Das Bild zeigt ein Pärchen, das unbekleidet in einem Bett sitzt.
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Chlamydia trachomatis

Von: Onmeda-Redaktion, Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 11.05.2021 - 10:05 Uhr

Chlamydia trachomatis ist eine Bakterienart der Gattung Chlamydia, die ausschließlich den Menschen infiziert. Sie gehört zu den weltweit häufigsten Erregern von sexuell übertragbaren Krankheiten. In den Industrieländern sind Chlamydien die häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen beziehungsweise Infektionen der Geschlechtsorgane (zusammengefasst: Urogenitalinfektionen).

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Es gibt unterschiedliche Subtypen (sog. Serotypen) von Chlamydia trachomatis, die jeweils für verschiedene Krankheiten verantwortlich sind:

  • Serotypen A-C: schwere Entzündung des Auges (Trachom)
  • Serotypen D-K:Entzündungen der Harnröhre, des Gebärmutterhalses, der Eileiter; Gelenkentzündungen (reaktive Arthritis)
  • Serotypen L1-L3: Geschwür und Entzündung am Genital, Schwellung der Leistenlymphknoten (Lymphogranuloma venereum )

Pro Jahr kommt es schätzungsweise zu 300.000 genitalen Neuinfektionen durch Chlamydien. Da eine Infektion mit Chlamydia trachomatis nicht der Meldepflicht unterliegt, liegen keine exakten Zahlen vor. Bei Frauen verlaufen Infektionen mit Chlamydia trachomatis in vier von fünf Fällen ohne Symptome, sodass eine Behandlung mit Antibiotika in vielen Fällen nicht oder nicht rechtzeitig erfolgt. Das birgt ein Problem: Durch eine Entzündung der Eileiter können diese gewissermaßen verkleben und es kann zu einer Unfruchtbarkeit kommen.

Eine infizierte Mutter kann Chlamydia trachomatis bei der Geburt auf ihr Kind übertragen (nicht beim Kaiserschnitt). Um die mitunter schwerwiegenden Folgen einer Ansteckung des Neugebornen zu verhindern, werden Schwangere auf Chlamydia trachomatis untersucht. Dieser Test ist Teil der Mutterschaftsvorsorge der gesetzlichen Krankenkassen.

Morphologie und Kultur

Wie alle Bakterienarten der Gattung Chlamydia lebt und vermehrt sich Chlamydia trachomatis nur innerhalb der menschlichen Wirtszelle, in der Fachsprache nennt man dies "obligat intrazellulär". Die gramnegativen Bakterien können bestimmte kleine Moleküle, die sie für den Energiestoffwechsel brauchen, nicht selber herstellen: die sogenannten Nukleotide (ATP, GTP, UTP). Daher sind sie auf die menschlichen Zellen angewiesen, die ihnen Nukleotid-Quellen bieten. Chlamydia trachomatis verhält sich aus diesem Grund wie eine Art Energieparasit.

Die Bakterien sind sehr klein und kommen in zwei Lebensformen vor:

  • einer intrazellulären (innerhalb einer Zelle vorkommenden) Form
  • und einer extrazellulären (außerhalb der Zelle vorkommenden) Form.

Die extrazelluläre, infektiöse Chlamydienform wird Elementarkörperchen genannt. Die intrazelluläre, nicht infektiöse Form von Chlamydia trachomatis ist größer als die extrazelluläre Form und heißt Initialkörperchen. Wenn sich die Chlamydien in der Zelle in zu großer Zahl vermehren, bilden sie sogenannte Einschlusskörperchen, eine Art kleines Bläschen.

Vermehrung

Die Bakterienart Chlamydia trachomatis vermehrt sich innerhalb von menschlichen Wirtszellen und benötigt für einen Zyklus etwa 48 Stunden. Dieser Vorgang ist recht komplex: Zuerst heftet sich das Elementarkörperchen von außen an die Wirtszelle und sinkt in deren Membran in Richtung Zellinneres ein, bis es komplett in einer Art Bläschen (Vakuole) eingeschlossen ist. Dies schützt die Chlamydien im Zellinneren vor Angriffen durch die Zelle selbst.

Ein bis zwei Stunden nach der Infektion verändern sich die Elementarkörperchen in ihrer Struktur und liegen nun als Initialkörperchen vor. Diese beginnen zwölf Stunden nach der Infektion sich in der Zelle zu vermehren. Durch die Vermehrung schwillt das Bläschen in der Zelle immer weiter, bis es etwa zwei bis drei Tage später aufplatzt und die Wirtszelle anfängt sich aufzulösen (Lyse). Die mittlerweile neu entstandenen Elementarkörperchen werden dadurch freigesetzt und können nun wieder neue Wirtszellen befallen, sodass ein neuer Zyklus beginnt.

Krankheiten

Die Bakterienart Chlamydia trachomatis lässt sich in verschiedene sogenannte Serotypen oder Serovare einteilen, da die Bakterien uneinheitliche sogenannte Antigen-Eigenschaften haben können. Je nach Serotyp sind sie für unterschiedliche Krankheitsbilder verantwortlich.

Chlamydia trachomatis teilt sich in drei Gruppen:

  1. Serotypen A-C
  2. Serotypen D-K
  3. Serotypen L1-L3

Chlamydia trachomatis Serotyp A bis C

Der Krankheitserreger Chlamydia trachomatis Serotyp A bis C wird durch Schmierinfektionen (z.B. über die Hände oder Tücher) innerhalb enger Lebensgemeinschaften, vor allem innerhalb der Familie, übertragen und führt zur Entstehung von sogenannten Trachomen. Ein Trachom ist eine schwere, chronisch verlaufende Horn- und Bindehautentzündung des Auges (Keratokonjunktivitis). Das Trachom ist die weltweit häufigste vermeidbare Ursache für Erblindungen. Trachome kommen hauptsächlich in tropischen Ländern bei schlechten hygienischen Verhältnissen vor (z.B. in Indien). Weltweit sind etwa 500 Millionen Menschen davon betroffen.

Chlamydia trachomatis Serotyp D bis K

Der Krankheitserreger Chlamydia trachomatis Serotyp D bis K wird beim Erwachsenen durch Geschlechtsverkehr und Schmierinfektionen, beim Neugeborenen während der Geburt beim Durchtritt durch den Geburtskanal übertragen und kann zu folgenden Erkrankungen führen:

Genitale Infektionen: Etwa ein bis sechs Wochen nach der Infektion mit Chlamydia trachomatis kommt es beim Mann zu einer akuten bis chronischen eitrigen Harnröhrenentzündung (Urethritis). Bei Frauen führt eine Infektion mit dem Erreger zu einer Schleimhautentzündung des Gebärmutterhalskanals (Zervizitis), einer akuten bis chronischen eitrigen Harnröhrenentzündung und einer Entzündung der sogenannten Bartholinischen Drüsen. Sie liegen je links und rechts im Bereich des Scheidenvorhofs. Meist schließt sich eine Eileiterentzündung (Salpingitis) an. Genitalinfektionen durch Chlamydien verlaufen bei vielen Frauen (etwa 80 Prozent) ohne Beschwerden und werden daher selten rechtzeitig mit Antibiotika behandelt. Die Folge ist in vielen Fällen eine erworbene Unfruchtbarkeit (Sterilität) der Frau. Sie ist Folge der Entzündung: Hierbei kommt es zu einem Verschluss der Eileiter.

Reaktive Arthritis: Durch eine Infektion mit Chlamydia trachomatis kann es in der Folge bei vier bis fünf Prozent der Betroffenen zu einer Gelenkentzündung (reaktive Arthritis) oder auch zu einer Kombination aus Gelenkentzündung, Bindehautentzündung des Auges (Konjunktivitis) und Harnröhrenentzündung (Urethritis) kommen.

Neugeboreneninfektionen: Zu Neugeboreneninfektionen kommt es vor allem durch die Übertragung von Chlamydien während des Geburtsvorgangs, wenn die Mutter an den Genitalien bereits mit Chlamydia trachomatis infiziert ist. Die Infektion kann beim Neugeborenen zu einer Bindehautentzündung des Auges oder zusätzlich zu einer Lungenentzündung (Pneumonie) führen, falls es infiziertes Sekret einatmet (aspiriert). Insbesondere eine Lungenentzündung durch Chlamydien ist für das Neugeborene sehr gefährlich.

Chlamydia trachomatis Serotyp L1 bis L3

Der Krankheitserreger Chlamydia trachomatis Serotyp L1 bis L3 wird durch Sexualkontakte übertragen und führt zu einem sogenannten Lymphogranuloma inguinale (venereum).

Diese Krankheit ist hauptsächlich in Asien, Afrika, Südamerika und Teilen der Karibik verbreitet – in Mitteleuropa kommt sie eher selten vor. Nach einer Inkubationszeit von 3 bis 12 Tagen entsteht im Infektionsbereich der Geschlechtsorgane ein nicht schmerzendes Bläschen, das zu einem oberflächlichen Geschwür wird. Etwa 10 bis 30 Tage nach der Infektion tritt eine schmerzhafte Schwellung der Lymphknoten der Leiste hinzu (Bubo). Hier liegt eine Entzündung vor, bei der sich Eiter bilden kann, der dann durch die Haut "durchbricht". Bei Personen, die Analverkehr praktizieren, kann es zu Entzündungen des Enddarms (Rektum, Analkanal) kommen.

Erregernachweis

Die Serotypen A bis C der Bakterienart Chlamydia trachomatis werden mikrobiologisch im Labor nachgewiesen. Für das Untersuchungsmaterial muss ein Abstrich von der Bindehaut des Auges genommen werden, ein Vorgang, der etwas unangenehm sein kann. Die Erreger können entweder mittels spezieller Färbeverfahren mit dem Fluoreszenzmikroskop nachgewiesen werden oder molekularbiologisch mittels eines Verfahrens, das PCR heißt (Polymerase-Kettenreaktion).

Die Serotypen D bis K und die Serotypen L1 bis L3 werden ebenfalls im Labor mikrobiologisch nachgewiesen. Ausgangsmaterial ist bei einer genitalen Infektion ein Abstrich des Gebärmutterhalses (Zervix) der Frau beziehungsweise beim Mann ein Harnröhrenabstrich. Zum Teil erfolgt der Nachweis beim Serotyp D bis K auch durch eine Urinprobe.

Handelt es sich um eine Augeninfektion, nimmt der Arzt einen Abstrich von der Bindehaut. Der eigentliche Nachweis erfolgt dann entweder immunologisch durch spezifische Antikörper, die bestimmte Antigene der Bakterienzellwand erkennen, oder mithilfe der PCR.

Epidemiologie und Prophylaxe

Das Erregerreservoir der weltweit vorkommenden Bakterienart Chlamydia trachomatis ist ausschließlich der Mensch. Infektionen werden im Falle von Chlamydia trachomatis Serotyp A bis C und L1 bis L3 durch ungenügende persönliche Hygiene und schlechte Lebensbedingungen begünstigt. Eine sexuelle Übertragung des Serotyps D bis K lässt sich durch den Gebrauch von Kondomen leicht verhindern.

Ein weiterer wichtiger Punkt, um Infektionen durch Chlamydia trachomatis vorzubeugen, ist das sogenannte Screeningschwangerer Frauen.

Die Therapie einer Infektion mit Chlamydia trachomatis erfolgt mit Antibiotika.