Eine Mutter kuschelt mit Ihrem Neugeborenen.
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Gebärmuttertransplantation

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 23.09.2021

An der Uniklinik Tübingen wurde jüngst erfolgreich einer 23-Jährigen die Gebärmutter ihrer eigenen Mutter transplantiert. Damit besteht für die Patientin nun eine gute Chance, ein eigenes Baby auszutragen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Alleine in Deutschland gibt es über 10.000 Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren, die ohne Gebärmutter leben – entweder, weil diese aufgrund einer Erkrankung entfernt werden musste oder weil sie ohne Gebärmutter geboren wurden. Bisher gab es keine Abhilfe für diese Form der Unfruchtbarkeit und bedeutete den Verzicht auf eigene Kinder.

Nun gibt es für diese Frauen aber einen Hoffnungsschimmer. Bereits 2014 konnten Ärzte in Göteborg, Schweden, einer Frau erfolgreich die Gebärmutter ihrer Mutter einsetzen – ein Jahr später schlug die künstliche Befruchtung an und die junge Frau brachte ein gesundes Kind zur Welt. Seitdem konnten in Schweden weitere fünf Frauen auf diese Weise ein Baby bekommen.

Nun gelang die Gebärmuttertransplantation erstmals auch in Deutschland. Gemeinsam mit dem schwedischen Ärzteteam konnten Tübinger Ärzte einer jungen Frau, die ohne Gebärmutter zur Welt gekommen war, den Uterus ihrer Mutter einsetzen. Wenn die Narben gut verheilen und die Gebärmutter nicht abgestoßen wird, ist im nächsten Jahr die künstliche Befruchtung geplant.

Wem kann eine Gebärmutter transplantiert werden?

Voraussetzung für eine Gebärmuttertransplantation ist, dass die Patientin funktionierende Eierstöcke besitzt, wie es beispielsweise bei MRKHS-Patientinnen gewöhnlich der Fall ist oder bei Frauen, denen die Gebärmutter nach einer Krebserkrankung entfernt wurde.

Etwa 1 von 4.000 Frauen kommt mit dem sogenannten Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS) zur Welt. Dabei sind äußere Geschlechtsmerkmale sowie die Eierstöcke vorhanden, die Gebärmutter (in vielen Fällen auch die Scheide) fehlt jedoch.

Wer kommt als Spenderin infrage?

Es hat sich herausgestellt, das Lebendspenden besser geeignet sind als sogenannte Post-mortem-Spenden, die von verstorbenen Organspenderinnen entnommen werden.

Als Spenderinnen für eine Gebärmuttertransplantation kommen gesunde, möglichst nahe Verwandte der Patientin (Mutter, Schwester, evtl. Tanten) infrage. Voraussetzung ist, dass diese bereits mindestens ein Kind zur Welt gebracht haben müssen um zu gewährleisten, dass die Gebärmutter "funktionstüchtig" ist.

Außerdem sollte die Spenderin ihre eigene Familienplanung abgeschlossen haben beziehungsweise sich bereits in der Menopause befinden.

Da die Gebärmutter selbst keine Hormone produziert und die hormonproduzierenden Eierstöcke erhalten bleiben, bringt eine Gebärmutterentfernung für die Spenderin keine weiteren Risiken als die der Operation mit sich.

Die Operation

Was passiert bei der Operation?

Da eine Gebärmuttertransplantation ausschließlich dem Zweck dient, ein genetisch eigenes Kind auszutragen, werden der Empfängerin im Vorfeld Eizellen entnommen, befruchtet und die Embryonen wie bei jeder anderen künstlichen Befruchtung zunächst gelagert.

Nach intensiver medizinischer Vorbereitung wird der Spenderin die Gebärmutter inklusive aller zugehörigen Blutgefäße und des Halteapparats entnommen. Anschließend wird die Gebärmutter der Empfängerin eingesetzt und mit der Scheide (die bei einigen MRKHS-Patientinnen in einer vorangehenden Operation angelegt werden muss) verbunden. Eierstöcke und Gebärmutter werden nicht verbunden, um eine spätere Eileiterschwangerschaft ausschließen zu können.

Wie geht es nach der Operation weiter?

Im Anschluss an die Operation muss die Empfängerin bestimmte Medikamente einnehmen, die das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva), damit das neue Organ nicht abgestoßen wird. Wie bei anderen Empfängern von Organspenden (z.B. Niere) haben diese Medikamente keinen Einfluss auf eine spätere Schwangerschaft.

Wenn einige Wochen bis Monate nach der Transplantation bei der Empfängerin die Menstruation einsetzt, ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Transplantation erfolgreich war.

Etwa ein Jahr nach einer erfolgreichen Operation kann die künstliche Befruchtung vorgenommen werden. Eine resultierende Schwangerschaft gilt in diesem Fall als Risikoschwangerschaft und wird entsprechend engmaschig überwacht.

Die Geburt wird per Kaiserschnitt vorgenommen, um kein Risiko bezüglich der Narben und der Verbindung zwischen Gebärmutter und Scheide einzugehen.

Bisher ist nur eine Schwangerschaft pro Gebärmuttertransplantation zugelassen, da die Risiken für eine zweite Schwangerschaft zu hoch wären. Nach der Geburt des Kindes wird die Gebärmutter wieder entfernt, um der Empfängerin die das Immunsystem unterdrückenden Medikamente zu ersparen.