Eine junge Frau mit Vitiligo sitzt im Fensterrahmen und schaut betrübt aus dem Fenster
© Getty Images/ Westend61

Flecken auf der Seele: Wie sich Vitiligo auf die psychische Gesundheit auswirkt

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 12.12.2023

Nicht jeder Mensch mit Vitiligo leidet unter seiner Erkrankung. Dennoch ist die Pigmentstörung mehr als ein kosmetisches Problem. Für manche Menschen stellt sie eine schwere psychische Belastung dar. Sie kann bei Betroffenen etwa zu Depressionen und Angststörungen führen. Seelischer Stress kann wiederum weitere Krankheitsschübe begünstigen. Worunter Betroffene leiden und was sie tun können, um ihre Lebensqualität zu verbessern, lesen Sie hier.

Vitiligo: Kosmetisches Problem oder schwere Erkrankung?

Die Weißfleckenkrankheit Vitiligo tritt in der Regel im Alter zwischen 10 und 30 Jahren auf. Die Ursachen sind vielfältig und noch nicht gänzlich geklärt. Immunreaktionen spielen jedoch eine große Rolle, weshalb die Vitiligo zu den Autoimmunerkrankungen zählt. Der eigene Körper beginnt irrtümlich damit, die pigmentbildenden Zellen der Haut und Schleimhaut zu zerstören. Die Haut wird in diesen Bereichen weiß und erscheint fleckig. Die Erkrankung verläuft in Schüben. Nicht selten tritt Vitiligo gemeinsam mit anderen Autoimmunerkrankungen auf, etwa einer Hashimoto thyreoiditis oder dem kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata).

Wenn die Lebensqualität leidet

Häufig wird Vitiligo als rein kosmetisches Problem betrachtet, denn die Erkrankung ist weder ansteckend noch schmerzhaft. Sie führt auch nur sehr selten zu funktionalen Beeinträchtigungen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn

  • es aufgrund der fehlenden Pigmentierung zu Schäden der Haut durch Sonneneinstrahlung kommt,
  • sich bei Beteiligung des Ohres eine Innenohrschwerhörigkeit entwickelt,
  • oder wenn die Vitiligo eine Augenentzündung begünstigt.

Dennoch erfüllt die Weißfleckenkrankheit in vielen Fällen die Kriterien einer schweren Krankheit. Sie ist vor allem dann behandlungsbedürftig, wenn sie sich stark auf die psychische Gesundheit auswirkt. Studien zufolge zeigen sich bei 85 bis 87 Prozent der Betroffenen deutliche Einschränkungen der Lebensqualität. Besonders betroffen sind jüngere Patient*innen.

Worunter leiden von Vitiligo betroffene Menschen?

Die Tatsache, dass der Verlauf der Erkrankung unvorhersehbar ist und es bislang keine ursächliche Heilung gibt, ist für viele Betroffene psychisch belastend.

Patient*innen haben zudem häufig mit Stigmatisierung und sozialer Diskriminierung zu tun, obwohl die Erkrankung weder ansteckend noch auf eine mangelnde Hygiene zurückzuführen ist. Einige Betroffene haben aufgrund dessen nur wenige persönliche und sexuelle Kontakte. Auch, weil sie selbst aufgrund ihrer Erkrankung womöglich unter einem reduzierten Selbstwertgefühl leiden, ziehen sich manche der Betroffenen sozial zurück.

Vitiligo führt häufig zu Depressionen

Mögliche Folgen der Erkrankung können in diesem Zusammenhang beispielsweise sein:

  • Schamgefühle
  • Angstzustände
  • Depressionen
  • paranoide Gedanken
  • zwanghafte und hypochondrische Störungen

Rund die Hälfte der Menschen mit Vitiligo leidet unter einer Depression. Psychische Faktoren wiederum können Schübe bei Vitiligo begünstigen.

Vitiligo: Psychische Tests

Es gibt Menschen mit Vitiligo, die mit sich zufrieden sind, wie sie sind und sich durch ihre Erkrankung nicht beeinträchtigt fühlen. Diese Betroffenen benötigen wahrscheinlich keine psychische Hilfe und wünschen vielleicht auch keine Behandlung ihrer Erkrankung.

Das darf jedoch nicht bei allen Betroffenen vorausgesetzt werden. Deshalb ist es wichtig, dass Ärzt*innen eine mögliche psychische Belastung von Betroffenen ernst nehmen und versuchen herauszufinden, wie stark die emotionale und soziale Belastung ist. Dazu stehen verschiedene Tests und Fragebögen zur Verfügung, etwa die Vitiligo Impact Patient Scale (VIP-Skala) oder der Dermatology Life Quality Index (DLQI). Mit ihrer Hilfe können Ärzt*innen herausfinden, wie stark ihre Patient*innen durch ihre Erkrankung beeinträchtigt sind und ob sie von einer Psychotherapie profitieren könnten.

Vitiligo: Was tun bei psychischen Problemen?

Wer an Vitiligo erkrankt ist und unter der Erkrankung leidet, sollte sich ärztliche Hilfe holen. Die Behandlung erfolgt dann wahrscheinlich auf zwei Wegen:

  • Eine Psychotherapie kann die betroffene Person im Umgang mit der Erkrankung unterstützen.
  • Es gibt verschiedene Behandlungsmethoden bei Vitiligo, die das Erscheinungsbild verbessern bzw. die Flecken deutlich reduzieren können.

Einer Studie zufolge bewerten Patient*innen ihre Lebensqualität als deutlich besser, wenn es Therapieerfolge gibt. Viele Patient*innen wissen jedoch nicht, dass es Methoden gibt, um die körperlichen Auswirkungen von Vitiligo zu reduzieren. Auch nicht alle Ärzt*innen wissen um die Behandlungsmöglichkeiten, einige nehmen die Erkrankung womöglich nicht ernst. Wer unter Vitiligo leidet, sollte sich nicht scheuen, mehrere Stellen aufzusuchen, um Hilfe zu bekommen.

Behandlungsmöglichkeiten bei Vitiligo

Bewährte Behandlungsmethoden sind etwa:

  • Phototherapie (Bestrahlung mit UV-Licht)
  • Salben oder Tabletten mit Kortikosteroiden 
  • Chirurgische Transplantation gesunder Haut oder Zelltransplantation von Melanozyten (pigmentbildendene Hautzellen)

Eine Depigmentierung der dunkleren Hautareale ist zwar möglich, sollte jedoch nur in Ausnahmefällen und bei sehr hohem Leidensdruck durchgeführt werden, da sie nicht rückgängig gemacht werden kann.

Eine neuere, vielversprechende Behandlungsmöglichkeit sind Cremes mit dem Wirkstoff Ruxolitinib. Die sogenannten JAK-Hemmer hemmen die Entzündungsprozesse, die dem Absterben der Pigmentzellen vorausgehen. In Studien ließen sich mit der Therapie eine  Repigmentierung der Haut und ein verbessertes Hautbild erreichen.

Was können Betroffene selbst tun?

Darüber hinaus können Betroffene die Flecken bei Bedarf mit Make-up oder Camouflage abdecken. In Selbsthilfegruppen können sich Betroffene austauschen und Unterstützung finden.