das Gehirn enthält übrigens mehr Informationen vom Bauchhirn als umgekehrt. Wohl- und Unbehagen, Emotion und Intuition, Freude und Leid orten wir im Bauch. Mittlerweile ist auch molekular nachgewiesen, dass sich einerseits unsere Darmgesundheit auf die Stimmungslage auswirkt, dass aber auch umgekehrt Angst oder Niedergeschlagenheit mit Symptomen im Magen-Darm-Trakt einhergehen.

Wissenschaftlich gesichert ist, dass das Bauchhirn nahezu selbstständig funktioniert: Die motorischen Vorgänge im Magen- Darm-Kanal werden hauptverantwortlich vom Bauchhirn gesteuert. Es kann Informationen seiner Sinneszellen selbst bearbeiten und in Eigenregie kontrollieren.

Das Bauchhirn lernt die Verdauung zu steuern

Das Bauchhirn steuert den weitgehend reibungslosen Transport des Speisebreis durch den Magen-Darm-Kanal. Es lernt im Laufe des Lebens, den Nahrungsbrei zu analysieren und die dabei gemachten Erfahrungen abzuspeichern. So entwickelt sich ein ausgeklügeltes System, die richtigen Botenstoffe auszuschütten, um die speziellen Nahrungsbestandteile zu verdauen. In der Theorie bedeutet dies, dass das Bauchhirn für jeden Inhaltsstoff des Speisebreis eine eigene Mischung aus Verdauungssäften und Bewegungsabläufen der Darmwände entwickeln muss.

Liegen aber Fehler oder Lücken vor, kommt es zu einer Unverträglichkeit auf diese Inhaltsstoffe. Die Unverträglichkeit kann sich in Symptomen wie Verstopfung, Durchfall oder Blähungen äußern. Bei Darmgesunden gibt es ausreichend Ideen und Lösungen, um mit der Vielzahl von Inhaltsstoffen und ihren unterschiedlichen Mischungen zurechtzukommen. Dem Reizdarmbauchhirn beispielsweise fehlen Lösungen, um den täglichen Belastungen des Magen-Darm-Trakts effektiv entgegenzutreten. Es entsteht eine Überlastung – sie äußert sich in Beschwerden wie Schmerzen, Durchfall oder auch Verstopfung.