Das Bild zeigt einen Mann in aufrechter Haltung sowie mit einem leichten Rundrücken.
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Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit)

Von: Till von Bracht (Medizinredakteur, M.A. Sportwissenschaften)
Letzte Aktualisierung: 21.12.2021

Der Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) ist eine häufige Wachstumsstörung der Wirbelsäule, die typischerweise bei Jugendlichen auftritt: Meistens beginnt die Erkrankung zwischen dem 11. und 13. Lebensjahr. Kennzeichnend für Morbus Scheuermann ist ein Rundrücken im Bereich der Brustwirbelsäule – umgangssprachlich wird hierbei häufig auch von einem "Buckel" gesprochen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Eine gewisse Krümmung der Wirbelsäule nach hinten ist im Brustbereich völlig normal: diese Krümmung bezeichnet man als Kyphose (griech. kyphos = gekrümmt, gebückt). Bei der Scheuermann-Krankheit ist diese Kyphose – bedingt durch das ungleichmäßige Wachstum der Wirbelsäule – jedoch stärker ausgeprägt als normal.

Genauer gesagt entsteht Morbus Scheuermann dadurch, dass die vordere Kante der Wirbelkörper langsamer wächst als die hintere. Die betroffenen Wirbelkörper bilden dann eine Keilform – die Wirbelsäule wächst sozusagen schief.

Typischerweise findet die Keilwirbelbildung, die immer mehrere Wirbelkörper gleichzeitig betrifft, in der Brustwirbelsäule statt. Morbus Scheuermann kann aber auch (in selteneren Fällen) durch eine krankhafte Kyphose im Bereich der Lendenwirbelsäule zu einem ausgeprägten Flachrücken führen.

Warum Morbus Scheuermann genau entsteht, ist noch unklar. Vermutlich spielen mehrere Einflussfaktoren ein Rolle – zum Beispiel

  • erblich bedingte Veränderungen,
  • hormonelle Veränderungen
  • sowie Überlastungen der Wirbelsäule (etwa bei Turnern).

Die schlaffe Haltung von Kindern im Wachstumsalter mit herabhängenden Schultern und verkürzter Brustmuskulatur können ebenfalls die Entstehung der Scheuermann-Krankheit begünstigen.

Je nachdem, wie stark die Wirbelsäulenverkrümmung fortgeschritten ist, lässt sich der Morbus Scheuermann in drei Stadien einteilen. Im Anfangsstadium bleibt die Erkrankung der Wirbelsäule oft unbemerkt – erst im späteren Stadium von Morbus Scheuermann treten ein deutlicher Rundrücken und unter Umständen Rückenschmerzen auf.

Meist lässt sich der Morbus Scheuermann durch krankengymnastischeÜbungen wirksam behandeln. Ziel der Übungen ist es, den Rücken aufzurichten – zum Beispiel durch

  • Sport (wie etwa Haltungsturnen),
  • gezieltes Muskeltraining der Bauch- und Rückenmuskulatur
  • und rückenfreundliche Sitzmöbel.

Solange das Wachstum nicht abgeschlossen ist, kann der Arzt einen mittelstark ausgeprägten Morbus Scheuermann im Bereich der Brustwirbelsäule auch mithilfe eines Korsetts behandeln. Eine Operation ist nur in sehr seltenen Fällen notwendig.

Die Prognose des Morbus Scheuermann ist insgesamt gut; Spätfolgen in Form vermehrter Rückenschmerzen oder gar einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion treten nur bei stark ausgeprägten Wirbelsäulenverkrümmungen auf.

Was ist das eigentlich?

Der Begriff Morbus Scheuermann (d.h. Scheuermann-Krankheit) bezeichnet eine vorwiegend bei Jugendlichen vorkommende Wachstumsstörung derWirbelsäule. Diese Wachstumsstörung führt zur

  • Bildung von Keilwirbeln,
  • Verschmälerung der Bandscheiben
  • und Wirbelsäulenverkrümmung.

Die Brustwirbelsäule zeigt eine normalerweise nur gering ausgeprägte, nach hinten gerichtete Krümmung: eine sogenannte Kyphose (griech. kyphos = gekrümmt, gebückt). Die nach vorne gerichtete Krümmung der Hals- und Lendenwirbelsäule bezeichnet man als Lordose (griech. lordos = vorwärts gekrümmt).

Typisch für Morbus Scheuermann ist eine krankhaft verstärkte Kyphose im Bereich der Brustwirbelsäule beziehungsweise ein Rundrücken. Sehr viel seltener ist bei der Scheuermann-Krankheit eine Abflachung der Lordose – also eine Kyphose im Lendenbereich – zu finden, die zu einem ausgeprägten Flachrücken führen kann.

Da sich die Folgen der Wachstumsstörung der Wirbelsäule in der Regel zwischen Pubertät und Erwachsenenalter zeigen, bezeichnet man den Morbus Scheuermann auch als

  • Adoleszentenkyphose (Adolenszenz = späterer Abschnitt des Jugendalters)
  • oder juvenile Kyphose (juvenil = jugendlich, für junge Menschen typisch).

Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 11. und 13. Lebensjahr. Jungen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Die Bezeichnung Morbus Scheuermann geht auf den dänischen Röntgenologen H. W. Scheuermann (1877-1960) zurück.

Morbus Scheuermann weist in der Gesamtbevölkerung eine Häufigkeit von schätzungsweise bis zu acht Prozent auf – damit ist die Scheuermann-Krankheit die häufigste Wirbelsäulenveränderung bei Jugendlichen. Allerdings schwanken die Angaben zur Häufigkeit der Wirbelsäulenerkrankung stark, da es schwierig ist, die normale (physiologische) Krümmung der Brustwirbelsäule nach hinten (Kyphose) von der krankhaften (pathologischen) Kyphose zu unterscheiden und der Morbus Scheuermann häufig unentdeckt bleibt.

Ursachen

Worin genau der Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) seine Ursachen hat, ist nicht restlos geklärt. Fest steht: Die für den Morbus Scheuermann typische Verkrümmung der Wirbelsäule ist die Folge von Wachstumsstörungen der knorpeligen Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper.

Wie entsteht die Scheuermann-Krankheit genau?

Beim Morbus Scheuermann wächst die vordere Kante der Wirbelkörper langsamer als die hintere, sodass der Wirbelkörper eine Keilform entwickelt. Typischerweise findet die Keilwirbelbildung, die immer mehrere Wirbelkörper gleichzeitig betrifft, beim Morbus Scheuermann in der Brustwirbelsäule statt.Die Folge: Die in diesem Bereich natürliche Krümmung der Wirbelsäule nach hinten (sog. Kyphose) verstärkt sich zusätzlich – es entsteht ein Rundrücken.

Eine Scheuermann-Krankheit der Lendenwirbelsäule ist deutlich seltener: Hierbei ist die in dem Bereich natürlicherweise nach vorne gerichtete Wirbelsäulenkrümmung (sog. Lordose) abgeflacht, sodass sich ein Flachrücken ausbilden kann.

  • Der für Morbus Scheuermann typische Rundrücken hat seine Ursachen in Wachstumsstörungen im Bereich der Brustwirbelsäule,
  • während der seltenere Flachrücken aufgrund von Wachstumsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule entsteht.

Darüber hinaus kommt es beim Morbus Scheuermann vor, dass im Bereich der Grund- und Deckplatten Bandscheibengewebe in den Wirbelkörper einbricht. Die dadurch im Wirbelkörper entstehenden Regionen bezeichnet man als Schmorl-Knötchen. Die Zwischenwirbelräume verschmälern sich, da sich das Bandscheibengewebe verlagert.

Warum das Wachstum beim Morbus Scheuermann gestört ist, kann verschiedene Gründe haben. Es kommen vielfältige Ursachen infrage, die sich gegenseitig beeinflussen und verstärken können. Dabei können sowohl innere als auch äußere Faktoren an der Entstehung der Scheuermann-Krankheit beteiligt sein – dazu gehören

  • erblich bedingte Veränderungen
  • kollagene Stoffwechselstörungen
  • hormonelle Veränderungen
  • einseitige Be- beziehungsweise Überlastungen der Wirbelsäule

Vermutlich spielt auch die alltägliche Körperhaltung der Kinder eine Rolle: Ein schlaffer Oberkörper mit herunterhängenden Schultern kann einen Morbus Scheuermann begünstigen.

Symptome & Stadien

Beim Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) treten die ersten Symptome in der Regel zwischen Pubertät und Erwachsenenalter auf, weshalb die Erkrankung der Wirbelsäule auch Adoleszentenkyphose beziehungsweise juvenile Kyphose heißt (Adolenszenz bezeichnet den späteren Abschnitt des Jugendalters und juvenil bedeutet jugendlich, für junge Menschen typisch).

Wann der Morbus Scheuermann welche Symptome auslöst, hängt in hohem Maße davon ab, welche Bereiche der Wirbelsäule betroffen sind: Wachstumsstörungen im Bereich der Brustwirbelsäule verursachen – anders als im Bereich der Lendenwirbelsäule – eine deutlich sichtbare Wirbelsäulenverkrümmung, führen aber kaum zu Beschwerden.

Anhand der Symptome kann man Morbus Scheuermann in drei Stadien unterteilen: das Anfangsstadium, das aktive (floride) Stadium und das Endstadium.

Anfangsstadium

Beim Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) treten Symptome meist erst im fortgeschrittenen Stadium deutlicher zutage; im Anfangsstadium bleibt die Erkrankung der Wirbelsäule oft unbemerkt. Nur selten kommt es im Anfangsstadium von Morbus Scheuermann zu Schmerzen; gelegentlich treten Bewegungseinschränkungen oder eine schnelle körperliche Ermüdung auf.

Florides Stadium

Wenn Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) deutlichere Symptome in Form von sich häufenden Schmerzen und Anzeichen der Wirbelsäulenverkrümmung auslöst, hat die Erkrankung ihr aktives (florides) Stadium erreicht: Wachstumsstörungen im Bereich der Brustwirbelsäule führen nun typischerweise zu einem Rundrücken. Um diesen auszugleichen, wölbt sich häufig auch gleichzeitig die Lendenwirbelsäule vor, sodass ein Hohlrundrücken entsteht. Betrifft der Morbus Scheuermann die Lendenwirbelsäule, flacht sich die normale Vorwärtskrümmung der Wirbelsäule (Lordose) ab und es entsteht ein Flachrücken.

Endstadium

Sobald beim Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) Symptome in den Vordergrund treten, die sich aus den Fehlbelastungen und Abnutzungserscheinungen infolge der Deformierung der Wirbelsäule ergeben, hat die Erkrankung das Endstadium erreicht. Morbus Scheuermann verursacht dann häufiger Schmerzen als in den vorherigen Stadien. Die schmerzhaften Beschwerden sind dabei sowohl auf die Veränderungen an der Wirbelsäule selbst als auch auf Veränderungen der Muskulatur, Bänder und Gelenke infolge der ungünstigen Statik zurückzuführen.

Diagnose

Viele Jugendliche entwickelt aufgrund ihrer Haltungsschwäche einen leichten Rundrücken – ein krankhafter Morbus Scheuermann liegt deswegen aber noch nicht vor. Um einen Morbus Scheuermann sicher feststellen zu können, ist eine Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule nötig.

Einen ersten Hinweis auf die Scheuermann-Krankheit kann bereits eine einfache Untersuchung – der sogenannte Rutschtest – bieten: Dazu kniet man auf den Boden und rutscht mit den Händen so weit nach vorn, bis Arme und Wirbelsäule eine Gerade bilden. Liegt bereits ein Rundrücken vor, kann keine gerade Linie entstehen. Die endgültige Morbus-Scheuermann-Diagnose erfolgt anhand einer seitlichen Röntgenaufnahme der Wirbelsäule.

Auf dem Röntgenbild ist beim Morbus Scheuermann typischerweise Folgendes zu erkennen:

  • unregelmäßig begrenzte Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper
  • Keilwirbel
  • Einbrüche von Bandscheibengewebe in die Wirbelkörper, sogenannte Schmorl-Knötchen
  • Verschmälerung der Zwischenwirbelräume

Therapie

Beim Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) stehen zur Therapie grundsätzlich verschiedene Maßnahmen zur Verfügung. In der Regel reichen nicht-operative Maßnahmen beim Morbus Scheuermann: dies beinhaltet vor allem krankengymnastische Übungen (Physiotherapie). Reichen die Übungen nicht aus, kann auch das regelmäßige Tragen eines Korsetts dabei helfen, die Wirbelsäule aufzurichten.

Nur selten macht der Morbus Scheuermann eine operative Behandlung notwendig. Welche Maßnahmen für Sie oder Ihr Kind am besten geeignet sind, hängt vor allem davon ab, wie stark die Wirbelsäule verkrümmt ist und welcher Bereich der Wirbelsäule vom Morbus Scheuermann betroffen ist.

Die Physiotherapie ist bei einem leicht ausgeprägten Morbus Scheuermann als alleinige Therapie oder bei einer stärker ausgeprägten Wirbelsäulenverkrümmung zusätzlich zur Korsettbehandlung sinnvoll.

Krankengymnastische Übungen helfen gegen Rundrücken und Flachrücken: Ziel der Übungen ist es in beiden Fällen, den Rücken aufzurichten. Dies ist so lange möglich, bis das Wachstum abgeschlossen ist. Die Aufrichtung kann aktiv durch gezieltes Muskeltraining, beispielsweise der Bauch- und Rückenmuskulatur, erfolgen. Für die erfolgreiche Behandlung des Morbus Scheuermann ist es wichtig, die Übungen auch regelmäßig zu Hause auszuführen.

Solange das Wachstum nicht abgeschlossen ist, ist bei einem mittelstark ausgeprägten Morbus Scheuermann im Bereich der Brustwirbelsäule eine Korsettbehandlung geeignet. Auch wenn der Bereich der Lendenwirbelsäule vom Morbus Scheuermann betroffen ist, kommen zur Therapie Korsetts oder spezielle Gipsanfertigungen in Betracht.

Ebenso wie bei der Physiotherapie besteht hier das Ziel darin, den durch Morbus Scheuermann entstandenen Rundrücken oder Flachrücken durch das Korsett aufzurichten. Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung der Scheuermann-Krankheit ist allerdings, dass Sie das Korsett auch wirklich regelmäßig tragen.

Neben den genannten Maßnahmen ist es beim Morbus Scheuermann generell ratsam, Veränderungen im Alltag vorzunehmen. Dazu gehört vor allem bei Kindern eine der Körpergröße angepasste Höhe von Schreibtisch und Stühlen. Eine geneigte Schreibtischplatte ist für die Haltung ebenfalls günstiger als eine zu flache.

Nur unter bestimmten Bedingungen ist beim Morbus Scheuermann eine Operation zur Therapie nötig: Dies kann vor allem bei einer stark ausgeprägten Kyphose (nach hinten gerichtete Krümmung) im Bereich der Lendenwirbelsäule und schwerwiegenden Rückenschmerzen der Fall sein.

Auch im Erwachsenenalter – nach Abschluss des Wachstums – lässt sich die Wirbelsäulenverkrümmung meist nur noch operativ korrigieren. Ob eine Operation bei der Scheuermann-Krankheit tatsächlich notwendig und sinnvoll ist, ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu überprüfen, da der operative Eingriff verschiedene Risiken birgt.

Verlauf & Prognose

Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) verläuft in vielen Fällen beschwerdefrei, sodass die Erkrankung der Wirbelsäule oft unbemerkt bleibt. Die Prognose ist insgesamt gut: Auch bei einer dauerhaften Wirbelsäulenverkrümmung sind Spätfolgen wie zum Beispiel eine beeinträchtigte Bewegungsfähigkeit oder Rückenschmerzen eher die Ausnahme.

Eine schlechtere Prognose ergibt sich beim Morbus Scheuermann unter folgenden Bedingungen:

  • wenn die typische Verkrümmung im Verlauf der Wirbelsäule die typische Verkrümmung liegt,
  • bei ausgeprägtem Flachrücken
  • sowie bei einer zusätzlich vorhandenen Skoliose, also einer seitlichen Verbiegung der Wirbelsäule mit Drehung der einzelnen Wirbelkörper.

Mit Komplikationen, wie zum Beispiel einer massiven Kyphose der Brustwirbelsäule und einer unter Umständen damit einhergehenden Beeinträchtigung der Lungenfunktion, ist die Scheuermann-Krankheit allerdings extrem selten verbunden.

Vorbeugen

Wenn Sie einem Morbus Scheuermann (Scheuermann-Krankheit) bei Ihrem Kind vorbeugen möchten, sind Maßnahmen zu empfehlen, die eine aufrechte und gesunde Körperhaltung fördern. Dazu gehören

  • regelmäßiges Training der Bauch- und Rückenmuskulatur,
  • Schwimmen,
  • Vermeidung von Leistungssport,
  • kein Tragen und Heben schwerer Lasten,
  • Lesen in Bauchlage,
  • und eine angemessene Höhe und Neigung der Schreibtischplatte.