Mädchen mit Skoliose sitzt in Praxis und wird ärztlich untersucht.
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Skoliose: Behandlung mit Übungen & Korsett

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften), Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 29.08.2023

Wenn sich die Wirbelsäule seitlich verkrümmt und die Wirbelkörper verdreht sind, sprechen Fachleute von einer Skoliose. Wird diese rechtzeitig erkannt, können spezielle Übungen und unter Umständen ein Korsett helfen. Welche Symptome bei einer Skoliose möglich sind, wann eine OP notwendig ist und welche Ursachen dahinterstecken. 

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Zusammenfassung 

  • Definition: Bei einer Skoliose liegt eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule vor, mit gleichzeitig verdrehten Wirbelkörpern. Zudem ist die Wirbelsäule oft um die Längsachse verdreht.
  • Formen: Fachleute teilen die Skoliose je nach Krümmungswinkel, Alter und Wirbelsäulenbereich, in dem die Krümmung vorliegt, in verschiedene Formen ein.
  • Symptome: Je nach Ausmaß und Lage der Skoliose unterscheiden sich die Beschwerden. Oft stehen dabei optische Symptome wie die teilweise deutlich sichtbare Wirbelsäulenverkrümmung im Vordergrund.
  • Behandlung: Abhängig von verschiedenen Faktoren wie Alter, Form und Ausmaß wird auf physiotherapeutische Übungen gesetzt, mitunter erhalten Betroffene auch ein Korsett. In schweren Fällen ist eine Operation notwendig.
  • Ursachen: In den meisten Fällen lässt sich keine Ursache finden (idiopathisch). Seltener liegen der Skoliose Erkrankungen oder angeborene Fehlbildungen zugrunde.
  • Diagnose: Neben der ausführlichen Befragung und körperlichen Untersuchung sichert ein Röntgenbild die Diagnose.
  • Verlauf: Mit frühzeitiger Diagnose und konsequenter Behandlung sind Prognose und Verlauf meist gut. 

Was ist eine Skoliose?

Bei einer Skoliose handelt es sich um eine seitliche Wirbelsäulenverkrümmung mit dreidimensionaler Verdrehung der Wirbelkörper. Zugleich ist die Wirbelsäule um die Längsachse verdreht. Sowohl die Lenden- und Brustwirbelsäule als auch Bereiche zwischen den verschiedenen Abschnitten der Wirbelsäule können dabei verdreht sein. Abhängig von der Richtung unterscheiden Fachleute zwischen rechts gebogener (rechtskonvexer) oder links gebogener (linkskonvexer) Skoliose. 

Wie häufig kommt es zu einer Skoliose?

In den meisten Fällen entwickelt sich eine Skoliose während des Wachstums, also in der Kindheit oder Pubertät. Betroffene sind bei einer idiopathischen Adoleszentenskoliose häufig zwischen zehn und zwölf Jahre alt, wenn sie aufgrund der Wirbelsäulenverkrümmung eine ärztliche Praxis aufsuchen. Im Schnitt sind von 1.000 Kindern rund fünf bis 50 betroffen. Mädchen leiden etwa dreimal häufiger als Jungen an einer idiopathischen Skoliose.

Skoliose: Welche Formen gibt es?

Fachleute unterscheiden zwischen der idiopathischen Skoliose mit unbekannter Ursache und der sekundären Form, die aufgrund einer Erkrankung entsteht. Darüber hinaus gibt es weitere Formen von Skoliose.

Skoliose: Einteilung nach Stärke der Krümmung (Gradeinteilung)

Je nach Krümmungswinkel (Cobb-Winkel) der Skoliose, werden diese Formen unterschieden:

  • noch Normalbefund: unter 10 Grad
  • leichte Skoliose: 10 bis 20 Grad
  • moderate Skoliose: 20 bis 40 Grad
  • schwere Skoliose: über 40 Grad  

Altersabhängige Formen

Abhängig vom Alter der Erkrankten unterscheiden Fachleute diese Formen:

  • infantile idiopathische Skoliose: ab der Geburt bis zum 3. Lebensjahr
  • juvenile idiopathische Skoliose: zwischen 4. und 10. Lebensjahr
  • adoleszente idiopathische Skoliose: zwischen 11. und 18. Lebensjahr
  • adulte idiopathische Skoliose: sogenannte Erwachsenenskoliose ab 18. Lebensjahr

Einteilung nach betroffenem Wirbelsäulenabschnitt

Je nachdem, welcher Bereich der Wirbelsäule betroffen ist, wird eingeteilt in:

  • thorakale Skoliose: Der Wendepunkt der Hauptkrümmung liegt im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS).
  • lumbale Skoliose: Der Wendepunkt der Hauptkrümmung liegt im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS).
  • thorakolumbale Skoliose: Der Wendepunkt der Hauptkrümmung befindet sich im Übergangsbereich zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule.
  • thorakale und lumbale Skoliose: Die Krümmungswendepunkte liegen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule.

Skoliose: Welche Symptome können auftreten?

Je nach Ausmaß und Lage der Skoliose können sich die Symptome unterscheiden. Häufig stehen dabei optische Symptome im Vordergrund, wie die teilweise deutlich sichtbare Verkrümmung.

Mitunter sind bei einer Skoliose diese Symptome möglich: 

  • unterschiedliche Schulterhöhe und positionierte Schulterblätter
  • einseitige Wölbung des Brustkorbs in Richtung Rücken (Rippenbuckel)
  • asymmetrischer Brustkorb
  • seitlich verschobenes bzw. schräg stehendes Becken
  • Taillenasymmetrie 
  • unterschiedliche Taillendreiecke (Lendenwulst)

Menschen mit Skoliose verspüren Schmerzen in der Regel erst im Erwachsenenalter. Viele Betroffene haben in ihrem Leben jedoch nicht mehr Beschwerden als Menschen ohne Skoliose. Eine sehr stark ausgeprägte Skoliose kann zu ungleichmäßiger Belastung führen, die den Verschleiß von Wirbeln und Bandscheiben begünstigt.

Neben Rückenschmerzen können hierdurch auch 

Skoliose: Weitere Beschwerden bei schweren Formen

Bei einer schweren Form der Skoliose können Beschwerden an Herz und Lunge auftreten. Auch andere innere Organe wie Magen, Darm und Nieren sind mitunter beeinträchtigt. Mögliche Beschwerden sind:

Symptome der Säuglingsskoliose

Kennzeichnend für eine Skoliose im Säuglingsalter sind Symptome, die als Schräglagesyndrom bezeichnet werden: Die betroffenen Kinder nehmen eine schiefe Lage ein, die durch eine C-förmig verkrümmte Wirbelsäule im Brust- und Lendenbereich bedingt ist. Meist ist eines der Hüftgelenke nach innen gedreht (Adduktionsstellung). Darüber hinaus hält der Säugling den Hals schief. Häufig heilt dies spontan aus.

Skoliose: Behandlung mit Übungen, Korsett und OP

Bei einer Skoliose hängt die genaue Behandlung unter anderem vom Ausmaß der Verkrümmung, des Alters, dem weiteren Wachstumspotenzial und möglichen Risikofaktoren von Patient*innen ab. Ziel der Behandlung ist,

  • Komplikationen vorzubeugen,
  • ein Fortschreiten der Skoliose aufzuhalten, 
  • Beschwerden zu lindern und
  • die Beweglichkeit möglichst zu erhalten. 

Physiotherapie: Skoliose mit Übungen behandeln

Bei Menschen mit Skoliose wird die Muskulatur ungleichmäßig beansprucht: Bestimmte Muskelpartien werden überdehnt und überlastet, andere geschwächt. Spezielle Übungen können einen Ausgleich schaffen, indem sie

  • die geschwächten Muskeln gezielt kräftigen,
  • die verspannten Muskeln entlasten,
  • die Wirbelsäule beweglicher machen.

Ziel der Physiotherapie ist zudem, das Haltungsempfinden von Patient*innen zu fördern. Es wird erlernt, Verhaltensweisen zu vermeiden, die die Krümmung verstärken können. Zudem sollen bei Skoliose spezielle Übungen und Techniken dabei helfen, die Rückenmuskulatur zu stärken und somit die Haltung aktiv zu korrigieren. 

Neben diesen Übungen können bei leichter Skoliose zur Behandlung zusätzlich neurophysiologische und Elektrostimulationsverfahren zum Einsatz kommen, um bestimmte Muskelgruppen anzuregen. Insgesamt ist die Studienlage zur Wirksamkeit von Physiotherapie bei Skoliose wenig solide, eine dauerhafte Besserung des Cobb-Winkels ist eher nicht zu erwarten. 

Skoliose: Therapie mit Korsett

Bei einer fortgeschrittenen Skoliose (Cobb-Winkel zwischen 20 und 40 bis 50 Grad) erhalten Betroffene möglicherweise ein Korsett. Häufig kommt das sogenannte Passiv-Korsett aus starrem Kunststoff zum Einsatz, das den gesamten Rumpf von den Schultern bis zur Hüfte umhüllt. Es ist so geformt, dass Druck- und Entlastungszonen entstehen, die der Fehlstellung des Oberkörpers entgegenwirken.

Für Kinder mit Skoliose ist ein Korsett oftmals sehr belastend: Um gute Erfolge zu erzielen, müssen sie das Korsett bis zum Ende ihres Wachstums konsequent 23 Stunden täglich tragen. Das Korsett wird in der Regel über der Kleidung getragen und ist somit auch für andere sichtbar, was häufig eine weitere Belastung darstellt.

Alle vier bis sechs Monate erfolgt eine ärztliche Kontrolle und Anpassung. So lässt sich im besten Fall verhindern, dass die Skoliose fortschreitet. Eine vollständige Korrektur der Krümmung der Wirbelsäule ist mithilfe des Korsetts jedoch nicht möglich. Sind Kinder ausgewachsen oder liegt der eingestellte Winkel des Korsetts über 45 Grad, ist diese Therapie nicht mehr möglich. 

Skoliose: Wann ist eine OP notwendig?

In besonders schweren Fällen (Cobb-Winkel ab 40 Grad) und bei raschem Fortschreiten der Skoliose, raten Fachleute mitunter zu einer OP. Dabei stehen verschiedene OP-Techniken zur Verfügung, um die Wirbelsäule zu begradigen und in der neuen, geraden Form zu stabilisieren. 

Möglich ist etwa die sogenannte Spondylodese, bei der bewegliche Abschnitte der Wirbelsäule verknöchert und somit steif werden. Auch kann ein Stab implantiert werden, der meist zweimal jährlich bei einem kleinen operativen Eingriff verlängert werden muss. Unter Umständen erhalten Patient*innen nach der OP für eine gewisse Zeit ein Korsett. Die Erfolgsquote bei Operationen liegt zwischen 50 und 60 Prozent. 

Skoliose: Ursachen und Risikofaktoren

Bei rund 80 bis 90 Prozent der Menschen mit Skoliose lässt sich keine Ursache feststellen (idiopathische Form). Seltener kann sie auch im Rahmen einer zugrunde liegenden Erkrankung oder aufgrund anderer Risikofaktoren entstehen. Dazu zählen beispielsweise:

  • angeborene Fehlbildungen: Angeborene Fehlformen der Wirbel können eine Fehlbildungsskoliose oder osteopathische Skoliose verursachen.

  • gestörte Nervenfunktionen: Für eine neuropathische Skoliose kommen als Ursachen zum Beispiel die Syringomyelie, die infantile Cerebralparese und die Poliomyelitis infrage.

  • Muskelerkrankungen: Eine myopathische Skoliose kann zum Beispiel im Rahmen einer Muskeldystrophie (z. B. vom Typ Duchenne) auftreten.

  • Systemerkrankungen: Auch Krankheiten, die sich auf ein ganzes Organsystem oder auf den gesamten Körper auswirken, können eine krumme Wirbelsäule verursachen. So kann eine Skoliose zum Beispiel bei Neurofibromatose oder bei der Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) auftreten.

  • vorausgegangene Behandlungen: Eine Strahlenbehandlung im Kindesalter kann die Entwicklung der Wirbelkörper beeinträchtigen. Die Folge kann eine sogenannte radiogene Skoliose sein.

  • gestörte Statik: Manche Menschen haben unterschiedlich lange Beine. Um den Beckenschiefstand auszugleichen, verändern sie ihre Körperhaltung. Auf Dauer kann diese Fehlhaltung zu einer bleibenden Verkrümmung der Wirbelsäule führen.

  • Verschleiß: Wenn Teile der Wirbel im Alter verschleißen (Arthrose), kann eine sogenannte degenerative Skoliose die Folge sein.

Wie lässt sich eine Skoliose diagnostizieren?

Zunächst stellt die*der Ärztin*Arzt Fragen zu den genauen Beschwerden und möglichen Vorerkrankungen (Anamnese). Oftmals werden auch Eltern oder weitere Familienangehörige zu Symptomen oder Auffälligkeiten befragt.

Danach schließt sich eine körperliche Untersuchung an, bei der Folgendes von Interesse ist: 

  • Steh- und Sitzgröße
  • Gewicht
  • Armspanne
  • Muskelreflexe
  • Bewegungseinschränkungen 
  • Auffälligkeiten von Schultern, Becken, Rippen sowie Brustkorb, Knien, Hüften und Taillendreieck
  • Differenzen der Beinlängen

Beim Adams-Vorbeuge-Test kontrollieren Ärzt*innen den Rücken der betroffenen Person, während diese sich mit durchgestreckten Knien nach vorne beugt. Dabei lassen sich oftmals Anzeichen einer Skoliose wie ein Rippenbuckel erkennen. Besteht der Verdacht auf Skoliose, kann ein Röntgenbild die Diagnose sichern. Unter Umständen wird auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) veranlasst.

Bei einer idiopathischen Skoliose treten typischerweise keine Schmerzen auf. Gibt die untersuchende Person jedoch an, Schmerzen zu haben, müssen diese zwingend abgeklärt werden. Mitunter sind neurologische Untersuchungen und Kontrolle von Lunge und Herzen erforderlich.

Skoliose: Verlauf und Prognose

Der Verlauf und die Prognose hängen bei einer Skoliose von der Ursache und dem Ausmaß der Verkrümmung ab. Es ist möglich, dass es zu einem spontanen Rückgang kommt – aber auch eine deutliche Verschlechterung ist denkbar, die unter Umständen eine Operation erforderlich macht. Sobald Kinder vollständig ausgewachsen sind, ist in der Regel kein Fortschreiten der Wirbelsäulenverkrümmung zu erwarten. Eine regelmäßige Kontrolle während der Skoliose-Therapie, vor allem in den Wachstumsschüben und der Pubertät, ist entscheidend für den weiteren Verlauf.

In den meisten Fällen geht eine Skoliose mit keinen medizinischen Komplikationen einher. Sehr selten kann es zu Komplikationen wie eingeschränkten Atemfunktionen und Problemen beim Stehen, Sitzen oder Gehen kommen. Jedoch leiden Betroffene häufig unter den sichtbaren Deformationen, was sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken kann.