Das Bild zeigt Hände.
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Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur)

Von: Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 21.12.2021

Die Hände nicht richtig nutzen zu können, mag sich kaum jemand vorstellen. Für Betroffene mit Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur) ist dies jedoch oft Alltag. Denn bei der Erkrankung kommt es zu Veränderungen im Bindegewebe der Hand. Als Folge lassen sich einzelne oder mehrere Finger immer weniger strecken und krümmen sich Richtung Handinnenfläche. In Deutschland leben schätzungsweise 1,3 bis 1,9 Millionen Menschen mit Morbus Dupuytren.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Zwar haben Dupuytren-Betroffene in der Regel keine Schmerzen, dennoch leiden sie oft stark unter den Einschränkungen, die durch die Erkrankung entstehen. Die Hände nicht richtig einsetzen zu können, ist für die meisten Menschen eine große Belastung. Denn Hände sind nicht nur Tast- und Greiforgane, sondern dienen auch der Kommunikation und sozialen Interaktion.

Der Alltag der Patienten ist in zahlreichen Situationen beeinträchtigt: Bereits einfaches Händeschütteln kann schwierig werden, wenn man gezwungen ist, jemandem mit nach innen gekrümmtem Finger die Hand zu geben. Viele macht das verlegen. Die Fingerversteifung stört bei den meisten grundlegenden Aufgaben der Hand, so zum Beispiel beim Zugreifen – etwa beim Schalten und Lenken im Auto. Auch das Tippen auf einer Tastatur oder das Greifen einer Computermaus ist schwierig.

Morbus Dupuytren tritt vor allem bei Menschen zwischen 40 und 80 Jahren auf. Die Erkrankung entwickelt sich sehr langsam und in Schüben. Anfangs ist die Fingerstreckung noch nicht eingeschränkt und die Erkrankung macht sich vor allem durch Knötchen oder bindegewebige Stränge in der Handfläche bemerkbar. Zu Beginn der Dupuytren-Kontraktur halten viele diese einfach für Schwielen. Nach und nach wird es dann schwieriger, den Finger zu strecken und der betroffene Finger verkrümmt sich immer mehr zur Handinnenfläche hin. Je nach Ausprägung beeinträchtigt das die Funktion der Hand zum Teil stark.

Bei den meisten Patienten sind vor allem der Ringfinger und der kleine Finger von der Dupuytren-Kontraktur betroffen. Die Beschwerden treten in der Regel an beiden Händen auf, wobei sich der Morbus Dupuytren hier bei rechter und linker Hand unterschiedlich schnell entwickeln kann.

Je nachdem, wie stark die Fingerstreckung erschwert ist, lässt sich Morbus Dupuytren in verschiedene Stadien einteilen. Sobald die Fingerstreckung um mehr als 30 Grad beeinträchtig ist oder der Betroffene die Handfläche nicht mehr flach auf den Tisch legen kann, empfehlen Mediziner als Therapie der Dupuytren-Kontraktur häufig eine Operation. Die chirurgischen Maßnahmen sollen Hand und Finger wieder beweglich machen.

Aber auch nicht-operative Maßnahmen können bei Morbus Dupuytren zum Einsatz kommen, etwa die sogenannte Nadelfasziotomie oder die Injektion eines Enzyms (Kollagenase). Beide Methoden haben gemeinsam, dass sie die Struktur der bindegewebigen Stränge aufbrechen. Bei der Enzym-Spritze geschieht dies durch die Kollagenase, ein Enzym, welches das Kollagen der Stränge auflöst. Bei der Nadelfasziotomie durchtrennt der Arzt die Stränge dagegen mechanisch mit einer speziellen Nadel. Im Anschluss an beide Verfahren streckt der Arzt die Finger manuell.

In frühen Stadien der Dupuytren-Kontraktur kann eine Behandlung mit Röntgenstrahlen das Fortschreiten der Erkrankung zum Teil aufhalten. Viele Betroffene mit Morbus Dupuytren zögern einen Arztbesuch jedoch lange hinaus, sodass diese Therapie-Form nicht für alle Patienten infrage kommt.

Was ist das?

Bei Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur) verändert sich die fächerförmige Bindegewebeplatte der Hand (sog. Palmaraponeurose) derart, dass ihre faserige Struktur verlorengeht. Als Folge verdicken beziehungsweise verhärten sich die Fingersehnen zu Strängen und es bilden sich Knötchen, während gleichzeitig die Bindegewebeplatte der Hand schrumpft.

Diese Vorgänge können die Beweglichkeit der Finger stark einschränken und diese verkrümmen, sodass eine Streckung einzelner oder mehrerer Finger teilweise nicht mehr möglich ist. Schmerzen treten dabei in der Regel nicht auf. Meist sind beide Hände von der Dupuytren-Krankheit betroffen.

Schon gewusst?
Die Bezeichnung Morbus Dupuytren geht auf den französischen Chirurgen Baron Guillaume Dupuytren (1777-1835) zurück. Er beschrieb als Erster, wie man die Verkürzung der Finger-Beugesehnen operativ behandeln kann.

Stadien bei Morbus Dupuytren

StadiumEinschränkung der Fingerstreckung bei Morbus Dupuytren
0keine Einschränkungen, gesunde Hand
NBeim Betroffenen liegen bindegewebige Stränge oder Knötchen in der Handfläche vor, die Fingerstreckung ist jedoch noch nicht behindert.
1Die Fingerstreckung ist um 1 bis 45 Grad beeinträchtigt.
2Die Fingerstreckung ist um 45 bis 90 Grad beeinträchtigt.
3Die Fingerstreckung ist um 90 bis 135 Grad beeinträchtigt.
4Die Fingerstreckung mehr als 135 Grad beeinträchtigt.

Häufigkeit

Morbus Dupuytren tritt weltweit auf. In Deutschland sind schätzungsweise 1,3 bis 1,9 Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen. Bei Männern kommt es zudem etwa fünfmal häufiger zu Morbus Dupuytren als bei Frauen beziehungsweise tritt dieser bei Männern in etwas jüngeren Jahren auf. In der Regel befinden sich die Betroffenen zum Zeitpunkt der Erkrankung in ihrer zweiten Lebenshälfte, meist zwischen dem 40. bis 80. Lebensjahr. In manchen Familien tritt die Dupuytren-Krankheit gehäuft auf.

Was sind die Ursachen?

Bei Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur) sind die genaueren Ursachen erst seit Kurzem näher geklärt. Bisher wusste man vor allem, wie es zu der zunehmenden Streckunfähigkeit der Finger bei Morbus Dupuytren kommt: Das Bindegewebe der Handfläche beginnt, sich umzustrukturieren und Kollagen zu bilden. Die Folge: Das Bindegewebe verhärtet zu Strängen und Knötchen, was nach einer Weile die Beweglichkeit der Finger behindert und schließlich zur Dupuytren-Kontraktur führt. Was genau jedoch zur Umstrukturierung des Bindegewebes in der Hand führt, war bislang nicht bekannt.

Zudem wusste man, dass Morbus Dupuytren familiär gehäuft auftreten kann, was auf eine erbliche Veranlagung hindeutete. Eine Studie aus dem Jahr 2011 beleuchtete schließlich mehr Details der genetischen Ursachen, die an der Entstehung von Morbus Dupuytren beteiligt sind.

Den Ergebnissen der Studie zufolge führen Veränderungen in bestimmten Genregionen zur Ausprägung der Dupuytren-Kontraktur. Diese Genregionen sind vor allem am sogenannten Wnt-Signalweg von Zellen beteiligt. Forscher vermuten, dass durch die veränderten Gene der Signalweg in den Zellen gestört ist und so zu den bindegewebigen Veränderungen an den Beugesehnen der Hand führt.

Als Folge dieses gestörten Signalweges wandeln sich offenbar bei Dupuytren-Patienten bestimmte Bindegewebe-Zellen, die sogenannten Fibroblasten, in einen anderen Zelltyp um und werden zu Myofibroblasten. Myofibroblasten sind normalerweise vor allem für die Wundheilung wichtig. Typisch für sie ist, dass sie die Bildung weiterer Myofibroblasten sowie die Bildung von Kollagen stimulieren. Das gebildete Kollagen lagert sich auf Dauer um die Beugesehnen der Finger herum, wodurch die Finger immer unbeweglicher werden und zunehmend verkrümmen.

Morbus Dupuytren tritt außerdem häufig in Zusammenhang mit bestimmten Erkrankungen auf, wie etwa:

Typische Symptome

Bei Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur) zeigen sich die Symptome nur langsam. Anfangs bilden sich im Bindegewebe der Handfläche gutartige, weiche knotige Veränderungen und dellige Strukturen. Diese lassen sich ertasten und können eventuell mit Schwielen verwechselt werden. In späteren Stadien von Morbus Dupuytren treten festere Stränge entlang der Fingersehnen oder flächige Vernarbungen auf. Die Veränderungen bereiten normalerweise keine Schmerzen.

Nach und nach werden die Finger unbeweglicher – einzelne oder mehrere Finger lassen sich immer schwerer strecken. Zudem krümmen sie sich zunehmend nach innen. Die Dupuytren-Kontraktur schränkt dabei am häufigsten die Beweglichkeit des Ringfingers und kleinen Fingers ein.

Im fortgeschrittenen Stadium von Morbus Dupuytren gelingt es den Betroffenen durch den/die verkrümmten Finger nicht mehr, die Hand flach auf den Tisch zu legen. Bei einer sehr starken Krümmung kann sich zudem die Hautfalte, die sich an der Auflagefläche des Fingers auf die Handfläche bildet, durch entstehende Feuchtigkeit entzünden.

Morbus Dupuytren betrifft in der Regel beide Hände, wobei die Krankheitsstadien zwischen den beiden Händen unterschiedlich sein können.

Diagnose

Zur Diagnose von Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur) untersucht der Arzt die Hände des Betroffenen. Folgende Befunde sprechen für einen Morbus Dupuytren:

  • In der Handfläche lassen sich bindegewebige Stränge und/oder Knötchen ertasten.
  • Einzelne oder mehrere Finger lassen sich nicht gerade strecken und sind zur Handinnenfläche hin gekrümmt.
  • Die Streckseite (Außenseite) von Zeige-, Mittel-, Ring- und/oder kleinem Finger ist verdickt (sog. Fingerknöchelpolster).

Andere Ursachen für die eingeschränkte Beweglichkeit müssen ausgeschlossen werden. So kann eine Röntgenuntersuchung zum Beispiel Aufschluss darüber geben, ob es sich möglicherweise nicht um eine Dupuytren-Kontraktur handelt, sondern vielleicht ein Verschleiß mehrerer Gelenke (sog. Polyarthrose) vorliegt.

Therapie

Operative Maßnahmen

Ab einer gewissen Beugeeinschränkung der Finger durch Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur) besteht die Therapie in der Regel in einer Operation der Hand. Ärzte empfehlen eine OP im Allgemeinen:

  • ab einer Fingerbeugung von 30 Grad.
  • wenn der Betroffene die Hand nicht mehr flach auf den Tisch legen kann.

Die operative Maßnahme soll die Beweglichkeit der Finger wieder herstellen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den chirurgischen Eingriff durchzuführen:

  • Der Arzt durchtrennt den Bindegewebsstrang, der die Bewegungseinschränkung verursacht.
  • Der Arzt schneidet den Bindegewebsstrang heraus, der die Bewegungseinschränkung verursacht.
  • Der Arzt schneidet die fächerförmige Bindegewebeplatte der Hand (sog. Palmaraponeurose) teilweise oder komplett heraus.

Zum Teil verläuft die Heilung nach der Operation recht langwierig. Rückfälle sind häufig, treten jedoch seltener auf, wenn bei der Operation Gewebe großzügiger entfernt wurde. Mögliche Komplikationen infolge einer Operation bei Morbus Dupuytren können zum Beispiel sein:

  • Nervenverletzungen
  • Gefäßverletzungen
  • Probleme mit der Wundheilung
  • ungünstige Vernarbung (Narbengewebe schrumpft und verhärtet sich, sog. Narbenkontraktur)

Nach der Operation hilft Physiotherapie den Betroffenen dabei, rasch wieder mehr Beweglichkeit in den Fingern beziehungsweise der Hand zu erlangen.

Nicht-operative Maßnahmen

Auch nicht-operative Methoden stehen zur Verfügung, um Morbus Dupuytren zu behandeln beziehungsweise dessen Fortschreiten aufzuhalten, zum Beispiel:

  • Nadelfasziotomie: Hierbei sticht der Arzt in mehreren Sitzungen mit speziellen Nadeln in die verhärteten Stränge und zerstört diese zum Teil, sodass die Strangreste durch das Strecken des Fingers einreißen können.
  • Enzym-Spritze: Bei dieser Methode injiziert der Arzt in mehreren Sitzungen ein Enzym (Kollagenase) in die verhärteten Stränge, das diese auflöst, da die Stränge hauptsächlich aus Kollagen bestehen. Später streckt der Arzt den Finger dann manuell. Hinweis: Aktuell ist diese Methode in Deutschland nicht mehr im Einsatz, da das dafür zugelassene Kollagenase-Produkt 2012 aus dem Vertrieb genommen wurde. Ausschlaggebend hierfür war das Ergebnis einer Nutzenbewertung, laut dem die Behandlung mit Kollagenase für den Patienten keinen Zusatznutzen im Vergleich zu anderen üblichen Therapien hat.
  • Strahlentherapie: Im Rahmen einer Strahlentherapie setzt man die verkrümmten Finger in mehreren Sitzungen einer Röntgenstrahlung aus. Dies soll das Fortschreiten der Dupuytren-Kontraktur verlangsamen und kann vor allem im Anfangsstadium der Erkrankung helfen. Die Strahlung behindert die knötchenbildenden Zellen daran, sich zu vermehren. Viele Betroffene suchen jedoch erst mit fortgeschrittener Erkrankung den Arzt auf, sodass diese Therapieform oft nicht infrage kommt.

Verlauf & Vorbeugen

Verlauf

Morbus Dupuytren (Dupuytren-Kontraktur) tritt meist bei älteren Menschen auf und entwickelt sich schleichend. Sind anfangs noch keine Bewegungseinschränkungen zu spüren, so verschlechtert sich die Beweglichkeit einer oder mehrerer Finger auf lange Sicht zunehmend. Die Verschlechterungen treten dabei schubweise auf.

Bei Morbus Dupuytren sind in der Regel beide Hände von den Veränderungen betroffen, wobei die Erkrankung nicht an beiden Händen gleich schnell voranschreiten muss. Es können also unterschiedliche Dupuytren-Stadien an den Händen vorliegen.

Unbehandelt nehmen die Bewegungseinschränkungen durch die Dupuytren-Kontraktur immer weiter zu, bis einzelne oder mehrere Finger schließlich nicht mehr gerade gestreckt werden können, sondern permanent gekrümmt sind.

Chirurgische Maßnahmen können bei Morbus Dupuytren im Allgemeinen bereits ab Stadium 1 zum Einsatz kommen. Die Operation soll die Beweglichkeit der Finger wiederherstellen. Manchmal verläuft die Wundheilung nach der OP eher langwierig.

Nach der Operation kommt es häufig zu Rückfällen – insbesondere, wenn Morbus Dupuytren auch bei anderen Familienmitgliedern auftritt.

Ist die Dupuytren-Kontraktur bereits extrem weit fortgeschritten, kann in seltenen Fällen eine Amputation des Fingers erforderlich werden.

Vorbeugen

Bisher sind keine Maßnahmen bekannt, mit denen Sie Morbus Dupuytren vorbeugen können. Treten bei Ihnen Beschwerden auf, die auf die Erkrankung hindeuten, sollten Sie diese ärztlich abklären lassen.