Wundheilungsstörung: Medizinisches Fachpersonal versorgt eine Wunde mit Verbänden.
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Wundheilungsstörung: Wenn Wunden nicht heilen

Von: Dr. med. univ. Lisa Raberger (Medizinautorin und Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 26.09.2023

Wenn Wunden nicht heilen, kann eine Wundheilungsstörung vorliegen. Diese kann einen großen Einfluss auf die körperliche und seelische Gesundheit haben. Welche Ursachen hinter einer Wundheilungsstörung stecken können und wie die Diagnose und Therapie erfolgt, erfahren Sie hier.

  • Definition: Eine Wundheilungsstörung ist die verzögerte oder untypische Heilung einer Wunde.
  • Symptome: Leitsymptom ist die ausbleibende Heilung einer Wunde. Weitere Symptome können zum Beispiel Schmerzen, Juckreiz, Rötungen, Schwellungen, Eiterbildung oder Fieber sein.
  • Ursachen: Möglich sind lokale Ursachen wie Fremdkörper, Verunreinigung, Entzündung, größere Blutergüsse (Hämatome) oder systemische Ursachen, etwa Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus.
  • Diagnose: Neben einem ärztlichen Gespräch wird die Wunde kontrolliert und gegebenenfalls ein Wundabstrich, eine Biopsie, eine Blutabnahme oder bildgebende Verfahren angeordnet.
  • Therapie: Im Fokus steht die Behandlung der Ursache sowie eine professionelle Wundversorgung, gegebenenfalls mit Schmerzmitteln und/oder Antibiotika.
  • Verlauf: Die Prognose ist bei behandelbarer Grunderkrankung und professioneller Wundversorgung gut. Komplikationen wie eine chronische Wunde, Beschädigung von Sehnen und Knochen, Kompartment-Syndrom und eine Blutvergiftung (Sepsis) sind möglich.
  • Vorbeugen: Eine entsprechende Versorgung frischer Wunden, gegebenenfalls durch ärztliches Fachpersonal, ist besonders wichtig. Auch ein gesunder Lebensstil und sofortiger Rauchstopp sind empfehlenswert.

Was ist eine Wundheilungsstörung?

Heilt eine Wunde nur verzögert oder untypisch ab, sprechen Fachleute von einer Wundheilungsstörung. In diesem Fall benötigt eine Wunde besondere Zuwendung durch geschultes Fachpersonal, um weitere Komplikationen zu verhindern. Es gibt zahlreiche Ursachen für Wundheilungsstörungen. Sie können sowohl von der Wunde selbst (lokale Ursachen) oder vom Körperinneren (systemische Ursachen) ausgehen. 

Wundheilungsstörung: Symptome erkennen

Eine Wundheilungsstörung lässt sich daran erkennen, dass eine Wunde nicht abheilt. Weitere Symptome sind individuell und können sowohl bei akuten oder als auch bei chronischen Wunden auftreten: 

  • Schmerzen 
  • Bluterguss (Hämatom)
  • abgestorbenes Gewebe (Nekrose), erkennbar an blau-lila oder schwarzer Färbung
  • Nässen
  • Juckreiz
  • Entzündungszeichen wie Rötung, Schwellung, Eiterbildung oder Fieber

Von der typischen Wundheilungsstörung zu unterscheiden ist die seltene chronische Erkrankung Pyoderma gangraenosum. Hier entstehen bereits durch winzige Verletzungen größere Wunden (Ulzerationen), wobei die Ursache dieser Erkrankung unklar ist. Sie geht jedoch vermehrt mit Erkrankungen wie chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder rheumatoider Arthritis einher.

Ursachen einer Wundheilungsstörung

Wundheilungsstörungen können zwei Ursachen haben: systemische und lokale. Systemische Ursache stammen vom Inneren des Körpers und lokale Ursachen von der Wunde selbst.

Lokale Ursachen

Befinden sich Fremdkörper wie Schmutz in der Wunde, kann dies zu Infektionen führen und eine Wundheilungsstörung verursachen. Druck, Reibung und Zug an der Wunde reizt das Gewebe zusätzlich und kann so die Heilung verzögern. Große Blutergüsse können ebenso die Wundheilung verlangsamen.

Systemische Ursachen von Wundheilungsstörungen

Systemische Ursachen betreffen den gesamten Organismus. Beispiele hierfür sind:

  • Vorerkrankungen: Die häufigsten systemischen Ursachen für eine Wundheilungsstörung sind Diabetes mellitus und Gefäßerkrankungen. Die Wundheilung benötigt eine ausreichende Blutversorgung, die durch Erkrankungen wie die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) und die chronische Venenschwäche (chronische venöse Insuffizienz) herabgesetzt wird. Erkrankungen, die das Immunsystem beeinflussen, wie Krebs- oder Infektionskrankheiten, können ebenso die Wundheilungsprozesse herabsetzen.

  • Ernährung: Für die Wundheilung werden ausreichend Nährstoffe benötigt, um neue Zellen zu bilden. Besonders wichtig sind Proteine. Auch Vitamin C, Zink, Mangan, Kupfer und ungesättigte Fettsäuren tragen zur Wundheilung bei. Eine Mangelernährung kann somit mit Wundheilungsstörungen einhergehen. Auch starkes Übergewicht (Adipositas) beeinträchtigt die Wundheilung.

  • Rauchen: Rauchen fördert periphere arterielle Verschlusskrankheiten und kann somit Wundheilungsstörungen begünstigen. 

  • hohes Alter: Die äußersten Hautschichten sind bei alten Menschen dünner als bei jungen. Auch die Elastizität der Haut und die Funktion des Immunsystems lassen mit zunehmendem Alter nach und Begleiterkrankungen sind häufiger. Dies begünstigt Wunden und verzögert den Heilungsprozess. 

  • Medikamente: Manche Medikamente beeinflussen die Heilungsprozesse, so zum Beispiel Kortison oder Medikamente gegen Krebs.

Diagnose der Wundheilungsstörung

Besteht der Verdacht einer Wundheilungsstörung, sollte so früh wie möglich der Besuch in der ärztlichen Praxis oder Wundambulanz erfolgen. 

Im ärztlichen Gespräch sind folgende Themen zentral: 

  • Woher stammt die Wunde?
  • Seit wann besteht die Wunde?
  • Wie wurde die Wunde bisher versorgt?
  • Gibt es Vorerkrankungen?
  • Wie wurde die bisherige Wundbehandlung vertragen?
  • Werden regelmäßig Medikamente eingenommen?
  • Besteht Fieber?
  • Gibt es Einschränkung der Lebensqualität?

Anschließend wird die Wunde inspiziert und auf Fremdkörper untersucht. Die verletzte Körperstelle wird auch auf ihre Durchblutung, Funktions- oder Sensibilitätsverlust kontrolliert. 

Weitere Untersuchungen bei Wundheilungsstörungen sind etwa: 

  • Gewebeprobe (Biopsie)
  • Blutuntersuchung
  • bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT)

In vielen Fällen werden auch Fotos von der Wunde gemacht. Dies dient dem Zweck der Dokumentation, um positive sowie negative Veränderungen der Wundheilung verfolgen zu können.

Therapie: Was tun bei einer Wundheilungsstörung?

Die Therapie der Wundheilungsstörung erfolgt nach zwei Prinzipien: Behandlung der Ursache und eine optimale Wundversorgung, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Die Behandlung von Wundheilungsstörungen erfordert viel Fachwissen und Erfahrung und sollte deshalb nur von Fachpersonal, zum Beispiel in Wundambulanzen, durchgeführt werden.

Behandlung der Ursache

In manchen Fällen lässt sich die Ursache für eine Wundheilungsstörung behandeln. Bei Diabetes mellitus ist es wichtig, den Blutzucker mit Medikamenten optimal einzustellen. Ist eine Mangelernährung die Ursache, kann eine Ernährungsberatung sinnvoll sein. Speziell formulierte Nahrungsergänzungsmittel können von Ärzt*innen verordnet werden. Fehlende Proteine, Spurenelemente und Vitamine werden so ersetzt.

Wundhygiene

Eine Wunde sollte stets sauber gehalten werden. Nach einer Operation gibt es spezielle Vorgaben, wie eine Wunde und die Wundränder am besten zu reinigen und zu verbinden sind. Deshalb ist es besonders wichtig, dem Rat von Gesundheitspersonal zu folgen. 

Bei kleineren Verletzungen in der Freizeit sollte die Wunde mit einem speziellen Wunddesinfektionsmittel gereinigt und mittels Pflaster vor Verschmutzung geschützt werden. Größere oder tiefe Wunden, die eventuell Fremdkörper beinhalten, müssen von Fachpersonal versorgt werden, um spätere Komplikationen wie eine Wundinfektion und starke Narbenbildung zu vermeiden.

Verbände und Wundauflagen

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Wunden mit Verbänden und modernen Wundauflagen zu versorgen. Je nach individuellem Zustand der Wunde kommen unterschiedliche Verbände und Wundauflagen infrage. Während eine trockene Wundauflage zwischen frischen Nähten und einem Pflaster angebracht werden, werden offene Wunden meist mit feuchten Auflagen behandelt. Wie oft eine Wunde gereinigt und der Verband gewechselt werden muss, wird ärztlich angeordnet.

Vakuumverband

Bei chronischen Wunden, zum Beispiel aufgrund der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) oder Diabetes mellitus, kann ein Vakuumverband notwendig sein. Auch chronisch infizierte oder stark nässende Wunden können von einem Vakuumverband profitieren.

Hierbei wird ein Schwamm auf die Wunde aufgebracht. Eine Folie deckt anschließend Wunde und Schwamm ab. Die Folie wird eingeschnitten und ein Schlauch zwischen Folie und Schwamm platziert. Mithilfe eines Geräts wird ein Unterdruck erzeugt, der Wundsekrete ansaugt, die Durchblutung anregt und den Heilungsprozess fördert.

Schmerzmittel und Medikamente

Wunden können starke Schmerzen verursachen. Je nach Schmerzintensität verordnen Ärzt*innen passende Schmerzmittel. Ist die Wunde mit Keimen wie Bakterien infiziert, wird eine Behandlung mit Antibiotika, meist in Tablettenform angeordnet. Dadurch werden die Bakterien bekämpft und die Entzündung eingedämmt.

Débridement

Kommt es zur verzögerten Wundheilung, kann sich abgestorbenes Gewebe (Nekrose) und Belag an der Oberfläche der Wunde ansammeln. Bei einem Débridement wird die Wunde gereinigt und durch einen operativen Eingriff abgestorbenes Gewebe abgetragen, um die Wundheilung zu fördern. 

Verlauf und Komplikationen der Wundheilungsstörung

Die Behandlung einer Wundheilungsstörung erfordert Geduld. Vor allem sehr feuchte Wunden und Geruchsbildung können für Patient*innen sehr belastend sein. Durch eine fachgerechte Pflege und entsprechende Behandlung kann jedoch auch eine hartnäckige Wunde abheilen. Je früher die Behandlung erfolgt, desto besser. Vor allem Personen mit Vorerkrankungen und hohem Alter sollten bereits kleine Wunden ärztlich behandeln lassen, um Komplikationen zu vermeiden. Eine abgeheilte Wunde oder Narbe kann mit speziellen Produkten aus der Apotheke gepflegt werden.

Welche Komplikationen sind möglich?

Eine Wundheilungsstörung kann jedoch auch Komplikationen mit sich bringen:

  • Entzündungen: Ist die Wunde gerötet, schmerzt und/oder pocht, deutet dies auf eine Entzündung hin. In diesem Fall muss die Wunde umgehend von einer*einem Ärztin*Arzt behandelt werden. Entzündete Wunden können zu einer Knochenentzündung (Osteomyelitis) oder Blutvergiftung führen, die lebensbedrohlich ist. In manchen Fällen ist eine Entzündung so weit fortgeschritten, dass die entsprechende Stelle, etwa eine Zehe oder ein Finger, amputiert werden müssen.

  • Kompartment-Syndrom: Befindet sich die Wunde im Bereich des Unterschenkels oder Unterarms, besteht das Risiko eines Kompartment-Syndroms. Die Muskeln in diesem Bereich sind durch Faszien aus Bindegewebe voneinander getrennt und werden Kompartimente genannt. Kommt es zu einer Schwellung, zum Beispiel aufgrund einer Wunde, steigt der Druck in den einzelnen Kompartimenten an und eine Sauerstoffunterversorgung (Ischämie) des Gewebes ist die Folge. Ein unbehandeltes Kompartment-Syndrom kann das betroffene Körperteil stark schädigen und lebensbedrohlich sein.

Wundheilungsstörungen vorbeugen

Generell gilt: Wunden sollten stets sauber gehalten werden. In Apotheken sind Wunddesinfektionsmittel und passende Pflaster erhältlich. Bei Unsicherheiten, größeren Wunden, Fremdkörpern in der Wunde oder Vorerkrankungen ist ärztlicher Rat empfehlenswert.

Ein sofortiger Rauchstopp ist ebenso wichtig, um Störungen der Wundheilung zu verhindern.

Tipp für Menschen mit Diabetes mellitus: Es ist empfehlenswert, das Schuhwerk orthopädisch anpassen zu lassen. Schlechtsitzende Schuhe führen zu Druckstellen, die aufgrund des Diabetes schlechter wahrgenommen werden und unbemerkt Wunden verursachen können. Die Durchblutung ist bei Diabetes oft gestört, wodurch die Wundheilung aufgrund des Sauerstoffmangels im Gewebe herabgesetzt ist.